Leibeigenschaft

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5959

    Leibeigenschaft

    Liebe Forenkollegen,

    mir ist aus gegebenem Anlaß heute danach, zum Thema "Leibeigenschaft" einen eigenen Thread aufzumachen. Das Thema ist so vielfältig, auch weil Deutschland aus so vielen souveränen Staaten bestand, in denen die Leibeigenschaft auf ganz verschiedene Weise gesehen wurde, zumal es ja auch einige Abstufungen gab. So wurde denn auch die Leibeigenschaft in manchen Staaten sehr früh abgeschafft, in anderen konnte sie sich lange halten.

    Ich bin kein Historiker und würde mich daher freuen, wenn der eine oder andere, der sich mit dem Thema besser auskennt, dazu beitragen könnte, die verschiedenen Facetten auszuleuchten. Wikipedia ist nicht unbedingt eine zuverlässige Quelle.

    Beginnen möchte ich mit einer Frage, die mich schon länger bewegt. Angenommen, ein Mann aus einem Land, in dem die Leibeigenschaft bereits abgeschafft wurde, heiratet um 1700 eine Frau aus einem benachbarten Territorium, in dem die Leibeigenschaft noch existiert. Er zieht in den Herkunftsort seiner Frau, weil diese dort Hoferbin ist. Wird der Mann damit automatisch leibeigen? Was ist mit den gemeinsamen Kindern? Ich denke, so plakativ und einfach wie ich es darstelle, wird es wohl nicht gewesen sein. Man findet aber so gut wie keine zeitgenössischen Quellen, in denen solche Fälle thematisiert werden.

    Vielen Dank für Euren Input und viele Grüße
    consanguineus
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561
  • sternap
    Erfahrener Benutzer
    • 24.04.2011
    • 4070

    #2
    da antworte ich mit anekdoten, entnommen büchern über donauschwaben, unter anderem dem buch, jurg, apatin, 1940, eigenverlag.


    die österreichische krone wollte ihre untertanen vermehren, um nach den türkeneinfällen das so gut wie menschenleere ungarland zu besiedeln.
    daher schickte man werber aus, zum beispiel in vorderösterreich, und ließ dort vorteile versprechen, wenn jemand sich für das leben in der fremde entscheide, zuallererst, die freilassung aus der aktuellen leibeigenschaft.


    in der geschichte des rattenfängers von hameln erzählt man uns über das entsetzen der verbliebenen bevölkerung, als sie den fortzug der zweit- und drittgeborenen entdeckte.
    die auswanderer wiederum hatten keine ahnung von den beschwernissen der reise. ab ulm musste man spätestens in eines der flachen schiffe umsteigen. geschlafen wurde auf dem wasser in der strommitte. das war so angsteinflößend, dass grundherren an den anlegenstellen um die warben, denen es bereits zuviel abenteuer war. die bedingungen der neuen leibeigenschaft entsprachen jeweils den am ort gültigen.
    adieu neuerkaufte freiheit, allein schon für die befreiung von der seekrankheit!



    bei grein, in st. nikola an der donau, gab es mitten im fluss einen besonders schrecklichen felsen. manche schiffe zerschellten daran, allein bei einem mal starben an die dreihundert auswanderer.
    nach der schlimmen gefahrenstelle waren die grundherren, das konnten auch klöster sein, mit dem anwerben leichter erfolgreich. deshalb findet man als ahnenforscher in dem teil niederösterreichs gar nicht so selten, scheinbar grundlos, ehemals deutsche untertanen.


    wer beispielsweise bis apatin im heutigen serbien tapfer blieb, wurde wie versprochen untertan der kamerale, hieß kameraluntertan, und unterstand ab da nur mehr der wiener hofkammer, wenn er nicht in eines der banater dörfer wechselte, die von herren für leibeigene gegründet waren.
    Zuletzt geändert von sternap; 05.11.2023, 16:21.
    freundliche grüße
    sternap
    ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
    wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




    Kommentar

    • Posamentierer
      Erfahrener Benutzer
      • 07.03.2015
      • 1067

      #3
      Hallo Consanguineus,

      spannende Frage. Ich hatte mir mal Folgendes notiert:

      Leibeigene brauchten die Erlaubnis des Grundherren, um heiraten zu können, was dieser sich teuer bezahlen ließ. Kinder von Leibeigenen waren ebenfalls Leibeigene und mussten ihre Arbeit dem Grundherrn anbieten. Wurde eine ledige Leibeigene schwanger, so konnte der Grundherr Schadenersatz vom Schwängerer verlangen. Wer als Freier einen Leibeigenen heiratete, wurde seinerseits leibeigen „Trittst du mein Huhn, so wirst du mein Hahn.“ Fremde oder Uneheliche, die sich ein Jahr und einen Tag auf dem Land eines Grundherrn aufhielten, wurden leibeigen (daher der Ausdruck Wildfang).
      Lieben Gruß
      Posamentierer

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