Schicksal von Vertriebenen

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  • sternap
    Erfahrener Benutzer
    • 25.04.2011
    • 4070

    #31
    Zitat von christian Beitrag anzeigen
    Ich habe im Internet schon einige schöne und liebevoll gestaltete Seiten gesehen, wo man sich mit der Geschichte der ehemaligen Heimatorte und das Andenken daran befasst. Nur enden diese Chroniken eben meist an dem Punkt kurz vor Stunde Null. Sollte man ergänzendes Wissen also nun für sich behalten, oder gibt es eine faire Art der Veröffentlichung, die niemanden verletzt?
    Gruß Christian
    von der heimat meiner unmittelbaren vorfahren gibt es nur die berichte der stunde null und der greuel. ich bin vergeblich auf der suche nach einigen relikten aus der zeit des zusammenlebens der nationen in scheinbarem frieden, nach den spuren der jugend meiner eltern.

    als ich das haus meines grossvaters fand, war kurz zuvor ein brocken mehrerer schichten putz und anstrichfarbe über der eingangstüre seines ehemaligen geschäftes heruntergefallen, die lücke gab die buchstaben seines vornamens frei. eine alte dame des siegreich gebliebenen volkes sprach mich erschüttert an. sie erzählte mir von meiner familie, von der flucht meiner eltern, den plünderungen, und detailliert, was mit denen geschah, die im glauben an ein zusammenleben der völker dort geblieben waren. sie wurden von grausamen sadisten gequält und geschlachtet. ich kann es bis heute nicht fassen, wie das alles geschah.

    die sehr attraktive verwandte allein konnte ihr leben retten, weil sie einen der hauptmetzler heiratete. er sorgte liebevoll und gewissenhaft für ihr kind aus der ersten ehe mit einem seiner feinde.
    mir blieb der fremde mann immer unsympathisch, aber als ich seine kindheitsgeschichte gehört hatte, verstand ich, dass sein volk aus angst vor weiteren greueltaten unserer soldaten die bestie rausgelassen hatte.viele von unseren gingen nur zur armee, weil sie das volk vor der guerillangriffen der anderen verteidigen wollten. so geht das fort und fort, gewalt auf gewalt.
    die bestie ist dem menschen innewohnend, sie lauert immer.

    mir geht es seither wie dem zehnjährigen jungen aus dem banat, der morgens mit der mama auf dem hauptplatz die körperteile aller männer des dorfes ausgelegt sah, und als erstes fragte:"was haben unsere soldaten denen getan, dass sie uns das getan haben?"
    ich kann das schicksal meiner familie nicht losgelöst von dem der anderen sehen. es ist der krieg, den ich verurteile, es sind die opfermythen eines jeden volkes, die ich als stachel für neue kriege erkenne.

    dennoch hat es jedes opfer verdient, von seinem persönlichen leid sprechen zu dürfen. ideologiefrei.
    wir hatten ein offizielles kriegsende, wir und die anderen hatten keine erziehung zum gespräch, ein solches beginnt erst ab dem erzählen dürfen des traumas ehrlich zu werden.

    wir und die anderen hatten folglich auch keine erziehung zum frieden hin, er ist ein kind der schonungslosen wahrheit und der darauf folgenden empathie.
    Zuletzt geändert von sternap; 05.08.2011, 10:40.
    freundliche grüße
    sternap
    ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
    wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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    • karlfriedrich

      #32
      Zitat von Frank K. Beitrag anzeigen
      Es soll also nicht darum gehen, die Geschehnisse im Umfeld emotional zu bewerten, sondern darum, wie man mit dem Wissen über die Geschehnisse und mit den vorliegenden Quellen umgeht, um ein möglichst objektives, sachliches Bild der damaligen Zeit zu erhalten.
      Ich sehe meinen Beitrag als eine Art Schlußpunkt in dieser Diskussion und beantrage, dieses Thema abzuschließen!
      Ja genau, darum geht es. Möglichst viele Informationen sammeln, um sie dann zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Und wieso soll man das Thema schließen ? Nur weil es für manche unangenehm wird, weil es manche überfordert oder weil es kompliziert ist ? Das halte ich für keine gute Lösung. Wer was dazu sagen kann, sollte das auch tun dürfen. Erst so lassen sich doch viele Meinungen sammeln, um sie dann in einen konstruktiven Zusammenhang zu bringen.

      Kommentar

      • Balbina
        Erfahrener Benutzer
        • 16.04.2010
        • 376

        #33
        Zitat von rolo Beitrag anzeigen
        Möglichst viele Informationen sammeln, um sie dann zu einem Gesamtbild zusammenzufügen.

        ......

        Erst so lassen sich doch viele Meinungen sammeln, um sie dann in einen konstruktiven Zusammenhang zu bringen.

        Das unterschreib ich.
        Ich hoffe auch, dass sich noch einige mit ihren Ansichten (und hoffentlich auch Quellen) dazu melden, auch wenn das Thema eventuell vom ursprünglichen Thema abgewichen ist. Christian, als Themenstarter, scheint ja nichts dagegen zu haben.

        Ich würde auch kein neues Thema starten, denn dann würde auch die Bezüge aufeinander auseinandergerissen.
        *Mit kritischem Blick nach oben*
        Die Überschrift ist eigentlich ziemlich umfassend - da passt viel drunter.


        Grüße

        Balbina

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        • Balbina
          Erfahrener Benutzer
          • 16.04.2010
          • 376

          #34
          Und hier ein paar Quellen:

          Das hier ist z.B. so eine typische Internetseite von einem Heimatverein:
          Schneidemühler Heimatverein, jetzt Pila

          Man sammelte sich, man half sich gegenseitig, man traf sich regelmäßig. Meist gab es von Anfang an ein Blättchen mit Infos, Familienanzeigen, Geschichten aus der alten Heimat und Suchanzeigen.
          Und oft wurde freundschaftlicher Kontakt zur ehemaligen Heimat gesucht.
          Und wie man sieht werden immer noch Suchanzeigen ernst genommen.


          Und nach einigem Suchen dann doch noch gefunden:

          Zentrum gegen Vertreibung
          .. und dadrunter dann:
          Augenzeugenberichte zur Vertreibung
          Chronik der Vertreibungen europäischer Völker im 20. Jahrhundert

          Diese Seite gibt Informationen zu einigen hier gestellten Fragen.



          Grüße

          Balbina

          .. die jetzt müde ins Bett kippt ...

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          • Horst3
            Erfahrener Benutzer
            • 05.02.2009
            • 323

            #35
            Meiner Auffassung nach soll das hier ein Ahnenforschungs- und weniger ein Geschichtsforum sein.
            Über die Vertriebenenproblematik und deren Ahnenforschung gibt es doch die ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete als Unterthemen.
            Genügt das nicht?

            MfG

            Kommentar

            • Hueterin
              Erfahrener Benutzer
              • 14.01.2009
              • 137

              #36
              Fast hätte ich das Thema verpasst,aber nach fast einer Stunde Lektüre darf ich auch 2 Sätze dazu sagen.Man kann nicht jedes Schicksal allen Leuten erzählen.Ich habe das Problem für mich gelöst indem ich die Geschichte meiner Ahnen-Donauschwaben- aufgeschrieben habe ,damit sie den Nachkommen der Familie erhalten bleibt!Grüße,Kunigunde

              Kommentar

              • Holzknecht
                Benutzer
                • 12.03.2010
                • 22

                #37
                Es ist ja alles freiwillig:
                Das Lesen der Beiträge, das Nachdenken, das Bearbeiten, das Schreiben,
                das Darüberhinwegsehen, das Auseinandersetzen, das Lernen usw.
                Alles freiwillig.
                Ich finde es wichtig, dass ein solches Thema gerade im Zusammenhang mit unserer Ahnenforschung besprochen werden kann.


                Freundliche Grüße
                Holzknecht

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                • Dominik
                  Erfahrener Benutzer
                  • 23.06.2011
                  • 1016

                  #38
                  Also..ich finde das gut das nicht nur über daten geredet wird sondern auch schicksale beschrieben werden...besonders Sternaps Schilderung hat mich sehr berührt...
                  Liebe Grüße

                  Dominik

                  Kommentar

                  • Pitka
                    Erfahrener Benutzer
                    • 02.08.2009
                    • 953

                    #39
                    Hallo,

                    wie ich oben schon schrieb: es geht um Menschen und Emotionen lassen sich nicht immer kanalisieren. Ich denke schon, dass es etwas anderes ist, ob man solche unmenschlichen Geschichten hört oder sie selbst hat erleben müssen.

                    Ich kannte mal jemanden, der auch vor seiner ganzen Familie niemals über diese Zeit seines Lebens geredet hätte, selbst nicht mit den Angehörigen, die dabei waren und es also selbst erlebt haben.
                    Nur wenn er dem Alkohol in seltenen Fällen mal zuviel zugesprochen hatte und deshalb wegen dem seltenen Genuß wirklich sturzbetrunken war, dann hat er plötzlich Sachen erzählt oder vor sich hin gebrabbelt, und zwar dann in polnischer oder französischer Sprache. Wie ich erfuhr, kam auch er aus den ehemaligen Ostgebieten und war später in französischer Gefangenschaft.

                    Auch als ich seine Frau fragte, was das zu bedeuten hat, bekam ich keine Antwort bzw. nur: Das ist nichts für Dich. Hör da nicht hin.

                    Es wurde also in dieser Familie versucht, es zu verdrängen. Aber es gibt eben Situationen, da sprechen nur noch Herz und Gefühle. Was muss dieser arme Mann alles erlebt haben.

                    Liebe Grüße
                    Pitka
                    Suche alles zu folgenden FN:
                    WERNER aus Mertensdorf/Kr. Friedland, Allenstein und Marwalde (Ostpreussen), HINZ / HINTZE und KUHR aus Krojanke/Kr. Flatow (Posen/Westpreussen), WERNER, HINZ und SEIDEL aus Gilgenburg/Kr.Osterode (Ostpreussen), ELIS und FESTER aus Siegen bzw. dem Kr. Wetzlar (Hessen), ZILLEN aus Venekoten bzw. In den Venekoten, Gem. Elmpt (jetzt: Niederkrüchten) Kr. Erkelenz (NRW), SAENGER aus Süß und Machtlos (Hessen) u. aus Essen (NRW), PHILIPP aus Wolfsdorf/Niederung Kr. Elbing

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                    • gustl
                      Erfahrener Benutzer
                      • 25.08.2010
                      • 678

                      #40
                      Hallo,

                      ich habe lange überlegt, ob ich hier schreiben soll. Es ist auch für mich (Mutter aus Ostpreußen, Vater aus Schlesien) ein sehr emotionales Thema. Meine "Unschuldslämmer" haben immer geschwiegen, aber Schweigen kann töten.

                      Es gibt in den USA einen Geschichtszweig, der sich "oral history" ("erzählte Geschichte") nennt. Er entstand in dem Bewußtsein, dass Zeugen von heute Quellen von morgen sind. Am bekanntesten ist dies vielleicht durch Steven Spielberg geworden, dessen "Shoa Foundation" tausende von Video-Interviews mit Holocaust-Überlebenden geführt hat, s. hier:

                      http://de.wikipedia.org/wiki/Shoah_Foundation.

                      Aber es gibt im ganzen Land Vereine, die sich auch die örtliche Geschichte erzählen lassen und in Heimatmuseen oder örtlichen Büchereien aufbewahren und jedem zugänglich machen.

                      Bei uns hat Walter Kempowski tausende private Dokumente (Tagebücher, Briefe, Fotos) gesammelt und teilweise literarisch verarbeitet. Sein Archiv wird heute in der Akademie der Künste in Berlin aufbewahrt, s. hier:



                      Ob es auch genutzt wird, ob Menschen damit arbeiten, das weiß ich nicht.

                      Ich halte es aber für nötig, gerade die Nachkriegserinnerungen, auch die aus der ehemaligen DDR, festzuhalten und auszuwerten. Das kann durch Volkshochschulen, Heimat- oder Geschichtsvereine geschehen. Die Menschen, die noch aus eigenem Erleben berichten können, sterben bald. Wie man das organisieren kann, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass schon viel an Zeugnissen verloren gegangen ist, auch, weil das Thema politisch immer unerwünscht war. Wer einmal bei einem Pfingsttreffen von Heimatvertriebenenverbänden war und die Reden mit anhören musste, kann das vielleicht verstehen. Richtig ist es nicht, denn die Mehrzahl derer, die durch die Nazis ihre Heimat verloren haben, war nirgendwo organisiert. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie man das organisieren kann, ich weiß nur, dass es nötig ist.

                      Liebe Grüße an Euch alle
                      Cornelia

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                      • eifeler
                        Erfahrener Benutzer
                        • 15.07.2011
                        • 1361

                        #41
                        @ Christian

                        Einziger Grund, keinen "Staub aufzuwirbeln" ist die Zensur der selbsternannten
                        "Politisch Korrekten".

                        Fakt ist, es hat diese Vertreibungen gegeben., das WARUM ist zuvörderst uninteressant.

                        Kommentar

                        • uwe-tbb
                          Erfahrener Benutzer
                          • 06.07.2010
                          • 2861

                          #42
                          Hallo Zusammen,

                          ich habe mich mit dem Thema schon intensiv auseinandergesetzt. Meine Familie ist ja selbst davon betroffen. Als freier Journalist habe ich 2007 auch einen größeren Bericht über dieses Thema geschrieben. Habe hierfür auch in meiner Heimatstadt recherchiert und im Stadtarchiv Einiges über die Schicksale von "einquartierten Flüchtlingen" gefunden. Die Einheimischen wollten die Vertriebenen oft - aus verständlichen Gründen - nicht aufnehmen. Die Einquartierung erfolgten mit Militärpolizei und mit deutschen Polizisten. Die Heimatvertriebenen hatten sich organisiert und sogar ein eigenes Büro im Rathaus. In vielen Städten und Gemeinden sind heute rund 30 - 50 Prozent der Einwohner Nachkommen von Heimatvertriebenen - also eine beachtliche Anzahl der Bundesbürger.

                          Viele Grüße

                          Uwe

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                          • Florek
                            Erfahrener Benutzer
                            • 24.10.2013
                            • 311

                            #43
                            Zitat von eifeler Beitrag anzeigen
                            Einziger Grund, keinen "Staub aufzuwirbeln" ist die Zensur der selbsternannten
                            "Politisch Korrekten".

                            Fakt ist, es hat diese Vertreibungen gegeben., das WARUM ist zuvörderst uninteressant.
                            Das Thema ist doch schon lange kein Tabuthema mehr, auch nicht bei unseren östlichen Nachbarländern. Spätestens seit der politischen Wende wird dieses Thema historisch-wissenschaftlich sehr genau untersucht und gesamtgesellschaftlich diskutiert. Manchmal arten die Streitereien zugegebenermaßen aus und es wird skuril, aber das sind meiner Meinung nach Ausnahmeerscheinungen die von Minderheitengruppen ausgelöst werden in einer ansonsten sehr sachlichen und versöhnlichen Debatte.

                            Kommentar

                            • Brigitte Bernstein
                              Erfahrener Benutzer
                              • 02.08.2010
                              • 615

                              #44
                              Hallo
                              Ich habe diese Beiträge sehr interessiert gelesen, aber ich glaube kaum, dass man die verschiedenen Kriegserlebnisse miteinander vergleichen kann. Ob die Erlebnisse der Menschen die die Bombennächte erleben mussten, ob die Vertriebenen die wirklich alles zurück lassen mussten und irgendwo landeten wo sie bei der dortigen Bevölkerung auch nicht gerade mit offenen Armen Empfangen wurden, da sie angeblich die Arbeit und das Essen weg nahmen, oder gar die Erlebnisse an der Front. Alles war gleichermaßen schrecklich. Mein Vater war bis zu seinem Tode vom Kriege gezeichnet. Ich möchte nicht wissen wie oft er in Albträumen oder im Fieber an das Grauen erinnert wurde. Meine Schwiegermutter musste Erleben wie Leipzig brannte . Zwei ihrer Schwestern kamen dabei ums leben. Auch sie muss sehr oft davon geträumt haben. Und meine Mutter so wie ihre Familie haben die Ausweisung erlebt. Was ich da schon an grausigen Erlebnissen gehört habe einfach schlimm. Natürlich sollte man dies alles nicht vergessen, es darf so etwas nie wieder passieren, aber man kann einfach nicht sagen, dass eine Sache schlimmer oder weniger schlimm war wie die Andere. Natürlich habe ich alle dieser Erlebnisse in meiner Chronik berücksichtigt, aber wie schlimm es wirklich war, kann natürlich nicht so rüber kommen, als wenn ich es selber erlebt hätte. Und ich bin da eigentlich sehr froh und dankbar dafür.
                              Brigitte
                              Zuletzt geändert von Brigitte Bernstein; 08.02.2014, 14:54.
                              Suche im Raum Trautenau, Parschnitz, Alt Rognitz, Deutsch Prausnitz, Bausnitz und Lampersdorf. Meine Namen Rasch, Staude, Reichelt, Letzel,

                              Kommentar

                              • Acanthurus
                                Erfahrener Benutzer
                                • 06.06.2013
                                • 1658

                                #45
                                Zitat von eifeler Beitrag anzeigen
                                Einziger Grund, keinen "Staub aufzuwirbeln"ist die Zensur der selbsternannten Politisch Korrekten".

                                Fakt ist, es hat diese Vertreibungen gegeben., das WARUM ist zuvörderst uninteressant.
                                Immerhin ist es dir gelungen, ein mehr als zwei Jahre inaktives Thema aufzuwirbeln, um hier ein bisschen Weltanschauung loszuwerden.

                                "Zensur" sagst du also. Die Vertreibung aus den Ostgebieten und die damit einhergehenden Verbrechen werden sind ein gut dokumentierter und in der Öffentlichkeit bekannter Teil der Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Nur Leute, die andere als "politisch Korrekte" einordnen (und sich selbst wohl als irgendwas anderes ...), bestreiten dies und blenden die Vorgeschichte aus.

                                Acanthurus

                                Kommentar

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