Vermisst und/oder gefallen!?

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  • Karl Heinz Jochim
    Erfahrener Benutzer
    • 07.07.2009
    • 4812

    Vermisst und/oder gefallen!?

    Liebe Forum-Benutzer,
    in meinem umfangreichen Stamm (rund 36.000 Personen) befinden sich viele Soldaten und Zivilisten, die im 1. oder 2. Weltkrieg gefallen oder vermisst sind. Bei den Gefallenen wurden nach einem Gefecht - wenn möglich - die so genannten "Hundemarken" eingesammelt und Nr., Name und Sterbedatum festgehalten. Bei Vermissten wurde nach einer gewissen Zeit die Suche eingestellt und derjenige dann irgendwann für tot erklärt. Stelle aber immer wieder fest, dass außer in den Gefallenen-Listen in den Vermissten-Listen Personen auftauchen, deren Sterbedatum innerhalb der Jahre 1914/18 und 1939/45 bekannt ist.
    Dazu meine Frage an alle: Was denn nun? Entweder ist jemand gestorben oder gefallen und das Datum ist bekannt, oder die Person ist (unbestimmt) vermisst, dann aber ohne Datum!? Wer kann mir bitte dazu eine plausible Erklärung geben? Vielen Dank im voraus.
    Liebe Grüße
    Karl Heinz
  • Henry Jones
    Erfahrener Benutzer
    • 31.12.2008
    • 1418

    #2
    Hallo Karl-Heinz,

    eigentlich ist es ganz einfach. Wenn z.B. nach einem Gefecht Soldaten nicht zur Einheit zurückkehrten ging man davon aus, dass die Soldaten entweder in Gefangenschaft gerieten oder vermisst bzw. gefallen sind. Entsprechend wurde dann eine Verlustmeldung mit dem besagten Datum des Gefechts gefertigt oder auf Grundlage von Aussagen der zurückgehrenden Soldaten.

    Bei meinem Urgroßonkel wurde sogar ein Vernehmungsprotokoll erstellt, wo der Kompanieführer befragt wurde, was an den Angriffstag geschehen ist und was mit meinem Urgroßonkel geschehen ist (Verwundung durch Treffer auf den Panzer, abschließend Abtransport auf einen Verbandplatz, danach kein weiteres Lebenszeichen mehr)

    Oft gab es auch nur vage Kenntnisse über das Vermisstendatum, z.B. nach dem Krieg als die Familien Suchanträge für die Vermissten gestellt haben. Dort war dann meist nur das Datum der letzten Nachricht bekannt, was aber natürlich nicht immer mit dem Tod gleichzusetzen war. Viele sind ja auch in Kriegsgefangenschaft geraten.

    Hoffe ich konnte dir deine Frage beantworten.
    Ansonsten kannst du gerne nochmal nachfragen. Vielleicht hab ich deine Frage auch falsch verstanden.

    Gruß Alex
    Mitglied im Verein zur Klärung von Schicksalen Vermisster & Gefallener (VKSVG e.V.)
    www.vermisst-gefallen.net (Homepage)
    www.vksvg.de (Forum)

    Kommentar

    • Karl Heinz Jochim
      Erfahrener Benutzer
      • 07.07.2009
      • 4812

      #3
      Guten Morgen, Alex,
      vielen Dank für Deine Nachricht und die ausführliche Beantwortung meiner Frage. Habe danach für meine Unterlagen beschlossen, unter "Sterbedatum" nur noch etwas einzutragen, wenn derjenige auch bewiesenermaßen gefallen ist. Letztes Datum eines Lebenszeichens oder "nicht zur Einheit zurück gekehrt" sind keine eindeutigen Anhaltspunkte für den Tod. Ich kenne aus meiner Kindheit in den 1950er Jahren einen Fall in unserem Umfeld, wo ein Soldat als vermisst galt, seine Frau ihn dann für tot erklären ließ, wieder heiratete und dann Mitte der 1950er Jahre erleben musste, dass ihr Mann zum Feind desertiert war und nun auf einmal wieder vor der Tür stand ... Und das ist bestimmt kein Einzelfall.
      Also, nochmals vielen Dank.
      Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
      Karl Heinz

      Kommentar

      • Karle
        Erfahrener Benutzer
        • 13.08.2009
        • 144

        #4
        Zitat von Karl Heinz Jochim Beitrag anzeigen
        Bei den Gefallenen wurden nach einem Gefecht - wenn möglich - die so genannten "Hundemarken" eingesammelt und Nr., Name und Sterbedatum festgehalten. Bei Vermissten wurde nach einer gewissen Zeit die Suche eingestellt und derjenige dann irgendwann für tot erklärt.
        Hallo Karl-Heinz,

        hoffentlich ist das Thema noch aktuell und ich bin noch nicht zu spät dran.

        Vermisst/Gefallen-Status wurden gemäß dem "Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung, und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939" festgestellt.
        (Dieses Gesetz existiert mit Änderungen heute noch > Verschollenengesetz)

        Toderklärung konnte erfolgen wenn
        "1...wenn seit Ende des Jahres, in dem der Friede geschlossen, der besondere Einsatz für beendigt erklärt oder der Krieg oder das kriegsähnliche Unternehmen ohne Friedensschluß tatsächlich beendigt ist, ein Jahr verstrichen ist.
        2. Ist der Verschollene unter Umständen vermisst, die eine hohe Wahrscheinlichkeit seines Todes begründen, so wird die im Absatz 1 bestimmte Jahresfrist von dem Zeitpunkt ab berechnet in dem er vermisst worden ist."

        Wegen dieser Fristen kam eine Toderklärung in der Regel erst nach Beendigung des 2 WK. zustande.
        Im Wehrstammbuch sind normalerweise die Anlagen beigefügt (zugegeben bei den meisten Auskünften der WASt heißt es "Die Unterlagen gingen durch Kriegseinwirkung verloren" und sind deshalb einfach nicht mehr vorhanden. Aber durch die Instanzen des "Verwaltungsaktes" sind immer spärlichere Vermerke erhalten geblieben.

        Die wichtigsten Nachweise für Todesfälle waren das Wehrstammbuch und der Wehrpass.

        Die Einträge im Wehrpass (nicht verwechseln mit dem Soldbuch des Soldaten) wurden von der letzten Einheit des Soldaten vorgenommen. Dann mußte die zuständige Wehrersatzstelle benachrichtigt werden, die dann auf den vorgesehenen Seiten des Wehrstammbuchs den Eintrag vornahm. Damit war die Akte offiziell geschlossen.

        Den Wehrpass bekamen die Angehörigen dann ausgehändigt. Aufgrund eines Erlasses sind dort die Todesursachen ungenau angegeben.

        Beim Vermisstenstatus war der Ablauf im Prinzip derselbe.

        Heimkehrer aus der Gefangenschaft wurden ausgiebig befragt um eventuell ungeklärte Schicksale aufzuhellen.

        Bleibt noch der Hinweis das die Überlieferungen in den Personalakten gegen Kriegsende immer schlechter wurden.

        Beste Grüße

        Karle

        Nachtrag: Genealogieprogramme haben für gewöhnlich unter Todesdatum/Todesursache den Eintrag Vermisst/Gefallen vorgesehen.
        Dieser Datensatz wird dann im Ausdruck mit einem besonderen Kennzeichen versehen.(Anstatt dem üblichen Kreuz)
        Zuletzt geändert von Karle; 03.08.2012, 21:19. Grund: Nachtrag Genealogieprogramm eingefügt

        Kommentar

        • Karl Heinz Jochim
          Erfahrener Benutzer
          • 07.07.2009
          • 4812

          #5
          Guten Morgen, Karle,
          vielen Dank für Deine Nachricht und die ausführlichen Erklärungen, wirklich super! Besser kann man es nicht erklären. Werde mir Deine Zeilen jeweils als Hintergrund-Hinweise ins Programm (FTM) kopieren. Besten Dank nochmals.
          Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
          Karl Heinz

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