Kurzer religiöser Exkurs zu den Mormonen

[Balbina]

Da die Diskussion unter http://forum.ahnenforschung.net/showthread.php?t=37244 auf ein anderes Thema abgerutscht ist, was vielleicht doch einige interessiert, hier eine kurze Erläuterung dazu.

Es scheint wohl so, dass die Mormonen (Bei Family-Search ist es die größte Mormonengruppe mit dem Namen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) die Daten auf der ganzen Welt nicht nur sammeln um selber Familienforschung zu betreiben und auch Anderen zur Verfügung zu stellen, sondern anscheinend auch um die Verstorbenen im Nachhinein zu Mormonen zu taufen.

Mein anfänglicher Unglauben (ich bin nicht sonderlich religiös und sehr tolerant was andere Religionen angeht - solange sie mich nicht bekehren wollen) ließ dann doch soviel Neugier übrig, dass ich mal geguckt habe wie das so aussieht.

Anscheinend ist dem wirklich so .. bei Wikipedia gibt es da einige Informationen dazu .. und die Mormonen stützen sich damit auf eine Bibelstelle aus dem neuen Testament:
Totentaufe im Neuen Testament

Das Neue Testament kennt den Begriff der Totentaufe im Zusammenhang einer Frage des Apostels Paulus im 1 Kor 15,29 LUT als eine stellvertretende Handlung für einen Toten. Diese Art der Taufe wird auch als „Vikariatstaufe“ bezeichnet.

An der Stelle verstand ich dann auch warum manche Kirchen etwas dagegen haben. ....
.... nicht dass ich Verständnis dafür hätte ....

Notwendig zur stellvertretenden Taufe für den Verstorbenen (wie die Totentaufe bei den Mormonen offiziell genannt wird) ist nach mormonischem Glauben allein die Kenntnis des korrekten Namens sowie der Geburts- und Sterbedaten.

Nun ja ....


Und dann fand ich:

Da das ewige Leben nur der erlangen könne, der getauft sei, jedoch viele bereits verstorbene Menschen nie die Möglichkeit hatten, sich in dieser Kirche taufen zu lassen, soll ihnen durch die stellvertretende Taufe der Weg zum ewigen Leben ermöglicht werden. Der Verstorbene entscheide dann im Jenseits selbst, ob er die ihm solchermaßen zugedachte Taufe auch annehmen will.

Also .. nur keine Panik.
Nach dem Glauben der Mormonen hat der Verstorbene im Jenseits Entscheidungsfreiheit.

So gesehen .. *schulterzuck* .. kann es eigentlich jedem egal sein.
Die Einen halten es eh alles für Humbug .. und die Anderen können sich mit der Entscheidungsfreiheit trösten.
Die einzigen, die evtl. etwas dagegen haben könnten sind die großen Kirchen, die vielleicht. befürchten, dass sich ihre Schäflein posthum umentscheiden.


Gruß

Balbina



(Quellen: Wikipedia)

[Xtine]

Hier findet man Informationen aus erster Hand.
Mormonen - Kirche Jesu Christie der letzen Tage (deutsch)

Bei Suche "stellvertretende Taufe" (mit ""!!) eingeben.


P.S. Bin übrigens erzkatholisch

[Kasstor]

Ist der Suchbegriff im Dialekt geschrieben oder soll es stellvertretende Taufe heißen ?
Gruß

[Carlton]

Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass für lebende Mormonen, die einen toten Ahnen/Verwandten taufen lassen wollen, der Spaß ziemlich teuer ist. Denn sie müssen die Totentaufe mit allem 'Drumherum' aus eigener Tasche bezahlen. Und in Deutschland sind diese Taufen nur im Frankfurter Bereich möglich, das dort ihr Tempel steht.

[Der Suchende]

Mormonen

Hallo,
der Tempel der Mormonen ist in Friedrichsdorf.
Ich hab ihn schon gesehen.
Viele Grüße
Heinrich

[Xtine]

Ist der Suchbegriff im Dialekt geschrieben oder soll es stellvertretende Taufe heißen ?
Gruß

Der Tippfehler ist korrigiert

[TRTiger]

Hallo Balbina,

danke für die aufschlussreichen Hinweise zu den Beweggründen der Mormonen für die Sammlung von alten Kirchenbüchern. Ich wiege mich in Sicherheit, da ich, wie 99% meiner bisherigen Ahnen, katholisch getauft sind. *Blasphemiean* Aber wer weiss, wenn die Schlange ins Paradies bei den Mormonen am kürzesten ist, vielleicht lohnt es sich, sich eine religiöse Hintertür offen zu halten *Blasphemieoff*

Mit besten Grüßen
Tigger

[Hibbeln]

Über die Einstellung der Mormonen zur "Taufe im Jenseits" kann man geteilter Meinung sein.
Es ist auch einfach zu sagen:

"Was soll es denn, die im Jenseits befindlichen können sich ja frei entscheiden, ob sie die Taufe annehmen oder nicht."

Anders wird die Einstellung des Einzelnen zu diesen Praktiken sicherlich sein, wenn er in der Datenbank einen von den Mormonen zu deren Glauben Getauften findet, mit dem er persönlich verwandt oder gut bekannt war.

Wenn er weiss, dass der Bekannte oder Verwandte in seinem irdischen Leben sein Seelenheil in seinem Glauben, egal welcher Religion, gefunden hat und nach den Regeln seiner Religon gelebt hat.
Ist es ihm dann immer noch egal, dass der Verstorbene ja die freie Entscheidung hat die Taufe anzunehmen oder nicht?
Wie ist es mit der Rücksichtnahme auf die Nachkommen, die keinerlei Verbindung zu den Mormomen haben, die nicht möchten, dass ihr Verwandter zum Glauben der Mormonen nach dem Ableben getauft wird?

Wie sieht es mit Juden aus, die im KZ umgebracht worden sind wegen ihres Glaubens und nun plötzlich bei den Mormonen getauft werden?

Dieter

[Balbina]

............

Wie sieht es mit Juden aus, die im KZ umgebracht worden sind wegen ihres Glaubens und nun plötzlich bei den Mormonen getauft werden?

Dieter

Ich stell mir grade vor, wie sie eine Augenbraue hochziehen und sich dezent an die Stirn tippen.

Nimm es nicht so ernst.

Versuch es abstrakter zu sehen.
Wenn da nach dem Tod nichts mehr ist, garnichts mehr, oder nichts was sich für solche Problematik interessiert, (ein Gedankengang, der mir sehr nahe ist), dann braucht sich auch niemand Sorgen um seine Verstorbenen zu machen .. und die Mormonen machen sich relativ lächerlich mit ihren gutgemeinten aber arroganten Bemühungen.
Weil, wichtig war nur was vor dem Tod war.

Sollte es so sein, dass Verstorbene im Jenseits an solchen Dingen Interesse haben und auch Entscheidungsfreiheit haben, wovon die Mormonen ausgehen, dann kann er seine Entscheidung fällen wie er will.
Dann dürften auch noch lebende Freunde und Nachfahren nicht dreinreden

Wenn es Dich bedrückt, weil es gegen Dein religiöses Empfinden ist, dann stell Dir die Reaktionen der Verstorbenen auf diese Anmaßung vor!



Liebe Grüße

Balbina

[roi]

Nachdem ich mich schon länger mit dem Glauben der Mormonen beschäftigt habe, finde ich es normal und verständlich, dass die Kirchen zu einer weiteren Zusammenarbeit nicht bereit sind, sondern wundere mich eher, dass sie die Verfilmungen früher erlaubt haben.
Bilslang habe ich gedacht, praktisch alle Leute, die in den Dateien der Mormonen zu finden sind, wären dieser "Totentaufe" unterzogen worden. Dass Mitglieder der Kirche Geld zahlen, um ihre Ahnen taufen zu lassen, wusste ich nicht. Stimmt mich allerdings optimistisch, weil ich zwar weiß, dass es den Toten nicht schaden kann - aber etliche meiner evangelischen und katholischen Vorfahren hätten so ein Ansinnen entrüstet abgewiesen und ich finde es einfach respektlos, mit Vorfahren so umzugehen.
Ich wäre auch neugierig zu wissen, ob dann über diese nachträglichen Taufen Buch geführt wird. Theoretisch könnte ja der gleiche Mensch als Vorfahr von etlichen Mormonen zur Taufe eingereicht werden - oder ist das dnn auch egal?

[karlfriedrich]

Nachdem ich mich schon länger mit dem Glauben der Mormonen beschäftigt habe, finde ich es normal und verständlich, dass die Kirchen zu einer weiteren Zusammenarbeit nicht bereit sind, sondern wundere mich eher, dass sie die Verfilmungen früher erlaubt haben.

Aber sagen wir mal so, hätten die Mormonen vor dem Zweiten Weltkrieg nicht noch viele Kirchenbücher verfilmt, wie hätte man dann heute noch eine Chance, an seine Vorfahren zu kommen - denken wir an die Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten. Kirchenbücher wurden zerstört, an weitab entfernte Orte transportiert und verschwanden in privaten Haushalten. Und durch die Mikrofilme haben Ahnenforscher wenigstens noch eine Chance.

Kann deshalb nicht verstehen, warum manche Kirchen sich weigern, mit den Mormonen zusammenzuarbeiten. Wenn sie das Geld ausgeben wollen, um die Kirchenbücher zu sichern, sollen sie es doch machen. Viele Gemeinden haben die ausreichenden Finanzen nicht.

Und zu den obigen Bedenken wegen den Taufen: Es steht ganz deutlich in den Nutzungsbedingungen, dass man keine Daten von Personen, die nicht mit einem verwandt sind, auch nicht von Prominenten oder eben jüdischen Holocaust-Opfern angeben darf.

[Ahrweiler]

Hallo zusammen
Recht interessant was ich da so von den Mormonen lese.Ich sage immer so jeder Mensch soll mit der von ihm gewählten Religion glücklich werden.Ob es blasphemisch ist einer anderen Religion als der kath.zugehöhrig zu sein wird dann der "jüngste Tag" zeigen wo wir ja auferstehn sollen.Ich pers.glaube nicht daran ,dass es im Sinne von Jesus Christus war was so manche christliche Religion betreibt bzw.bestrieben hat.Denn mit Feuer und Schwert einen Glauben den Mdenschen einzubleuen ist glaube ich nicht der richtige Weg der da beschritten wurde von den damaligen religiösen Fanatikern.Auch glaube ich nicht daran das Jesus es wollte,dass seine Priester unbeweibt bleiben.Man sieht ja was jetzt herausgekommen ist.Auch glaube ich nicht daran das ein gläubiger Jude im Jenseits die Taufe der Mormonen annimmt.Fest steht jedoch für uns alle egal ob wir Juden,Christen,Moslems,Buddhisten usw.sind dass wir bei der Auferstehung merken werden ob wir bei der richtigen Religion waren.Aber ich glaube dass unser Herrgott so gütig sein wird und uns alle in sein Reich das da kommen wird aufnimmt und uns damit das ewige Leben schenkt.
Liebe Grüße
Franz Josef

[Mats]

Nachdem ich mich schon länger mit dem Glauben der Mormonen beschäftigt habe, finde ich es normal und verständlich, dass die Kirchen zu einer weiteren Zusammenarbeit nicht bereit sind, sondern wundere mich eher, dass sie die Verfilmungen früher erlaubt haben.

So viele Möglichkeiten wie heut gabs wohl früher nicht.
In dem Sinn war es für beide eine nützliche Angelegenheit: Die Mormonen sorgen für die Verfilmung und behalten als Bezahlung eine Kopie.

So haben die Kirchen kostengünstig ihre Bestände archiviert.

Das Landeskirchenamt in Bielefeld hat früher auch bei den Mormonen verfilmen lassen. Momentan schicken sie die KB nach Holland.

Ob da ein paar Schäfchen abhanden gekommen sind?

[Hibbeln]

Balbina,
wenn Du Dir meinen Beitrag aufmerksam und sorgfältig durchgelesen hättest ,dann sollte Dir aufgefallen sein, dass ich einfach nur einfach versucht habe mit sachlichen Argumenten die Daten-Sammelwut der Mormonen zu betrachten.
Ich bin da nicht religiös empfindsam, aber ich binn allergisch gegen "oberlehrerhafte Belehrungen".

Dieter

[Balbina]

Balbina,
wenn Du Dir meinen Beitrag aufmerksam und sorgfältig durchgelesen hättest ,dann sollte Dir aufgefallen sein, dass ich einfach nur einfach versucht habe mit sachlichen Argumenten die Daten-Sammelwut der Mormonen zu betrachten.
Ich bin da nicht religiös empfindsam, aber ich binn allergisch gegen "oberlehrerhafte Belehrungen".

Dieter

Tut mir leid, Dieter, ich wollte nicht oberlehrerhaft rüberkommen.
Dein Beitrag klang, als würdest Du Dir vor allem dadrüber Sorgen machen was Bekannte/Angehörige von Verstorbenen aus der Datenbank denken, wenn sie diesselben dort finden. Und es klang auch persönlich betroffen.

Ich wollte einfach nur mit bisschen Humor zeigen, dass die Sorge unbegründet ist.
Ich hätte es um einiges krasser ausgedrückt, wenn ich nicht davon ausgehen müsste, dass hier auch Mormonen mitlesen und schreiben, und ich generell keinen Glauben unnütz angreife.

Gruß

Balbina