»Innerfamiliäres« Heiraten

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  • Genau geahnt
    Erfahrener Benutzer
    • 01.09.2023
    • 179

    »Innerfamiliäres« Heiraten

    Hallo zusammen!

    Ich betreibe erst seit Kurzem ein wenig intensivere Ahnenforschung, meine eigenen Vorfahren betreffend. Was mich unter den seitdem gewonnenen Erkenntnissen am meisten überrascht (eigentlich: bestürzt), ist die durchaus wahrnehmbare Tendenz zu »innerfamiliären« Heiraten. Mir scheint, je weiter ich in die Vergangenheit »meiner Leute« schaue, desto öfter stoße ich auf solche Fälle. Beim ersten habe ich noch so lange weitergeforscht, bis ich eine Cousin-Cousine-Verbindung nachweisen konnte, bei den folgenden hat es mir dann schon »vollauf gereicht«, wenn ich mal wieder einen bekannten Familiennamen an der »falschen Stelle« bemerkte ...

    Wenn ich nun die Anzahl dieser Fälle auf die Personzahl in meinem Stammbaum »runterbreche«, dann ergeben sich ungefähr 1,5 Fälle pro 100 Personen.

    Gibt es bei euch ähnliche Erkenntnisse/Tendenzen, in ähnlicher Größenordnung?

    Danke, Grüße!
  • Horst von Linie 1
    Erfahrener Benutzer
    • 12.09.2017
    • 23415

    #2
    Auf Pitcairn deutlich mehr.
    Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
    Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
    Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

    Und zum Schluss:
    Freundliche Grüße.

    Kommentar

    • Genau geahnt
      Erfahrener Benutzer
      • 01.09.2023
      • 179

      #3
      »Innerfamiliäres« Heiraten

      Zitat von Horst von Linie 1 Beitrag anzeigen
      Pitcairn
      Ja – interessanter Punkt. Vielleicht sind dort die negativen Folgen gering (oder gar nicht vorhanden), weil die ursprünglichen Gen-Pools so himmelweit unterschiedlich waren.
      Zuletzt geändert von Genau geahnt; 21.10.2023, 20:53.

      Kommentar

      • Gastonian
        Moderator
        • 20.09.2021
        • 5441

        #4
        Hallo:

        Willkommen zum Thema Ahnenschwund (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ahnenverlust).

        Eindrucksvolle Statistiken im Hochadel: https://de.wikipedia.org/wiki/Ahnenverlust#Hochadel

        Aber auch bei einfachen Leuten durchaus gang und gäbe. Meine Uroma stammte aus der Kleinstadt Frankenberg (Eder). Von ihren 4-mal-Urgroßeltern kenne ich 52 der 128; darunter sind 6, die schon doppelt vorkommen (also Ahnenschwund mindestens 4,8%). Von ihren 6-mal-Urgroßeltern kenne ich 73 der 512; darunter sind 33 Duplikate (also Ahnenschwund mindestens 6,4% und wahrscheinlich viel größer). In solch einer Kleinstadt, wo die Bevölkerung ziemlich seßhaft blieb, war es immer sehr leicht möglich, daß man einen Cousin 5. oder 6. Grades heiratete (ohne sich dessen bewußt zu sein).

        Und bei meinem Großvater aus South Carolina, wo ich (wegen der sehr schlechten Quellenlage) nur 5 seiner 16 Ururgroßeltern kenne, ist der gleiche Mann schon dreimal dabei (also Ahnenschwund mindestens 12,5%) - unter den Hinterwäldlern dort gab es starke Endogamie (https://de.wikipedia.org/wiki/Endogamie).

        Fazit: ganz normal; wenn man weit genug zurück forscht (in Deutschland ja oft bis ins 17. Jahrhundert möglich), wird man sehr wahrscheinlich auf Ahnenschwund stoßen, besonders in ländlicheren Gegenden. Überhaupt keine Überraschung für erfahrene Ahnenforscher.

        VG

        --Carl-Henry
        Zuletzt geändert von Gastonian; 21.10.2023, 20:43.
        Wohnort USA - zur Zeit auf Archivreise in Deutschland

        Kommentar

        • Scherfer
          Moderator
          • 25.02.2016
          • 2742

          #5
          Zitat von Genau geahnt Beitrag anzeigen
          Ja – interessanter Punkt. Vielleicht sind dort negativen Folgen gering (oder gar nicht vorhanden), weil die ursprünglich Gen-Pools so himmelweit unterschiedlich waren.
          Ganz generell kann man wohl sagen, dass ab einem gewissen Punkt Inzucht kein extrem schwerwiegendes genetisches Problem mehr darstellt. Nämlich ab dem Zeitpunkt, wenn alle durch Inzucht gehäuft auftretenden schwerwiegenden Erkrankungen der Nachkommen eher zum Tod geführt haben als bei ihren Zeitgenossen und daher die Gesünderen überlebt haben.

          Blöd wird es dann nur wieder, wenn durch die geringe genetische Variabilität eine hohe Anfälligkeit für neue Infektionskrankheiten besteht. Der Beispiele aus der Geschichte gibt es genug.

          Kommentar

          • Genau geahnt
            Erfahrener Benutzer
            • 01.09.2023
            • 179

            #6
            re: »Innerfamiliäres« Heiraten

            Zitat von Gastonian Beitrag anzeigen
            Fazit: ganz normal; wenn man weit genug zurück forscht (in Deutschland ja oft bis ins 17. Jahrhundert möglich), wird man sehr wahrscheinlich auf Ahnenschwund stoßen, besonders in ländlicheren Gegenden.
            Das Phänomen des Ahnenschwunds interessiert mich in diesem Themenzusammenhang tatsächlich nicht so sehr.

            Mich beschäftigt eher die Frage, wie die betroffenen Paare/Kinder/Familien mit ihrem »Los« umgegangen sind – so es ihnen denn bewusst gewesen ist. Haben sie es als etwas Gutes, Erfreuliches aufgefasst, womöglich gar als einen »guten Stern«, der über ihrem Dasein schwebte, oder eher als einen Makel oder quasi eine dunkle Wolke? Dass das Ganze keine »völlig harmlose« Angelegenheit war, könnten ja manche von ihnen immerhin geahnt haben – siehe Stichwort »Dispens«.
            Zuletzt geändert von Genau geahnt; 22.10.2023, 07:40.

            Kommentar

            • Bienenkönigin
              Erfahrener Benutzer
              • 09.04.2019
              • 1876

              #7
              Hallo,

              vielleicht hat sich jemand mit der tatsächlichen Notwendigkeit eines Dispens für Verwandtenheirat 2. Grades - also Cousin mit Cousine - befasst.
              Laut Literatur war hierfür ein päpstlicher Dispens notwendig, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich so streng gehandhabt wurde.

              Dafür kam das doch relativ häufig vor. Wenn man zeitgenössische Literatur liest, war dies weder etwas besonders negatives noch positives, es kam eben vor.
              Wir dürfen nicht vergessen, dass meist sehr viel mehr Cousins und Cousinen existierten als heute noch und je nach Wohnort die Beziehung sehr lose war (weite Anreise).

              Viele Grüße
              Bienenkönigin
              Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

              Kommentar

              • Scherfer
                Moderator
                • 25.02.2016
                • 2742

                #8

                Kommentar

                • sternap
                  Erfahrener Benutzer
                  • 25.04.2011
                  • 4070

                  #9
                  Zitat von Genau geahnt Beitrag anzeigen

                  Mich beschäftigt eher die Frage, wie die betroffenen Paare/Kinder/Familien mit ihrem »Los« umgegangen sind – so es ihnen denn bewusst gewesen ist. Haben sie es als etwas Gutes, Erfreuliches aufgefasst, womöglich gar als einen »guten Stern«, der über ihrem Dasein schwebte, oder eher als einen Makel oder quasi eine dunkle Wolke? Dass das Ganze keine »völlig harmlose« Angelegenheit war, könnten ja manche von ihnen immerhin geahnt haben – siehe Stichwort »Dispens«.



                  neulich war hiezu ein neuerer wissenschaftlicher artikel in der science abteilung von news.orf.at. heute läge eine neubewertung des sinns des verbotes der nahe heiraten vor.


                  zahlreiche verwandtschaftsheiraten innerhaöb einer familie, wie sie heute noch häufig in moslemischen ländern üblich sind, hätten die kirchlichen behörden nicht etwa wegen der erbkrankheiten verboten, sondern weil sogenannte cousinenhochzeiten sehr enge familienbande nach art eines clans erzeugten - geschossene gesellschaften mit eigenen gesetzen, die wesentlich stärker wirkten als die von den kirchen und grundherren gegebenen. denkt an typische kriminelle zuwandererclans, gegen die unsere sicherheitsorgane machtlos scheinen.

                  hierachische strukturen unterbanden daher diese familiären staaten im staat, um die eigene macht zu sichern am besten, wenn sie verwandtschaftliche doppelbindungen, also festigung schon vorhandener nähe durch neuerliche heirat, bei hoher strafe verboten.
                  Zuletzt geändert von sternap; 22.10.2023, 18:46.
                  freundliche grüße
                  sternap
                  ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
                  wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




                  Kommentar

                  • Ysabell
                    Erfahrener Benutzer
                    • 23.09.2008
                    • 311

                    #10
                    Der Großteil meiner Ahnen stammt aus kleinen Bauern- und Gutsdörfern in denen selten mehr wie 15 Familien gelebt haben. Da ließen sich heiraten in der näheren und ferneren Verwandschaft kaum vermeiden. Das nächste Dorf war für damalige Verhältnisse oft weit und die Menschen hatten selten Gelegenheit weiter rum zu kommen.
                    Einen meiner Zweige kann ich bis 1520 in gleichen Dorf zurückverfolgen und von seinen 4 mir bekannten Kindern wurden früher oder später alle meine direkten Ahnen.
                    Man muss da wirklich heutige Gesellschaftliche und moralische Vorstellungen über Bord werfen. Ehen unter Cousins/Cousine genau so wie schnelle neue Heirat oft nur wenige Wochen oder Monate nach dem Tod des Ehepartners oder den Bruder/Schwester des verstorbenen Ehepartners zu ehelichen.
                    Für uns heute kaum vorstellbar, damals aber eher die Regel über die keiner die Nase gerümpft haben wird.
                    Und bei der Anzahl der unehelichen Geburten kann ich mir auch nur schwerlich vorstellen, dass das unter der einfachen Bevölkerung tatsächlich jemanden groß schockiert hat, selbst wenn die Pfarrer sicher etwas anderes gepredigt haben. In meinen städtischen Handwerksfamilien kommen dagegen uneheliche Geburten erheblich seltener vor als bei den einfachen Bauern und Hirtenfamilien auf den Dörfern.

                    Kommentar

                    • Genau geahnt
                      Erfahrener Benutzer
                      • 01.09.2023
                      • 179

                      #11
                      re: »Innerfamiliäres« Heiraten

                      Danke sternap und Ysabell für eure Beiträge. Kommt mir eigentlich alles plausibel und nachvollziehbar vor.

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                      • Sbriglione
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.10.2004
                        • 1502

                        #12
                        Hallo,

                        ich habe sogar einmal gelesen, dass das Heiraten innerhalb der eigenen Familie - allerdings immer nur in eine bestimmte Richtung - in bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten sogar geradezu als erwünscht gegolten habe (ich meine, das sei u.a. auch in Italien der Fall gewesen, wo ich - genau, wie in Deutschland - allerdings bisher nur gelegentlich mal entsprechendes gefunden habe, aber dann jeweils gehäuft in bestimmten Sippen).

                        Ich habe das entsprechende Buch leider nicht bei mir, aber ich habe gelesen, dass es für die übliche Richtung der Eheschließung sogar sprachhistorische Belege geben soll: so gab es vielfach im Urspung unterschiedliche Bezeichnungen für die Onkel (evtl. auch für die Cousins) mütterlicher und väterlicher Seite, wobei die Bezeichnungen für die mütterliche Seite wohl oft in Richtung der üblichen Bezeichnungen für Schwager gegangen sind.
                        Danach galten im Grunde alle Mitglieder der väterlichen Seite als "verwandt", die der mütterlichen Seite als "nicht verwandt". Dass ein Mann seine Cousine oder auch seine Nichte mütterlicherseits heiratet, soll demnach als durchaus erwünscht, wenn nicht zeitweise sogar gefordert gegolten haben. Seine Cousine oder Nichte väterlicherseits zu heiraten, hätte dagegen als verbotener Inzest gegolten.

                        Diese Informationen habe ich aus einem Buch über die "Geschichte der Familie" in verschiedenen Kulturen und das, was ich innerhalb meiner Genealogie vereinzelt (bzw. bei einzelnen Sippen gehäuft) gesehen habe, stimmt mit dem Geschriebenen durchaus überein.

                        Beste Grüße!
                        Zuletzt geändert von Sbriglione; 23.10.2023, 08:05.
                        Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
                        - rund um den Harz
                        - im Thüringer Wald
                        - im südlichen Sachsen-Anhalt
                        - in Ostwestfalen
                        - in der Main-Spessart-Region
                        - im Württembergischen Amt Balingen
                        - auf Sizilien
                        - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
                        - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

                        Kommentar

                        • Scherfer
                          Moderator
                          • 25.02.2016
                          • 2742

                          #13
                          Ein türkisches Sprichwort lautet:

                          "Gute Mädchen heiraten Verwandte, schlechte Mädchen gibt man einem Fremden."

                          Kommentar

                          • Genau geahnt
                            Erfahrener Benutzer
                            • 01.09.2023
                            • 179

                            #14
                            re: »Innerfamiliäres« Heiraten

                            Insgesamt lässt das ja alles nicht gerade vermuten, dass typischerweise etwa Liebe oder zumindest Verliebtheit die Basis für solche innerfamiliären Ehen gewesen sein dürfte. Aber vielleicht wäre das auch gar keine Besonderheit, je weiter man in die Vergangenheit schaut.

                            Kommentar

                            • Franjo62
                              Erfahrener Benutzer
                              • 09.03.2008
                              • 414

                              #15
                              Hallo,

                              ist nicht nur "Verliebtheit".
                              Auch spielt das sichern des eigenen Vermögens und in entlegenen Gehöften die Nähe zu heiratsfähigen Partnern eine große Rolle!

                              Grüße Franjo

                              Kommentar

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