Adelige als Taufpatin bei einfacher Handwerkerfamilie?

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  • Meggsi888
    Erfahrener Benutzer
    • 07.08.2018
    • 172

    Adelige als Taufpatin bei einfacher Handwerkerfamilie?

    Hallo zusammen!

    Gerade bin ich auf eine für mich seltsame Tatsache gestoßen: bei vier Kindern eines meiner Vorfahren war eine Adelige Taufpatin.

    Konkret handelt es sich um Anna Dorothea von Gemmingen (1650-1694), die Tochter des Wolf Wilhelm von Gemmingen (1622-1668). Mir ist es schon gelungen, in etwa zu rekonstruieren, wie es räumlich überhaupt dazu kam, dass sich Anna Dorothea bei meinen Vorfahren in Bach (bei Hopfen am See) aufgehalten hat.
    Ihre Schwester Johanna Adelheid heiratete 1670 Johann Sigmund von Freyberg-Eisenberg, den Hausherren von Schloss Hopferau. Vermutlich verbrachte Anna Dorothea also ihre Jugend bis zu ihrer Hochzeit bei ihrer Schwester in Hopferau und war damit ganz in der Nähe meiner Vorfahren.
    In den Taufbüchern von Hopfen am See wird sie von 1672 bis 1676 als "Anna Dorothea von Gemmingen" bezeichnet und beim letzten Taufeintrag von 1680 als "Anna Dorothea von Syrgenstein". Zu diesem Zeitpunkt hatte sie dann wohl schon Joachim von Syrgenstein geheiratet, der am Bodensee residierte.

    Leider geht aus den Kirchenbüchern nicht hervor, welchen Beruf mein Vorfahre ausübte. Seine Nachkommen waren alle Zimmermänner - ich tippe also auf einen handwerklichen Stand.
    Ich frage mich nun, wie es dazu kommt, dass eine Fürstentochter, die doch aus einer ziemlich angesehenen und wohlhabenden Adelsfamilie stammt, die Taufpatin für die Kinder eines einfachen Handwerkers ist. Selbst wenn er in irgendeiner Form am Hofe von Hopferau angestellt war, erscheint es mir seltsam, dass ausgerechnet eine Hofdame für ihn die Taufpatin macht...
    Habt ihr Ideen? Übersehe ich vielleicht etwas?

    Ich freue mich schon auf eure Anregungen!
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7504

    #2
    Hallo Meggsi,

    zunächst einmal sind die Gemmingen keine Fürsten. Und ansonsten kam es eben ab und zu vor, daß eine Standesperson gebeten wurde, das Patenamt zu übernehmen. Möglich, daß Vater oder Mutter des Täuflings im Dienst der Familie standen, der der Pate entstammte. Muß aber nicht so gewesen sein. Mich würde kn diesem Zusammenhang interessieren, ob man das Patenamt ablehnen konnte.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

    Kommentar

    • Svenja
      Erfahrener Benutzer
      • 07.01.2007
      • 5205

      #3
      Hallo Meggsi

      Ich bin mal auf eine Familie in Stötten am Auerberg gestossen, die insgesamt 14 Kinder hatte. Beim 12. und 13. Kind werden Taufpaten aus einer reichen Kaufmanns- bzw. Patrizier-Familie aus Augsburg genannt. Da möchte ich auch mal versuchen noch mehr über diese Taufpaten herauszufinden.

      Gruss
      Svenja
      Meine Website über meine Vorfahren inkl. Linkliste:
      https://iten-genealogie.jimdofree.com/

      Interessengemeinschaft Oberbayern http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=38

      Interessengemeinschat Unterfranken http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=37

      Interessengemeinschaft Sudetendeutsche http://forum.ahnenforschung.net/group.php?groupid=73

      Kommentar

      • sternap
        Erfahrener Benutzer
        • 25.04.2011
        • 4070

        #4
        Zitat von Meggsi888 Beitrag anzeigen
        Hallo zusammen!
        Leider geht aus den Kirchenbüchern nicht hervor, welchen Beruf mein Vorfahre ausübte. Seine Nachkommen waren alle Zimmermänner - ich tippe also auf einen handwerklichen Stand.
        paparazzi gab es immer schon, also menschen denen es gefallen hätte, intimes über adelige zu verraten.
        durch etwas bindung von bauern und handwerker- oder dienerfamilien an die adeligen häuser identifizierten sich diese lohnanhängigen menschen mit dem reicheren hause, sie wurden vermeintlich bereits zu etwas besserem und damit loyalität und verschwiegenheit erzeugt.
        adelige übernahmen die ehrenpatenschaft, sie ließen sich im normalfall bei der taufe durch eine magd o.ä. vertreten, zum geburtstag gabe es vielleicht eine karte oder einen gruß. häufig war damit der spätere arbeitsplatz vorgezeichnet, gleichfalls als zimmerer am schloss tätig wie vater und großvater, die tochter versuchte vielleicht als dienerin oder köchin genommen zu werden, .

        es wurden auch gelegentlich die kinder von handwerkern oder bauern zur zeit der sommerfrische ausgeborgt, damit sie mit den kleinen adeligen spielten.

        mal allgemein beschrieben.
        freundliche grüße
        sternap
        ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
        wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




        Kommentar

        • Eva64
          Erfahrener Benutzer
          • 08.07.2006
          • 838

          #5
          Hallo Meggsi,


          es gab adelige Familien die sich ihren Untertanen "verpflichtet" fühlten und aus diesem Grund das Patenamt übernahmen. Diese Beobachtung habe ich an diversen Orten gemacht. Vor allem fiel mir auf, dass bei einem Wechsel in der Herrschaft plötzlich keiner aus der neuen Familie Pate wurde. Wie sagt man so schön, manche adelige Familie war "leutselig" im besten Sinn des Wortes. Und andere distanzierten sich von ihren Untertanen.


          Grüße
          Eva

          Kommentar

          • Malte55
            Erfahrener Benutzer
            • 02.08.2017
            • 1625

            #6
            Moin,
            Adlige als Taufpaten sehe ich sehr oft bei den ersten Kindern von Familien, sie zeigen meistens auch das Abhängigkeitsverhältnis auf, in dem die Lehnsherren oder deren Familienmitglieder bei der 1. Taufe vertreten waren.
            Daneben habe ich aber auch z.B. einen Fall wo bei einem Schneider(vormals Kammerdiener und die Frau auch beim Adel dienend) seinen Kindern immer auch Adlige aus verschiedenen Häusern, dazu Pastoren, Amtmänner und Verwalter aus der Gegend als Paten dabei waren und das in einem kleinen Dorf. Aus den beiderseitigen Familien dagegen niemand.
            Vielleicht war er ja ein sehr geschickter Schneider, oder er fand in den Gevatternbriefen den richtigen Ton, wer weiß...

            Zum Thema Gevatter empfehle ich wie immer den Krünitz unter selbigen Stichwort, oder auch unter Taufe. Mit der Volltextsuche kann man dann noch gezielter suchen.

            Zur Ablehnung fand ich dann aber nur über Goggel etwas.
            >Im Gegenteil, wenn
            die Beschwerde eines Vaters über die durch Ablehnung einer
            Pathenstelle gegen ihn und sein Kind bewiesene Geringschätzung
            und dadurch zugefügte Beleidigung an die geistliche Behörde
            gelangt, hat der sich Weigernde zu gewarten, daß ihm seine
            Ungebührniß verwiesen und er zur Erstattung der Kosten an=
            gehalten werde. Damit jedoch die einzelnen Personen durch
            das zu häufige Uebernehmen von Pathenstellen nicht belästigt,
            und nicht zu vielen Unkosten veranlaßt werden, (denn nur zu
            oft werden Reiche von Aermeren des Pathengeldes willen zu
            Gevattern gwählt, sie mögen selbst der Taufe beiwohnen oder
            nicht), so ist gesetzlich bestimmt, daß Niemand bei der Wahl
            der Gevattern seinen Stand überschreiten solle, (ohne Bewil=
            ligung des zu bittenden Gevatters), und daß Jeder, wer in=
            nerhalb eines halben Jahres zweimal zu Gevattern gebeten
            wird, (und zu dieser einen Person wird der Hausvater mit
            seiner Familie gerechnet), es nicht nur ausschlagen könne, son=
            dern selbst solle. Dieses Gesetz leidet jedoch bei den nächsten Bluts=
            verwandten und ganz vertrauten Freunden eine Ausnahme.<
            LG Malte

            Kommentar

            • consanguineus
              Erfahrener Benutzer
              • 15.05.2018
              • 7504

              #7
              Hallo Malte,

              die Abhandlung über die Ablehnung ist hochinteressant! Für welche Region galt das?

              Viele Grüße
              consanguineus
              Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

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              • Meggsi888
                Erfahrener Benutzer
                • 07.08.2018
                • 172

                #8
                Vielen Dank für eure vielen interessanten Hinweise und Informationen. Nun kann ich mir die Zusammenhänge schon wesentlich besser erklären und vorstellen!

                Kommentar

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