Reisewege/Walz im 19. Jhd

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Andreas MD
    Erfahrener Benutzer
    • 29.03.2014
    • 107

    Reisewege/Walz im 19. Jhd

    Hallo liebe Ahnenforscher!

    Kann mir Jemand sagen, wie lang zu Beginn des 18. und 19. Jahrhunderts die durchschnittlichen Reisewege von jungen Männern waren, welche zur Walz gingen? Wieviele Kilometer vom Geburtsort entfernt ließen Sie sich nieder und gründeten dort eine Familie? Wie wurde damals in Ostpreußen das Bürgerrecht erworben (Hochzeit, Stand eines Meisters)? Ich frage deshalb nach, da ich einen Vorfahren von mir erforsche, welcher eventuell von Schlawe/Pommern nach Wehlau/Ostpreußen wanderte und sich dort niederließ. Ist das denn realistisch? Schließlich sind das mal schlappe 360 km! Was wäre, wenn man am neuen Ort kein Bürgerrecht erhielt? Wie sind da Eure Erfahrungen?
    Gruß Andreas
  • Artsch
    Erfahrener Benutzer
    • 14.07.2013
    • 1933

    #2
    Hallo Andreas,

    Meines Wissen, durfte man sich auf der Walz auf einen bestimmten Umkreis seiner Heimatgemeinde nicht nähern. Eine weitere Bestimmung war, nur eine begrenzte Zeit an einem Ort zu arbeiten. Dies sollte wohl entstehende Bindungen verhindern. Weiterhin mußte ein Wanderbuch geführt werden. Jeder Arbeitgeber stellte ein Zeugnis über übertragene Arbeiten, deren Ausführung in Kenntnis und Willigkeit, aus. Es wurde auch erwähnt, wenn sich der Walzer neue Kenntnisse erworben hatte bei einem Meister. Die Walzerzeit betrug mehrere Jahre.
    Ob dies grenzübergreifend erlaubt gewesen ist, wurde durch Gesetze geregelt. In mancher Zeit war das Walzertum verboten, weil es auch zu verschiedenen Unruhen führte. Zum Beispiel in Kriegszeiten.

    Ich halte es für möglich, im Laufe der Zeit durchaus auch noch weiter gewandert zu sein.
    Was das Bürgerrecht betrifft, mußte er es im Heimatort auch erwerben. Es war nur erschwinglicher, wenn man bereits Bürgersohn war. Von Haus aus hatte man nur Heimatrecht durch Geburt.
    Um das Bürgerrecht zu erwerben, brauchte man Geld, Beweise, daß man sich und eine mögliche Familie ernähren konnte, Fürsprecher und einen guten Leumund. Je angesehener eine Stadt war um so höher der Preis.
    Die Prozedur dauerte manchmal mehrere Jahre. Denn in schlechten Zeiten, oder in nicht dehnbaren Städten, oder schon zu viel vorhandenem Handwerk klappte dies zum Teil nicht.

    Ein Vorfahr von meinen Kindern ließ sich 1797 im Schwabenland nieder. Er kam aus der Bukowina und war bei den österreichischen Truppen dessertiert. Drei bekannte Kinder wurden geboren, bevor er nach 14 Jahren das Bürgerrecht erhielt und als Schneider bestätigt wurde.

    Nicht immer war die Walz für Ortsveränderungen der Grund.

    Beste Grüße
    Artsch

    Kommentar

    • didirich
      Erfahrener Benutzer
      • 02.12.2011
      • 1344

      #3
      Hallo Andreas
      der walzende Handwerker durfte sich einige Jahre nicht seinem Wohnort nähern . Er musste aber seiner Heimat-gemeinde melden wo er gerade erreichbar war. Dies war wichtig damit er,bei Bedarf, zum Militär einberufen werden konnte.
      wenn er nicht antrat machte er sich strafbar!
      Gruß didirich

      Kommentar

      • Artsch
        Erfahrener Benutzer
        • 14.07.2013
        • 1933

        #4
        Hallo didirich,

        Danke, wieder etwas dazugelernt.

        Jetzt ist mir auch bewußt, warum in Kriegszeiten oder auch davor, die Walz untersagt wurde. Nicht nur, daß man nun keine "Ausländer" (bei diesen kleinen Ländern war man das ja schnell) im Land wollte. Im Heimatort mußten ja die ausrückenden Soldaten im Arbeitsleben ersetzt werden. Denn die Walzer hatten meist noch keine Militärausbildung. Die gingen oft nach der Lehre schon los, oder in schlechten Zeiten, aber auch, wenn der Meister (Lehrherr) sie nicht weiter beschäftigte. Grund war aber auch, die Weiterbildung oder einfach Abenteuerlust.

        Das man erreichbar sein muss, ist mir aus der heutigen Zeit bekannt. Bürokratie gab es also schon damals.

        Beste Grüße
        Artsch

        Kommentar

        • carinthiangirl
          Erfahrener Benutzer
          • 12.08.2006
          • 1601

          #5
          Walz - Wanderjahre: http://de.wikipedia.org/wiki/Wanderjahre

          Kommentar

          • Andreas MD
            Erfahrener Benutzer
            • 29.03.2014
            • 107

            #6
            Danke erstmal für Eure Antworten! Ein Vorfahre von mir war Nagelschmied und heiratete 1773 in Wehlau. Unseren Familiennamen fand ich dann bei einer Suche auf FamilySearch nur eine Generation früher in Schlawe/Pommern. Diese Person hatte den gleichen Vornamen (vielleicht der Vater?). Natürlich sind es erstmal nur Spekulationen, aber ist es möglich das Jemand 360 km weit reist und sich dort niederlässt? Artsch, Du hattest geschrieben, dass man nur eine gewisse Zeit woanders arbeiten durfte, um Bindungen zu verhindern. Konnte man nicht auch dadurch das Bürgerrecht bekommen, wenn man z.B. eine Bürgertochter heiratete?
            Gruß Andreas
            Zuletzt geändert von Andreas MD; 19.05.2015, 19:01.

            Kommentar

            • Artsch
              Erfahrener Benutzer
              • 14.07.2013
              • 1933

              #7
              Hallo Andreas,

              Du schreibst ja, er war Nagelschmied. Also hatte er keinen Meistertitel. Wer weiß, wie lange er auf die Heirat warten mußte. Vielleicht ist er auch gar nicht in den Bürgerstand getreten. Hat er nach der Heirat überhaupt dort gelebt.
              Meiner Ansicht nach, konnte man auch ohne Bürgerrecht in einer Stadt leben, aber kein Gewerbe betreiben. Man arbeitete dann eben in einer Schmiede als Geselle.
              Die Wanderjahre betrugen ja evtl. 3-2 Jahre plus 1 Tag. Nach der Lehre ging es los. Viel verdient hat man da nicht. Da war er immer noch keine 20 Jahre alt. Dann evtl. Militärausbildung. Danach arbeiten und sparen.
              Wie alt war er denn bei der Eheschließung?
              Die 360 Kilometer kann ich mir locker vorstellen. Mancher ging ja auch in seinen Heimatort mit der Liebsten zurück. Geheiratet wurde oft dort, wo die Frau herkam, auch wenn sie woanders arbeitete.
              Wo wurden ihre Kinder geboren?

              Beste Grüße
              Artsch

              Kommentar

              • Andreas MD
                Erfahrener Benutzer
                • 29.03.2014
                • 107

                #8
                Also er hat in Wehlau geheiratet und auch seine Kinder sind dort geboren. Zur Hochzeit 1773 soll er 30 Jahre alt gewesen sein, also ca. 1743 geboren. Leider fand ich dort keinen Sterbeeintrag von ihm, nur von seiner Frau. Die Geburt in Wehlau konnte ich nicht ausfindig machen, zumal das Kirchenbuch in diesem Zeitraum auch sehr schlecht geschrieben ist. Was mich etwas wundert ist, dass sein 1. Kind (mein direkter Vorfahre) 1774 geboren ist, das nächste Kind aber erst gute 7 Jahre später kam. Gab es in der Zeit dazwischen vielleicht einen Krieg, indem der Vater Soldat war?

                Kommentar

                • Artsch
                  Erfahrener Benutzer
                  • 14.07.2013
                  • 1933

                  #9
                  Hallo Andreas,

                  also Wehlau war Garnisonstadt, hatte einen Pferdemarkt bei dem, zu welcher Zeit auch immer, bis zu 10000 Pferde kamen. In der Zeit von 1768-1782 zogen über
                  600 Personen zu, so daß (1782) bei 2627 Einwohner (ohne Garnison) 274 Haushaltungen existierten. Nehmen wir an, Bürgerrecht bedeutet Besitz, dann hat es 1782 nur 274 Bürger gegeben.
                  Der Beruf des Nagelschmied wird sehr gefragt gewesen sein, was einen Zuzug gewiß erleichterte. Eventuell hat er schon vor der Eheschließung, sich dort ein finanzielles Polster angeschafft.

                  Die Lücke bei den Geburten beinhaltet den Bayrischen Erbfolgekrieg 1778/1779, bei dem Preußen involviert war. Diesen Krieg hat man bestimmt kommen sehen. Ich könnte mir vorstellen, daß im Vorfeld des Krieges, eine 2. Militärzeit bepfohlen wurde, vielleicht seine erste in Preußen.
                  Nur eine Idee von mir, möglicherweise gab es eine Veränderung der Arbeitsbedingungen, bei der er zwischen den Geburten einer stärkeren Hitze ausgesetzt war, was sich bekanntlich auf die Zeugungskraft vorübergehend auswirkt.

                  Im Beruf des Nagelschmieds gibt es 2 Richtungen, der Schwarz- und der Weißnagelschmied. Jetzt bin ich nicht im Bilde, für was man, welche Nägel nimmt. Außer für Hufeisen, was ich angesichts des Ortes annahm, brauchte man Nägel, auch für Schuhe, Stiefel usw., die man in der Garnision auch benötigte.

                  Nun ist mir bei der Internetsuche der FN Weißbrenner entgegengesprungen, wenn dem so ist, würde der Familienname ja auf diese berufliche Tätigkeit hinweisen und könnte bedeuten, daß seit vielen Generationen dieser Beruf von den Vorfahren ausgeübt wurde. Auch Berufe, die mit der Weiterverarbeitung von Nägeln zu tun haben, wären in der Familie (Onkel, Brüder, Cousin, Vater, Großvater) denkbar. Dann kämen auch immer Garnisionsstädte in Betracht. Nur so als Idee.

                  Beste Grüße
                  Artsch

                  Kommentar

                  • Andreas MD
                    Erfahrener Benutzer
                    • 29.03.2014
                    • 107

                    #10
                    Die genaue Herkunft unseres Familiennamens ist mir noch nicht bekannt. Vermutlich steht er in Verbindung mit einem Kalkbrenner. Steht den der Name Weißbrenner deiner Meinung nach mit dem Nagelschmied in Verbindung?

                    Kommentar

                    • Artsch
                      Erfahrener Benutzer
                      • 14.07.2013
                      • 1933

                      #11
                      Hallo Andreas,

                      habe nun in das Forum für Namensforschung reingesehen. Diese Richtung habe ich nun gar nicht erwartet.
                      Da war ich vorschnell mit meiner Deutung, sorry.
                      Weißnagelschmied-Weißglut-Weißbrenner. Also ein Satz mit X.
                      Wahrscheinlich war mir zu heiß geworden

                      Beste Grüße
                      Artsch

                      Kommentar

                      • Andreas MD
                        Erfahrener Benutzer
                        • 29.03.2014
                        • 107

                        #12
                        Kein Problem! Einige Tipps waren trotzdem sehr hilfreich. Danke!

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X