Hallo zusammen,
ich habe versprochen, etwas zu der Geschichte meiner Familie zu schreiben, welche vom Hannoverschen BHF im Mai 1940 nach Belzec deportiert wurde.
Hier ein kleiner Einblick:
Meine Großeltern
Meine Großeltern waren für mich die liebsten Menschen, grosszügig, liebevoll und voller Weisheit.
Meine Großmutter war wunderschön, 150 cm, zierliche Gestalt und langes schwarzes Haar, welches sie sich in Schillerlocken legte. Sie trug immer eine Schürze und rauchte Kette,-)
Sie war auf einem Ohr taub, da sie als Kind von einem SS -Mann eine Ohrfeige auf das rechte Ohr erhielt.
Mein Opa war klein, 1,60 cm und von kräftiger Gestalt, sein Wort war Gesetz.
Seine KZ-Nummer versteckte er unter einem Cover-up Tattoo.
Dass meine Großeltern vor mir etwas verbargen, ahnte ich schnell.
Immer wenn Besuch kam, wir sprechen hier von Zeitzeugen der NS-Zeit, wurde über die Lagerzeit gesprochen, Worte wie Treblinka, Buchenwald und Auschwitz fielen.
Sobald der erste Besucher oder meine Großeltern während ihrer Erzählungen anfingen zu weinen, musste ich immer die Stube verlassen.
Ich war froh gehen zu dürfen, denn ich verstand bis dato nicht, wovon die Anwesenden sprachen.
Eine erste Ahnung bekam ich ca 1985, als meine Großmutter in der Essdiele stolz erzählte, wie ihre Cousine der Kellermann* ins Gesicht spuckte und ihr ins Gesicht schrie: “Du hast meine Familie ins Lager gebracht."
Ich war zu dem Zeitpunkt 11 Jahre, ich konnte nun die Verbindung zwischen den Erzählungen, den Gedenken der KZ-Toten durch Kerzen und diesem Ereignis ziehen.
Meine Großeltern hatten Schreckliches erlebt.
Ich verstand nun, warum mein Großvater weinte, wenn Berichte/Dokus über die NS-Zeit im TV liefen, warum wir nie Essen wegwarfen, warum meine Großmutter alle Kleidung hortete.
Aber wie groß das Leid war, erfuhr ich erst 2018, als ich mit meinen Recherchen zu meiner Familiengeschichte anfing.
Die Beantragung der Verlängerung der Ruhezeit des Familiengrabes war der Anstoß für mich die Recherchen durchzuführen.
Vom Hannoverschen Bahnhof wurden im Zeitraum von 1940 bis 1945 etwa 8000 Juden, Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland in Gettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Auch zahlreiche Mitglieder meiner Familie waren unter den Deportierten, auch meine Großeltern und ihre Familien.
Mein Großvater, zu dem Zeitpunkt (16.Mai 1940) ein 14-jähriger Junge, überlebte zusammen mit seiner alten Mutter und seinem kleinen Neffen zahlreiche Konzentrationslager.
Er leistete schwere körperliche Arbeit unter katastrophalen hygienischen Bedingungen und Mangelernährung. Er begrub Tanten, Onkel, Nichten und Neffen mit seinen eigenen Händen und erlitt furchtbare Misshandlungen.
Meine Großmutter verlor durch die schwere Haftzeit unter den obengenannten Bedingungen ihre beiden erstgeborenen Kinder und war zeitlebens durch die Misshandlung des SS -Mannes schwerhörig…aber beide verloren in all der Zeit nie ihren Lebensmut.
Sie hatten nie viel, aber teilten immer mit den Ärmsten. Ich vermisse sie und werde sie mein ganzes Leben in Ehren halten.
Ein Tages werde ich die Geschichte meiner Familie aufschreiben, dies hier ist heute für euch ein kleiner Einblick.
(*Ruth Kellermann war eine „Rassenexpertin“, die an der Erfassung und Begutachtung von Sinti und Roma für die Rassenhygienische Forschungsstelle arbeitete und später auch für Gutachten bei der Entschädigung von Sinti und Roma verantwortlich war.
1985 hat die Rom und Cinti Union e.V. zusammen mit Giovanna Steinbach auf einer Veranstaltung, auf der Kellermann referieren sollte, sie mit ihrer Vergangenheit und Teilhabe an der Verfolgung und Ermordung konfrontiert)
ich habe versprochen, etwas zu der Geschichte meiner Familie zu schreiben, welche vom Hannoverschen BHF im Mai 1940 nach Belzec deportiert wurde.
Hier ein kleiner Einblick:
Meine Großeltern
Meine Großeltern waren für mich die liebsten Menschen, grosszügig, liebevoll und voller Weisheit.
Meine Großmutter war wunderschön, 150 cm, zierliche Gestalt und langes schwarzes Haar, welches sie sich in Schillerlocken legte. Sie trug immer eine Schürze und rauchte Kette,-)
Sie war auf einem Ohr taub, da sie als Kind von einem SS -Mann eine Ohrfeige auf das rechte Ohr erhielt.
Mein Opa war klein, 1,60 cm und von kräftiger Gestalt, sein Wort war Gesetz.
Seine KZ-Nummer versteckte er unter einem Cover-up Tattoo.
Dass meine Großeltern vor mir etwas verbargen, ahnte ich schnell.
Immer wenn Besuch kam, wir sprechen hier von Zeitzeugen der NS-Zeit, wurde über die Lagerzeit gesprochen, Worte wie Treblinka, Buchenwald und Auschwitz fielen.
Sobald der erste Besucher oder meine Großeltern während ihrer Erzählungen anfingen zu weinen, musste ich immer die Stube verlassen.
Ich war froh gehen zu dürfen, denn ich verstand bis dato nicht, wovon die Anwesenden sprachen.
Eine erste Ahnung bekam ich ca 1985, als meine Großmutter in der Essdiele stolz erzählte, wie ihre Cousine der Kellermann* ins Gesicht spuckte und ihr ins Gesicht schrie: “Du hast meine Familie ins Lager gebracht."
Ich war zu dem Zeitpunkt 11 Jahre, ich konnte nun die Verbindung zwischen den Erzählungen, den Gedenken der KZ-Toten durch Kerzen und diesem Ereignis ziehen.
Meine Großeltern hatten Schreckliches erlebt.
Ich verstand nun, warum mein Großvater weinte, wenn Berichte/Dokus über die NS-Zeit im TV liefen, warum wir nie Essen wegwarfen, warum meine Großmutter alle Kleidung hortete.
Aber wie groß das Leid war, erfuhr ich erst 2018, als ich mit meinen Recherchen zu meiner Familiengeschichte anfing.
Die Beantragung der Verlängerung der Ruhezeit des Familiengrabes war der Anstoß für mich die Recherchen durchzuführen.
Vom Hannoverschen Bahnhof wurden im Zeitraum von 1940 bis 1945 etwa 8000 Juden, Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland in Gettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Auch zahlreiche Mitglieder meiner Familie waren unter den Deportierten, auch meine Großeltern und ihre Familien.
Mein Großvater, zu dem Zeitpunkt (16.Mai 1940) ein 14-jähriger Junge, überlebte zusammen mit seiner alten Mutter und seinem kleinen Neffen zahlreiche Konzentrationslager.
Er leistete schwere körperliche Arbeit unter katastrophalen hygienischen Bedingungen und Mangelernährung. Er begrub Tanten, Onkel, Nichten und Neffen mit seinen eigenen Händen und erlitt furchtbare Misshandlungen.
Meine Großmutter verlor durch die schwere Haftzeit unter den obengenannten Bedingungen ihre beiden erstgeborenen Kinder und war zeitlebens durch die Misshandlung des SS -Mannes schwerhörig…aber beide verloren in all der Zeit nie ihren Lebensmut.
Sie hatten nie viel, aber teilten immer mit den Ärmsten. Ich vermisse sie und werde sie mein ganzes Leben in Ehren halten.
Ein Tages werde ich die Geschichte meiner Familie aufschreiben, dies hier ist heute für euch ein kleiner Einblick.
(*Ruth Kellermann war eine „Rassenexpertin“, die an der Erfassung und Begutachtung von Sinti und Roma für die Rassenhygienische Forschungsstelle arbeitete und später auch für Gutachten bei der Entschädigung von Sinti und Roma verantwortlich war.
1985 hat die Rom und Cinti Union e.V. zusammen mit Giovanna Steinbach auf einer Veranstaltung, auf der Kellermann referieren sollte, sie mit ihrer Vergangenheit und Teilhabe an der Verfolgung und Ermordung konfrontiert)
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