Ereignisse zum Kriegsende im Mai 1945 um Pisek/Böhmen

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  • Friedrich Wilhelm
    Erfahrener Benutzer
    • 27.02.2013
    • 621

    Ereignisse zum Kriegsende im Mai 1945 um Pisek/Böhmen

    Guten Tag,

    mein Großvater geriet am 9. Mai 1945 in oder um Pisek in russische Gefangenschaft. Wie ich einigen Meldungen hier schon entnehmen konnte, war die Frontlage in dieser Zeit unübersichtlich und die US-Truppen verweigerten der Wehrmacht die amerikanische Gefangenschaft, so dass die Rote Armee der deutschen Truppen habhaft werden konnte.

    Zwei Fragen dazu:
    Gibt es irgendwo Quellen dazu, so dass man sich über die Lage in der Gegend noch besser belesen könnte? Speziell auch über die Weigerung der US-Truppen, die Deutschen kapitulieren zu lassen?

    Mein Großvater war nach Auskunft der WASt bei der 2. Staffel (F) der Aufklärungsgruppe 100 als Flugzeugmechaniker beschäftigt. (hier mehr dazu) Wenn ich das im Lexikon der Wehrmacht richtig deute, war der letzte Standort der Staffel im April 1945 am Flugplatz Alt Lönnewitz in Sachsen.
    Wie passt das denn zusammen? Das ist über 300km von Pisek entfernt.
    Oder gibt es andere Standortmeldungen zu dieser Zeit?

    Vielen Dank.
    Gruß Norbert
    Zuletzt geändert von Friedrich Wilhelm; 29.09.2021, 15:34.
    Meine Seite: www.ahnengeschichte.de

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  • Huber Benedikt
    Erfahrener Benutzer
    • 20.03.2016
    • 4663

    #2
    Es werden sich sicher hier noch Militärspezialisten melden.
    Fakt ist, dass ursprünglich, d.h. nach den Festlegungen der Konferenz von Jalta das Gebiet der Tschechoslowakei in den Grenzen vor 1938 der roten Armee zufallen sollte.
    Die amerikanische 3. Armee war aber Anfangs Mai bereits in das Gebiet der Tschechoslowakei gelangt und besetzte das kriegstechnisch wichtige Pilsen (Skoda Werke) am 6. Mai.
    Am selben Tag erfolgte die Festlegung einer neuen Demarkationslinie zwischen den sowjetischen Truppenkommandeur Antonov und dem amerikanischen Eisenhower. Diese verlief von Karslbad her ,östlich von Pilsen über Rokicany (östl. Stadtgrenze) weiter über Pisek, Netolice dann Richtung deutsch-österr. Grenze.
    s. Karte unten
    Einzelne amerikanische Aufklärer standen zu diesem Zeitpinkt bereits kurz vor Prag.
    Diese zogen sich vereinbarungsgemäss hinter die neue Demarkationslinie zurück wohingegen die rote Armee zunächst bis 9. Mai Prag einnahm, dann ab 10. Mai von Prag aus zur Demarkationslinie vorrückten.
    Die teils in Auflösung begriffenen deutschen Truppen gerieten zwischen Demarkationslinie und vorrückende rote Armee.
    s. blauschraffierte Gebiete östl der Demarkationslinie

    Während weiter westlich gefangengenommene Truppen in amerik. Gefangenschaft verblieben wurden offensichtlich an der Demarkationslinie die dort von russischem Gebiet herkommenden Truppen an die mittlerweile an der Demarkationslinie eingetroffenen Russen übergeben.
    Genaueres zu den Abläufen sicher von den Spezialisten.
    Angehängte Dateien
    Ursus magnus oritur
    Rursus agnus moritur

    Kommentar

    • sonki
      Erfahrener Benutzer
      • 10.05.2018
      • 5375

      #3
      Hier gibt es auch noch ein paar Infos zur Lage im Mai in Pisek:
      Hallo liebe Forenmitglieder, ich habe die Information erhalten, dass mein Vater Hans Schwarze am 08.05.1945 in Pisek / Tschechoslowakei in sowjetische Gefangenschaft kam. Kann mir jemand sagen, welche Einheit bzw. Regiment in dieser Zeit da gewesen…


      Auf Seite 2 ist ein PDF (Bachelor Arbeit) verlinkt ("Die letzten Tage der deutschen Streitkräfte in der Region Pisek"):
      Von den Amerikanern wurde am 9. Mai 1945 um 19:00 Uhr für die deutschen Soldaten die Brücke über die Moldau in Podol (Podolí) geschlossen und nach diesem Datum haben sie die gefangenen Angehörigen von diesen Einheiten an die Sowjets ausgehändigt, welche sich von der Ostfront zurückgezogen hatten.
      Podol ist 14km östl. von Pisek.

      P.S. Und hier die amerikanische Lagekarten der 12. Army Group - z.b. der 9.Mai '45: https://www.loc.gov/resource/g5701sm.gct00021/?sp=338
      Zuletzt geändert von sonki; 29.09.2021, 16:42.
      ¯\_(ツ)_/¯

      Kommentar

      • falko23
        Benutzer
        • 25.04.2019
        • 43

        #4
        Zitat von Friedrich Wilhelm Beitrag anzeigen
        Wie passt das denn zusammen? Das ist über 300km von Pisek entfernt.
        Oder gibt es andere Standortmeldungen zu dieser Zeit?
        Hallo, Laut dem Lexikon der Wehrmacht waren im April 1945 zwei Staffeln der 3. Gruppe des Jagdgeschwaders 7 in Lönnewitz. Diese verlegten am 12. April nach Prag.

        Weiter heißt es beim Lexikon der Wehrmacht:

        Am 9. und 10. April 1945 wurden die verbliebenen Fliegerhorste der deutschen Jagdwaffe von den Alliierten bombardiert und schwer getroffen. Dabei wurde ein Großteil der Bodenorganisation sowie eine große Anteil der Maschinen vernichtet. Daraufhin sollten die Reste der Gruppe in den nordostbayerischen Raum verlegen. Dorthin wurden jedenfalls die Bodenteile der Gruppe in Marsch gesetzt, während die verbleibenden Maschinen erst einmal nach Prag-Rusin verlegten.

        Ich vermute das dein Großvater in Richtung Bayern in Marsch gesetzt wurde. Der Weg führte durch Böhmen und er ist bis Pisek gekommen. Dann war Schluss.

        Gruß Falko
        Zuletzt geändert von falko23; 30.09.2021, 07:34.

        Kommentar

        • Friedrich Wilhelm
          Erfahrener Benutzer
          • 27.02.2013
          • 621

          #5
          Guten Abend,

          vielen Dank für die Antworten und die Karten. Das hilft mir sehr weiter. Möglicherweise könnte es ja wie folgt abgelaufen sein.

          Mein Großvater war im April 1945 in Alt Lönnewitz mit seiner Staffel stationiert. Wahrscheinlich hatten die Fernaufklärer nicht mehr viel zu tun, außerdem waren einige Staffel Jagdgeschwader vor Ort. Nach dem LdW wurden die Fliegerhorste bombardiert, Flugzeuge zerstört.
          Wahrscheinlich wurde mein Großvater als Flugzeugmechaniker mit den Jagdgeschwadern in Richtung Prag abkommandiert.
          Anfang Mai versuchten die deutschen Truppen aus Böhmen in Richtung Westen zu kommen, um sich dort den US-Truppen zu ergeben. Diese wiederum verwehrten den deutschen Truppen, die aus Osten kamen, die Kapitulation und sorgten so dafür, dass diese in russische Gefangenschaft kamen.

          Passt das etwa?

          Gruß Norbert
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