Ab wann Personenstandsurkunden?

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  • Carla1
    Benutzer
    • 23.10.2025
    • 25

    #1

    Ab wann Personenstandsurkunden?

    Liebe Mitforscher!

    Weil bei meinen Vorfahren aus einem " Franciscus Xaverius" ( Geburt 1859) ein " Franz Casper" ( Hochzeit) letzlich wieder ein " Franz Xaver" (Tod) im Pfarrmatrikel wurde, stelle ich mir die Frage,
    ob die Betroffenen jemals diese Eintragungen gesehen haben. Konnte man sowas wie eine Geburtsurkunde " beantragen"? Brauchte man damals für irgendetwas Personenstandsurkunden? Wie erfolgte, z.b. bei einer Hochzeit oder Tod in einem anderen Ort die " Datenübermittlung"?
    Ab wann gab es im Paderborner Land Standesämter? War dann die zivile Trauung vor der kirchlichen Pflicht?

    Liebe Grüße, Carla
  • nav
    Erfahrener Benutzer
    • 30.03.2014
    • 809

    #2

    Standesämter gab es in Preußen ab dem 01.10.1874, im restlichen Deutschen Reich ab dem 01.01.1876. In einigen linksrheinischen Gebieten wurden bereits seit etwa 1798 Zivilstandsregister nach französischem Vorbild geführt, die dann auch erst am 01.01.1876 durch die neuen Standesamtsregister ersetzt wurden.

    Für Paderborn und Umgebung gilt also der 01.10.1874. Ab diesem Zeitpunkt war allein die standesamtliche Trauung ausschlaggebend. Kirchliche Trauung waren damit nur noch religiöse Zeremonien und hatten keine wirkliche Bedeutung mehr, abseits der persönlichen Bedeutung für die Beteiligten sowie eventuellen gesellschaftlichen Erwartungen.

    Zur standesamtlichen Heirat musste man natürlich die eigene Geburt nachweisen, was zu Beginn allein mit Auszügen aus dem Taufregister möglich war, sofern man nicht in einem der Gebiete wohnte, in dem es schon vorher Zivilstandsregister gab.

    Auch vorher schon hat man sicherlich zu verschiedenen Anlässen Auszüge aus kirchlichen Registern benötigt, um verschiedene Fakten nachzuweisen (eigene Geburt, Tod der Eltern, etc.). Bei der Heirat wird das vermutlich besonders dann nötig gewesen sein, wenn man auswärts heiratete.

    Grundsätzlich kam es immer auch vor, dass auf unterschiedlichste Arten Fehler gemacht wurden. Kürzlich ist mir noch ein Fall untergekommen, in dem einer Frau bei ihrer zweiten Eheschließung 1890 plötzlich das Geburtsdatum und die Eltern einer gleichnamigen, aber drei Jahre älteren Cousine zugewiesen wurden - besagte Cousine war allerdings schon als Kleinkind verstorben. Beim Tod der Braut wurden dann auch das falsche Alter und die falschen Eltern angegeben. Vermutlich hat der Pfarrer in der Taufpfarre einfach den falschen Eintrag herausgesucht, und keinem der Beteiligten war es wichtig genug, diesen Fehler zu korrigieren.

    Ein Fall im 17. Jahrhundert ist mir bekannt (Frau geboren etwa 1730), in dem ich mir ziemlich sicher bin, dass sie in der fremden Pfarre einen Taufschein vorgelegt hat. Sie wurde nämlich bei den Taufen ihrer Kinder teils mit ihrem richtigen Namen genannt, teils mit dem Namen, den ihr Vater in ihrem Taufeintrag trug, der aber für sie selbst schon seit frühester Kindheit vollkommen irrelevant war. Ihr Vater hatte kurze Zeit den Hof seiner Schwiegereltern übernommen, dort war sie geboren worden, ihr Vater wurde also bei der Taufe mit dem Hofnamen eingetragen. Kurz darauf zog die Familie auf einen anderen Hof, von da an wurde entweder der ursprüngliche Familienname oder der neue Hofname verwendet, aber eigentlich nie der alte Hofname.

    Genau so kann sich natürlich auch auf andere Art ein Fehler einschleichen. Vielleicht war der Auszug aus dem Taufregister undeutlich geschrieben, so dass aus einem Xaver ein Casper gelesen wurde. Vielleicht war auch der Eintragende etwas unaufmerksam und hat einen Flüchtigkeitsfehler gemacht. Genau lässt sich das natürlich nicht mehr feststellen.

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    • Paulchen_DD
      Erfahrener Benutzer
      • 30.09.2013
      • 1075

      #3
      Zitat von Carla1
      ob die Betroffenen jemals diese Eintragungen gesehen haben
      Hallo Carla,
      die weitere Frage wäre, ob sie diese überhaupt lesen konnten.
      In den Gerichtsbüchern in Sachsen aus dieser Zeit findet man noch häufig bei der Unterschrift den Zusatz 'mit geführter Hand'.
      Wenn also der Pfarrer etwas Falsches gehört bzw. sich beim Taufeintrag verlesen haben sollte und das dann eingetragen hat, dann wäre das sicherlich niemandem aufgefallen.

      Datenübermittlung:
      Zur fraglichen Zeit gab es bereits Polizeimeldeunterlagen (sind z.B. in Sachsen von den größeren Städten überliefert und online, ansonsten in den Stadtarchiven bzw. Gemeindearchiven nachfragen). Dort findet sich immer eine Spalte mit dem Vermerk, womit sich der Betreffende ausgewiesen hat. Dort steht häufig 'mit Heimatschein #... vom ... der Gemeinde ...'.
      Umgekehrt finden sich nachträgliche Einträge in den Kirchenbüchern 'Heimatschein ausgestellt am ...'. Das ist oft ein deutlicher Hinweis auf eine auswärtige Arbeitsaufnahme - da lohnt sich dann eine Umkreissuche in den naheliegenden größeren Städten ...
      Viele Grüße
      Paulchen

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      • Paulchen_DD
        Erfahrener Benutzer
        • 30.09.2013
        • 1075

        #4
        Hier noch ein Beispiel aus Glauchau von 1864
        1864_Glauchau.jpg

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        • Schikwonneberg
          Erfahrener Benutzer
          • 22.03.2013
          • 267

          #5
          Hallo nav,
          danke, sehr gur erklärt.

          Mir selbst liegt aus meiner väterlichen Linie eine Urkunde 'Heirats-Akt', Trier 1821 vor. War eben linksrheinisches Gebiet.
          Laut Eintragung lag ein Geburtsschein aus Ostpreußen vor. Gefunden wurde er im Archiv nicht!
          Auch hier fällt auf, dass die Schreibweise des Nachnamen vom Bräutigam aus Ostpreußen etwas abweichend bei der Eintragung in der katholischen Kirche ist.
          Diese Abweichungen der Schreibweisen findet sich oft, besonders bei Namen aus West-und Ostpreußen aus dieser und früherer Zeit.
          Namen, Geburtdatum usw. wurden häufig vom KB Schreiber nur nach Aussage geschrieben, besonders schwierig, wenn der Probant nicht aus der selben Pfarrei stammte.
          Dazu kam der eine oder andere Dialekt von meist wenig schreibkundigen Einwohner.

          Das ist aber bestimmt alles schon bekannt!

          Danke für eine kleine Rückmeldung!
          Gruß Gerd

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