Lesehilfe Latein

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  • Frank Böhm
    Erfahrener Benutzer
    • 01.05.2009
    • 263

    [gelöst] Lesehilfe Latein

    Quelle bzw. Art des Textes: Kirchenbuch (Trauungen)
    Jahr, aus dem der Text stammt: 1735
    Ort/Gegend der Text-Herkunft: Eybenberg/Böhmen


    Hallo,

    wer kann mir den folgenden Text übersetzen? Ich kann leider nicht Latein...

    oo Josef LEICHT 1735.jpg
    Zuletzt geändert von Frank Böhm; 14.12.2010, 22:41.
  • henrywilh
    Erfahrener Benutzer
    • 13.04.2009
    • 11784

    #2
    Die eine oder andere Formel krieg ich nicht hin, aber das Wesentliche müsste stimmen - und wir wissen ja, wer gottseidank noch vorbeischauen wird.

    Nach vorausgeschickten drei Aufgeboten an drei aufeinander folgenden Sonntag habe ich ... Godfrid Diesner, hiesiger Pfarrverweser öffentlich befragt und im Angesicht der Kirche ... getraut:
    den ehrenhaften Junggesellen Johann Joseph, legitimer Sohn des Andreas Leicht, und die tugendsame Jungfer Anna Rosina, legitime Tochter des Johann Christoph [Familienname fehlt?].
    In Gegenwart der Zeugen:
    Johann Friedrich Fuchs, Bürger und Bergmann, und Johann David Bauer, Bergmann, beide in Grosliz ...
    Schöne Grüße
    hnrywilhelm

    Kommentar

    • Frank Böhm
      Erfahrener Benutzer
      • 01.05.2009
      • 263

      #3
      Hallo Henry,

      Könnte der Vater der Braut den Familiennamen Christoph oder Christophori haben?

      Kommentar

      • j.steffen
        Erfahrener Benutzer
        • 18.04.2006
        • 1425

        #4
        Hallo,
        ein fossor ist wörtlich ein Gräber, das kann durchaus ein Bergmann sein, wird aber auch für einen Landmann gebraucht, der einfach den Boden umgräbt; kommt also auf die Region an.
        MfG,
        j.steffen

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        • aliasali
          Benutzer
          • 11.12.2010
          • 55

          #5
          Salvete!

          Noch ein paar Anmerkungen zur Übersetzung:
          Text Z. 1: promisssis, nich praemissis; daher "vorausgeschickten" streichen
          Z.2 Anfang: post missarum sol(l)emnia "nach den Messfeierlichkeiten"
          Z.2 Ende: Curatus Can(onicus): Ist "Pfarrverweser" amtlich? "hiesiger" ist freie Ergänzung
          Z. 3/4 : honestus,-a: "ehrsam" wäre etwas "wörtlicher".
          Z. 5: Ich würde auch für einen Familiennamen Christopher plädieren.
          Z 5/6 eos in facie Eccl(es)iae per (Z.6) verba de praesenti copulavi "ich habe sie im Angesicht der Gemeinde durch die Worte (des Ehesakraments: Sakrament natürlich nur, falls katholisch) mit sofortiger Wirkung(? de praesenti) verehelicht".
          Z. 7 Der Einwand, daß fossor "Gräber" auch andere Bedeutungen haben kann (sogar "Leichengräber"), ist zwar richtig, aber in Böhmen ist "Bergmann" doch wohl angebracht.
          Z.8 his in celebratione missa<e> benedixi "diesen habe ich in der Meßfeier den Segen erteilt".

          Valete!

          PS: Kann mir, dem Neuling, jemand erklären, wie m,an eine Anfrage postiert?

          Kommentar

          • Frank Böhm
            Erfahrener Benutzer
            • 01.05.2009
            • 263

            #6
            Vielen Dank allen Helfern!

            Der Bräutigam war in der Tat Bergmann, die Trauung war eine katholische.

            Kommentar

            • Kögler Konrad
              Erfahrener Benutzer
              • 19.06.2009
              • 4848

              #7
              Lieber aliasali, mit den lateinischen Verbesserungen hast du schon meistens Recht,
              aber einige Lesefehler bringen dich auf die falsche Bahn.

              Text Z. 1: promisssis, nich praemissis; daher "vorausgeschickten" streichen

              Es heißt tatsächlich praemissis. promittere - versprechen gäbe doch gar keinen Sinn.
              Zum ae vergl. unten de praesenti oder praesentibus

              also das Ganze: praemissis tribus denuntiationibus factis tribus continuis dominicis -
              nachdem drei Verkündigungen vorausgegangen waren, die an drei aufeinander folgenden
              Sonntagen erfolgten,...




              Z.2 Ende: Curatus Can(onicus): Ist "Pfarrverweser" amtlich? "hiesiger" ist freie Ergänzung

              Es heißt aber: Curatus loci - Verweser des Ortes; also doch hiesiger..


              Z. 3/4 : honestus,-a: "ehrsam" wäre etwas "wörtlicher", ehrbar aber die gängige Floskel

              fossor als Erzgräber, Bergmann ist klar.

              Gruß Konrad

              Kommentar

              • aliasali
                Benutzer
                • 11.12.2010
                • 55

                #8
                Lieber Konrad,

                [quote=Kögler Konrad;371094]Lieber aliasali, mit den lateinischen Verbesserungen hast du schon meistens Recht,
                aber einige Lesefehler bringen dich auf die falsche Bahn.

                Text Z. 1: promisssis, nich praemissis; daher "vorausgeschickten" streichen

                Es heißt tatsächlich praemissis. promittere - versprechen gäbe doch gar keinen Sinn.
                Zum ae vergl. unten de praesenti oder praesentibus

                also das Ganze: praemissis tribus denuntiationibus factis tribus continuis dominicis -
                nachdem drei Verkündigungen vorausgegangen waren, die an drei aufeinander folgenden
                Sonntagen erfolgten,...
                Ich bleibe vorerst bei promissis, da sonst factis völlig überflüssig wäre. Der abl. abs. ist tatsächlich nicht ganz unproblematisch. Vielleicht etwa so: "nachdem das Eheversprechen (promissa,-orum ntr.) durch drei öffentliche Ankündigungen (tribus enuntationibus) gemacht worden war", was so viel heißt wie "nachdem das Aufgebot dreimal bestellt worden war".


                Z.2 Ende: Curatus Can(onicus): Ist "Pfarrverweser" amtlich? "hiesiger" ist freie Ergänzung

                Es heißt aber: Curatus loci - Verweser des Ortes; also doch hiesiger..
                loci ist zwar verlockend, aber curatus ist eben nicht curator und braucht deswegen ein Bezugssubstantiv. Es sei denn es liegt eine Ellipse vor.

                Z. 3/4 : honestus,-a: "ehrsam" wäre etwas "wörtlicher", ehrbar aber die gängige Floskel.
                Da kann ich "ehr- und tugendsam" dagegenhalten.

                fossor als Erzgräber, Bergmann ist klar.
                Kein Einwand. War ja auch nur Kommentar zu den weiter oben geäußerten Bedenken.

                Gruß aliasali

                Kommentar

                • Kögler Konrad
                  Erfahrener Benutzer
                  • 19.06.2009
                  • 4848

                  #9
                  Lieber alsali!

                  Ich weiß nicht, ob ich mich näher auf deine lat. Übersetzung einlassen soll.
                  Gut, ich erkläre dir einmal meine Konstruktion.

                  1. Es heißt zweifelsohne praemissis, davon gehe ich nicht ab,
                  die Parallelen zu ae habe ich schon aufgezeigt (praesenti)

                  Es geht also an mit einem ablativus absolutus:

                  Praemissis tribus denuntiationibus - nachdem drei Verkündigungen vorgeschickt worden waren

                  Jetzt kommt ein participium coniunctum (so heißt es doch oder?): factis bezogen auf denuntiationibus
                  Das geht doch, oder? Ich übersetze dies mit Relativsatz: die gemacht wurden, stattgefunden haben

                  und jetzt bleibt noch: tribus dominicis - Da meine ich, es sei ein Ablativ der Zeit. Wann?

                  Ich komme da mit meinen bescheidenen Lateinkenntnissen wunderbar hin.

                  Zu deiner Übersetzung:
                  a) Heißt promissa, orum - Eheversprechen?
                  b) Werden die Eheversprechen durch drei öffentliche Ankündigungen gemacht?

                  Jetzt noch zum curatus.

                  Das mit dem curatus bzw. curator nehme ich nicht so genau. Ich fasse curatus nicht als Partizip auf, sondern als
                  Amtstitel.

                  Der curator wird gebraucht im weltlichen Bereich als Verweser, Pfleger,
                  und der curatus, i im kirchlichen Bereich als Kurat.

                  Der curatus loci ist demnach ein Kurat des Ortes oder ein Ortskurat.
                  Ähnlich: parochus loci - der Ortspfarrer

                  Ein Bezugssubstantiv brauche ich da nicht und ich muss auch keine Ellipse bemühen.

                  Auf ehrsam oder -bar möchte ich mich nicht weiter einlassen. Das ist gehupft wie gehupft.

                  ehr- und tugendsam ist klar. Aber sagt man auch ein ehrsamer Jüngling? Da gefällt mir einfach ehrbar besser
                  und ist mir so geläufig. Wenn du anders möchtest, habe ich nichts dagegen.

                  Auch wenn du andere und bessere Lateinkenntnisse hast, muss ich das anerkennen.
                  Ich koche auch nur mit Wasser.

                  Gruß Konrad

                  Kommentar

                  • Frank Böhm
                    Erfahrener Benutzer
                    • 01.05.2009
                    • 263

                    #10
                    Alle Lateinspezialisten ein herzliches Dankeschön!

                    Kommentar

                    • aliasali
                      Benutzer
                      • 11.12.2010
                      • 55

                      #11
                      Lieber Frank,
                      Dein Dank klingt etwas genervt.

                      Nur noch zwei Sätze an die Adresse von Konrad:
                      Der Schein trügt, wenn Du glaubst, ich sei unbelehrbar. Nur, die richtigen Argumente müssen es sein:

                      1. prXmissis: es hätte gereicht, auf prXmissis tribus promulgationibus in einem anderen Dokument dieses Forums hinzuweisen, wo X=ae tatsächlich zwingend ist; das zusätzliche factis ist wohl mit der Zeitangabe zusammenzuziehen "die an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen stattgefunden haben". (Die paläographische Argumentation war unzureichend: die Lesung "o" war dadurch nicht auszuschließen!)

                      2. Bei curatus hatte ich eine nun behobene Kenntnislücke; aber warum nicht einfach der Hinweis: Curat "stellvertretender mit der Seelsorge beauftragter Geistlicher; Seelsorger unter Aufsicht eines Pfarrers" ?


                      Gruß an Euch beide,
                      aliasali

                      Kommentar

                      • Frank Böhm
                        Erfahrener Benutzer
                        • 01.05.2009
                        • 263

                        #12
                        Zitat von aliasali Beitrag anzeigen
                        Lieber Frank,
                        Dein Dank klingt etwas genervt.

                        ...aliasali
                        Hä???

                        Ich bin froh, dass mir einige Mit-Forianer diesen nicht einfach zu lesenden Text übertragen konnten. Da ich kein Latein kann, bin ich über fachmännische Hilfe natürlich dankbar. Was soll daran genervt sein?

                        Kommentar

                        • Frank Böhm
                          Erfahrener Benutzer
                          • 01.05.2009
                          • 263

                          #13
                          Noch eine abschließende Frage an alle Lateiner:

                          Die Namen der Brauteltern werden wohl im Genitiv angegeben. Ich bin immer noch unschlüssig, ob der Vater der Braut den Familiennamen Christoph, Christopher oder Christophori hatte.

                          Wie wären denn zu diesen 3 Namen die entsprechenden Genitive?

                          Danke schon mal.

                          Kommentar

                          • henrywilh
                            Erfahrener Benutzer
                            • 13.04.2009
                            • 11784

                            #14
                            Also da steht: Johannis Christophori
                            Das ist der Genitiv von Johannes Christophorus.

                            Wenn wir, was vernünftig ist, voraussetzen, dass der FN angegeben ist, ist dieser FN: Christophorus.
                            Schöne Grüße
                            hnrywilhelm

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                            • aliasali
                              Benutzer
                              • 11.12.2010
                              • 55

                              #15
                              Eine lateinische Form des Familiennamens, also "Christophorus", ist nicht unmöglich. Der Mensch kann aber auch einfach "Christopher" oder in Kurzform "Christoph" oder "Christoffel" oder "Stoffel" geheißen haben. Für die Verwendung in einem lateinischen Text werden all diese abgeleiteten Namensformen in die Ursprungsform Christophorus zurückgebildet (, falls der Lateinschreiber sein Metier beherrscht). Daraus beantwortet sich die Frage nach dem lateinischen Genetiv. Er heißt korrekterweise immer: Christophori. Der tatsächliche Familienname aber ist nur mit Hilfe nicht-lateinischer Quellen festzustellen.
                              Gruß, aliasali

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