Alltag der einfachen Leute

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  • Octavian Busch
    Erfahrener Benutzer
    • 16.03.2021
    • 932

    #16
    Hallo
    Zum Thema Schulbildung:
    Ich beschäftige mich ja recht intensiv mit den Gerichtshandelsbüchern in Sachsen (https://archiv.sachsen.de/cps/suche....htsb%C3%BCcher) und in vielen Erbkaufverträgen des 19. und 18. Jhrd. werden die Abgaben sehr detailliert aufgeführt. In diesen Fällen steht meist, dass soundsoviel Naturalien an den Schulmeister abzuführen sind. D. h. ich gehe daher davon aus, dass die Kinder in diesen Orten ein Grundbildung erhalten haben. Bei der Auswertung der Verträge aus dem 17. oder 16. Jahrhundert bin ich noch nicht angekommen, sobald ich da auch Angaben finde, kann ich das noch mitteilen.

    Zum Thema Wanderungsbewegung:
    Ich hatte hier im Forum einen Fall besprochen (siehe Geistmeier), wo der Vater Zigarrenarbeiter war. Seine Tochter ist in Allstedt (Thüringen) geboren, hat in Frohburg (Sachsen) geheiratet. Der Vater stammt aus Gassen (heute in Polen) und geheiratet hat er in Oschersleben (Sachsen-Anhalt). Das sind schon mehrere Hundert Kilometer zwischen den Stationen. Da frage ich mich dann, wie waren diese Vorfahren unterwegs (zu Fuss, Fuhrwerk, etc.) und wie haben sie von freien Arbeitsstellen weiter weg erfahren.

    Andere Beispiele wurden hier schon angegeben (Müller, Kaufleute, etc.)

    Zu den Taufen:
    Meines Wissens haben diese in der Regel in der Kirche stattgefunden. Ausnahme, die ich gelesen habe, sind Nottaufen. Also wenn der Täufling sehr schwach war und das Überleben nicht sicher war. Dann ist der Pfarrer auch vor Ort gegangen.
    Ave

    :vorfahren: gesucht in:
    Mutzscheroda: Hermsdorf; Neuschönefeld: Seidel; Seegel: Dietrich, Dieze; Grossbothen: Lange, Dietze; Mügeln: Vogtländer; Droßkau: Kretzschmar, Bergner; Noßwitz: Gleisberg; Sörnzig: Liebers; Wickershain: Steinert; Oelzschau: Lehmann; Hohnbach: Frentzel; Leupahn: Augustin; Erlln: Schöne; Schkortitz: Stein; Eschefeld: Spawborth; Schneeberg: Friede; Grossgörschen: Fickler; Söhesten: Zocher; Greitschütz: Staacke; Stadtroda: Kittel; Gelenau/Erzgeb.: Nestler

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    • pascho
      Erfahrener Benutzer
      • 16.06.2020
      • 242

      #17
      Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
      Ich bin bisher davon ausgegangen, dass bis ins 19. Jahrhundert eher die Pfarrer zum Täufling, als die Neugeborenen in die Kirche gekommen sind. Vergleichbar den Sterbesekramenten.

      Liege ich da falsch?
      Gruß, Susanna
      Soweit mir bekannt ist, haben in der Regel die Taufpaten das Kind zur Kirche gebracht, wo auch der Taufstein stand (und steht).

      Z.B. in Spiel (Altkreis Jülich) formulierte der Pfarrer bei den Taufeinträgen im 17. Jahrhundert: "NN und seine Frau NN haben zu der heiligen Taufe GESCHICKT..."

      Bei den Nottaufen zu Hause taufte üblicherweise die Hebamme und nicht der Pfarrer.


      Ich kenne aber auch Fälle in denen die Pfarrkirche aufgrund von Hochwasser oder anderen Umständen nicht erreichbar war und die "auswärtige" Herkunft des Täuflings extra vermerkt wurde.
      Zuletzt geändert von pascho; 18.11.2021, 10:41.
      Viele Grüße Pascal

      Kommentar

      • Sneezy

        #18
        <Hallo,
        die Kinder meiner Vorfahren aus dem Russischen Kaiserreich wurden alle zu Hause vom Pfarrer getauft, da die nächste evangelische Kirche 118 km entfernt war. In den meisten Gegenden gab es nur eine evangelische Kirche pro Gouvernement. Und es gab oft viel zu wenige Gemeindemitglieder. In Sibirien musste ein Pfarrer tausende Kilometer zurücklegen, nur um ein einziges Kind zu taufen. Das ist auch der Grund, warum zwischen Geburt und Taufe oft mehrere Monate liegen. Der Rekord liegt bei knapp 8 Monaten zwischen Geburt und Taufe bei dem jüngsten Sohn. Da der Vater Oberverwalter war, konnte er auch Kinder taufen. Denn auf den meisten Gütern gab es keine Kirchen. Einen Sohn hatte er auch selbst getauft.

        Mein Urururgroßvater August Gustav Julius Müller (* 26.9.1819 in Bergen auf Rügen) hat unter meinen Ahnen die weiteste Strecke mit der Kutsche zurückgelegt.
        Er ist im Jahr 1840 in das Russische Kaiserreich ausgewandert. Er war Oberverwalter und ist deshalb sehr häufig umgezogen und hat weite Strecke zurückgelegt. Er hat sich ständig neue Anstelllungen bei anderen Familien in anderen Regionen gesucht. Er hatte sich auch hochgearbeitet. Mit Ende 20 war er der Gutsverwalter des Gutes Jakowlitsch im Gouvernement Mogilew, welches dem Grafen Zukatto gehörte. Anschließend war er Gutsverwalter von dem Gut Iwanowka im Gouvernement Cherson, welches dem Fürsten Kotschubej gehörte und später der Oberverwalter der fürstlich Kotschubejschen Güter. Danach wurde er der Oberverwalter der Popowschen Güter in Wassiljewka im Gouvernement Taurien. Dies war seine wichtigste Anstellung, da der Herr Popow zusammen mit dem Grafen Cancrin der größte Grundbesitzer in Taurien war. Mit dem Oberverwalter der Güter des Grafen Cancrin war er auch befreundet, denn er war der Taufpate von zwei Kinder des Julius Müller. Er ist auch häufig aus geschäftlichen Gründen in mehre russische Großstädte umgezogen und ist viel gereist. Allerdings sind das ja auch im Russischen Kaiserreich ganz andere Entfernungen als in Mitteleuropa.
        Und alles ohne Eisenbahn, da diese erst später gebaut wurde. Er ist auch häufig mit dem Schiff auf dem Dnjepr gefahren.
        Alle Entfernungsangaben in Luftlinie:

        1840: 1135 km von Bergen auf Rügen nach Gorki Gouvernement Mogilew
        1843: 48 km von Gorki Gouvernement Mogilew nach Schklow Gouvernement Mogilew
        1849: 638 km von Schklow Gouvernement Mogilew nach St. Petersburg
        1849: 638 km von St. Petersburg nach Schklow Gouvernement Mogilew
        1849: 21 km von Schklow Gouvernement Mogilew nach Jakowlitsch Gouvernement Mogilew
        1853: 791 km von Jakowlitsch Gouvernement Mogilew nach Iwanowka Gouvernement Cherson
        1862: 143 km von Iwanowka Gouvernement Cherson nach Wassiljewka Gouvernement Taurien
        1869: 336 km von Wassiljewka Gouvernement Taurien nach Bely Kolodez Gouvernement Charkow
        1871: 308 km von Bely Kolodez Gouvernement Charkow nach Grigorjewka Gouvernement Jekaterinoslaw
        1872: 374 km von Grigorjewka Gouvernement Jekaterinoslaw nach Odessa
        1872: 374 km von Odessa nach Grigorjewka Gouvernement Jekaterinoslaw
        1873: 89 km von Grigorjewka Gouvernement Jekaterinoslaw nach Jekaterinoslaw
        1874: 245 km von Jekaterinoslaw nach Bely Kolodez Gouvernement Charkow

        Zwischen 1874-1894 habe ich leider keine genauen Angaben mehr zum Wohnort. In diesem Zeitraum könnte er also auch umgezogen sein.

        1895: 469 km von Bely Kolodez Gouvernement Charkow nach Kiew
        1896: 522 km von Kiew nach Studenok Gouvernement Charkow
        1897: 741 km von Studenok Gouvernement Charkow nach Moskau
        unbekannt (ist nach 1897 im Gouvernement Charkow verstorben): 741 km von Moskau nach Studenok Gouvernement Charkow

        Insgesamt hat der Julius Müller eine Strecke von 7613 km zurückgelegt.

        Erst ist nur zwischen 1895-1897 mit der Eisenbahn gefahren.

        mit folgenden Eisenbahnen:

        Kursk-Kiew Bahn, im Jahr 1878 eröffnet
        Kursk-Charkow-Asow-Bahn, im Jahr 1880 eröffnet
        Moskau-Kursk-Bahn, im Jahr 1871 eröffnet
        Es gab auch noch die Charkow-Nikolajew-Bahn, die im Jahr 1880 eröffnet wurde.

        Die Strecke zwischen Bely Kolodez und Charkow sowie von Studenok und Charkow ist er mit der Pferdedroschke gefahren.

        Auch in meiner Familie gab es sehr viele voreheliche und uneheliche Kinder. Der Steuerbeamte in Riga namens Ludwig v. Twardowsky genannt Hartmann (* 1790) hatte 10 Jahre lang eine uneheliche Beziehung zu einer Müllerstochter aus Kurland namens Julianne Charlotte Zahn (* 1805). Sie hatten insgesamt 7 voreheliche Kinder und 4 eheliche Kinder. Der älteste Sohn ist im Jahr 1818 geboren. Die Mutter war bei der Geburt 13 Jahre und der Vater 28 Jahre alt, was ein ziemlich großer Skandal war und heute schwerer Kindesmissbrauch ist. Sie hatten erst im Jahr 1828 geheiratet. Im Jahr 1835 im Alter von nur 30 Jahren ist seine Ehefrau gestorben und anschließend hatte er ihre jüngere Schwester geheiratet, mit der er nochmal 3 eheliche Kinder hatte. Er hatte also witzigerweise genau 7 voreheliche Kinder und 7 eheliche Kinder.
        Der Ludwig war sehr wahrscheinlich ein Offizier in der polnischen Legion Napoleons und wurde im Russlandfeldzug 1812 verwundet und vermisst. Er war Adjudant-Major im 11 Pułk Ułanów. Es wäre möglich, dass der Müller Johann Christoph Zahn sich um den verwundeten Offizier gekümmert hat und ihn versorgt hat, da Kurland von Vilnius, wo sich im Jahr 1813 die verbliebene napoleonische Armee gesammelt hat, nicht weit voneinander entfernt liegt. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass der Ludwig aus dank die Tochter des Müllers geheiratet hat, aber warum hatte er sie erst so spät geheiratet und warum hatte er eine uneheliche Beziehung zu ihr?
        Zuletzt geändert von Gast; 18.11.2021, 17:51. Grund: Begründung:

        Kommentar

        • Ursula
          Erfahrener Benutzer
          • 18.01.2007
          • 1344

          #19
          Zitat von Octavian Busch Beitrag anzeigen

          Zu den Taufen:
          Meines Wissens haben diese in der Regel in der Kirche stattgefunden. Ausnahme, die ich gelesen habe, sind Nottaufen. Also wenn der Täufling sehr schwach war und das Überleben nicht sicher war. Dann ist der Pfarrer auch vor Ort gegangen.
          Oder die Hebamme hat das Kind notgetauft.

          Ich frage mich überhaupt, ob man wirklich Neugeborene am gleichen, oder nächsten Tag, in die Kirche geschleppt hat, auch im Winter?

          LG
          Uschi

          Kommentar

          • Sbriglione
            Erfahrener Benutzer
            • 16.10.2004
            • 1346

            #20
            Zitat von Ursula Beitrag anzeigen

            Ich frage mich überhaupt, ob man wirklich Neugeborene am gleichen, oder nächsten Tag, in die Kirche geschleppt hat, auch im Winter?
            Hallo Uschi,

            derart schnelle Taufen waren - wenn überhaupt - nur in einzelnen Gegenden üblich (nach meinem Eindruck eher in katholischen, als in protestantischen). Die Regel war wohl eher, dass mindestens 2 - 3 Tage zwischen der Geburt und der Taufe lagen, teils aber sogar mehrere Wochen. Vermutete Gründe: man wollte das Kind schonen, aber auch die Tauffeier gut vorbereiten können (gerade auch dann wichtig, wenn man Taufpaten hinzuziehen wollte, die nicht gerade "um die Ecke" gewohnt haben).
            Wenn das Kind aber eher schwach, aber "transportfähig" war, dürfte häufiger beschlossen worden sein, es noch am Tag der Geburt, aber in der Kirche zu taufen.
            Grüße!
            Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
            - rund um den Harz
            - im Thüringer Wald
            - im südlichen Sachsen-Anhalt
            - in Ostwestfalen
            - in der Main-Spessart-Region
            - im Württembergischen Amt Balingen
            - auf Sizilien
            - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
            - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

            Kommentar

            • Ursula
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2007
              • 1344

              #21
              Zitat von Sbriglione Beitrag anzeigen
              Hallo Uschi,

              derart schnelle Taufen waren - wenn überhaupt - nur in einzelnen Gegenden üblich (nach meinem Eindruck eher in katholischen, als in protestantischen).
              Hallo,

              in "meinen" KB (ja, katholisch) ist das ganz normal, in jedem Ort. Ganz selten sind es mal 2 Tage.

              Und gerade ein schwaches Kind schleppt man doch nicht gleich in die Kirche?


              LG
              Uschi

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              • Geschichtensucher
                Erfahrener Benutzer
                • 03.09.2021
                • 918

                #22
                aus christlicher Sicht...

                Wenn man denn Gottes Schutz für das Kind erhofft, sicher schon. Und Angst hat, das Kind könne ungetauft sterben.



                Und ja, bei meinen evangelischen Vorfahren vergehen einige Tage, bis das Kind getauft wird. So etwas die Zeit, die man heute im Krankenhaus verbringt. Also ganz vernünftig für die Anpassung des Kindleins an die Welt "draußen".
                Beste Grüße, Iris

                Kommentar

                • Ursula
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.01.2007
                  • 1344

                  #23
                  Zitat von Geschichtensucher Beitrag anzeigen
                  Wenn man denn Gottes Schutz für das Kind erhofft, sicher schon. Und Angst hat, das Kind könne ungetauft sterben.
                  Ja, vielleicht ist es das.

                  Der Mega-GAU wenn das Kind nicht getauft ist.

                  LG
                  Uschi

                  Kommentar

                  • fps
                    Erfahrener Benutzer
                    • 07.01.2010
                    • 2264

                    #24
                    Zitat von Ursula Beitrag anzeigen
                    Und gerade ein schwaches Kind schleppt man doch nicht gleich in die Kirche
                    Dafür gab es dann die Nottaufe. Die konnte auch von der Hebamme vorgenommen werden.
                    Der himmlische Herr nimmt nämlich die Seelen der Kinder nicht an, wenn sie vor der Taufe versterben, müsst ihr wissen.
                    Und: besser, infolge der Taufumstände verstorben, als ungetauft weiter gelebt.
                    Gruß, fps
                    Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

                    Kommentar

                    • sophonibal
                      Benutzer
                      • 18.01.2019
                      • 93

                      #25
                      zu den Taufen: ich habe mal das Taufbuch einer kleinen katholischen Gemeinde in Illinois durchgesehen. Das war total auffällig, dass die Gemeindemitglieder aus Westfalen und Emsland ihre Kinder immer innerhalb von drei Tagen taufen ließen, während die aus Baden eingewanderten sich 2-3 Wochen Zeit ließen damit. Es kann natürlich sein, dass die einzelnen Siedlungen unterschiedliche Entfernungen zur Kirche hatten. Aber der (böhmischstämmige) Pfarrer hat zwischendurch doch sehr auf die freiheitlich gesinnten Badenser geschimpft

                      Kommentar

                      • Sbriglione
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.10.2004
                        • 1346

                        #26
                        Übrigens habe ich mal bezüglich "Taufen" in einer protestantischen Region etwas recht Interessantes festgestellt:
                        Meist scheinen da etwa drei bis fünf Taufpaten üblich gewesen zu sein, aber gelegentlich galt es wohl in manchen Orten als "modern", zu zeigen, wie wohlhabend man war - und die Anzahl der Taufpaten regelrecht ausufern zu lassen.
                        In einem Kirchenbuch wurden dann für längere Zeit gar keine Taufpaten angegeben und ich habe netterweise zufällig am Beginn dieser Phase eine kurze Bemerkung des Pfarrers dazu gelesen: die "Unsitte" möglichst viele Taufpaten zu haben, sei "mittlerweile dermaßen ausgeartet", dass er sich weigere, diese weiterhin im Kirchenbuch mit anzugeben, ehe die Zahl wieder auf ein angemessenes Maß reduziert werde...
                        Das war in dem Ort, in dem ich die Bemerkung gefunden habe, übrigens in den 1660er Jahren, aber ich meine, ähnliche Phänomene in andern Orten auch mal zu anderen Zeiten gesehen zu haben.

                        Grüße!
                        Zuletzt geändert von Sbriglione; 21.11.2021, 02:03.
                        Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
                        - rund um den Harz
                        - im Thüringer Wald
                        - im südlichen Sachsen-Anhalt
                        - in Ostwestfalen
                        - in der Main-Spessart-Region
                        - im Württembergischen Amt Balingen
                        - auf Sizilien
                        - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
                        - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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                        • consanguineus
                          Erfahrener Benutzer
                          • 15.05.2018
                          • 6162

                          #27
                          Hallo sbriglione

                          da bin ich als Ahnenforscher froh, daß man im Fürstentum Wolfenbüttel die Anzahl der Taufpaten schon früh auf drei begrenzt hat. Die Chance, daß man bei der Auswahl der drei Paten auf (familiär) nahestehende Personen zurückgegriffen hat, ist deutlich größer als bei meinen hinterpommerschen Vorfahren. Dort waren mehr als 20 Paten zwar nicht die Regel, aber auch nicht gar so selten. Die werden sich jeden gegriffen haben, der zufällig an der Kirche vorbeikam. Trotz der vielen Paten können diese meine wenigen bäuerlichen Vorfahren aus Hinterpommern nicht besonders wohlhabend gewesen sein, denn unter all meinen Vorfahrenlinien scheint diese die einzige zu sein, aus der Verwandte in die USA ausgewandert sind. Man erkennt es immer daran, wenn es bei MH matches mit Nutzern aus den USA gibt. Habe ich sonst so gut wie nie. Nur bei den Hinterpommern.

                          Viele Grüße
                          consanguineus
                          Suche:

                          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                          Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                          Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                          Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

                          Kommentar

                          • Sbriglione
                            Erfahrener Benutzer
                            • 16.10.2004
                            • 1346

                            #28
                            Hallo consanguineus,

                            wenn ich die Sache mit den vielen Paten in Hinterpommern lese: das war nun wahrlich nicht gerade eine reiche Gegend - womit sich für mich die Frage gibt, ob es bezüglich der "Massenpatenschaften" womöglich zwei gegensätzliche Motivationen gegeben haben könnte: die eine, zu zeigen, dass man in der Lage ist, eine große Anzahl an Gästen zu bewirten und die andere, um möglichst viele Geschenke zu aquirieren und/oder für den Fall der Not möglichst viele Leute als Ansprechpartner zu haben, die sich irgenwie als Pate zur Unterstützung verpflichtet fühlen.

                            Variante Nr. 2 konnte ich gar nicht mal so selten auch in Gegenden mit einer ansonsten stark begrenzten Anzahl an Taufpaten feststellen: wenn es da einen sozial engagierten Pfarrer gab (zumindest vermute ich, dass es hauptsächlich am Pfarrer gelegen haben dürfte) gab es nämlich gerade bei unehelich geborenen Kindern immer mal wieder deutlich mehr Taufpaten, als allgemein üblich! Dass der jeweilige Ortspfarrer da wohl eine entscheidende Rolle gespielt hat, geht für mich auch daraus hervor, dass bei solchen Einträgen eher mitleiderweckende Formulierungen genutzt wurden, statt das Kind als "Hurenkind" zu brandmarken...

                            Um nochmal auf die Verwandtschaft der Paten mit den Täuflingen einzugehen: die scheint leider (fast) ausschließlich in protestantisch geprägten Gebieten üblich gewesen zu sein - bei meinen katohischen Vorfahren kommt sie so gut, wie nicht vor - was möglicherweise auch etwas mit irgendwelchen kruden Vorstellungen von "Inzest" zu tun hat: danach galt die "geistliche" Verwandtschaft durch Patenschaft als genau so real, wie die biologische Verwandtschaft - und in den Bereichen, in denen ein religiös-kulturelles Heiratsverbot galt, waren daher auch Patenschaften mindestens "unsittlich", wenn nicht gar "sündig".

                            Viele Grüße!
                            Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
                            - rund um den Harz
                            - im Thüringer Wald
                            - im südlichen Sachsen-Anhalt
                            - in Ostwestfalen
                            - in der Main-Spessart-Region
                            - im Württembergischen Amt Balingen
                            - auf Sizilien
                            - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
                            - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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                            • Sigrun78
                              Erfahrener Benutzer
                              • 12.03.2021
                              • 273

                              #29
                              Ich bin auch gerade noch über eine interessante Variante gestoßen, warum ein Kind zuhause getauft wurde

                              Eintrag zur Taufe meiner 9xUrgroßmutter in Hessen, 1654

                              Diß Kind ist im Hauß getaufft worden, weilen der reformirte Pfarrer die Kirch eingenommen und dem lutherischen Pfarrer nit weichen wollen, sondern biß zu nachts in der kirchen sitzen blieben, weilen aber der lutherische pfarrer aber kein recht dießer kirchen. als hatt er kein gewalt dörfen bemühen, sondern daß kind im hausß getaufft"
                              Zuletzt geändert von Sigrun78; 21.11.2021, 13:42.
                              Viele Grüße, Sigrun78

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                              • schulkindel
                                Erfahrener Benutzer
                                • 28.02.2018
                                • 904

                                #30
                                Anzahl der Taufpaten

                                Im Kirchenbuch von Löbau, Westpreußen, fand ich im März 1777 eine Taufe mit 7 Paten, alle aus dem kleinen Ort Buschkau, eingetragen. Sie fiel mir daher auf, weil es eine Namensgleichheit zu einem Vorfahren von mir war.
                                In dem jeweiligen Kirchenbuch sind auf derselben Seite weitere Taufen mit 6, 7 und 8 Paten.
                                Sie alle dürften evangelisch gewesen sein. Dass die Väter reiche Bauern waren, bezweifele ich. Sie waren wohl eher Kleinbauern, Häusler, Kätner o. ä.

                                Renate

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