Wer ist mein Urgroßvater? Widersprüchliche Angabe zu Vater d. Bräutigams auf Geburts-/Heiratsurkunde

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  • Kerzendocht
    Neuer Benutzer
    • 10.07.2022
    • 4

    Wer ist mein Urgroßvater? Widersprüchliche Angabe zu Vater d. Bräutigams auf Geburts-/Heiratsurkunde

    Guten Tag liebe Forenmitglieder,

    diesen Beitrag erstelle ich, da ich gerne eine Einschätzung hinsichtlich einer Theorie hätte, die mit meiner Familiengeschichte zusammenhängt. Ich hoffe sehr auf die Hilfe erfahrener Ahnenforscher*innen, die die Vorgänge von Beurkundungen in den deutschen Standesämtern während der Besatzungszeit von 1945-1949 sehr gut kennen.

    Der Sachverhalt:

    [Namen wurden geändert – zufällige Gemeinsamkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und völlig unbeabsichtigt]

    Mein Großvater kam 1919 mit dem Namen Ludwig Schacher als Sohn des Ingmar Schacher und seiner Ehefrau Gerlinde in der (damals) Tschechoslowakischen Republik zur Welt. Die Namen dieser Eltern sind auch in der betreffenden Geburtsurkunde eingetragen. Ingmar beging bereits 1920 Selbstmord, als Ludwig etwa ein halbes Jahr alt war.

    Gerlinde heiratete 1922 Frank Meinradt. Sie und Ludwig nahmen dabei den Namen Meinradt an. Gerlinde, Frank und Ludwig kamen um 1946 aus der ehemaligen CSR in die Bundesrepublik Deutschland. Hier heiratete Ludwig 1948 meine Großmutter Carla.

    Und diese Großmutter erklärte mir noch zu Lebzeiten sinngemäß Folgendes:
    „Er [Frank Meinradt] war eigentlich gar nicht der Vater von deinem Großvater [Ludwig]. Er war nur der neue Freund seiner Mutter. Das hat sie immer behauptet.“

    Auf der Heiratsurkunde von Ludwig und Carla ist allerdings Frank Meinradt als Vater des Bräutigams eingetragen – entgegen der Angabe auf Ludwigs Geburtsurkunde.

    Das Problem daran ist Folgendes: Aufgrund dieser widersprüchlichen Fakten weiß ich nun nicht, wer mein biologischer Urgroßvater war - Ingmar Schacher oder Frank Meinradt.

    Gerlinde verstarb 1960, daher dürfte ihre oben zitierte Aussage aus den 1950er Jahren stammen. Meine Großeltern sind ebenfalls längst verstorben.

    Meine Theorie:

    Frank Meinradt war tatsächlich der (uneheliche) biologische Vater von Ludwig. Diese Umstände könnten möglicherweise mit dem sehr frühen Suizid von Ingmar Schacher zusammenhängen. Gerlinde konnte aufgrund von möglicher sozialer Ächtung diesen Fakt nie zugeben (auch nicht gegenüber meiner Großmutter). Dazu passt allerdings nicht, dass Meinradt auf der Heiratsurkunde meiner Großeltern als Vater eingetragen wurde.

    Meine Fragen:

    1.) Wie ist das zu erklären? In welchem Rahmen wurden um 1948 Eintragungen auf einer Heiratsurkunde vorgenommen? Geschah dies auf bloßen Zuruf? Denn wenn hierzu ein Schriftstück wie eine Geburtsurkunde hätte vorgelegt werden müssen, hätte Ingmar Schacher als Vater eingetragen werden müssen. Ich könnte mir vorstellen, dass mein Großvater im Glauben war, dass Meinradt sein Vater gewesen ist und ihn deshalb auf der Heiratsurkunde entsprechend eintragen ließ.

    2.) Haltet Ihr es für möglich, dass mein Großvater nicht im Besitz seiner eigenen Geburtsurkunde aus der Tschechoslowakischen Republik
    gewesen ist (aufgrund der Umstände - Flucht/Vertreibung)? Darauf hätte er den Namen seines (vermeintlichen) Vaters ablesen können.

    3.) Gibt es etwas, das ich generell übersehe?

    Ich danke sehr für Eure Aufmerksamkeit und würde mich über eine neue Sichtweise freuen, die mir möglicherweise noch nicht in den Sinn gekommen ist.
  • Tausendaugen
    Erfahrener Benutzer
    • 13.04.2013
    • 556

    #2
    Moin Kerzendocht!

    Zitat von Kerzendocht Beitrag anzeigen
    Und diese Großmutter erklärte mir noch zu Lebzeiten sinngemäß Folgendes:
    „Er [Frank Meinradt] war eigentlich gar nicht der Vater von deinem Großvater [Ludwig]. Er war nur der neue Freund seiner Mutter. Das hat sie immer behauptet.“
    Damit hast sie ja anscheinend erst einmal recht. Schacher steht auf der Geburtsurkunde - ergo: Meinradt ist nicht der Vater, sondern nur der Stiefvater.


    Zitat von Kerzendocht Beitrag anzeigen
    Auf der Heiratsurkunde von Ludwig und Carla ist allerdings Frank Meinradt als Vater des Bräutigams eingetragen – entgegen der Angabe auf Ludwigs Geburtsurkunde.
    Amtlich sollte das natürlich eigentlich nicht der Fall sein. Denn auf der Geburtsurkunde steht er ja nicht. Im Regelfall legt man die Geburtsurkunden bei der Eheschließung vor und die Einträge dort werden dann ggf. übernommen. Nun weiß ich nicht, wie häufig das vorkam, aber gerade in der Nachkriegszeit gab es Personen, die solche Urkunden nicht (mehr) vorweisen konnten. Im Notfall haben da die Ämter auch mal auf die Aussage der Personen vertrauen müssen. Ich habe mehrere solcher Fälle im erweiterten Stammbaum. Da wurden teils jahrelang andere Familiennamen geführt (Vater war ebenfalls verstorben und die Kinder übernahmen einfach ohne amtliche Verfügung den neuen Ehenamen der Mutter), bis ein Standesbeamter dann mal darauf pochte, dass das nicht der richtige Name sei ...
    Möglicherweise in diesem Kontext bei der Heirat wird Ludwig dann Frank Meinradt als Vater angegeben haben, einen anderen kannte er anscheinend ja gar nicht.
    Ich halte das für die wesentlich plausiblere Annahme als eine falsche Vaterschaft. Zumal doch deine Großmutter nochmal unterstrichen hat:

    Zitat von Kerzendocht Beitrag anzeigen
    „Er [Frank Meinradt] war eigentlich gar nicht der Vater von deinem Großvater [Ludwig].“
    Man muss hier also nicht einmal von Unwissen deines Großvaters ausgehen. Ich denke, er wird wohl schon selbst erfahren haben. Denn das Wissen darum wird deine Großmutter ja wohl von ihrem Mann oder den Schwiegereltern haben.

    Beste Grüße T.
    Zuletzt geändert von Tausendaugen; 29.08.2025, 14:24.
    GESUCHT

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    FN Trogisch im Kreis Goldberg

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    • Xtine
      Administrator

      • 16.07.2006
      • 30081

      #3
      Hallo Kerzendocht,

      Zitat von Kerzendocht Beitrag anzeigen
      Die Namen dieser Eltern sind auch in der betreffenden Geburtsurkunde eingetragen.

      ...

      Und diese Großmutter erklärte mir noch zu Lebzeiten sinngemäß Folgendes:
      „Er [Frank Meinradt] war eigentlich gar nicht der Vater von deinem Großvater [Ludwig]. Er war nur der neue Freund seiner Mutter. Das hat sie immer behauptet.“

      Auf der Heiratsurkunde von Ludwig und Carla ist allerdings Frank Meinradt als Vater des Bräutigams eingetragen – entgegen der Angabe auf Ludwigs Geburtsurkunde.
      woher stammt denn diese Geburtsurkunde? Aus dem Nachlass von Ludwig? Oder hast Du sie im Zuge Deiner Ahnenforschung angefordert?
      Die Aussage der Großmutter bestätigt ja auch die Angaben auf der Geburtsurkunde.

      Wenn die Urkunde nicht aus dem Nachlass von Ludwig stammt, denke ich auch, daß es, wie von Tausendaugen beschrieben, zur Hochzeit vermutlich keine Geburtsurkunde gab und daher den Angaben der Brautleute und evtl. Zeugen geglaubt wurde und der Stiefvater irrtümlich als Vater eingetragen wurde (da er ja auch schon 26 Jahre diese Funktion ausübte ).

      Du könntest auch versuchen, ob es zur Hochzeit 1948 noch Belegakten gibt und diese anfordern (bzw. Kopien davon).
      Dann sieht man ja, was damals vorgelegt wurde und was darin stand.


      Ich würde jetzt erstmal nicht davon ausgehen, daß die Angaben in der Geburtsurkunde falsch sind, ich würde eher auf einen Fehler bei der Heiratsurkunde tippen.
      Viele Grüße .................................. .
      Christine

      .. .............
      Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
      (Konfuzius)

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      • mogli12345
        Benutzer
        • 10.12.2020
        • 14

        #4
        Kann es sein, dass Frank Meinradt nach seiner Heirat mit Gerlinde den kleinen Ludwig adoptiert hat? Dann trägt das Kind den Namen des Stiefvaters; der Stiefvater gilt dann offiziell als "Vater und Wahlvater". Vom leiblichen Vater ist dann gar nicht mehr die Rede. Ein solcher Eintrag im Familienbuch liegt mir vor.

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        • Tausendaugen
          Erfahrener Benutzer
          • 13.04.2013
          • 556

          #5
          Das ist auf jeden Fall möglich. Dagegen würde sprechen, dass dein Großvater aber anscheinend den Familiennamen Schacher beibehalten hat. Ich kenne mich rechtlich im Allgemeinen und diesem Zeitraum im Speziellen nicht so gut aus. Aus dem Buch heraus würde ich aber vermuten, dass die Adoption vielleicht auch mit einer Namensänderung einhergehen musste.
          GESUCHT

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          • Xtine
            Administrator

            • 16.07.2006
            • 30081

            #6
            Hallo Tausendaugen
            Zitat von Tausendaugen Beitrag anzeigen
            Dagegen würde sprechen, dass dein Großvater aber anscheinend den Familiennamen Schacher beibehalten hat.
            nein, hat er nicht.

            Zitat von Kerzendocht Beitrag anzeigen
            Sie und Ludwig nahmen dabei den Namen Meinradt an.
            Viele Grüße .................................. .
            Christine

            .. .............
            Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
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            • Tausendaugen
              Erfahrener Benutzer
              • 13.04.2013
              • 556

              #7
              ohje. Das hatte ich oben überlesen. Danke für den Hinweis!
              Das spricht für Adoption oder eben die unamtliche Übernahme des Familiennamens, die dann amtlich wurde, weil es keiner überprüft hat (bzw. überprüfen konnte).
              GESUCHT

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              • Damski
                Benutzer
                • 15.02.2023
                • 56

                #8
                Unter der Voraussetzung, dass Nachfahren des leiblichen Großvaters einen DNA-Test gemacht haben und auch Stammbäume, die durch Dokumente belegt sind, angelegt haben wäre natürlich die Durchführung eines eigenen DNA-Tests eine Möglichkeit, die biologische Ahnenlinie zu verifizieren.

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                • Kerzendocht
                  Neuer Benutzer
                  • 10.07.2022
                  • 4

                  #9
                  Zunächst einmal bedanke ich mich herzlich für die sehr hilfreichen Antworten!

                  Die Geburtsurkunde meines Großvaters habe ich im Rahmen meiner Ahnenforschung selbst angefordert. Ich teile Eure Vermutung, dass bei der Heirat meiner Großeltern keine Personenstandsurkunden zur Verifikation herangezogen wurden, sondern die Eintragung „auf Zuruf“ erfolgte. Dem Hinweis über die Belegakten zu dieser Heirat werde ich dennoch versuchen, noch einmal nachzugehen.

                  Aber wisst Ihr, welcher Gedanke mir seit diesem Fall nicht mehr aus dem Kopf geht? Wie häufig war es im Jahr 1919 (und auch viel früher) der Fall, dass bei einer Geburt nicht der biologische Vater eingetragen wurde - aus welchen Gründen auch immer? In dieser Zeit gab es schließlich noch keine belastbaren „Vaterschaftstests“. Erst 1927 fand die erste gerichtliche Anerkennung der Blutgruppenanalyse statt; die PCR-Technologie als zweifelsfreie DNA-Analyse existiert gar erst seit den 1990er Jahren.

                  Eine Vaterschaft war entgegen der Mutterschaft in früheren Zeiten nicht nachzuweisen. Hier wurde eben meist der Ehemann (manchmal wider besseres Wissen) als Vater anerkannt und eingetragen. Wer auf dem Papier faktisch mein Urururgroßvater ist, muss das nicht zwingend im biologischen Sinne sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo im Stammbaum ein „falscher Vater“ eingetragen steht, ist meines Erachtens gar nicht mal so gering - diese Wahrscheinlichkeit erhöht sich natürlich, je weiter der Ahnenbaum zurückreicht.

                  Was erzähle ich das den erfahrenen Forschenden hier? Aber das sind eben meine Gedanken dazu; es bremst mich etwas aus, noch weitere Forschungen anzustreben.

                  Schöne Grüße
                  Kerzendocht

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                  • Xtine
                    Administrator

                    • 16.07.2006
                    • 30081

                    #10
                    Hallo

                    Wenn im Geburtseintrag ein Vater eingetragen ist, gehe ich jetzt erstmal davon aus, dass er es auch ist.
                    Klar, 100%ig weiß man es nicht, aber fragen kann man ja selten noch, wenn es mehr als 3 oder 4 Generationen zurück liegt. Wer weiß, ob sich die Mütter immer sicher waren?

                    Aber solange ein Vater drin steht, nehme ich den

                    In deinem Fall liegen ja sogar 2 Jahre zwischen Tod des Vaters und erneuter Heirat der Mutter. Da hätte ich jetzt erstmal weniger Zweifel, als wenn sie bereizs kurz drauf wieder geheiratet hätte.
                    Viele Grüße .................................. .
                    Christine

                    .. .............
                    Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
                    (Konfuzius)

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                    • debert
                      Erfahrener Benutzer
                      • 22.03.2012
                      • 1491

                      #11
                      Ich glaube, um die Papierforschung zu be- oder wiederlegen, bleibt nur der Schritt in die DNA Forschung. Das macht mindestens so viel Spaß wie die Papierforschung, ist auch aufwendig und auf jeden Fall auch frustrierend - aber ein großes Tätigkeitsfeld.

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