Vakanz

[JürgenP]

Moin zusammen,

ich habe mal eine allgemeine Frage.
In dem Kirchspiel Grubenhagen (Mecklenburg), welches ich zur Zeit "bearbeite", gibt es laut Gustav Willgeroth "Die Mecklenburg-Schwerinschen Pfarren seit dem Dreißigjährigen Krieg" eine Vakanz von 1738 bis 1749 - Zitat: "infolge Patronatsstreitigkeiten zwischen dem v. Bassewitz auf Klocksin und den Maltzans auf Schloß Grubenhagen"
Im Kirchenbuch sind zwar die entsprechenden Seiten vorhanden und es wurden auch Tabellen eingezeichnet, die sind aber bis auf wenige Ausnahmen leer. Sicher wurden aber in der Zeit Taufen, Trauungen und Beerdigungen durchgeführt.
Wurden diese dann überhaupt nicht dokumentiert oder hat der ausführende Pastor das in "sein" Kirchenbuch geschrieben?
Oder anders gefragt, macht es Sinn, in den Büchern der umliegenden Kirchspiele zu suchen?

Herzliche Grüße Jürgen

[Jettchen]

Hallo Jürgen,
ich kenne mich zwar nicht in Mecklenburg aus, aber ich denke schon, dass die Amtshandlungen von Nachbarpfarrern ausgeübt und von diesen dann registriert wurden.
Die KB wurden ja einst nicht als Dokumente für die Bürger geführt, sondern ich denke, dies waren eher Arbeitsnachweise für die Pfarrer. Ich recherchiere viel in Oberfranken. Wenn hier ein Pfarrer einmal abwesend war, hat der Nachbarpfarrer die Taufe oder Beerdigung durchgeführt und dann in seinem eigene KB verzeichnet. Nur wenn der eigentliche Pfarrer sehr gewissenhaft war, hat er dies bei sich ebenfalls eingetragen, mit dem entsprechenden Vermerk, dass der Kollege tätig war.
Viele Grüße
Jettchen

[Anna Sara Weingart]

Hallo Jürgen,
wie sieht es mit dem Zweitexemplar (Duplikatband, Kirchenbuch-Zweitschrift) des Kirchenbuchs auch? Sind dort die Seiten des entsprechenden Zeitraums ebenfalls leer?

Bzw. Du hattest Einblick in das Zweitexemplar, aber nicht in das Erstexemplar?

Viele Grüsse

[JürgenP]

Moin zusammen,

vielen Dank für Eure Antworten.

@Jettchen: Dein Hinweis macht Sinn, das Kirchenbuch war ja quasi der "Arbeitsnachweis" des Pastors und somit wird er wohl die Vorgänge auch in seinem Kirchenbuch dokumentiert haben. Also werde ich mir wohl die Bücher der umliegenden Kirchspiele für den Zeitraum anschauen.

@A.S.W.: Ich habe die Bücher auf Film von den Mormonen und bisher habe ich beim Lesen keinen Hinweis auf eine Zweitschrift / Duplikat gefunden. Dementsprechend gehe ich mal davon aus, daß es die Erstschriften sind.
In welchem zeitlichen Abstand zur Erstschrift wurden denn die Zweitschriften erstellt? Und wer sollte denn nach 11 Jahren die umliegenden Kirchspiele nach entsprechenden Einträgen abgesucht haben?
Ich werde mal im Landeskirchenarchiv nachfragen, ob dort Unterschiede zwischen Erst- und Zweitschrift bekannt sind.

Herzliche Grüße Jürgen

[Anna Sara Weingart]

Hallo,
aber üblicherweise sind bei familysearch (oder ancestry) verfilmte Kichenbücher nur die Zweitexemplare.
Bei Grubenhagen steht: "Mikrofilme aufgenommen von Manuskripten in Goslar. 1951" Also vor der Wende!

https://familysearch.org/search/catalog/248158?availability=Family%20History%20Library

Wenn es 1951 in Goslar verfilmt wurde, kann es ja nicht das Original-Kirchenbuch (Erstschrift) sein, welches man doch in Mecklenburg vermuten muss.

An Deiner Stelle würde ich mich an die Kirche Mecklenburg wenden, und nachfragen ob die Erstschrift auch die Lücke hat

http://www.kirche-mv.de/Mecklenburg.mecklenburg.0.html

Gruss

[Anna Sara Weingart]

Eventuell hat das Landeskirchenarchiv auch nur eine Zweitschrift. Also genau recherchieren wo die Erstschrift liegt.
In anderen Ländern (z.B. Niedersachsen) hat das Archiv nur die Zweitschrift, und das Original liegt noch ortsnah verwahrt.

...In welchem zeitlichen Abstand zur Erstschrift wurden denn die Zweitschriften erstellt? Und wer sollte denn nach 11 Jahren die umliegenden Kirchspiele nach entsprechenden Einträgen abgesucht haben?...

So lief das vielleicht nicht. Vor Ort war vermutlich noch ein Vikar oder ähnliches gewesenn, der diese Dinge aufzeichnete.
Die Vakanz bezieht sich auf die Predigerstelle, nicht auf alle Kirchenbedienstete.
SIEHE (Hessen):

[Artsch]

Hallo,

ich habe schon gelesen, daß bei Vakanz von ganz oben diktiert wurde, welches Kirchspiel die Einträge übernehmen mußte. Manchmal die Taufen woanders als die Sterbeeinträge usw.... Da gab es Querelen und danach Beschwerden. Meines Erachtens wurde dies streng gehandhabt.

Beste Grüße
Artsch

[Anna Sara Weingart]

... Oder anders gefragt, macht es Sinn, in den Büchern der umliegenden Kirchspiele zu suchen? ...

Antwort zu Deiner Ausgansfrage, auch von mir: natürlich macht das auch Sinn.

Wer suchet der findet. Wer nicht sucht kann nicht finden.
Also viel Glück

[JürgenP]

Moin zusammen,

vielen Dank für die Antworten und Denkanstöße.
Da die Frage nach Erst- oder Zweitschrift konkret gestellt wurde, habe ich mich im Landeskirchenarchiv schlau gemacht:
Also die von den Mormonen verfilmten Bücher von Kirch Grubenhagen sind die Erstschriften. Zweitschriften wurden erst ab 1786 jährlich angefertigt. Zusätzlich wurden Abschriften von den Originalen rückwirkend ab 1740 erstellt. Somit enthalten die Zweitschriften aus dem Zeitraum der Vakanz keine anderen Daten.
Zur Frage warum die Mormonen die Bücher 1951 in Goslar verfilmt haben:
Die Erstschriften wurden seit Mitte des 19. Jh zentral in Schwerin gelagert und zum Ende des 2. WK westlich der Elbe ausgelagert. Nach dem Krieg wurden sie im Archiv in Goslar eingelagert und später ins Ratzeburger Domarchiv verbracht. Nach der Wende - konkret 1995 - sind die Bücher dann wieder in das Landeskirchenarchiv nach Schwerin gekommen.

Also werde ich mir dann wohl die Filme der umliegenden Kirchspiele genauer ansehen, in der Hoffnung, daß die zuständigen Pastoren das entsprechend dokumentiert haben.

Herzliche Grüße Jürgen