Frage zu Aufsichtsperson von Zwangsarbeitern im WKII

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  • tumsdick
    Benutzer
    • 28.09.2024
    • 31

    Frage zu Aufsichtsperson von Zwangsarbeitern im WKII

    Hallo zusammen,
    mein Großvater war zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in den Wanderer-Werken in Chemnitz-Schönau beschäftigt. Nach Erzählungen soll er dort u.a. Zwangsarbeiter entweder als Kollegen gehabt oder sie beaufsichtigt haben. Möglicherweise war diese Fabrik oder ein Teil davon ein Außenlager des KZ Flossenbürg. Wie muss ich dann die mögliche Rolle als "Aufsicht" einordnen? Meines Wissens war er nicht in der SS oder Waffen-SS. Nach dem Ende des Kriegs hat er in der SBZ und später DDR als Polizist gearbeitet, bis er in den Westen geflüchtet ist.
    Nach dem Tod seiner Witwe fanden wir bei der Wohnungsauflösung einen Brief von ehemaligen Zwangsarbeitern aus Belgien, die sich bei ihm für die menschliche Behandlung bedankten. Einerseits wurden solche Schreiben häufig erpresst, um bei der Befreiung Deutschlands vor den Alliierten gut dazustehen. Andererseits war das ein Brief aus der Zeit weit nach dem Krieg, Ende der 40er, als für diese armen Menschen vermutlich kein Grund bestand, diesen Brief zu schreiben, wenn sie nicht gewollt hätten. Leider ist der Brief nicht mehr vorhanden.

    Wie soll ich all das einordnen? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Viele Grüße
    tumsdick
  • hessischesteirerin
    Erfahrener Benutzer
    • 08.06.2019
    • 1551

    #2
    Mein Großvater war ebenfalls eine Aufsichtsperson in Arnstadt, Siemenswerke.

    In den 5 Jahren, die er dort arbeiten musste, hatte er Russisch gelernt und stand den jungen Menschen, die allesamt Heimweh hatten (er übrigens auch) zur Seite, was ihn fast sein eigenen Leben kostete. Aufgrund seines menschlichen Verhaltens gegenüber den jungen Gefangenen, meist Russen im Teenie-alter wäre er beinah vergast worden, eine Verwarnung in diese Richtung wurde ihm gegenüber ausgesprochen.
    Am Ende des Krieges haben ihm die jungen Leute ein Fahrrad geschenkt und ihm die Richtung gezeigt, wie er nach Hause fahren soll - nämlich nicht den direkten Weg, da wäre er in Gefangenschaft und wahrscheinlich auch zu Tode gekommen

    Danksagungen hat er keine bekommen, woher auch, die Russen hatte keinerlei Adresse von ihm.

    Aufseher gibt es doch heute noch - fahr mal in ein Lager, von irgendeinem online-Anbieter oder in Fabriken da gibts immer einer, der das sagen hat, Angibt, wann Pause ist, schaut, das richit gearbeitet wird etc. Nichts anderes war das damals, nur viel strenger und von meinem Opa weiß ich, dass da auch viele Aufseher waren, die ihre Macht gegenüber der Gefangenen ausgeübt haben

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    • Svenja
      Erfahrener Benutzer
      • 07.01.2007
      • 4708

      #3
      Hallo

      Schade, dass der Brief der ehemaligen Zwangsarbeiter nicht mehr vorhanden ist, nicht nur wegen des genauen Datums. Mit den Namen aus dem Brief hätte man mal bei den Arolsen Archives Online suchen können. Man kann dort nur nach Namen oder Geburtsorten der Zwangsarbeiter suchen, nicht nach Aufenthaltsort bzw. Standorten der Lager/Arbeitsorte.

      Bei den Suchresultaten gibt es oben eine Tabelle mit den Angaben zu den gefundenen Personen namens Arnstadt. Darunter gibt es eine weitere Tabelle unter "Themen". Da werden ebenfalls viele Dokumente zu Personen namens Arnstadt angezeigt, aber dazwischen erscheinen auch Dokumente zu Orten namens Arnstadt.

      Gruss
      Svenja
      Zuletzt geändert von Svenja; 01.10.2024, 15:56.
      Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
      https://iten-genealogie.jimdofree.com/

      Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

      Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

      Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

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      • tumsdick
        Benutzer
        • 28.09.2024
        • 31

        #4
        Danke für eure Antworten, den Tipp mit Arolsen werde ich mal weiterverfolgen - auch wenn er natürlich kein Verfolgter war.

        Kommentar

        • Svenja
          Erfahrener Benutzer
          • 07.01.2007
          • 4708

          #5
          Hallo

          Zumindest sollte es möglich sein, herauszufinden, ob in dieser Firma Zwangsarbeiter aus Belgien beschäftigt waren, wie viele und von wann bis wann.
          Evtl. erinnert ihr euch wieder ob einer der gelisteten Namen in den Briefen auftauchte. Dann könnte man auf anderen Wegen mehr über diese Personen herausfinden.

          Edit:

          Unter Chemnitz konnte ich keine Dokumente zu den Wanderer-Werken finden. Es gibt Dokumente von vielen Firmen im Stadt- und Landreis Chemnitz, aber die meisten scheinen nicht online einsehbar zu sein.

          Gruss
          Svenja
          Zuletzt geändert von Svenja; 01.10.2024, 21:32.
          Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
          https://iten-genealogie.jimdofree.com/

          Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

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          • tumsdick
            Benutzer
            • 28.09.2024
            • 31

            #6
            Danke, dass Du gleich selbst recherchiert hast.
            Am liebsten wäre es mir, diese Briefe würden in der Verwandschaft wieder auftauchen. Aber niemand scheint sie zu haben. Kann natürlich auch sein, dass es jemandem nicht so wichtig war wie z.B. mir, der sich für Geschichte und Geschichten interessiert. Ich bleibe am Ball. Es gab ja viele Außenstellen des KZ Flossenbürg, da kann ich sicherlich eine Liste finden oder erfragen.

            Schönen Gruß
            tumsdick

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            • Svenja
              Erfahrener Benutzer
              • 07.01.2007
              • 4708

              #7
              Hallo

              Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigten, müssen nicht unbedingt Aussenstellen von Konzentrationslagern gewesen sein. Zwangsarbeiter waren meistens keine KZ-Häftlinge, sondern wurden direkt aus ihrer Heimat nach Deutschland verschleppt zum Arbeiten. Bei den Arolsen Archives gibt es sowohl Unterlagen über KZ-Häftlinge als auch über Zwangsarbeiter. Ich habe gestern diverse Unterlagen über Aussenlager von Flossenbürg durchgesehen, die Wanderer-Werke waren da nicht dabei. Es ist jedoch gut möglich, dass dort nicht alle Aussenlager aufgeführt sind. Gerade habe ich noch einen weiteren Bestand bezüglich Aussenlager von Flossenbürg entdeckt, da soll Chemnitz auch enthalten sein.

              Gruss
              Svenja
              Zuletzt geändert von Svenja; 02.10.2024, 22:43.
              Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
              https://iten-genealogie.jimdofree.com/

              Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

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              • hhb55
                Erfahrener Benutzer
                • 07.04.2014
                • 1676

                #8
                IMG_3415.jpg Guten Morgen!

                Zufällig gab es vorgestern in unserer Tageszeitung diesen Artikel der einige Informationen zum Thema liefert.

                VG

                Hans- Hermann
                Zuletzt geändert von hhb55; 03.10.2024, 08:24.

                Kommentar

                • tumsdick
                  Benutzer
                  • 28.09.2024
                  • 31

                  #9
                  Hallo, danke für Eure Antworten. Ein Fehler liegt bei mir, denn es waren wohl nicht die Wanderer-Werke, sondern die der Auto Union AG in Chemnitz, die gleichzeitig Außenstellen des Lagers Flossenbürg waren. Ich werde jetzt erstmal die Verwandschaft traktieren, ob nicht diese Briefe doch noch vorhanden sind.

                  Kommentar

                  • TG23
                    Erfahrener Benutzer
                    • 03.11.2023
                    • 125

                    #10
                    Hallo,

                    Hier einige links die ich auf die schnelle gefunden habe.







                    Zumindest der letzte zeigt dass es über einige Bereiche Zwangsarbeiter sogar noch Personalakten gibt. Da würde ich mich vielleicht noch einmal mit dem Sächsischen Staatsarchiv beschäftigen.

                    Kommentar

                    • tumsdick
                      Benutzer
                      • 28.09.2024
                      • 31

                      #11
                      Toll, wie ihr das immer alles findet, vielen Dank! Ja, ich werde mir das Sächsische Staatsarchiv mal näher ansehen. Vielleicht kann dort eine Recherche durchgeführt werden.

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