Häußling und dennoch eigener Besitz?

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  • Lewh
    Erfahrener Benutzer
    • 18.07.2013
    • 1990

    Häußling und dennoch eigener Besitz?

    Hallo zusammen,

    vielleicht könnt ihr mir helfen die damilige Situation besser nachvollziehen zu können.
    Soweit ich weiß war ein Häußling ein Bauer ohne eigenen Besitz der gegen Bezahlung und Logie für einen Bauern mit Besitz gearbeitet hat.
    Bspw. hier.

    Mein Vorfahr war 1744 bis zu seinem Tod 1748 Häußling, Ackermann und Schweinehirte. Dennoch findet sich im Hypothekenbuch folgender Eintrag:
    Johann Kleinecke hat sich in das ehemalige Heimssche Häuslings-Wesen zu Bregenstedt eingeheiratet lau Ehestiftung und Hausbrief d.d. Erxleben den 21ten November 1750. Der Wert des Hauses ist 50Rthlr.

    Der Johann Kleinecke hatte die älteste Tochter meines Vorfahren geheiratet, zwei Jahre nach dessen Tod.
    Was hat es mit dem Häusslingswesen(Anwesen?) auf sich?

    Grüße,
    Lars
    Suche:
    Hanß Heimsen *1674 +1737 in Marienborn
    Schweinemeister und Hirte in Harbke
    Nachthirte in Morsleben

    Namen auch: Heinse, Heinße
  • Anna Sara Weingart
    Erfahrener Benutzer
    • 23.10.2012
    • 17323

    #2
    Hallo,
    er besaß ja offenbar nur das Haus (früher meist strogedeckt mit gestampften Lehmwände) und keine eigenen Ackerflächen. Als passt das schon, dass er Häusling gewesen sein kann.
    Gruss
    Viele Grüße

    Kommentar

    • Ralf-I-vonderMark
      Super-Moderator

      • 02.01.2015
      • 3253

      #3
      Hallo Lewh,

      die begriffliche Abgrenzung eines Häuslings zu anderen „bäuerlich tätigen“ Dorfbewohnern (z.B. Vollmeier; Halbmeier; Großköthner; Kleinköthner; Brinksitzer und Anbauer) ist teilweise schwierig, da zum einen regionale und zeitliche Unterschiede zu beachten sind und zum anderen der begriff nicht einheitlich benutzt wurde. Hinzu kommt, dass der gesellschaftliche Status durchaus durch Landgewinn (z.B. Einheirat oder Kauf) oder Landverlust (z.B. Erbteilung; Verkauf) in den Grenzen der Zustimmung durch den Landesherrn veränderbar war.

      Generell möchte ich zum Verständnis zunächst auf die Erläuterung zum Häusler (= Häusling) verweisen:
      vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4usler

      Sodann verweise ich noch auf die Darstellung zur Dorfentstehung:
      vgl. http://wiki-de.genealogy.net/Dorfentstehung

      Im Deutschen Rechtswörterbuch wird ein Häusling als "Mieter in einem Haus, gewöhnlich auch Taglöhner oder Kleingewerbetreibender" bezeichnet.

      Zu den Rechten eines Häuslings:
      Eine weitere soziale Gruppe waren die Häuslinge. Wie das Gesinde wohnten sie im Haus ihres Gutsherrn und bekamen das Essen umsonst. Manchmal konnten sie auch ein kleines Stück Land des Gutsherrn pachten. Als Gegenleistung mussten sie kostenlos auf dem Hof arbeiten. Für einen Gutsherrn war ein Häusling von Vorteil, weil dieser keinen Anspruch auf ein Jahresgehalt hatte wie das Gesinde. Dafür hatte der Häusling mehr Freiheiten als das Gesinde, da er nicht vertraglich an den Gutsherren gebunden war und gehen konnte, wann es ihm beliebte.

      Demnach ist es möglich, dass Dein Vorfahr (Johann Kleinecke) ein Haus im Wert von 50Rthlr besaß; zu welchem aber wohl kaum Ländereien, sondern allenfalls ein kleiner Garten zu gehörig war und gewisse Nutzungsrechte an der Allmende.
      Bei dem zitierten „Heimssche Häuslings-Wesen“ dürfte es sich um dieses Haus ohne umliegende Flächen handeln.

      Vielleicht gibt es sogar eine Dorfchronik zu Bregenstedt; in welcher Details zu den einzelnen „Hausstellen“ im Dorf enthalten sind.

      Viele Grüße
      Ralf

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      • Anna Sara Weingart
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2012
        • 17323

        #4
        Hallo,
        In diesem Buch wird gesagt, das Häuslinge auch Land gepachtet haben konnten (Seite 59) und Vieh besaßen. Er konnte auch Taglöhner sein, sowie einen Handwerksberuf oder sonstiges kleines Gewerbe betrieben haben (ab Seite 55).

        STÜVE (1851): "Wesen und Verfassung der landgemeinden und des ländlichen Grundbesitzes in Niedersachsen und Westphalen"
        Gruss
        Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 05.02.2016, 21:42.
        Viele Grüße

        Kommentar

        • Lewh
          Erfahrener Benutzer
          • 18.07.2013
          • 1990

          #5
          Hallo,
          vielen Dank für die Erklärungen und Links.
          Mein Vorfahr war Heinrich Heim, darum auch "das Heimssche Häuslingswesen". Johann Kleinecke war sein Schwiegersohn.
          @Ralf: Eine solche Chronik ist mir leider nicht bekannt.

          Aber Fazit ist man konnte Häusling sein aber dennoch ein eigenes Wohnhaus besitzen und nicht beim Arbeitgeber wohnen.

          Grüße,
          Lars
          Suche:
          Hanß Heimsen *1674 +1737 in Marienborn
          Schweinemeister und Hirte in Harbke
          Nachthirte in Morsleben

          Namen auch: Heinse, Heinße

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