Traueintrag 1644 "der Müllerin Tochter"?

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1763

    Traueintrag 1644 "der Müllerin Tochter"?

    Hallo in die Runde,

    wie würdet ihr diesen Traueintrag aus Langenau (oberfranken/Nordbayern) interpretieren? Als Herkunft der Barbara heißt es "der Müllerin Tochter"!

    Der Vater der Braut muss vor 1627 (Beginn der KB) gestorben sein. Die Witwe ist offensichtlich keine neue Ehe eingegangen, obwohl sie zwei kleine Töchter hatte. Aber eine Frau zur damaligen Zeit war doch nicht geschäftsfähig? Wie konnte sie es managen, fast 20 Jahre lang die Mühle am Laufen zu halten und als Müllerin anerkannt zu werden???
    Erst bei der Hochzeit der zweiten Tochter, Eva, im Jahr 1644 wird der Vater genannt:
    "Eva Ruppin, w. Hannsen Ruppen, gewesenen Müllers in der Thettau seel. hinterbliebenen eheleiblichen Tochter"
    Sie führt mit ihrem Ehemann Hans Stauch die Mühle weiter.

    Zunächst dachte ich, da könnte der Hans Stauch auf der Mühle angestellt gewesen sein und darauf gewartet haben, dass eine Tochter ins heiratsfähige Alter kam. Aber die Braut war bei der Trauung bereits 26 Jahre alt, der Bräutigam 31. Da hätten sie doch leicht viel früher heiraten können.

    Danke für euer Mitdenken!
    Jettchen

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  • MartinM
    Erfahrener Benutzer
    • 10.04.2008
    • 553

    #2
    Hallo Jettchen,

    ich sehe generell drei Möglichkeiten, es gibt sicher noch mehr:
    1. Der Müller ist später gestorben, die Sterbebücher sind unvollständig.
    2. Der Müller ist auswärts verstorben.
    3. Ein anderer Müllergesell hat die Mühle zwischenzeitlich betrieben.

    Viele Grüße
    MartinM

    Kommentar

    • Gastonian
      Moderator
      • 20.09.2021
      • 5450

      #3
      Hallo Jettchen:

      Anscheinend war es tatsächlich im 17. Jahrhundert möglich für eine Witwe, eine Mühle weiterzuführen. Unter meinen Vorfahren habe ich auch eine "Müllersche", die seit mindestens 1664 Witwe war und bis mindestens 1680 als Müllerin die Bottendorfer Mühle bei Frankenberg (Eder) weiterbetrieb und als solche in den Kirchenbüchern erschien; erst 1680 wurde ihr Sohn, der schon seit mindestens 1672 verheiratet war, als Bottendorfer Müller bezeichnet (die Mühle wurde jeweils auf 8 Jahre verpachtet; die Amtsrechnungen sind nicht vollständig erhalten, aber es ist offensichtlich, daß die Pacht 1672 an die Witwe und nicht an den Sohn ging).

      VG

      --Carl-Henry
      Wohnort USA - zur Zeit auf Archivreise in Deutschland

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      • Anna Sara Weingart
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2012
        • 16899

        #4
        Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen
        ... Zeit war doch nicht geschäftsfähig?
        Hallo, die These halte ich für ein Klischee.
        Es kam weniger auf Geschlecht, sondern vielmehr auf Macht, Geld u. Bildung an, so wie heute.
        So eine Müllerin hat ja Angestellte (Knechte) gehabt.
        Und warum soll die "reiche" Müllerstochter so bald einen jungen armen Müllersgesellen heiraten?

        Der Hinweis auf nur zwei Kinder, die die Witwe zu versorgen hatte, zeigt, dass ihre Ausgaben eher gering waren.
        Umso mehr kein Ehemann das Geld versaufen konnte.
        Viele Grüße

        Kommentar

        • Jettchen
          Erfahrener Benutzer
          • 16.10.2011
          • 1763

          #5
          Vielen Dank an euch Alle!

          Das sind interessante Gedanken. Insbesondere die Tatsache, dass es bei Carl Henry denselben Fall im 17. Jh. gab, finde ich sehr hilfreich. Ich denke, solche Frauen mussten zur damaligen Zeit sehr starke Frauen gewesen sein, die es schafften, sich gegen die Männerwelt durchzusetzen.
          Den wohl wichtigen Aspekt, dass sie wohlhabend gewesen sein müssen, hatte ich bisher nicht beachtet.
          Da habe ich einiges in meinen Text einzuarbeiten!

          Eine gutes Adventswochenende wünscht euch
          Jettchen
          Zuletzt geändert von Jettchen; 30.11.2024, 01:48.

          Kommentar

          • Anna Sara Weingart
            Erfahrener Benutzer
            • 23.10.2012
            • 16899

            #6
            Insbesondere seit dem 16. Jht in evangelischen Gebieten meist eine Schulpflicht auch für Mädchen bestand (denn sie sollten ja die deutsche Bibel lesen können), die also daher meist Lesen und Schreiben konnten. Ohne das, wäre es natürlich schwierig Quittungen u. Rechnungen zu handhaben u. mit den Behörden zu kommunizieren.
            Viele Grüße

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