Hilfe bei Soldatenbildern des 17. u. 18 königl.-bay. IR vor dem 1. WK

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  • Timochin
    Neuer Benutzer
    • 01.05.2020
    • 3

    Hilfe bei Soldatenbildern des 17. u. 18 königl.-bay. IR vor dem 1. WK

    Guten Tag liebe Forengemeinde,

    ich bräuchte eure Hilfe bei einigen Soldatenbildern aus dem Nachlass meiner Urgroßmutter (gest. 1991). Dort befand sich ein Gedenkblatt mit einem handkoloriertem Foto und zwei kleineren Fotos auf Karton aufgeklebt. Leider gibt es weder Aufzeichnung zu den Bildern, noch lebende Verwandte, die damit etwas anfangen können. Aus Einträgen aus den Kirchenbüchern könnten drei ungefähr gleich alte Brüder in Frage kommen. Ich hoffe darauf, dass ich durch eure Expertise vielleicht die Bilder weiter zeitlich und örtlich eingrenzen kann und dadurch Hinweise für weitere Recherchemöglichkeiten erhalte.

    In der Mitte des Gedenkblattes befindet sich ein handkoloriertes Foto. Auf den Schulterklappen ist eine 17 zu erkennen. Ich ordne das dem 17. königl.-bay. IR in Germersheim zu. Den Mann schätze ich auf nicht älter als 30 Jahre. Um das Foto herum sind Szenen aus dem Soldatenalltag abgebildet. Aufgrund der Pickelhaube (ab 1886 in der bayerischen Armee) und den bunten Uniformen schätze ich Szenen auf die Jahre 1886 bis 1914. Bei der Restauration des Gedenkblattes hat der Restaurateur auf der Rückseite den Namen "Zollinger" entziffert. Die Buchstaben dahinter kann ich leider nicht lesen. Vor der Restauration befanden sich auf der Rückseite Tageszeitungen ungefähr aus dem Jahre 1895.




    Auf dem ersten Soldatenfoto ist auf den Schulterklappen die 18 zu erkennen. Die Aufnahme entstand im Atelier Bingenheimer aus Landau. Dort war das 18. königl.-bay. IR stationiert. Ich schätze auch diesen Mann auf nicht älter als 30 Jahre. Er hat außerdem ein sehr ähnliches Erscheinungsbild wie der Mann auf dem Gedenkblatt.


    Zum zweiten Bild kann ich die wenigsten Aussagen treffen. Ich erkenne nur eine typische bayerische Uniform und den Ort der Aufnahme, Germersheim. Auf der Rückseite des Kartons ist noch sehr klein die Jahreszahl 1901 aufgedruckt. Ich vermute daher einen Bezug zum 17. IR. Ich habe keine Ahnung, welche Bedeutung die am Gürtel angebrachte Kordel und der Dolch haben.


    Bei den Abgebildeten könnte es sich um folgende Personen handeln:
    Jakob Zollinger (geb. 03.05.1868 - gest. 17.05.1912), Vater meiner Urgroßmutter
    Johannes Zollinger (geb. 04.09.1874 - gest. 13.04.1959), Onkel
    Heinrich Zollinger (geb. 27.06.1877 - gest. 08.12.1943), Onkel

    Jakob starb noch vor dem 1. Weltkrieg. Johannes und Heinrich nahmen beide als fast 40-Jährige am Weltkrieg teil, jedoch nicht im 17. oder 18. IR, sondern im Falle Heinrichs im KB Reserve-IR Nr. 5.
    In den Kriegsstammrollen aus dem 1. Weltkrieg sind bei Johannes und Heinrich unter frühere Dienstverhältnisse folgendes eingetragen:
    Johannes:
    - 14.10.96, 18. IR, 12. Comp
    - 15.09.98 z. Res.
    Heinrich:
    - 14.10.97 - 15.04.98, 6./18.



    Aufgrund des geschätzten Alters der Abgebildeten, den Uniformen und den früheren Dienstverhältnissen schätze alle drei Bilder auf die 1890er Jahre. Stimmt das?

    Ich ordne das Foto mit den 18er Schulterklappen wegen der früheren Dienstverhältnisse Johannes oder Heinrich zu. Wer befindet sich aber auf dem Gedenkblatt und dem anderen Foto aus Germersheim?

    Hat jemand Erfahrungen mit Personalunterlagen vor dem 1. Weltkrieg? Gibt es die noch und wo könnte ich Bescheinigungen über Wehrpflicht, Musterung, Erfassung von Wehrpflichtigen o.ä. finden?

    Ich bin Laie bei Uniformen. Könnte es noch Informationen, wie Dienstgrad, Truppengattung o.ä., geben, die ich übersehen habe?

    Mein Wunsch wäre es, die Bilder und insbesondere das Gedenkblatt über Indizien den Personen zuordnen zu können. Vielleicht habt ihr den entscheidenden Tipp.

    Viele Grüße
    Timochin
  • Basil
    Erfahrener Benutzer
    • 16.06.2015
    • 2603

    #2
    Moin Timochin,

    ich muss zuerst eine Kritik loswerden, weil mir gerade der Nacken ziemlich weh tut. Die Bilder sind alle um 90° verdreht. Ist es zuviel verlangt, die Bilder vor dem Einstellen so hinzudrehen, das sie ohne Verrenkungen betrachtet werden können?

    Die Szenen auf dem "Gedenkblatt" sind nicht unbedingt bayerisch. Der Spruch auf dem Band "Mit Gott für König und Vaterland" war der preußische Wahlspruch. Die Pickelhaube über dem Spruchband hat einen preußischen Adler als Helmemblem. Einer der Reiter ist ein Husar, die es in Bayern nicht gab. Ich sehe das sächsische Wappen auf einer der Flaggen. Und ganz unten der Beginn der Kaiserhymne. Also eher gesamtdeutsch als bayerisch.

    Die Handkolorierung des Fotos hilft nicht gerade bei der Regimentsbestimmung. Es hätte auch das preußische Infanterie-Regiment Nr. 17 sein können. Durch die roten Schulterklappen ist es auf das bayerische Regiment festgelegt. Da kann man nur hoffen, dass der Künstler die richtigen Hintergrundinformationen hatte. Die Datierung ist schwierig, der beste Hinweis wären wohl die Tageszeitungen gewesen. Es ist ein Reservistenbild.

    Die Zuordnung des zweiten Fotos zum b. IR 18 wird wohl richtig sein, aber die '18' auf den Schulterklappen sind nachgemalt. So hell waren die im Original nicht.

    Das dritte Foto ist nicht vor 1897 entstanden, auf der Mütze befindet sich über der bayerischen Landeskokarde die Reichskokarde. Das Jahr 1901 könnte passen. Er trägt ein Bajonett, die Seitenwaffe der Infanteriesoldaten, und den dazugehörigen Troddel. Am Troddel war die Kompanie, zu der der Soldat gehörte, erkennbar. In Germersheim waren neben der Infanterie auch Fußartillerie und Train stationiert, dieser hier ist aber ein Infanterist.

    Alle drei Fotos zeigen einfache Mannschaftssoldaten, also vermutlich während des Wehrdienstes. Der Wehrdienst wurde normalerweise im Jahr des 20. Geburtstags angetreten und dauerte bei der Infanterie 2 Jahre. Ein um 1-2 Jahre späterer Beginn war auch möglich.

    Eigene Erfahrung habe ich nicht, aber soweit ich weiß, sind die Personalunterlagen der bayerischen Armee noch vorhanden, nicht nur die aus dem 1. Weltkrieg. Sie sind im Bayerischen Kriegsarchiv in München.

    Viele Grüße
    Basil
    Zimmer: Oberlausitz und Dresden; Stephanus: Zittau, Altenburg und Ronneburg
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    Erzgebirge: Uhlmann, Lieberwirth, Gläser, Herrmann
    Burgenlandkreis: Wachtler, Landmann, Schrön


    Kommentar

    • Timochin
      Neuer Benutzer
      • 01.05.2020
      • 3

      #3
      Vielen Dank für die ausführliche Antwort und Expertise. Das hilft mir sehr weiter. Ich werde mich wohl auf die Akten der Wehrdienstzeit fokussieren. Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass die Akten der Mannschaften aus der Vorkriegszeit nicht mehr existieren könnten, aber Versuch macht klug.



      Die Hintergrundinformation zum 17. KB IR sollte stimmen, wenn es sich um ein normales Reservistenbild handelt. Die drei Brüder lebten, wie ihre direkten Vorfahren, ihr ganzes Leben im selben Ort in der Pfalz. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit haben alle Zollinger ihren Wehrdienst in einer in der Pfalz stationierten Einheit abgeleistet. Es gibt zu der Zeit auch keine anderen Zollinger in der näheren Umgebung, die zwischen 1890-1910 ihren Wehrdienst dort ableisteten.

      Ich bitte um Entschuldigung wegen der falsch eingestellten Bilder. Leider hat mir da die Uploadseite einen Streich gespielt und die Bilder wieder auf Querformat umgestellt. Ich kenne mich bei dieser Forensoftware leider noch nicht so gut aus, dass ich die Bilder wieder um 90 Grad drehen kann.

      Viele Grüße
      Timochin

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