Einfach das annehmen, was wahrecheinlich ist, oder die Linie beenden?

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  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 7328

    Einfach das annehmen, was wahrecheinlich ist, oder die Linie beenden?

    Hallo zusammen!

    Ich brauche Eure Einschätzung. Kurze Beschreibung des Falles:

    Anna Margaretha Bötel heiratet am 05.07.1729 ihren sehr, sehr weitläufigen Vetter Hans Bötel ("Hans Bötel, Carsten Bötels aus Wackersleben Sohn hat sich den 5ten Julij mit Annen Margarethen Bötels Hans Bötels Ackerman(n)s alhier eheleib(licher). Tochter ehelich trauen laßen."). Wir wissen also, daß Anna Margarethas Vater Hans hieß und Ackermann war.

    Anna Margaretha Bötel wird am 18.12.1785 begraben ("Hans Böthels des Ackermans alhie nachgelaßene Wittwe ist den 18ten Dec(embris): im 78. Jahre ihres Alters begraben worden derselben Kranckheit war ein starker Schlagfluß."). Ihr Geburtsjahr läßt sich also auf 1708 berechnen.

    Das Dumme ist nur, daß um 1708 keine Anna Margaretha Bötel im Dorf geboren wird. Die 1785 gestorbene Witwe ist ohne Zweifel dieselbe Frau, die 1729 geheiratet hat. Hans Bötel war nur einmal verheiratet, und zwar mit Anna Margaretha. Allerdings wird 1722 "Anna Margreta Bötels" konfirmiert. Sie dürfte also rechnerisch um 1707/09 geboren sein. Der Vater wird leider im Konfirmationseintrag nicht angegeben.

    Einen Ackermann Hans Bötel hat es bis zur Einheirat von Hans 1729 im Dorf ohnehin nicht gegeben. Stattdessen gab es einen Ackermann Anthon Joachim Bötel, der am 24.05.1708 in den Wedemeier'schen Hof einheiratet und 1716 einen Sohn Hans Hinrich taufen läßt. Es ist die einzige überlieferte Taufe eines Kindes von Anthon Joachim Bötel. Hans Hinrich stirbt bereits im folgenden Jahr.

    Nach den Regeln der Vernunft sollte der Fall klar sein: Anthon Joachim Bötel heiratet 1708. Seine Frau bekommt wohl Anfang 1709 eine Tochte Anna Margaretha, die 1722 konfirmiert wird. Anna Margaretha wird, nämlich weil ihr einziger Bruder Hans Hinrich früh verstirbt, Hoferbin und heiratet Hans Bötel, als dessen Witwe sie im 77. Lebensjahr das Zeitliche segnet. So könnte ich es in den Stammbaum eintragen, stünde da nicht in Anna Margarethas Traueintrag, daß ihr Vater Hans hieß...

    Witzigerweise heiratete Anthon Joachims nächstjüngerer Bruder Hinrich eine richtige Cousine von Anna Margaretha. Und auch in diesem Traueintrag (in einem anderen Dorf allerdings) machte der Pastor aus Hinrich einen Hans! Ob es daran liegt, daß Anthon Joachims und Hinrichs Vater Hans hieß?

    Was würdet Ihr an meiner Stelle tun?

    Viele Grüße
    consanguineus
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  • Gastonian
    Moderator
    • 20.09.2021
    • 5346

    #2
    Hallo consanguineus:

    Wie frustrierend! Und da der Anthon keine andere überlebende Kinder hatte, werden Patenschaftsanzeigen wohl auch nichts bringen.

    Was hier zu tun ist, ist Geschmackssache. Da ich jetzt daran bin, Kirchenbücher systematisch für ein OFB zu erfaßen, bin ich mir bewußt, wie viele Fehler Pfarrer selbst im 19. Jahrhundert machten. Dennoch habe ich für meinen eigenen Stammbaum den Grundsatz, daß ohne ausdrücklichen Verweis auf klar identifizierbare Eltern (oder zumindest Vater) die Linie beendet wird - ich würde also die Linie hier enden, da der Anthon zwar sehr wahrscheinlich, aber dennoch nur Hypothese und nicht klar belegt ist. Aber wie gesagt, das ist Geschmackssache (und auch der Grund, wieso ich bei etwa 370 Vorfahren steckenbleibe).

    VG

    --Carl-Henry
    Wohnort USA

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    • consanguineus
      Erfahrener Benutzer
      • 15.05.2018
      • 7328

      #3
      Hallo Carl-Henry,

      wenn ich nachweisen könnte, daß Hans Bötel denselben Ackerhof bewirtschaftete wie Anthon Joachim Bötel, dann wäre die Angelegenheit nach menschlichem Ermessen ziemlich wasserdicht. Wie sollte er an diesen Hof gekommen sein, außer durch Heirat der Tochter des Vorbesitzers? Eine andere vernünftige Möglichkeit gibt es nicht. Man müßte sich "halt nur mal" einen Überblick über die Besitzfolgen der einzelnen Ackerhöfe im Dorf im 17. und 18. Jahrhundert verschaffen.

      Viele Grüße
      consanguineus
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      • Gastonian
        Moderator
        • 20.09.2021
        • 5346

        #4
        Genau - wollte gerade nachtragen: es sei denn, es gäbe irgendwas in den Grund- oder Gerichtsbüchern zu diesem Hof und der Besitzfolge.


        VG


        --Carl-Henry
        Wohnort USA

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        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 7328

          #5
          Es sind nur sechs Ackerhöfe. Zwei von ihen befinden sich noch immer in Händen der Familien, die schon 1678 darauf saßen. Es sollte also vom Aufwand her machbar sein, etwas herauszufinden, was Klarheit bringt.
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          • consanguineus
            Erfahrener Benutzer
            • 15.05.2018
            • 7328

            #6
            Zitat von Gastonian Beitrag anzeigen
            ... werden Patenschaftsanzeigen wohl auch nichts bringen.
            Doch, die könnten sehr wohl etwas bringen! Möglicherweise wird Anna Margaretha irgendwann vor ihrer Hochzeit in ihrem Wohnort oder in der Nachbarschaft als Patin erwähnt, unter Angabe ihres Vaters. Der abzusuchende Zeitraum (1722 - 1729) ist überschaubar. Die Wedemeyer, also die Familie ihrer Mutter (falls meine Annahme, Anna Margaretha sei Anthon Joachims Tochter zutrifft) waren in ihrem Ort eine alteingesessene und sehr angesehene Familie, so wie die Familie Anthon Joachims im Nachbarort. Ich vermute also, daß man Anna Margaretha wiederholt unter den Paten finden wird.

            Vielleicht, aber das ist für diese Ecke recht unwahrscheinlich, sind auch Eheberedungen überliefert. Dann wäre die Katze endgültig im Sack. Ist sie ja eigentlich jetzt schon; man muß den Sack nur zubinden.

            Ich hatte gelegentlich den Fall, daß jemand, der sonst xyz mit Vornamen hieß, in einem Eintrag abc genannt wurde, also einen vollkommen anderen Vornamen erhielt. Das konnte ein Kirchenbucheintrag in einem ganz anderen Ort sein, wo man den Mann nicht gut kannte, aber auch in seinem Heimatort. Bin ich solchen Fällen nachgegangen, so stellte sich regelmäßig heraus, daß der falsche Vorname derjenige des Vaters war. Möglicherweise redete man manche Männer, warum auch immer, vielleicht der besseren Unterscheidbarkeit zu gleichnamigen Männern wegen, im Alltag mit dem Namen des Vaters an? Das habe ich auch in der Gegenwart schon erlebt. Es ist denkbar, daß auch im vorliegenden Falle dem Kirchenbuchführer der richtige Vorname Anthon Joachim gar nicht in den Sinn kam, als die Tochter desjenigen Mannes heiratete, den man im täglichen Leben Hans nannte. Ich versuche nur herauszufinden, was im vorliegenden Fall schiefgegangen ist.

            Viele Grüße
            consanguineus
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            • Sbriglione
              Erfahrener Benutzer
              • 16.10.2004
              • 1493

              #7
              Hallo Consanguineus,

              Deine Überlegungen und auch das, was Du zur Verifizierung versuchen willst, klingen für mich absolut nachvollziehbar und gut.
              Ich würde an Deiner Stelle tatsächlich überprüfen, was zu überprüfen ist und ansonsten die Linie mit einem entsprechenden Hinweis auf die Unsicherheit "unter Vorbehalt" weiterführen.

              Ich selbst habe das in einigen Fällen so gemacht (u.a. habe ich einen Fall, wo ich vermute, dass eine meiner Vorfahrinnen die Tochter eines bestimmten Pfarrers sei, weil die Bezugsorte stimmten, es Patenbeziehungen gab und der Name in den umliegenden Orten sonst überhaupt nicht vorkommt - dummerweise steht im Sterbeeintrag meiner Vorfahrin noch nicht einmal deren Sterbealter!). In meinem Fall könnte ich mir vorstellen, dass die Tochter entweder auf einer gemeinsamen Reise der Kindseltern geboren wurde oder dass die Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist, weil sie da nicht mehr die Jüngste war: zum Tod der Mutter gibt es einen Sterbeeintrag, aus dem hervorgeht, dass der Pfarrer von deren Tod sehr getroffen wurde, was das Vergessen eines Taufeintrages für das für den Tod ursächliche Kind psychologisch verständlich machen würde.

              In mehreren anderen Fällen habe ich falsche Vornamensangaben in Heiratseinträgen, die durchgehend darauf hinaus liefen, dass der Pfarrer versehentlich den Namen des Vaters des Bräutigams an Stelle des Bräutigamsnamens eingesetzt hatte.
              Selbst, dass ein Kind eigentlich anders hieß, als in den Taufeintrag geschrieben, habe ich schon erlebt (in dem Fall zum Glück eindeutig über die Lebensdaten zu erkennen)...

              Viele Grüße
              Giacomo
              Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
              - rund um den Harz
              - im Thüringer Wald
              - im südlichen Sachsen-Anhalt
              - in Ostwestfalen
              - in der Main-Spessart-Region
              - im Württembergischen Amt Balingen
              - auf Sizilien
              - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
              - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 7328

                #8
                Zitat von Gastonian Beitrag anzeigen
                Und da der Anthon keine andere überlebende Kinder hatte, werden Patenschaftsanzeigen wohl auch nichts bringen.
                Doch, es gab ja den 1716 geborenen und im darauffolgenden Jahr verstorbenen Sohn Hans Hinrich. Dessen Paten sind aber allesamt von Vater Anthon Joachims Seite: Hans Schrader, der Ehemann von Anthon Joachims Halbschwester, dann Heinrich Julius Wöhler, also irgendjemand aus der Familie von Anthon Joachims Stiefmutter Catharina Wöhler, und zuletzt die Ehefrau seines Bruders Hinrich, "no(m)i(n)e [Lücke]", von der ich aber weiß, daß sie Elisabeth hieß. Also nichts, was irgendwie erhellend wäre.

                Andersherum gefragt: nach wem könnte Anna Margaretha benannt sein? Anna hieß Anthon Joachims ältere Schwester, aber auch seine Frau. Margaretha war der Name von Anthon Joachims Mutter. Da es, entgegen der Aussage in Anna Margarethas Traueintrag, keinen Ackermann Hans Bötel im Ort gab, kann ich dessen Familie natürlich nicht daraufhin überprüfen, ob da Annas oder Margarethas vorkamen.

                Viele Grüße
                consanguineus
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