Interessanter KB-Eintrag 1638 im ländlichen Sachsen, hebräische Zeile und wilder Pfarrer-Name

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1053

    Interessanter KB-Eintrag 1638 im ländlichen Sachsen, hebräische Zeile und wilder Pfarrer-Name

    Liebe Geschichtskenner, im KB von Steinbach, einer kleinen Gemeinde bei Lausick/heute Leipziger Land, fielen mir die beigefügten Eintragungen von 1638 auf. Ich habe noch nie eine hebräische (?) Eintragung in den evangelischen KB gesehen, und auch den Namen des Pfarrers fand ich ungewöhnlich, insgesamt fiel die Sache aus dem Rahmen.
    Für diejenigen, die sich für so etwas interessieren:

    Der Pfarrer nennt sich Samuel Christopheri? Latzkovig(?) Pottvora Bohem? und tritt mit diesem Eintrag sein Amt an. Das Pfarrerbuch Sachsen nennt ihn Latzschkow, Variante Latzko, und vermerkt sein Studium in Leipzig. Er selbst erweitert seinen Namen durch "pottvora bohem.." Potvora übersetzt G*gle mit Nettigkeiten wie "Bestie" bis "Miststück". Böhmisches Miststück? Hat da jemand Humor? Oder kann das wirklich ein tschechisch/böhmischer Name sein?

    Kann jemand etwas zu der hebräischen Zeile sagen? Und die lateinische Floskel übersetzen?

    Auf der 2. Seite vermerkt er seine eigene Eheschließung ohne Angaben von Eltern. Dafür gibt er sich und seiner Angetrauten blumige Adjektive wie ehrbar und tugendsam. Sei ihm gegönnt

    LG Iris

    Bilder folgen
    Beste Grüße, Iris
  • Geschichtensucher
    Erfahrener Benutzer
    • 03.09.2021
    • 1053

    #2
    Seite 2, Seite 1
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von Geschichtensucher; 18.01.2025, 16:31.
    Beste Grüße, Iris

    Kommentar

    • sonki
      Erfahrener Benutzer
      • 10.05.2018
      • 5600

      #3
      Pottvora Bohem sollte der Herkunftsort sein, also Potvorov in Böhmen.
      Siehe auch google books: https://books.google.de/books?id=hqcsAQAAIAAJ&q=Pottvora+Bohem&dq=Pottvora +Bohem&hl=de&newbks=1&newbks_redir=0&sa=X&ved=2ahU KEwj62OGiwf-KAxUExgIHHbkXOMUQ6AF6BAgGEAI

      P.S. - OCR-Übersetzer sagen das der hebräische Text in etwa sowas bedeutet wie:
      English: God at the crossroads of our lives.
      German: Gott an den Wegkreuzungen unseres Lebens.
      Aber das sollte jemand mit echten Kenntnissen der Sprache mal gegenprüfen.
      Ansonsten war hebräisch vermutlich früher Teil der theologischen Ausbildung.

      P.S. II: Hier in den Uni.Matrikeln von Leipzig: https://digital.ub.uni-duesseldorf.d...geview/8781402
      Zuletzt geändert von sonki; 18.01.2025, 17:14.
      ¯\_(ツ)_/¯

      Kommentar

      • Gastonian
        Moderator
        • 20.09.2021
        • 5432

        #4
        Hallo Iris:

        Er nennt sich Samuel Christophorus Latzkovius - das Ding am Wortende, das wie ein "g" aussieht, ist das übliche Schreiberkürzel für die lateinische Endung -us. Also hat er einfach seinen böhmischen Nachnamen Latzko mit dem Zusatz -vius latinisiert - sehr üblich unter den damaligen Gelehrten.

        Und der OCR-Uebersetzer hat da wohl Probleme mit dem Hebräischen. Das Zitat kommt, wie Latzkovius schon vermerkt, aus Psalm 54 Vers 3, welches hier (https://www.bibleserver.com/EU/Psalm54%2C9) als "Gott, durch deinen Namen rette mich" übersetzt wird (vergleiche auch in der englischen Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/Psalm_54, wo das Englische dem hebräischen Original gegenübergestellt wird).

        VG

        --Carl-Henry
        Wohnort USA - zur Zeit auf Archivreise in Deutschland

        Kommentar

        • Geschichtensucher
          Erfahrener Benutzer
          • 03.09.2021
          • 1053

          #5
          Ich wusste doch, dass Ihr schlau seid! Ja das macht nun alles Sinn. Danke auch für die Aufklärung über das komische "g". Dankeschön
          Beste Grüße, Iris

          Kommentar

          • hessischesteirerin
            Erfahrener Benutzer
            • 08.06.2019
            • 1616

            #6
            Zitat von sonki Beitrag anzeigen
            Ansonsten war hebräisch vermutlich früher Teil der theologischen Ausbildung.
            [/url]
            selbst wenn es so wäre, ist es ein sehr ungewöhnlicher Eintrag, es war Standard, Latein zu nutzen, wenn andere Menschen (der Amtschreiber etc) nicht wissen sollten, was gemeint war. war meistens bei "peinlichen Sachen" der Fall. Hebräisch ist mir persönlich noch nie unter gekommen. Noch Konvertierungen zum Judentum bzw zum Christentum

            Kommentar

            • eifeler
              Erfahrener Benutzer
              • 15.07.2011
              • 1356

              #7
              Guten Morgen in die Runde,

              @ sonki,
              das "Hebraikum" ist auch heute noch Voraussetzung im Studium der Evangelischen Theologie:

              "Für den Studiengang Evangelische Theologie ist der Erwerb des Hebraicums notwendig. Die Kenntnisse im Hebräischen können an der Theologischen Fakultät studienbegleitend im Rahmen eines einsemestrigen Kurses oder als Feriensprachkurs erworben werden."

              (Christian-Albrechts-Universität Kiel)

              Ich vermute, dass der hebräische Spruch nichts mit einer "Konvertierung vom Juden- zum Christentum" zu tun hat, sondern schlicht der Bibel-/Psalmvers des Tages war.

              Gruß
              Der Eifeler
              Zuletzt geändert von eifeler; 23.01.2025, 12:22.

              Kommentar

              Lädt...
              X