Danke! Wenn ich etwas konkretes zu hören bekomme, teile ich mit. Da es wohl noch viel Lücken gibt .... vielleicht auch immer bleiben werde.
Euthanasie/Wiesengrund (Dobřany)
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Zitat von fajo Beitrag anzeigen
ich beschäftige mich ebenfalls intensiv mit Euthanasie-Opfern, insbesondere mit Patienten, die in Schloss Hartheim bei Linz und Pirna-Sonnenstein ums Leben kamen. Dabei gebe ich AlAvo recht, denn mir wurde ebenfalls in der Gedenkstätte Schloss Hartheim sehr geholfen, sowohl per Mail, telefonisch und auch persönlich. Im letzten Jahr habe ich etliche Stunden dort verbracht und mich mit dem Gedenkstättenleiter ausführlich unterhalten können. Das war sehr hilfreich und hat mich ein großes Stück weitergebracht.
Ich habe eine Frage zu deiner Recherche: Woher stammt die Information, dass es sich um ein Opfer handelt, das in Hartheim ums Leben gekommen sein könnte?
Schöne Grüße
Claire
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Zitat von Erbendorfer Beitrag anzeigenKunigunda(e) Schellerer geb. Stich *ca. 1890
Nach mündlicher Überlieferung meiner Mutter wurde ihre Tante Kunigunde 1940 abgeholt nachdem sie durch die Scheidung von ihrem Ehemann psychisch erkrankte. Sie wurde nach Erlangen in eine Anstalt gebracht wo sie im Jahr 1940 verstarb.
meines Wissens wurden Patienten aus Erlangen in den Jahren 1940 und 1941 "verschubt" und zwar in die Anstalten Hartheim bei Linz oder Pirna-Sonnenstein und kamen dort gewaltsam ums Leben. Erlangen selbst war in diesen Jahren keine Tötungsanstalt. Sollte die Patientin tatsächlich dort gestorben sein (1941 oder früher), dann ist sie höchstwahrscheinlich kein Euthanasie-Opfer.
Nach Protesten über die massenhaften Verschubungen in Tötungsanstalten erfolgten ab 1941 die "leisen" Ermordungen durch den sog. Hungererlass in den lokalen Heil- und Pflegeeinrichtungen, auch in Erlangen.
Die Sterbeurkunden bei den Euthanasie-Opfern wurden in den ersten Jahren von Pseudo-Standesämtern in den Tötungsanstalten ausgestellt, wobei häufig Akten ausgetauscht wurden und jemand zwar de facto in Hartheim verstarb, die Urkunde aber z.B. aus Pirna-Sonnenstein kam. Dies diente der zusätzlichen Verschleierung und Vertuschung.
All das ist auch heute noch sehr, sehr bedrückend und schwer zu ertragen.
Schöne Grüße
Claire
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Hallo Erbendorfer,
zum Thema "Euthanasie in Erlangen" habe ich noch einen sehr interessanten Literaturhinweis (ab Seite 159) gefunden.
Obgleich dieser Fund sich nicht direkt auf die von Dir gesuchte Kunigunda(e) Schellerer, geb. Stich bezieht, so beleuchtet dieser die Umstände und Hintergründe recht deutlich.
Ich hoffe, damit ein wenig helfen zu können?
Viele Grüße
AlAvoWar Mitglied der Lettischen Kriegsgräberfürsorge (Bralu Kapi Komiteja)
Zirkus- und Schaustellerfamilie Renz sowie Lettland
Reisenden zu folgen ist nicht einfach, um so mehr, wenn deren Wege mehr als zweihundert Jahre zurück liegen!
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Hallo Claire, hallo AlAvo,
vielen dank für Euere Rückmeldungen.
AlAvo Dein Literaturhinweis hat mir wieder einiges an Hintergrundwissen zum Thema Euthanasie gebracht.
Claire Dein Hinweis auf den Ver-schub von Patienten aus Erlangen in andere Pflege-(Tötungs) anstalten ist sehr interessant und ich werde meine Suche auf diese Anstalten konzentrieren da ich von der Sozialverwaltung Mittelfranken die Mitteilung erhalten habe das hier keine Unterlagen vorliegen.Mit freundlichen Grüßen aus der Oberpfalz
Fritz
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Hallo Fritz,
vielen Dank für Deine weitere Rückmeldung.
Bitte schön, es freut mich zulesen, dass mein kleiner Hinweis ein wenig helfen konnte.
Ich wünsche weiterhin viel Erfolg bei Deinen Recherchen und Bemühungen.
Viele Grüße
AlAvoWar Mitglied der Lettischen Kriegsgräberfürsorge (Bralu Kapi Komiteja)
Zirkus- und Schaustellerfamilie Renz sowie Lettland
Reisenden zu folgen ist nicht einfach, um so mehr, wenn deren Wege mehr als zweihundert Jahre zurück liegen!
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Hallo Fritz, hallo AlAvo,
der Literaturlink ist ein sehr guter Hinweis! Ich kenne dieses Buch, weil ich über die Heil- und Pflegeanstalt Kutzenberg (nördlich von Erlangen) recherchiert habe und dieser Einrichtung ist ebenfalls ein Kapitel gewidmet. Ich hatte es mir aus der Landesbibliothek ausgeliehen, man kann es also auch in ganz Deutschland über die Fernleihe bekommen. Ich finde, es lohnt sich sehr, denn weiterführend sind in den Anmerkungen Hinweise auf Aktenmaterial in Stadt- und Staatsarchiven vermerkt. Bei Erlangen ist es vermutlich Nürnberg, so habe ich es den Kapitelausschnitten entnommen.
In meinem Fall konnte ich im Staatsarchiv die komplette Strafprozessakte gegen den damaligen Leiter von Kutzenberg einsehen, in der sämtliche Namen von "verschubten" (ein fürchterliches Wort) Patienten genannt waren, incl. der Transportlisten in die verschiedenen Einrichtungen, in denen sie dann zu Tode kamen und eine Unmenge von Zeugenaussagen.
Legitimiert habe ich mich durch Personalausweis und der Begründung
1. persönliches Interesse und Familienforschung (eine Verwandte war ein Euthanasie-Opfer) und
2. durch Interesse an Heimatforschung.
Das allein reicht als Begründung in diesem Fall auch aus, weil die in den Akten genannten Personen bereits über die Schutzfrist hinaus verstorben sind.
Es waren für mich erschütternde Nachmittage im Staatsarchiv, weil alles noch viel, viel, viel schlimmer ist, als man es sich vorstellen kann und man so deutlich vor Augen geführt bekommt, wie viele Einzelschicksale es gab und welch unvorstellbares Leid über die Familien gekommen ist. Und außerdem die Erkenntnis: Niemand kann behaupten, er/sie hätte nichts gesehen, nichts gehört, nichts gewusst. Das ist unmöglich.
Trotz all der deprimierenden Erkenntnisse bin ich froh, dass ich mich überwunden habe, denn die traurige Wahrheit ist besser zu ertragen als eine dauernde Ungewissheit.
Ich kann jedem Interessenten nur Mut machen, weiter zu recherchieren und nachzufragen. Die Opfer sind es wert, nicht vergessen zu werden!
Danke für dieses Thema und danke an alle, die hier so hilfreich posten!
Schöne Grüße
Claire
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Hallo Claire,
vielen Dank für Deine kompetenten Beiträge zu diesem wahrlich schrecklichen und traurigen Thema. Vorallem haben wir Forscher ein Chance den Opfern ein Gesicht zu verleihen und ihnen damit würdevoll zu gedenken, obgleich das weite Thema "Psychiatrie" heute noch und oftmals tabuisiert und stigmatisiert wird.
Hinsichtlich der Euthanasie von Deutsch-Balten hatte ich die große Ehre einer namhaften Historikern ein wenig zuarbeiten zu dürfen. Dadurch wurde ich motiviert eigene und umfangreiche Forschungen durchzuführen.
Sofern zu diesem Personenkreis Fragen bestehen, helfe ich gerne.
Nochmals vielen Dank.
Viele Grüße
AlAvoWar Mitglied der Lettischen Kriegsgräberfürsorge (Bralu Kapi Komiteja)
Zirkus- und Schaustellerfamilie Renz sowie Lettland
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Hallo zusammen,
eben habe ich im Internet eine Seite vom Deutschen Bundesarchiv mit ca. 30.000 Namen gefunden es dürfte sich um die Euthanasie-Opfer handeln.
Namen von Opfern der NS-"Euthanasie", zu denen im Bundesarchiv-Bestand R 179 Patientenakten vorliegen
Kennt jemand diese Seite?
Das Bundesarchiv online: Ihre zentrale Anlaufstelle für historische Dokumente, digitale Sammlungen und Informationen zur deutschen Geschichte.
Mit freundlichen Grüßen aus der Oberpfalz
Fritz
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Zitat von Erbendorfer Beitrag anzeigenHallo zusammen,
eben habe ich im Internet eine Seite vom Deutschen Bundesarchiv mit ca. 30.000 Namen gefunden es dürfte sich um die Euthanasie-Opfer handeln.
Namen von Opfern der NS-"Euthanasie", zu denen im Bundesarchiv-Bestand R 179 Patientenakten vorliegen
Kennt jemand diese Seite?
Das Bundesarchiv online: Ihre zentrale Anlaufstelle für historische Dokumente, digitale Sammlungen und Informationen zur deutschen Geschichte.
ja, ich kenne die Seite und habe auch alle Namen darauf gefunden, über die ich recherchiere. Ich weiß allerdings nicht wie es einzuordnen ist, wenn ein gesuchter Name nicht in der Liste erscheint: War der Patient kein Euthanasie-Opfer? Gibt es - aus welchen Gründen auch immer - keine Akte? Ist es ein Fehler?
Vielleicht kennt sich jemand mit dieser Frage besser aus als ich.
Noch ein Wort zur Aktenlage: Im Fall meiner Verwandten existieren zwei Akten - und das scheint auch ein üblicher Vorgang zu sein. Ich stieß erst im Gespräch mit Mag. Eigelsberger von der Gedenkstätte Hartheim darauf:
Eine Akte mit Verwaltungsdokumenten (Abrechnungen, regelmäßigen Krankenberichten, Finanzierungsunterlagen etc.) liegt in Berlin im Bundesarchiv-Bestand R 179.
Die andere lagert in dem für Kutzenberg zuständigen Staatsarchiv. Sie ist die für mich wesentlich interessantere Akte, denn sie enthält sehr viele private Unterlagen: Besuchslisten, Briefe von und an die Patientin (herzzerreißend!!), Schriftverkehr zwischen der Familie und der Heil- und Pflegeanstalt, Untersuchungsergebnisse, durchgeführte Therapiemaßnahmen (auf die Details möchte ich nicht eingehen, sie sind schockierend!), Dokumentation über das Verhalten der Patientin und der Prognose des Heilungsprozesses und - für mich das wichtigste Dokument überhaupt - ein Foto!
Erstmals bekam ein Name mit einem besonders traurigen Schicksal ein Gesicht und ich muss sagen, das hat mich noch tiefer erschüttert als alles, was ich vorher gehört, gesehen und gelesen hatte.
Ich kann nur hoffen und wünschen, dass alle Forscherinnen und Forscher, die mit diesem Thema konfrontiert sind oder werden, in ihren Bemühungen nicht nachlassen und nach und nach, Stück für Stück die Vergangenheit ans Tageslicht bringen und den Opfern ihren Namen, ihr Gesicht und wenn möglich auch ihre Würde zurückgeben.
Beste Grüße
Claire
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Hallo zusammen,
ich erlaube mir anzumerken, dass jene genannte Liste von Patientenakten (R179) ausschließlich "reichsdeutsche" Patienten erwähnt.
Darin sind keine Deutsch-Balten ("Volksdeutsche") aus Lettland enthalten. Dennoch finden sich im Bundesarchiv unter der Signatur R179 auch Patientenakten, Transportlisten, weitere Dokumente oder Fragmente zu Deutsch-Balten.
Wie schon erwähnt, sind sicher nicht alle Patientenakten erhalten geblieben.
Dies gilt auch für Patienten aus Lettland, für die bei deren Umsiedlung (Abtransport) nicht immer Patientenakten mitgeschickt wurden, aufgrund schneller Tötung keine neuen Akten angelegt wurden und oftmals nur Erwähnungen in Eingangs- bzw. Aufnahmebüchern und/oder (verschleierten) Todesmeldungen fanden. Für Patienten aus Estland dürfte die Situation ähnlich gewesen sein.
Ebenso hat dies wohl auch mit den Vorgaben der Umsiedlung, also den systemischen Abläufen der Einwanderungszentrale (EWZ) zu tun, die zunächst als Instanz vorgeschaltet war.
Viele Grüße
AlAvoWar Mitglied der Lettischen Kriegsgräberfürsorge (Bralu Kapi Komiteja)
Zirkus- und Schaustellerfamilie Renz sowie Lettland
Reisenden zu folgen ist nicht einfach, um so mehr, wenn deren Wege mehr als zweihundert Jahre zurück liegen!
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Guten Morgen und danke für all die realistischen gefühlvollen Äußerungen!
Nachdem was ich hier alleine die letzten 4 Wochen in dem Bereich erlebt habe möchte ich mal meine kleinen persönlichen Ergebnisse einbringen. Es sind nicht mehr alle Akten vorhanden (ob wir an die Akten meiner beiden Onkel kommen steht noch außer Frage). Seinen Totenschein habe ich im Standesamt Dobrany entdeckt. Im Bundesarchiv sind also bei weitem noch nicht alle Listen vollständig. Im Zeitraum mind. 1931 – 1945 ist jeder Befund, speziell im Zusammenhang Totenschein - Psychiatrische Klinik - Typhus z. B., in Frage zu stellen. Wen man über diesen Weg Psychatrie auch noch entsorgt hat, steht ebenfalls in Frage! - Was vorher und auch hinterher noch geschah, scheint noch nicht klar ersichtlich zu sein. Denn selbst kurz nach dem Krieg hat man diese Menschen noch verhungern lassen und mit ihren Rationen geschoben! -
Wie ich Himmelfahrt bemerkte, werde wohl im Moment weiter Akten (z. B. Dobrany) ins Internet geladen.
Ich habe wenigstens schon mal einem Onkel ein Gesicht geben können.
Man sollte die Scheu verlieren und auch damit offen umgehen, erst dann gedenkt man wirklich auch diese Menschen.... Das ist aber meine ganz persönliche Meinung.Angehängte Dateien
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Hallo zusammen,
ich habe nun alle Listen durchsucht aber leider (oder Gott sei dank) keinen Hinweis auf meine Großtante gefunden. Verwandte kann ich nicht mehr befragen der einzige der noch in Frage kam (89 Jahre alt) kann sich nicht erinnern.
Nun werde ich mich doch an das Bundesarchiv in Berlin wenden um evtl. Informationen zu bekommen.Mit freundlichen Grüßen aus der Oberpfalz
Fritz
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Guten Morgen!
@ Erbendorfer
Ich drücke dir die Daumen, das du dort fündig wirst.
Ich suche inzwischen in bisher bekannten Orten (Weitertransporten), wie z. B. Sternberg, weiter und werde ich mich mal mit den auf tschechisch geschriebenen Büchern versuchen auseinander zu setzten.
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