Berufsbezeichnung POLIERER

[scheuck]

Ihr lieben Helfer und Wissenden,

in einer Heirats-Urkunde 1903 und 1904 aus Celle ist der Bräutigam bzw. ein Trauzeuge jeweils Polierer.

Ich kenne einen Polier als Vor-Arbeiter dergl. im Bau-Handwerk bzw. in anderen Gewerken.

Bei Google Books findet man
- im Duden einen Polierer; das ist jemand, der poliert.
- das Buch "Der praktische Beizer und Polierer", das bezieht sich auf Holz
- "Schleifer und Polierer", da wird leider nichts weiter dazu gesagt
- Tarifverträge für Polierer, die arbeiten offenbar in der Metallverarbeitung

Was mögen diese beiden Herren getan haben? Waren sie vielleicht doch schlicht "Poliere" im heute üblichen Sinne, und man hat das damals anders ausgedrückt?

DANK vorab für Eure Meinungen/Hilfe!

[Anna Sara Weingart]

Hallo,
das Wort in der Bedeutung des Vorarbeiters stammt nicht von "polieren" (etwas glätten), sondern von franz. parlier (= Sprecher einer Bauhütte)

Der Polierer (heute: Polier) ist ein Aufsichtführender im Bauhandwerk, der dem Meister untersteht - https://de.wikipedia.org/wiki/Polier

Schreibweise Polierer:

http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=polierer

http://www.woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=PfWB&lemid=PB04944

Viele Grüsse

[scheuck]

Hallo,

also der Polier im heute üblichen Sprach-Gebrauch wie ich ihn kenne ...

Danke!

[Anna Sara Weingart]

Allerdings könnte Polierer auch theoretisch jemand sein, der etwas poliert (glättet).
Da müsste man also Vergleichs-Fälle aus der Gegend und der Zeit finden, um sicher zu gehen.

Wobei dann eigentlich stehen müsste Metallpolierer, Steinpolierer etc.
Wobei Steinpolierer nicht sein kann, weil es in Celle keine Natursteine gibt, sondern nur Sand und Ziegelsteine. Und Ziegelsteine poliert man nicht.
Und von Metallindustrie in Celle habe ich auch noch nix gehört.
Also was hätte er dort polieren sollen?

Nachtrag: es gab 1918 die Altona-Celler Metallwarenfabrik

[Anna Sara Weingart]

... Nachtrag: es gab 1918 die Altona-Celler Metallwarenfabrik

Aber wohl erst kurz nach 1918 errichtet: https://found-places.blogspot.de/201...-in-celle.html

[scheuck]

Polierer

Allerdings könnte Polierer auch theoretisch jemand sein, der etwas poliert (glättet).
Da müsste man also Vergleichs-Fälle aus der Gegend und der Zeit finden, um sicher zu gehen.

Wobei dann eigentlich stehen müsste Metallpolierer, Steinpolierer etc.
Wobei Steinpolierer nicht sein kann, weil es in Celle keine Natursteine gibt, sondern nur Sand und Ziegelsteine. Und Ziegelsteine poliert man nicht.
Und von Metallindustrie in Celle habe ich auch noch nix gehört.

Ich sagte ja bereits, dass ich bei Google-Books verschiedene Möglichkeiten gefunden habe. - Vergleichs-Fälle? Soll ich mir im Archiv Celle die Heirats-Urkunden aus +/- 1903 angucken und nach weiteren Polierern suchen? Sorry, das ist mir etwas zu viel Mühe!

Mag ja sein, dass Du von Natursteinen in/um Celle noch nichts gehört hast; ich kann und mag das auch nicht beurteilen, das gilt auch für die Metallindustrie in/um Celle. - Bleibt trotzdem noch die Möglichkeit (wie bei Google Books beschrieben) des Polierens in der Holzverarbeitung, denn gegen eine solche spricht ja in Celle wahrscheinlich nichts.

[Anna Sara Weingart]

Tja kann sehr vieles sein. Ich habe bei google mit Suchwort Celle noch gefunden: Möbelpolierer, Hartgummipolierer, Edelsteinpolierer, Wachspolierer

[scheuck]

Als sicher kann man allerdings ansehen, dass er die Korken in der schwiegerelterlichen Korkschneiderei/Korkenfabrik nicht poliert haben wird

[Anna Sara Weingart]

Hauptsache er hat die Braut nicht poliert.

[scheuck]

Hauptsache er hat die Braut nicht poliert.

Hoffen wir's mal - Scheint aber ein beliebter Beruf gewesen zu sein, der Bruder ist auch ein Polierer!

[Forschi]

Als sicher kann man allerdings ansehen, dass er die Korken in der schwiegerelterlichen Korkschneiderei/Korkenfabrik nicht poliert haben wird

Aber wie ich, angeregt von diesem Thema, gerade beim Gugeln festgestellt habe, kann und konnte man schon früher mit Korken/Kork sehr gut polieren.

[scheuck]

Stimmt, Forschi, beim Lesen Deines Beitrags ist mir eben eingefallen, dass meine Mutter früher mit Korken immer den Messer-Klingen zu Leibe gerückt ist, die natürlich damals nicht aus Edelstahl waren und ewig "anliefen"

Lass uns aber festhalten, mit den Korken aus dem schwiegerelterlichen Betrieb konnte man kein Holz polieren (glaub ich jedenfalls nicht).

Sei bedankt!

[Anna Sara Weingart]

Lexikon 1904, Stichwort Polieren - http://www.zeno.org/Lueger-1904/A/Po...ge,+-maschinen

Zitat:
"... Die für das Polieren notwendige Bewegung zwischen Arbeitsstück und Poliermittel bezw. Poliermittelträger kann erfolgen: ...
c) Bei unregelmäßig gestalteten Gegenständen läßt man den Poliermittelträger sich bewegen der die Form rotierender Scheiben (Polierscheiben) ... besitzt. ....
An Scheiben finden Verwendung: ...
Korkscheiben werden aus gepreßtem Kork hergestellt, zeichnen sich durch große Elastizität aus. ..."

[scheuck]

Nicht zu glauben , sei bedankt!

Inzwischen glaube ich nicht mehr an den heute üblichen "Polier", sondern eher an ein ausgeklügeltes "Familien-System":

Mutter Elisabeth hat die Korken im eigenen Betrieb geschnitten oder was auch immer
Sohn Friedrich hat sie neben Zigarren, Zigaretten und Kellereiartikeln im eigenen Laden verkauft (Adressbuch Celle 1927/1928)
und Schwiegersohn Sonnenberg hat damit irgendwas poliert

[wowebu]

So ist es Scheuck,

mein Urgroßonkel 3. Grades war Möbelpolierer und damit eindeutig bezeichnet.
Noch eine kleine Ergänzung zu Anna Sara Weingart: Der Polier heute auf dem Bau entspricht mit der Qualifikation etwa dem Meister in der Industrie oder dem Handwerksmeister.