Mitteilung der Staatsanwaltschaft

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  • Raschdorf
    Erfahrener Benutzer
    • 25.03.2012
    • 594

    Mitteilung der Staatsanwaltschaft

    Guten Tag,
    im Heiratsregister des Standesamtes Frankenstein in Schlesien fand ich folgenden Randvermerk:
    "Durch rechtskräftiges Urtheil der ersten Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Glatz vom 21. April 1892 ist die Ehe zwischen dem Joseph August Simon Beck und der Anna Maria Beck geborenen Schuster aufgelöst worden.
    Eingetragen auf Mittheilung der Königlichen Staatsanwaltschaft zu Glatz vom 14. Juni 1892."
    Meine Fragen dazu: War es üblich, dass nicht das Gericht, sondern die Staatsanwaltschaft dem Standesamt Mitteilungen über Scheidungen machte?
    Eine Scheidung ist doch etwas Zivilrechtliches, das Urteil war ja auch von der "Civilkammer". Was hatte die Staatsanwaltschaft damit zu tun?
    Hat jemand von euch einen ähnlichen Randvermerk gefunden?
    Gruß
    Jo
  • Horst von Linie 1
    Erfahrener Benutzer
    • 12.09.2017
    • 23850

    #2
    Bigamie war recht selten, sodass sich die Staatsanwaltschaft doch eher selten in Scheidungsverfahren einmischte.
    Falls im Eifer des Gefechts die Anrede mal wieder vergessen gegangen sein sollte, wird sie hiermit mit dem Ausdruck allergrößten Bedauerns in folgender Art und Weise nachgeholt:
    Guten Morgen/Mittag/Tag/Abend. Grüß Gott! Servus.
    Gude. Tach. Juten Tach. Hi. Hallo.

    Und zum Schluss:
    Freundliche Grüße.

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    • Raschdorf
      Erfahrener Benutzer
      • 25.03.2012
      • 594

      #3
      Hallo,
      alle, denen jetzt ein "Hääh, wieso Bigamie?" entfährt, bitte ich, meine Anfrage vom 16.11.2017 mit dem Thema "Wahrscheinlichkeiten", insbesondere #11, zu lesen.
      Bigamie war nur so ein Gedanke von mir.
      Könnte es evtl. eine ganz harmlose Erklärung dafür geben, dass die Staatsanwaltschaft dem Standesamt Mitteilung machte? Vielleicht gehörte das 1892 einfach zu ihrem Aufgabenbereich.
      Deshalb wäre es interessant für mich zu wissen, wie andere Randvermerke nach Scheidungen aussahen.
      Danke!
      Jo

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      • Silke Schieske
        Erfahrener Benutzer
        • 02.11.2009
        • 4496

        #4
        Hallo,

        Eine Scheidung war es bei meinem Urgroßvater nicht, sondern die Ehe die 1908 geschlossen wurde wurde 1918 vom Standesamt für nichtig erklärt. Allerdings hatte er bereits 1914 erneut geheiratet (meine Urgroßmutter), worauf hin mich nur verwunderte, warum diese Erklärung quasi 10 Jahre später erst kam. Wobei eine Nichtigerklärung einer Annulierung gleich kommt und es hierfür schon reicht, wenn einer der Brautleute falsche Angaben gemacht hat, oder z.B. das Kind nicht vom Ehemann sein kann oder die Braut wusste, das sie keine Kinder bekommen kann.......

        Wobei, wenn bei deinen die Staatsanwaltschaft da mit betraut war, könnte natürlich die falsche Angabe der Daten ein Grund sein oder ging es ggf sogar um Geld und Besitz? Denn bei sowas hört bekanntlich die Freundschaft auf

        LG Silke
        Wir haben alle was gemeinsam.
        Wir sind hier alle auf der Suche, können nicht hellsehen und müssen zwischendurch auch mal Essen und Schlafen.

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        • Raschdorf
          Erfahrener Benutzer
          • 25.03.2012
          • 594

          #5
          Hallo Silke,
          vielen Dank. Wenn ich das richtig verstehe, hat also das Standesamt die Ehe für nichtig erklärt, nicht das Gericht. Wenn das erst 1918 geschah, frage ich mich, in welchem rechtlichen Zustand sich die 1. Ehe zwischen 1914 und 1918 befand. Oder wurde der Nichtigkeitsvermerk aus Schlampigkeit viel zu spät eingetragen?
          Jo

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          • Silke Schieske
            Erfahrener Benutzer
            • 02.11.2009
            • 4496

            #6
            Hallo Jo,

            Die 1. Ehe war zwichen 1908 und 1913. Mein Urgroßvater wird vor der 2. Eheschließung zu erklären gehabt haben, warum er nicht mehr bei seiner 1. Ehefrau und dem Kind lebt. Daher gehe ich mal u.a. sehr stark aus, dass das Kind nicht von ihm ist/war und er damit eine Eheannulierung verlangt hat. Zumindest wäre das plausiebel, denn er hat ja vorher in Dresden oder Leipzig gewohnt.

            LG Silke
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            • 1570126
              Erfahrener Benutzer
              • 10.09.2015
              • 260

              #7
              Hallo,
              wenn die Aufhebung einer Ehe eingeklagt wurde, war das Familiengericht zuständig.
              Klage konnten nur die Ehepartner oder die Staatsanwaltschaft erheben. Diese nimmt im Prozess dann die Interessen der Öffentlichkeit wahr. Dritte können keine Nichtigkeitsklage erheben, sie können sich höchstens an die Staatsanwaltschaft wenden.
              Soweit grob das Deutsche Recht. Inwieweit eine ähnliche Regelung 1892 galt, weiss ich nicht.

              LG

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              • AlAvo
                • 14.03.2008
                • 6277

                #8
                Hallo zusammen,

                vielleicht hilft ja der Gesetzestext des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1896 ein wenig weiter?


                Viele Grüße
                AlAvo
                War Mitglied der Lettischen Kriegsgräberfürsorge (Bralu Kapi Komiteja)

                Zirkus- und Schaustellerfamilie Renz sowie Lettland

                Reisenden zu folgen ist nicht einfach, um so mehr, wenn deren Wege mehr als zweihundert Jahre zurück liegen!


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                • Raschdorf
                  Erfahrener Benutzer
                  • 25.03.2012
                  • 594

                  #9
                  Hallo,
                  ich bedanke mich für alle Hinweise.
                  Vor dem Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 galt ja, wie wahrscheinlich bekannt, in Preußen das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794. Leider helfen Gesetzestexte meist nicht so richtig weiter.
                  Gruß
                  Jo

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                  • Valentin1871

                    #10
                    Ich vermute folgenden Ablauf:
                    1. Staatsanwaltschaft klagt auf Nichtigerklärung der Ehe (wegen Nichtigkeitsgründen)
                    2. Gericht gibt dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt (Urteil vom 21.04.1892)
                    3. Gericht stellt Urteil der Staatsanwaltschaft zu
                    4. Staatsanwaltschaft macht Mitteilung an das Standesamt (Mitteilung vom 14.06.1892)

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                    • Raschdorf
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.03.2012
                      • 594

                      #11
                      Hallo Valentin 1871,
                      danke auch für diesen Hinweis. Klingt plausibel.
                      Da ich das Urteil nicht kenne und wohl auch niemals kennen werde, bleibt leider alles Spekulation.
                      Schönen Tag wünscht
                      Jo

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                      • Valentin1871

                        #12
                        Zitat von Raschdorf Beitrag anzeigen
                        Da ich das Urteil nicht kenne und wohl auch niemals kennen werde, bleibt leider alles Spekulation.
                        Aber die Kombination Staatsanwaltschaft + Urteil einer Zivilkammer eines LG + als Ergebnis die Auflösung einer Ehe lassen fast keinen anderen Schluß zu.

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                        • Raschdorf
                          Erfahrener Benutzer
                          • 25.03.2012
                          • 594

                          #13
                          Hallo Valentin 1871,
                          du hast wahrscheinlich Recht.
                          Zu meiner Sicherheit werde ich mir bei einem sowieso geplanten Besuch des Staatsarchivs in Breslau die Heiratsregister von Frankenstein vornehmen und Randvermerke lesen.
                          Gruß
                          Jo

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                          • DerBerliner
                            Erfahrener Benutzer
                            • 14.01.2015
                            • 3009

                            #14
                            Oftmals helfen Gesetzestexte für das Verständnis doch weiter:

                            § 55 Abs. 1 des Personenstandsgesetzes in der ab dem 1. Januar 1900 geltenden Fassung: "Ist eine Ehe für nichtig erklärt, ist in einem Rechtsstreite, der die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbestehen der Ehe festgestellt, ist eine Ehe vor dem Tode eines der Ehegtten aufgelöst oder ist nach § 1575 des BGB die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken".

                            Und die Ausführungsvorschrift von 1899 dazu: "In den im § 55 Abs. 1 PStG. bezeichneten Fällen hat die Staatsanwaltschaft dem Standesbeamten, vor welchem die Ehe geschlossen ist, eine mit dem Zeugnisse der Rechtskraft und mit der Angabe des Tages der Rechtskraft versehene Ausfetigung des Urteils behufs Beischreibung des Randvermerks zu übersenden".

                            Der Fall von Raschdorf spielt zwar schon 1892 in Schlesien. Welche Fassung des § 55 PStG damals galt, konnte ich ncht herausfinden. Das Personenstandsgesetz als ganzes ist ja schon am 1. Januar 1876 in Kraft getreten. Der Verfahrensablauf dürfte aber ähnlich gewesen sein.Familiengerichte gibt es übrigens erst ab 1976 in Deutschland. Davor waren in (West-) Deutschland die Landgeriichte für Ehesachen zuständig.Elmar aus Berlin

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                            • Raschdorf
                              Erfahrener Benutzer
                              • 25.03.2012
                              • 594

                              #15
                              Hallo Elmar aus Berlin,
                              vielen Dank für die Mühe!
                              Ich muss zugeben, dass Gesetzestexte für das Verständnis doch weiterhelfen können.
                              Eine "Mitteilung der Staatsanwaltschaft" an das Standesamt erfolgte also nicht nur in außergewöhnlichen Fällen, wie z.B. Bigamie, sondern auch bei jeder ganz normalen Scheidung.
                              Das heißt, ich kann dem anfangs zitierten Randvermerk des Standesamtes Frankenstein nur die Tatsache entnehmen, dass die Ehe aufgelöst wurde.
                              Nochmals vielen Dank an alle!
                              Jo

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