Feldpostbrief, Tunis 20.4.1943

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  • mac_intosh
    Erfahrener Benutzer
    • 28.07.2010
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    Feldpostbrief, Tunis 20.4.1943

    Hallo!

    Ich bin mit der reinschriftlichen Übertragung der ca. 130 Briefe meines Großvaters aus dem Krieg und der Gefangenschaft fast fertig und wollte Euch vorab einen ausgewählten davon nicht vorenthalten.
    Die Namen habe ich weggelassen, es geht um das was die Korrespondenz damals so enthielt und der interessante Vorfall, der geschildert wird.
    (Weniger als einen Monat später geriet er in seine, fast 5 Jahre andauernde Gefangenschaft...)

    "Nr. 32 (Karte, beidseitig beschrieben mit Umschlag)

    T(unis)., 20.4.43.

    Meine liebe ...!

    Im Augenblick stehe ich hier mit meinem (Opel)Blitz an der sog. Weiterleitstelle und mache den Meldefahrer. Unsere Kolonne steht in Soliman und wir hoffen, daß heute, wo wir etwas feiern wollen, kein Einsatz kommt. Diese Nacht habe ich verhältnismäßig gut geschlafen, in der Ferne hört man jedoch oft die Flak, Bomben fallen und die Flieger brummen drüber weg. Gestern und vorgestern hatten wir wieder Hafeneinsatz und haben wir uns oft bei Alarm schnellstens aus dem Staube machen müssen. Die Hauptsache ist jedoch, daß der Nachschub klappt und viele Schiffe ankommen.
    Heute morgen habe ich mir auf meinem Benzinkocher heißen Bohnenkaffee gemacht und gut gefrühstückt. Von dem Kaffee habe ich Dir auch 2 Päckchen geschickt und wieder einen Tubenkäse, hoffentlich kommt es an. Uns sind erneut 1 kg Marken in Aussicht gestellt und wenn wir sie haben, bekommst Du brauchbare schöne Sachen geschickt. Wie ich in Deinen letzten Briefen las, hast Du ja schon viel bekommen und bestätige mir bitte immer die Päckchen, damit ich sehe, was verloren gegangen ist.
    Heute nachmittag gibt es pro Kopf eine Flasche Cognac und dann haben wir 150 l Bier und freue mich schon, mal wieder richtig einen zwitschern zu können und für einige Stunden mal alle Sorgen zu vergessen.
    Übrigens muss ich Dir eben ein Erlebnis erzählen von vorgestern Nacht. Unser Uffz. kommt mit einem Muli (?) zu mir und erklärt mir aufgeregt auf französisch, daß seine Mabruka (Frau) ein Kind erwarte, welches aber nicht kommen wollte und seine Frau, wenn sie nicht sofort zum Araberhospital in Tunis gefahren, sterben müsse. Ich erklärte mich sofort bereit, zu fahren. Die Frau setzten wir vorsichtig hinten auf den Wagen, eine andere Frau mit hintendrauf und der Ehemann zeigte mir den Weg durch das enge Araberviertel. Obwohl ich vorsichtig fuhr war es doch eine ziemliche Rappelei. Am Hospital angekommen, machte ich sofort die Klappe herunter und hatte sich die ganze Sache schon abgespielt, im dunklen Wagen. Die Frau wurde hereingetragen und die andere Frau zeigte mir 2 kleine Araberjungens. Wat et nit alles so gibt. Jedenfalls sind diese Frauen verflucht „friert“ (robust). Sonst gibt es im Augenblick nichts Neues. Heute mittag wollte ich meine Wäsche waschen, hoffentlich langt die Zeit dazu.
    Übermorgen hat ... Geburtstag und werde nachmittags an Euch denken, wie Ihr mit den bescheidenen Mitteln den Tag feiert. Oma ... wird sich doch auch für ein Stündchen frei machen können.
    Ich warte jetzt auf meine Ablösung und freue mich auf das Mittagessen. Erbsen mit Möhren. Sei Du, meine liebe ..., immer mit den Gedanken bei Dir, recht herzlich gegrüßest und geküsst von Deinen .... Herzliche Grüße an die Kinder und beide Eltern, ... und die Jungens.
    Laß mir Oma ... nochmal dieses Briefpapier mit Umschlägen schicken, danke im voraus dafür.
    Grüße bitte ... und alle anderen Kegelbrüder u. Schw. ... auch v. Billardclub.
    Hat Frau ... den Film noch nicht fertig? Wir warten darauf."

    Feldpost (Stempel vom 22.4.43)
    Aus tausend Ahnen bist Du eins geworden.
    Aus ungezählten Seelen stammt Dein Sein.
    Aus tausend Adern fließen fremde Tropfen
    gestaltend in Dein eignes Wesen ein.
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