Für unehelich erklärt - Schutz vor der Gaskammer?

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  • Herbstkind93
    Erfahrener Benutzer
    • 29.09.2013
    • 1995

    Für unehelich erklärt - Schutz vor der Gaskammer?

    Hallo allerseits,
    ich bin zufällig auf einen interessanten Fall gestoßen:
    Margarete Pauline Samuel wurde 1883 in Berlin geboren.
    Als Tochter von Julius Samuel und Helene Koppel.
    Die Eltern waren Juden.
    1907 heiratete sie den Nichtjuden Horst Knospe.
    1910 ließ sie sich evangelisch taufen.
    1915 Scheidung, 1917 zweite Eheschließung mit Nichtjuden, 1921 erneut Scheidung.
    Ob sie danach noch einen weiteren Nichtjuden heirate und dadurch in der Nazizeit geschützt war, weiß ich nicht.

    Auf jeden Fall findet sich auf ihrer Geburtsurkunde der Vermerk: "Durch Urteil des Landgerichts Berlin am 4. Februar 1942 (213 R 3/42), das am gleichen Tage die Rechtskraft erlangt hat, ist das nebenbezeichnete Kind für unehelich erklärt worden".

    Wurde sie dadurch gerichtlich zur Halbjüdin erklärt und damit vor der Deportation bewahrt? Weiß jemand wie da die Rechtslage war? Wie konnte man nach so langer Zeit für unehelich erklärt werden? Musste sich dann auch der "wahre" Erzeuger zur Vaterschaft bekennen?

    Auffällig ist das auf ihrer Geburtsurkunde bereits der Vermerk fehlt, dass sie den Namen Sara annehmen muss. Bei ihren Brüdern wurde dies 1939 auf der Geburtsurkunde vermerkt (sie waren mit nichtjüdischen Frauen verheiratet waren und dadurch geschützt; für unelich wurden diese nicht erklärt).


    Sie starb 1958 in Schwäbisch Hall.


    Aktualisierung: Ich weiß inzwischen, dass sie 1921 eine dritte Ehe mit einem Nichtjuden schloss: Christian Georg Gutöhrlein. Ob er 1942 noch am Leben war, weiß ich allerdings nicht.

    Sie hat sogar einen Wikipediaartikel:



    Dort steht sie habe nur überlebt, weil sie versteckt wurde. Ob das stimmt sei dahingestellt.


    LG
    Herbstkind
    Zuletzt geändert von Herbstkind93; 20.12.2021, 01:21.
    Dauersuche nach FN Samariter (Samland; Berlin; Spremberg/Lausitz)
  • Sbriglione
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2004
    • 1486

    #2
    Hallo Herbstkind,

    das hat einiges an Wahrscheinlichkeit für sich: es gab diverse deutsche Beamte (wenn auch wohl leider nur eine kleine Minderheit), die mit der Judenvervolgung nicht einverstanden waren und die teils sogar aktiv dazu geraten haben, Kinder als "unehelich" anzugeben - mit der Folge, dass sich so mancher Nazi-Bonze über die extreme Promiskuität der Juden gewundert hat (wobei es andererseits für die Nazis ins Bild passte, da ja laut damals gängiger Verschwörungstheorien eine der angeblichen "bösen Absichten" des "Weltjudentumes" die "Rassenvermischung" gewesen sei).

    Grüße!
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    • gki
      Erfahrener Benutzer
      • 18.01.2012
      • 5061

      #3
      Hallo,

      nachdem der Erklärung ein Landgerichts(!)-Beschluß zugrundeliegt, müßte es schon mehr als ein einzelner Beamter gewesen sein.

      Die Frage ist, ob es ähnliche Fälle gibt, oder ob sich die Akten vielleicht noch finden lassen.
      Gruß
      gki

      Kommentar

      • Anna Sara Weingart
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2012
        • 16736

        #4
        Zitat von Herbstkind93 Beitrag anzeigen
        ... Wurde sie dadurch gerichtlich zur Halbjüdin erklärt und damit vor der Deportation bewahrt? Weiß jemand wie da die Rechtslage war? ...
        Hallo, ja, die Mischlinge 1. Grades welche christlich getauft waren, wurden nicht deportiert.

        Quelle, laut Zitat:
        Die Einstufung als "Mischling 1. Grades", die einige vor Deportation und Ermordung bewahrte, wurde nur denjenigen zugestanden, die "nicht zum Judentum tendierten", also nicht der jüdischen Gemeinde angehörten sowie getauft und christlich erzogen waren. Allerdings musste die Taufe vor Erlass des Reichsbürgergesetzes [1935] vollzogen worden sein. - https://taz.de/Protestanten-juedisch...Zeit/!5180175/
        Viele Grüße

        Kommentar

        • Herbstkind93
          Erfahrener Benutzer
          • 29.09.2013
          • 1995

          #5
          Das habe ich jetzt gefunden: "Das Geheimnis ih-
          rer Herkunft lüftet sie erst im Jahre 1943, als sie sich von Verfolgung und Depor-
          tation bedroht fühlt. Da sie bis zu diesem Zeitpunkt nach den Nürnberger Geset-
          zen als „Volljüdin“ gilt, erbringt sie in einem kostspieligen und nervenaufreiben-
          den Prozess den Nachweis, dass sie lediglich „rassischer Mischling“1 ist. Mit der
          Beweisführung legt sie die uneheliche Schwangerschaft ihrer Mutter offen, was
          sie erst in dieser Notsituation über sich bringt:Ich bin in Berlin als Tochter der
          Frau Helene Koppel und des Wilhelm Goerke am 9.8.86[sic!]geboren...Meine
          Mutter war Jüdin, mein Vater Goerke war Arier2."



          Quelle:

          https://www.albert-schweitzer-kinderdorf.de/fileadmin/Dateien/Dateien/Geschichte_Magu_eine_Frau.pdf

          Die Autorinnen scheinen aber davon auszugehen, dass ihre Geschichte stimmt?


          LG
          Herbstkind




          Dauersuche nach FN Samariter (Samland; Berlin; Spremberg/Lausitz)

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