Fragen zum Offizier-Stellvertreter

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  • aeder
    Benutzer
    • 30.11.2014
    • 12

    Fragen zum Offizier-Stellvertreter

    Hallo zusammen,
    ich wäre dankbar, für Kommentare, Anregungen und, wenn möglich, Quellenangaben zu folgendem Thema.

    Ein entfernter Urgroßonkel von mir, geb. am 08.09.1874 in Bayern, leistete ab dem 01.10.1894 seinen Dienst als "Zweijährig-Freiwilliger" in der Bayerischen Armee (Quelle: Kriegsstammrolle). Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs lebte er anscheinend in einem Vorort Berlins (Quelle: Sterbeurkunde). Gefallen ist er am 08.01.1915 im Gefecht bei Clamecy als Offizier-Stellvertreter in der 12. Kompanie des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III. Nr. 8 (1. Brandenburgisches). Eine Karriere als Zeit-/Berufsoldat zwischen 1896 und 1914 ist höchstwahrscheinlich auszuschließen, da er nachweislich zwischen 1900 und 1910 als Kaufmann tätig war. In der Regimentsgeschichte (Schöning, 1924) findet sich sein Name nicht.



    Ich versuche nun seinen militärischen Werdegang zu rekonstruieren und vermute folgendes:
    • Abgang aus dem Wehrdienst als Unteroffizier der Reserve/Offizier-Stellvertreter (Brockhaus: Offizierstellvertreter - im ehem. deutschen Heer Unteroffiziere mit besonderen Abzeichen (Tressen um die Achselklappen), die im Mobilmachungsfalle in Offizierstellen Dienst zu tun hatten.
    • Zur Zeit der Mobilmachung müsste er bereits zum Landsturm 2. Aufgebot gehört haben (Übertritt aus der Landwehr 2. Aufgebot am 31. März 1913 (Quelle: Wehrordnung), da er das 39. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
    • Am 15. August 1914 rief Wilhelm II. den Landsturm auf (1. und 2. Aufgebot), d.h. er musste sich zum aktiven Dienst melden.
    • Das Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8 war in Frankfurt (Oder) stationiert, das ebenso wie Berlin zum Bereich des III. Armeekorps gehörte. Ich vermute also, dass er diesem Regiment zugeteilt wurde.
    Jetzt meine Fragen:
    • Warum wurde er als Landsturmmann einem aktiven Regiment zugeteilt und nicht einer Landsturmformation?
    • Liege ich richtig, dass er nicht als Offizier-Stellvertreter eingerückt ist, da er nicht die Auflage "mindestens acht Jahre aktiv gedient" erfüllte? Das scheint durch die Tatsache bestätigt zu werden, dass er in der Kriegsrangliste/Stellenbesetzung des Regiments nicht erwähnt wird.
    • Demnach wäre er zum Offizier-Stellvertreter befördert worden, vermutlich durch den Ausfall vieler Offiziere in den ersten Kriegsmonaten. Richtig?
    • Und da sein Tod in der Regimentsgeschichte keine Erwähnung findet, gehe ich davon aus, dass er den Rang nur sehr kurz bekleidete. Richtig?
    Mir ist klar, dass all das Spekulationen sind. Mich interessiert aber, (a) ob es plausibel ist und (b) ob es vielleicht Alternativen gibt.

    Ich freue mich über jeden Kommentar.

    Herzlichen Dank
    Andreas
    Zuletzt geändert von aeder; 14.01.2015, 09:46.
  • gki
    Erfahrener Benutzer
    • 18.01.2012
    • 5069

    #2
    Hallo Andreas,

    der Ausdruck "Zweijährig-Freiwilliger" ist mir nicht bekannt, zwei Jahre dauerte in Bayern der reguläre Wehrdienst. "Einjährig-Freiwilliger" ist dagegen ein gängiger Begriff.

    Ein Urgroßvater von mir leistete diesen Dienst und wurde als "überzähliger Unteroffizier" entlassen. Im lauf des Krieges wurde er zuerst "überzähliger Vizefeldwebel" dann "etatmäßiger Vizefeldwebel".

    Irgendwann hat er an der Ausbildung der Offiziers-Aspiranten teilgenommen, ich vermute das war noch während seiner ersten Dienstzeit.

    Ich gehe davon aus, daß er bei Mobilmachung als Unteroffizier einrückte.

    Bei Deinem Urgroßonkel war die Situation evtl. etwas anders, da er ja offenbar in die preußische Armee einrückte und in der bayerischen Armee ausgebildet worden war.
    Gruß
    gki

    Kommentar

    • aeder
      Benutzer
      • 30.11.2014
      • 12

      #3
      Hallo gki,
      vielen Dank für Deine Antwort.

      Der Ausdruck "Zweijährig-Freiwilliger" bezieht sich wohl darauf, dass er sich freiwillig zu Ableistung seines Wehrdienstes meldete. Das Thema wird in der Wehrordnung von 1888 bzw. 1904 im § 24 bzw. Abschnitt XIII, S. 121 ff. behandelt. Die Wehrpflicht begann mit vollendetem 17. Lebensjahr, die aktive Dienstpflicht begann "mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet" (§ 22 Nr. 1). Wenn man sich in dieser Zeitspanne freiwillig meldete, galt man als "Zweijährig-Freiwilliger". Das passt auch nicht ganz auf meinen Urgroßonkel, der am 1. Oktober 1894 seinen Dienst antrat, aber bereits am 8. September 1894 seinen zwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Da er aber in der Stammrolle zusammen mit anderen geführt wird, die die Bedingungen erfüllten und ebenfalls mit dieser Bezeichnung versehen wurden, gehe ich davon aus, dass vielleicht eine Sonderregel zum Einsatz kam.

      Dieser "Status" bedeutet aber nicht, dass er, wie die Einjährig-Freiwilligen, ein Kandidat zum Unteroffizier bzw. Reserveoffizier war. Er könnte dennoch in den zwei Jahren diesen Rang erhalten haben, denke ich.

      Ich hadere vor allem mit dem Begriff des Offizier-Stellvertreters. Wie ist er das geworden?

      VG
      Andreas

      Kommentar

      • Jensus
        Erfahrener Benutzer
        • 24.11.2006
        • 2506

        #4
        Hallo Andreas,
        schliesse mich den Aussagen von gki an, hier noch etwas zum "Zweijährig-Freiwilligen" die waren z. B. bei den Fußtruppen von spätern Übungen/Dienstpflichten befreit.

        Zitat von aeder Beitrag anzeigen
        Hallo zusammen,
        ich wäre dankbar, für Kommentare, Anregungen und, wenn möglich, Quellenangaben zu folgendem Thema.

        Ein entfernter Urgroßonkel von mir, geb. am 08.09.1874 in Bayern, leistete ab dem 01.10.1894 seinen Dienst als "Zweijährig-Freiwilliger" in der Bayerischen Armee (Quelle: Kriegsstammrolle). ...
        ... bei welcher bay. Waffengattung (oder bay. Regiment) war er laut dem bay. Stammrollen-Auszug? (evtl. mal den Auszug bitte zeigen!?)


        Zitat von aeder Beitrag anzeigen
        Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs lebte er anscheinend in einem Vorort Berlins (Quelle: Sterbeurkunde). ...
        Für Berlin könntest Du z. B. auch mal in den Historischen-Adressbüchern nach ihm suchen: Historische Adressbücher Berlin (1799 bis 1943) Online.


        Zitat von aeder Beitrag anzeigen
        Gefallen ist er am 08.01.1915 im Gefecht bei Clamecy als Offizier-Stellvertreter in der 12. Kompanie des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III. Nr. 8 (1. Brandenburgisches). Eine Karriere als Zeit-/Berufsoldat zwischen 1896 und 1914 ist höchstwahrscheinlich auszuschließen, da er nachweislich zwischen 1900 und 1910 als Kaufmann tätig war. In der Regimentsgeschichte (Schöning, 1924) findet sich sein Name nicht. ...
        ... woher hast Du diese Angaben zum Regiment? Aus der Sterbeurkunde und/oder aus den Verlustlisten?


        Zitat von aeder Beitrag anzeigen
        Ich versuche nun seinen militärischen Werdegang zu rekonstruieren und vermute folgendes:
        • Abgang aus dem Wehrdienst als Unteroffizier der Reserve/Offizier-Stellvertreter (Brockhaus: Offizierstellvertreter - im ehem. deutschen Heer Unteroffiziere mit besonderen Abzeichen (Tressen um die Achselklappen), die im Mobilmachungsfalle in Offizierstellen Dienst zu tun hatten.
        • Zur Zeit der Mobilmachung müsste er bereits zum Landsturm 2. Aufgebot gehört haben (Übertritt aus der Landwehr 2. Aufgebot am 31. März 1913 (Quelle: Wehrordnung), da er das 39. Lebensjahr bereits vollendet hatte.
        • Am 15. August 1914 rief Wilhelm II. den Landsturm auf (1. und 2. Aufgebot), d.h. er musste sich zum aktiven Dienst melden.
        • Das Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8 war in Frankfurt (Oder) stationiert, das ebenso wie Berlin zum Bereich des III. Armeekorps gehörte. Ich vermute also, dass er diesem Regiment zugeteilt wurde.
        Jetzt meine Fragen:
        • Warum wurde er als Landsturmmann einem aktiven Regiment zugeteilt und nicht einer Landsturmformation?...
        • ... manchmal wurden "besonders qualifiziert eingeschätzte" Soldaten & Offiziere auch mal aktiven Einheiten zugeteilt (gerade in den letzten Kriegsjahren keine Seltenheit).


          Zitat von aeder Beitrag anzeigen
        • Liege ich richtig, dass er nicht als Offizier-Stellvertreter eingerückt ist, da er nicht die Auflage "mindestens acht Jahre aktiv gedient" erfüllte? Das scheint durch die Tatsache bestätigt zu werden, dass er in der Kriegsrangliste/Stellenbesetzung des Regiments nicht erwähnt wird. ...
        ... den Dienstgrad Offizierstellvertreter gab es eigentlich nur zu Kriegszeiten, ansonsten hat gki dazu ja bereits alles geschrieben.


        Zitat von aeder Beitrag anzeigen
      • Demnach wäre er zum Offizier-Stellvertreter befördert worden, vermutlich durch den Ausfall vieler Offiziere in den ersten Kriegsmonaten. Richtig? Und da sein Tod in der Regimentsgeschichte keine Erwähnung findet, gehe ich davon aus, dass er den Rang nur sehr kurz bekleidete. Richtig? ...
      ... gibt es in der Regimentsgeschichte des Leib-Gren.-Rgts. Nr.8 eine Ehrenliste der Gefallenen?
      (wenn ja - nur von den gefallenen Offizieren oder sind auch die gefallenen Mannschafts- und Unteroffiziersgrade verzeichnet?)
      Ansonsten nochmal in den Verlustlisten nach ihm suchen! Bzw. evtl. auch mal beim Volksbund versuchen?


      Zitat von aeder Beitrag anzeigen
      Mir ist klar, dass all das Spekulationen sind. Mich interessiert aber, (a) ob es plausibel ist und (b) ob es vielleicht Alternativen gibt.
      ...
      Gibt es eigentlich evtl. noch weiteres Material (Fotos, Feldpost, Dokumente/Urkunden, etc.) ?
      Gruß Jens


      Im Bild-Anhang eine Auflistung der bekannten Publikationen zum 1. Weltkrieg des Leib-Gren.-Rgts. Nr.8.
      Angehängte Dateien
      Zuletzt geändert von Jensus; 14.01.2015, 15:42.

      Kommentar

      • aeder
        Benutzer
        • 30.11.2014
        • 12

        #5
        Hallo Jens,
        vielen Dank für Deine Anmerkungen und Hinweise.

        Mein Urgroßonkel war laut bayer. Stammrolle 21624 zunächst beim Bezirkskommando Bayreuth und wurde am 01.12.1894 zum Königlich Bayerischen 7. Infanterie-Regiment „Prinz Leopold“ versetzt.

        In den Berliner Adressbüchern habe ich bereits nachgesehen. Dort findet er sich nicht, obwohl in der Sterbeurkunde aus Berlin Berlin als letzter Wohnort angegeben wird.

        Die Angabe zum Regiment kommt sowohl aus der Verlustliste als auch aus der Sterbeurkunde - deckungsgleich.

        Es gibt in der Regimentsgeschichte eine Ehrenliste, allerdings nur für Offiziere. Beim Volksbund wird er nicht geführt; da hatte ich auch schon nachgesehen.

        Weiteres Material zum militärischen Lebenslauf gibt es nicht.

        Gibt es für Deine Aussage zu "besonders qualifiziert eingeschätzte" Soldaten & Offiziere eine besondere Quelle?

        Vielen Dank auch für den Hinweis zu den weiteren Regimentsgeschichten.


        Viele Grüße
        Andreas

        Kommentar

        • Jensus
          Erfahrener Benutzer
          • 24.11.2006
          • 2506

          #6
          Hallo Andreas,
          danke für Deine weiteren Informationen, leider schade das in den "frühen" Regimentsgeschichten oft keine Ehrenliste aller Dienstgrade gibt.

          Zitat von aeder Beitrag anzeigen
          ... Gibt es für Deine Aussage zu "besonders qualifiziert eingeschätzte" Soldaten & Offiziere eine besondere Quelle? ...
          "Qualifiziert" soll nur bedeuten, das auch "älterer" Soldaten körperlich und geistigen den militärischen Aufgaben (trotz ihres Alters) noch genügten.
          Wo man dazu mehr finden könnte, wüsste ich leider nicht. Zu generellen Dienstpflichten/Verhältnissen gibt es z. B. hier etwas.
          Damals war aber wohl auch einiges "ausser der Reihe" möglich, siehe z. B. Hermann Löns (der fiel im Alter von 48 Jahren als
          Kriegsfreiwilliger und einfacher Soldat bei einem aktiven Regiment). Gruß Jens
          Zuletzt geändert von Jensus; 14.01.2015, 19:46.

          Kommentar

          • aeder
            Benutzer
            • 30.11.2014
            • 12

            #7
            Hallo Jens,
            danke noch einmal für Deine Einschätzung. Ich glaube auch, dass damals, gerade auch im Durcheinander der Mobilmachung, einiges "aus der Reihe" passiert ist. Je nachdem, wen man kannte und wo man gerade war, dürfte in der Tat einiges möglich gewesen sein.


            Viele Grüße
            Andreas

            Kommentar

            • Kasstor
              Erfahrener Benutzer
              • 09.11.2009
              • 13449

              #8
              Heinel

              Hallo,

              zu Deinem Verwandten kannst Du hier noch ein paar Kleinigkeiten finden:

              http://www.theeuropeanlibrary.org/tel4/ im Bereich Zeitungen.
              Suchwörter : Vor- u Nachname

              Todesanzeige der Fa 1915, Prokura 1914, Löschung Prokura 1918

              Im Netz dann mit Suchbegriffen radiogen und dem Nachnamen: Aktie der Fa bei einem Auktionshaus und dazu Beschreibung der Firma.

              Viel Spaß beim Clicken.

              Thomas
              Zuletzt geändert von Kasstor; 15.01.2015, 18:22.
              FN Pein (Quickborn vor 1830), FN Hinsch (Poppenbüttel, Schenefeld), FN Holle (Hamburg, Lüchow?), FN Ludwig/Niesel (Frankenstein/Habelschwerdt) FN Tönnies (Meelva bei Karuse-Estland, später Hamburg), FN Lindloff (Altona, Lüneburg, Suderburg)

              Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam

              Kommentar

              • Deisterjäger
                Erfahrener Benutzer
                • 03.03.2013
                • 1159

                #9
                Moin zusammen,

                den "Zweijährigen Freiwilligen" muß es wohl doch gegeben haben,
                im MP meines Großvaters steht der Eintrag unter "Art und Datum des
                Dienstantritts".
                Angehängte Dateien
                Viele Grüße vom Deisterrand
                Harald

                Kommentar

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