Quellenfrage: Wie genau berichtet die Offiziernomenklatur?

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  • Kowalewski
    Erfahrener Benutzer
    • 28.08.2017
    • 180

    Quellenfrage: Wie genau berichtet die Offiziernomenklatur?

    Guten Tag zusammen!

    Ich nutze die Weihnachtstage, um einige Quellen zu meinem Vorfahren Jacob Kowalewski erneut zu lesen und zu interpretieren. Hierbei ergeben sich unterschiedliche Ansätze zu seiner militärischen Vita. Ich versuche nun herauszufinden, welcher Werdegang der richtige sein könnte.

    In der 1. Quelle, der preußischen Offiziernomenklatur steht zu ihm folgendes:
    "[Kowalewski], Jacob, Policey Bürgerm[ei]st[e]r, 1819 25. May Sec[onde] L[ieutnan]t b. Königsb. Gumb. Ldw. Rgt., 1820 27. Mart[ius] zum 3. Bat[aillon] 3. L[an]dw[ehr] R[e]g[imen]t, 1823 16. Aug. dimitt[iert]."
    (GStA PK, IV. HA Preußische Armee, Rep. 1 Geheime Kriegskanzlei, Nr. 78, S. 11.)

    Die 2. Quelle, das Buch von Willi Kollo: „Als ich jung war in Berlin…“ Literarisch-musikalische Erinnerungen, Mainz 2008, nennt Jacob Kowalewski einen Generalleutnant. Ebenso ein Interview mit Willi und René Kollo im Ostpreußenblatt. Diesen Dienstgrad lasse ich mal außen vor, da er meiner Meinung nach haltlos ist.

    Die 3. Quelle ist eine handschriftlich fixierte Familiengeschichte, niedergeschrieben um 1895 von Kowalewskis jüngster Tochter Hedwig. Sie notierte für ihren Vater den Dienstgrad eines kgl. preuß. Premier-Lieutnants. Diesen Dienstgrad soll Jakob Kowalewski bereits während der Befreiungskriege bekleidet haben. Gestorben sei er als kgl. preuß. Rittmeister a. D..

    Hieraus ergibt sich nun die Frage, wie Quelle 1 und 3 zusammengehen. Ist Quelle 1 evtl. ungenau, oder finden sich in Quelle 3 nach 80 Jahren +x einfach falsche Angaben wieder?

    Noch einmal anders liest sich Kowalewskis militärische Vita in der Ortelsburger Chronik nach Hermann Gollub, Quelle 4. Gollub folgend wurde die eine Ortelsburger Bürgergarde in dem nach dem berühmten Aufruf An mein Volk des Königs Friedrich Wilhelm III. vom 13. März 1813 neugeschaffenen Landsturm organisiert. In Ortelsburg entstanden ein Landsturm-Bataillon mit drei Kompagnien und eine Landsturm-Eskadron. Jakob Kowalewski sei dort zum Hauptmann befördert worden und wurde mit der Landsturm-Eskadron am 30. Mai 1814 nach Goldap in Garnison gelegt.

    Müsste nach Gollub nicht in der Offiziernomenklatur eigentlich eine Beförderung zum Hauptmann notiert sein? Leider lässt sich hier nicht nachvollziehen, welche Quellen Gollubs Angaben zugrunde liegen.

    Also, was meint ihr? Ist die Offiziersnomenklatur richtig und alles andere durch stille Post etc. schön-/größer geredet, oder ist die Offiziernomenklatur eventuell ungenau? Gibt es hierzu Erfahrungswerte?

    Ich würde mich freuen, von Euch zu lesen!
  • Basil
    Erfahrener Benutzer
    • 16.06.2015
    • 2603

    #2
    Hallo Kowalewski,

    in der Rang- und Quartierliste der Königlich Preußischen Armee finde ich 1820 bis 1823 bei der Infanterie im 3. Bataillon (1820 in Allenstein, ab 1821 in Ortelsburg), 3. Landwehr-Regiment einen S.-Lt. Kowalewski, 1824 dann unter den Abgängen, als S.-Lt. "dimittirt". Das bestätigt die 1. Quelle.

    Noch einmal anders liest sich Kowalewskis militärische Vita in der Ortelsburger Chronik nach Hermann Gollub, Quelle 4. Gollub folgend wurde die eine Ortelsburger Bürgergarde in dem nach dem berühmten Aufruf An mein Volk des Königs Friedrich Wilhelm III. vom 13. März 1813 neugeschaffenen Landsturm organisiert. In Ortelsburg entstanden ein Landsturm-Bataillon mit drei Kompagnien und eine Landsturm-Eskadron. Jakob Kowalewski sei dort zum Hauptmann befördert worden und wurde mit der Landsturm-Eskadron am 30. Mai 1814 nach Goldap in Garnison gelegt.
    Es müsste Landwehr heißen, oder?

    Grüße
    Basil
    Zimmer: Oberlausitz und Dresden; Stephanus: Zittau, Altenburg und Ronneburg
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    • Pommerellen
      Erfahrener Benutzer
      • 28.08.2018
      • 2128

      #3
      Hallo Kowalewski,

      meine Erfahrungen mit der Offiziersnomenklatur sind sehr positiv. Die Daten decken sich alle bei den von mir untersuchten Personen mit der von Basil angezogenen Rang- und Quartierliste der Königlich Preußischen Armee, die es fast von jedem Jahr gibt. Sogar die manchmal angegebenen Sterbedaten passen. Ich finde natürlich auch in anderen Quellen oftmals Standeserhöhungen die nicht stimmen. Z.B. in der Kurliste von Karlsbad werden dann aus normalen Adeligen Freiherren oder aus Oberleutnant auch mal ein Oberst. Oder in Standesamtsurkunden finden sich Hauptleute die keine sind. Da lag dann aber oft auch 40 - 50 Jahre dazwischen z.B. bei Sterbeurkunden von Kindern. Ich würde deshalb die Offiziersnomenklatur als die seriöse Quelle ansehen.

      Mit vielen Grüßen.

      Kommentar

      • Kowalewski
        Erfahrener Benutzer
        • 28.08.2017
        • 180

        #4
        Lieber Basil,
        Dir vielen Dank für das Nachschlagen in den Rang- und Quartierlisten,

        Lieber Pommerellen,
        Dir vielen Dank für Deine Einschätzung und Teilung Deiner Erfahrungen.
        So eine Einschätzung bringt mich ein ganzes Stück weiter!

        Viele Grüße
        Kowalewski

        Kommentar

        • Henry Jones
          Erfahrener Benutzer
          • 31.12.2008
          • 1708

          #5
          Hallo,

          geht den aus den Kirchenbücher, sei es Heirat und/oder Tod, oder zu den Geburten/Taufen der Kinder etwas seinem militärischen Stand hervor. Ansonsten sehe ich die Primärquellen (Ranglisten, Archivakte) aber als verlässlichere Quellen an.

          Gruß Alex

          Kommentar

          • Kowalewski
            Erfahrener Benutzer
            • 28.08.2017
            • 180

            #6
            Hallo,
            nein, leider nicht. Immer wenn in den Kirchenbüchern eine Berufsbezeichnung für Jacob Kowalewski steht, ist dort Magistratsmitglied/Polizeibürgermeister/Bürgermeister aufgeführt.

            Kommentar

            • Pommerellen
              Erfahrener Benutzer
              • 28.08.2018
              • 2128

              #7
              Hallo Kowalewski,

              hier gibt es noch eine Quelle mit pensionierter Bürgermeister und Leutnant a.D. von 1847.


              Viele Grüße

              Kommentar

              • Kowalewski
                Erfahrener Benutzer
                • 28.08.2017
                • 180

                #8
                @Pommerellen: vielen Dank! Ich kenne aus der Ortelsburger Zeitung etliche Artikel über Grundstücksverkäufe der Witwe Jacob Kowalewskis, aber nicht von ihm. Auch war mir nicht bekannt, dass er Besitzer des Mälzenbräuerhauses in Ortelsburg war. Ein spannender neuer Ansatz für mich!

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                • Christian40489
                  Erfahrener Benutzer
                  • 25.03.2008
                  • 2053

                  #9
                  Hallo Kowalewski,
                  nur ein Gedanke: sind denn aus der Zeit nach 1823 primäre Quelle bekannt, aus denen ein späterer höherer Rang Jacob Kowalewskis hervorgeht. Von wann bis wann lebte er? Das würde eventuell helfen einzuschätzen, ob er nach 1823 noch einmal in den aktiven Dienst zurückkehrte, z.B. wegen des Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848–1851) oder des Deutsch-Dänischen Kriegs (1864). Du datierst bislang eher die Quellenangaben, während Du den Faktor Zeit bei der "Karriere" des JK noch nicht betrachtest. Vielleicht ergeben sich aus dem Ansatz neue Aspekte?
                  Viele Grüße
                  Christian
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                  Kommentar

                  • Kowalewski
                    Erfahrener Benutzer
                    • 28.08.2017
                    • 180

                    #10
                    Hallo Christian40489
                    und Danke für Dein Mitdenken. Hier ein paar gesicherte Daten zu Jacob Kowalewski:

                    * Ortelsburg 25.7.1787
                    ~ ebda. luth. ...
                    oo1 Königsberg, franz.-ref. 6.2.1804 mit Jeanne Susanne Guillemine Dorothée Grangot
                    oo2 ..., Ende 1826 mit Charlotte Henriette von Michaelis
                    + Fiugatten b. Ortelsburg 3.4.1858
                    # Ortelsburg 7.4.1858

                    6.2.1804: Membre du Magistrat d’Ortelsbourg
                    1.5.1811: Wahl zum Bürgermeister von Ortelsburg
                    13.1.1816: Wahl zum Bürgermeister auf Lebenszeit, zugleich Stadtsekretär
                    1821-1838: zusätzlich Post-Expedient zu Ortelsburg

                    Laut Familienüberlieferung hatte er 1838 einen Reitunfall und war danach gelähmt. 1840 erblindete er und wurde seines Amtes als Bürgermeister entsetzt.

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                    • Christian40489
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.03.2008
                      • 2053

                      #11
                      Hallo Kowaleswki,
                      Durch die von Dir genannten gesicherten Daten, ließe sich die eventuelle weitere militärische Beförderung auf den Zeitraum 1823-1838 eingrenzen. Die Versetzung zum 3. Bat[aillon] 3. L[an]dw[ehr] R[e]g[imen]t am 16. August 1823 kann ein Hinweis auf die Versetzung in den Reservistenstand sein. Landwehreinheiten waren dem stehenden Heer beigeordnete milizartige Verbände oder Einheiten aus Reservisten älterer Jahrgänge. Dein Vorfahr könnte an Reserveübungen teilgenommen haben. Nach solchen wurden oft auch Beförderungen ausgesprochen. Die Frage ist also, welche Quellen gäbe es zu den Reservistenverbänden in Ostpreußen des 19. Jhds. Ich habe dazu nichts gefunden, bin aber militärhistorisch auch nicht bewandert. Wenn sich dazu nichts finden lässt, muss man zunächst von unzutreffender Überlieferung des militärischen Rangs ausgehen.
                      Gruß Christian
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                      • Christian40489
                        Erfahrener Benutzer
                        • 25.03.2008
                        • 2053

                        #12
                        Hier noch ein Link mit Infos zum Regiment Deines Vorfahren:
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