Hallo, seit einiger Zeit versuche ich herauszufinden, was es mit der Echtheit des angehängten Wappen auf sich hat. Kann man anhand seiner Farben oder Gestaltung erkennen, ob es sich um ein echtes oder ein gefaktes Wappen handelt? Ich habe bereits ziemlich viel im Intenet recherchiert, bin aber bisher leider nicht fündig geworden. Interessieren würde mich u.a. aus welchem Land das Wappen stammt und was diese schwarzen Zacken in der gelben Diagonale des Schilds und des rechten Flügels bedeuten könnten. Bin für jeden kleinen Hinweis dankbar. Besten Dank!
Ist das Wappen echt?
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Hallo Frederik,
das ist mit Sicherheit eine Fälschung. Zum einen täuscht es ein Wappen eines alten ritterblütigen Adelsgeschlechtes vor (Bügelhelm, Helmkrone, Turnierkette). Wenn dem bei Eurer Familie so wäre, dann würdet Ihr auch mit Eurer Genealogie in den Nachschlagewerken des Adels als ein Uradelsgeschlecht verzeichnet sein.
Zudem strotzt das Wappen nur so vor heraldischen Fehlern. Das Schild ist unsinnig aufgeteilt. Dabei stößt Farbe an Farbe und Metall an Metall, ein sehr grobes Vergehen. Womit der Schrägbalken belegt sein soll, soll wahrscheinlich der Fantasie des Betrachters überlassen werden. Ich würde mal auf ein dänisches Ortseingangsschild tippen.
Die Helmdecke heißt Helmdecke, weil sie den Helm bedeckt. Hier flattert allerdings irgendetwas zweigeteiltes hinter dem Helm herum. Zudem ist der Wurf und die farbliche Darstellung der Decke überhaupt nicht nachvollziehbar und das muss es bei der Helmdecke auf jeden Fall sein, selbst wenn sie noch so ausgefallen daherkommt.
Die Helmkrone (allgemeine Adelskorne) ist ebenso vollkommen falsch dargstellt. Diese hat nur 5 Zinken, abwechselt ein Blätterzinken und einen Perlenzinken.
Gibt es evtl. noch einen Text zu diesem Fakewappen? Dann könnte man evtl. noch den Urheber identifizieren. Es stammt aber mit Sicherheit aus Deutschland, bzw. soll ein deutsches Wappen vortäuschen.
Viele Grüße
Hina"Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann
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Ja, auf den ersten Blick sieht es nach Fake aus. Aber auf den zweiten Blick muß das nicht sein, auch wenn die Darstellungsweise gewöhnungsbedürftig ist (z.B. der Helm nach Art "Taucherhelm", die etwas mickrige Helmkrone). Auch die fantasievollen Helmdecken, das alles fand man um 1900 schön...
Der Schild selbst ist jedoch heraldisch korrekt, weil es eine Vierteilung ist, wo man auf Platz 1 u. 4 [von links nach rechts und oben nach unten gezählt] ein Wappen (rot-golden gerautet) und auf Platz 2 u. 3 ein anderes Wappen (rot mit goldenem Schrägrechts-Balken, der Balken belegt mit einer Zypressen- oder Felsengruppe?) zusammengeführt hat. So etwas machte man, wenn zwei Familien mit je zwei verschiedenen Wappen vereint wurden. In so einem Fall gelten die Farbregeln nur bedingt.
Das Wappen mit den Felsen (Zypressen?) im Schrägbalken könnte nach Italien weisen, ebenso die rot-goldenen Rauten. Das ist aber jetzt ziemlich ins Blaue hinein geschossen. Ohne Namen oder Zusatzinfo kann man da wenig sagen.
Viele Grüße
JohannesDergleichen [genealogische] Nachrichten gereichen nicht nur denen Interessenten selbst, sondern auch anderen kuriosen Personen zu einem an sich unschuldigen Vergnügen; ja, sie haben gar oft in dem gemeinen Leben und bei besonderen Gelegenheiten ihren vielfältigen Nutzen. Johann Jakob Moser, 1752
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Zwei diametrale Meinungen...
Hallo Johannes v.W. und Hina,
vorab erst mal vielen Dank für Euere Einschätzungen, obwohl sie ziemlich ja gegensätzlich ausgefallen sind.
Skeptisch war ich bisher vor allem wegen der eintönigen schwarz-rot-gold Farbgebung und der komischen Helmform, denn beides habe ich bei meinen Recherchen im Internet in dieser Form nie gesehen.
Auf Felsen oder Bäume bei diesen seltsamen Zacken hatte ich auch schon getippt, aber was könnte denn das bedeuten? Oder soll das einfach nur hübsch sein?
Auf der anderen Seite könnte man natürlich auch argumentieren, dass ein Fälscher das Wappen wohl eher nicht so verdächtig aussehen lassen würde, oder? Oder er war halt einfach schlecht.
Aber ich merke schon: Ohne mehr Background-Infos wird es wohl schwer das Wappen zu identifizieren. Ich werde nochmals versuchen herauszubekommen, welcher bzw. welche Namen mit dem Wappen verbunden sind und von wem das Wappen angefertigt wurde. Irgendwo wird sich der Künstler ja wohl verewigt haben...
Nochmals herzlichen Dank!
Gruss,
Fred
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Zitat von FrederikAsgard Beitrag anzeigenAuf der anderen Seite könnte man natürlich auch argumentieren, dass ein Fälscher das Wappen wohl eher nicht so verdächtig aussehen lassen würde, oder? Oder er war halt einfach schlecht.
ich habe mittlerweile eine üppige Sammlung alter und neuer Wappenfälschungen. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie schlimm diese Machwerke teilweise sind und trotzdem hängen sie stolz in vielen Wohnzimmern. Dabei merken viele Leute noch nichtmal, dass ihnen das Wappen laut beigefügtem Zertifikat auch noch von Kaisern oder Königen verliehen wurde, die es zu der Zeit gar nicht (mehr) gab. Opfer von Wappenfälschungen sind ja Leute, die das alles gar nicht hinterfragen und so kann ihnen vieles angedreht werden. Die Umsätze der Fälscherbuden sind auch heute noch astronomisch.
Einige Wappenfälscher haben ihre Machwerke auch signiert, viele jedoch nicht. Aber anhand der Machart, Schrift und Inhalt von Beitexten kann man eine Reihe dieser sog. Wappenbüros identifizieren.
Ich gebe Johannes natürlich Recht, dass es bei Wappenvermehrungen durchaus zu Farbverstößen kommen kann. Allerdings würde ein Wappenmaler, der etwas auf sich hält, als Minimum eine "anständige" Wappendecke und Helmkrone malen. Der Bügelhelm als Taucherglocke ist auch nicht gerade der große Wurf. Aber natürlich kann solch ein Blatt auch von jemanden gemalt worden sein, der mit Heraldik gar nichts am Hut hatte.
Viele Grüße
Hina"Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann
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...darf ich auch mal...
Vorgezeigtes "Wappen" ist, nach meiner Auffassung,
eine primitive Fälschung.
Der Zeichenstil läßt mich auf den Fälscher "Pohl" tipprn.
(alleine der "Zeichen-Schwung" der Decke ist typisch. )
Bei allem darf ich mich den Ausführungen von HINA anschließen.Wappen-Billet.de
M.d.WL.
M.d.MWH.
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Ich seh´s ja ein...Dergleichen [genealogische] Nachrichten gereichen nicht nur denen Interessenten selbst, sondern auch anderen kuriosen Personen zu einem an sich unschuldigen Vergnügen; ja, sie haben gar oft in dem gemeinen Leben und bei besonderen Gelegenheiten ihren vielfältigen Nutzen. Johann Jakob Moser, 1752
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Die schlechtesten Fälschungen...
Hallo zusammen,
zunächst nochmals vielen Dank für Euere Informationen! Dann werde ich jetzt auch keine Zeit und Energie mehr in die Angelegenheit stecken.
Aber doch noch eine Frage zum Thema Wappenschwindel: Es scheint ja unterschiedlichste Fälscher-Schulen zu geben, jede mit ihrem eigenen "Stil". Es wäre interessant zu sehen, was sich die Fälscher über die Jahrhunderte hinweg so alles an guten, schlechten und kuriosen Wappenkreationen ausgedacht haben. Gibt es vielleicht irgendwo eine Galerie mit Wappen-Fälschungen?
Euch allen noch ein schönes Wochenende!
Grüsse,
Fred
Update:
Vorhin habe ich nochmals im Internet gesucht und bin nun tatsächlich auf ein sehr ähnliches Wappen gestossen:
Ich meine das Wappen ganz unten links ("die Locher"). Könnte das vielleicht die Vorlage gewesen sein? Vor allem auch die Felsen in der Diagonale würden ziemlich gut passen. Oder ist das ebenfalls ein Wappenschwindel?Zuletzt geändert von FrederikAsgard; 27.05.2011, 22:41.
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Zitat von FrederikAsgard Beitrag anzeigenUpdate:
Vorhin habe ich nochmals im Internet gesucht und bin nun tatsächlich auf ein sehr ähnliches Wappen gestossen:
Ich meine das Wappen ganz unten links ("die Locher"). Könnte das vielleicht die Vorlage gewesen sein? Vor allem auch die Felsen in der Diagonale würden ziemlich gut passen. Oder ist das ebenfalls ein Wappenschwindel?
Das ist das Wappen einer adligen (siehe Überschrift auf dem Blatt) Familie Locher. Nein, und im Siebmacher von 1705 sind keine Fälschungen enthalten.
Ich würde das keine Vorlage nennen, sondern eine ziemlich wörtliche Übernahme. Einzig die Vierung ist vertauscht und die mittlere Helmzier ist verändert.
Aber mal eine andere Frage: Hast du dafür die 12.000 Wappen dieser Seite durchgesucht? Oder war nicht vielmehr der zum Wappen gehörige Name doch vorher bekannt und du hast die Leute hier ins Blaue hinein suchen lassen...Dergleichen [genealogische] Nachrichten gereichen nicht nur denen Interessenten selbst, sondern auch anderen kuriosen Personen zu einem an sich unschuldigen Vergnügen; ja, sie haben gar oft in dem gemeinen Leben und bei besonderen Gelegenheiten ihren vielfältigen Nutzen. Johann Jakob Moser, 1752
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Zitat von FrederikAsgard Beitrag anzeigenIch meine das Wappen ganz unten links ("die Locher"). Könnte das vielleicht die Vorlage gewesen sein?
Abgesehen von dem von Michael empfohlenen Buch, findest Du auch jede Menge Abbildungen von Fälschungen hier im Unterforum Heraldik. Ein nicht ganz unerheblicher Teil "Familienwappen", die in Familienchroniken im Internet präsentiert werden, sind zudem auch Fälschungen.
Viele Grüße
Hina"Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann
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Zu diesem Thema lesen Sie auch hier :
"Geschäfte" mit Wappen Freunde der Ahnenforschung ! Im Zuge der Ahnenforschung taucht bei vielen immer wieder der Wunsch nach einem eigenen Wappen auf. Hierzu erlaube ich mir einige Anmerkungen machen: Ein Wappen zu erstellen, ist für einen etwas zeichnerisch Begabten technisch gesehen eigentlich kein allzugroßes
oder am besten,
Sie lesen sich zur eigenen Info. hier gründlich ein:
Wappen-Billet.de
M.d.WL.
M.d.MWH.
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