Film "In die Sonne schauen" - gibt es Beweise für Zwangssterilisation bei Mägden?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1074

    Film "In die Sonne schauen" - gibt es Beweise für Zwangssterilisation bei Mägden?

    Liebe Mitforscher, ich habe den Film "In die Sonne schauen" eben im Kino gesehen, er berichtet über das Leben auf einem Vierseithof in der Altmark über 4 Generationen und stößt auf sehr verschiedene Reaktionen beim Publikum, von großer Begeisterung bis angeekelter Ablehnung. Transgenerationale Traumata sind das Thema hinter den teilweise erschreckenden Bildern.

    Es wird im Film vermittelt, dass mit den Mägden "was gemacht wurde", damit sie nicht schwanger wurden. Dies soll auf Erzählungen alter Dorfbewohner beruhen und wird im Film als eine Zwangssterilisation durch den Dienstherren dargestellt (damit die Magd den Knechten zur Verfügung stehen kann).

    Mit ist das in aller Literatur und Quellenstudium noch nicht begegnet. Wisst Ihr etwas darüber? Oder ist das schlicht eine "Ente"?

    Beste Grüße Iris
    Beste Grüße, Iris
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7504

    #2
    Hallo Iris,

    ich vermute mal ganz böse, das ist eine derjenigen Legenden, die heutzutage so gestrickt werden, weil es gerade en vogue ist. Wie dieses nicht enden wollende Märchen von den ach so armen und geknechteten Bauern, was in seiner dumm-pauschalen Art ebenso unzutreffend wie nervtötend ist.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Daten sortiert, formatiert und gespeichert!

    Kommentar

    • scheuck
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2011
      • 5233

      #3
      Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen

      Es wird im Film vermittelt, dass mit den Mägden "was gemacht wurde", damit sie nicht schwanger wurden. Dies soll auf Erzählungen alter Dorfbewohner beruhen und wird im Film als eine Zwangssterilisation durch den Dienstherren dargestellt (damit die Magd den Knechten zur Verfügung stehen kann).

      Mit ist das in aller Literatur und Quellenstudium noch nicht begegnet. Wisst Ihr etwas darüber? Oder ist das schlicht eine "Ente"?

      Beste Grüße Iris
      Hallo Iris,

      erfährt man etwas darüber, um welche Zeit es diese Zwangssterilisationen gegeben haben soll und vor allen Dingen, auf welche Weise man die Mägde zwingen konnte? - Ich stimme consanguineus zu; vorstellen kann ich es mir auch nicht, und ich habe zu diesem Thema im Inet bislang auch nur den Hinweis auf jenen Film gefunden.

      Beste Grüße,
      Scheuck
      Herzliche Grüße
      Scheuck

      Kommentar

      • Michael Häckl
        Erfahrener Benutzer
        • 30.08.2018
        • 240

        #4
        Ich denke nicht, dass es dies gab.
        Meine Urgroßmutter war Magd in Böhmen, sie wurde schwanger mit meinem Opa. Das hat nur die eigene Familie interessiert. Den Bauern vermutlich nicht, vielleicht hat man sie rausgeschmisssen.
        Von ihr ist mir nur folgendes bekannt:
        geb. 1885 als 7. und letztes Kind des Maurers Josef Häckl in Pröhlig,
        gest. 1942 an Krebs in einem Kurort (Teplitz)
        Sie hatte mehrere Wohnorte und somit Arbeitgeber (Bauern) als Magd nordwestlich von Saaz
        der Vater ihres Kindes ist unbekannt
        sie gab ihr einziges Kind (meinen Opa) ihren Bruder und seine Frau, die keine Kinder bekommen konnten, da sie weiter als Magd arbeiten musste
        sie musste sich einige Monaten um meinen Vater kümmern, als mein Opa als Soldat in Nordafrika war und seine Frau (eine Tschechin) ohne ihr Kind geflüchtet ist
        Das Leben war sehr hart für Mägde

        Kommentar

        • sonki
          Erfahrener Benutzer
          • 10.05.2018
          • 5724

          #5
          Wenn man ein Interview mit der Regisseurin liest, kommt die Frage ebenfalls auf:

          Was die Sterilisation angeht, haben wir Kindheitserinnerungen gefunden, wo davon die Rede war, dass die Magd so gemacht wurde, dass sie keine Kinder kriegen konnte. Um für die Männer ungefährlich zu sein.
          Das klingt natürlich nicht nach Massensterilisation die gang und gäbe war (behauptet das der Film überhaupt?) und beruht also auf Kindheitserinnerungen...im Zweifel war das im Film halt nur ein zusätzliches dramaturgisches Mittel...da muss man vermutlich nicht irgendwas großartiges reindichten...

          Allein die Masse an unehelichen Kindern von ledigen jungen Mägden spricht ja eher für Einmzelfälle...

          P.S. Selbst in Film-Review in eher linken Medien wird z.T. auch geschrieben das es keine Massensterisilation gab..."en vogue" ist das nicht.
          Zuletzt geändert von sonki; 18.09.2025, 12:28.
          ¯\_(ツ)_/¯

          Kommentar

          • ururenkel
            Erfahrener Benutzer
            • 19.02.2024
            • 118

            #6
            Jungius (1587-1657) erwähnt dazu in Politica die Herzogin von Pommern-Wolgast.
            Diese hatte "Bauerndirnen die ihr von leib kurtz, schwarz und ungestalt" erschienen verschneiden lassen, "wie man die Sewe verschneidet. Wie aber die meisten davon starben, hielt sie damit hernegst ein, die da lebendig blieben, worden gar fett, sie that es darumb, damit allein die langen, starken frischen Bauerndirn Kinder trügen und also eine starcke menliche Baurschaft bekehme."

            Kommentar

            • Bienenkönigin
              Erfahrener Benutzer
              • 09.04.2019
              • 1881

              #7
              Wie Iris hatte ich nach dem Schauen des Films die gleiche Frage im Kopf. Auch ich hatte davon noch nie gehört. Das dürfte rechtlich kaum möglich gewesen sein um 1910 denke ich.
              Da auch Abtreibungen strafbar waren, hat der Bauer wohl auch kaum dafür Geld gezahlt. Ansonsten hätte er vielleicht im Zuge des Eingriffs gleich darum bitten können, zukünftige Schwangerschaften zu verhindern.
              Also wahrscheinlich doch eher künstlerische Freiheit...

              Was ururenkel da schreibt, liest sich weit grusliger. Ist ja auch sozusagen in dunkler Vergangenheit geschehen.
              Meine Forschungsregionen: Bayern (Allgäu, München, Pfaffenwinkel, Franken, Oberpfalz), Baden-Württemberg, Böhmen, Südmähren, Österreich

              Kommentar

              • Geschichtensucher
                Erfahrener Benutzer
                • 03.09.2021
                • 1074

                #8
                Danke für Eure Meinungen. Ich denke auch, da haben die Filmemacherinnen unbedacht etwas in die Welt gesetzt, was historisch nicht haltbar ist. Auch wenn ich den Film insgesamt ansehenswert und verdienstvoll finde, ist dieser Fehler schon ärgerlich. Es könnte sich jetzt als Fakt in den Köpfen festsetzen (wie es mit dem Recht der ersten Nacht geschah, dass mein Geschichtslehrer im Unterricht laientheaterhaft vorspielte : "und so wankte manch eine arme Bauerntochter mit bleichem Gesicht und blutigem Kleid im Morgengrauen die Treppe des Gutshauses hinunter..."
                Beste Grüße, Iris

                Kommentar

                • scheuck
                  Erfahrener Benutzer
                  • 23.10.2011
                  • 5233

                  #9
                  Da stimme ich zu, Iris!
                  Allerdings, etwas unbedacht in die Welt zu setzen, ist nie eine gute Idee. Das in einem Film zu tun, ist eine noch schlechtere Idee und für mich nicht nur eigentlich ein No-Go.
                  Herzliche Grüße
                  Scheuck

                  Kommentar

                  • robe71
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.11.2019
                    • 102

                    #10
                    Der reife Mensch wird zu unterscheiden wissen, was künstlerische Freiheit ist und was nicht. In meiner Schule und meinem Umfeld konnte ich stets lernen, das ein Roman, ein Film oder was auch immer nicht für bare Münze zu nehmen sind.

                    Kommentar

                    • Geschichtensucher
                      Erfahrener Benutzer
                      • 03.09.2021
                      • 1074

                      #11
                      Ich gratuliere zu soviel Reife, Robe 71! Du bist mir ein Vorbild
                      Beste Grüße, Iris

                      Kommentar

                      • robe71
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.11.2019
                        • 102

                        #12
                        Gerne

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X