Ortsfamilienbuch oder nicht?

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  • Uwe
    • Heute

    Ortsfamilienbuch oder nicht?

    Hallo zusammen,

    ich bräuchte mal Eure geschätzte Meinung. Ich plane im Zuge meiner Familienforschung gerade die Erstellung eines Ortsfamilienbuch. Das Problem dabei ist, daß die Ortschaft Standort eines Gutes war, das zahlreiche Wanderarbeiter aus der Region anzog und für begrenzte Zeit beschäftigte. Die Zahl dieser Arbeiter und ihrer Familien ist weitaus größer als die Zahl der alteingesessenen Familien, die mehrere Generationen lang im Ort wohnten.

    Wie würdet ihr in diesem Fall vorgehen? Einfach eine Einwohnerliste erstellen oder ein traditionelles OFB mit einer langen Liste ortsfremder Personen? Wenn ich die Wanderarbeiter weglasse, dann stellt sich natürlich die Frage, nach wievielen Monaten eine Person Teil der "Ortsfamilie" wurde. Ein Jahr? Zwei Jahre?

    Danke!
    Gruß Uwe
    Zuletzt geändert von Gast; 28.06.2021, 21:08.
  • consanguineus
    Erfahrener Benutzer
    • 15.05.2018
    • 5533

    #2
    Hallo Uwe,

    ich meine, sobald jemand im Ort "Spuren hinterlassen hat", gehört er dazu und könnte ins OFB aufgenommen werden. Wenn ein Wanderarbeiter etwa in der Dorfkirche ein Kind taufen läßt, wenn er im Dorf begraben wird. So etwas eben. Jemand, der ins Dorf zieht, dort zwei Jahre arbeitet und wieder wegzieht, ist ein "Gastarbeiter", um diese schöne, heute in Vergessenheit geratene Bezeichnung für Arbeitskräfte zu gebrauchen, die nicht gekommen sind um dauerhaft zu bleiben. Ich denke, letzteren Personenkreis brauchst Du nicht aufzunehmen.

    Viele Grüße
    consanguineus
    Suche:

    Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
    Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
    Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
    Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
    Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
    Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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    • Andre_J
      Erfahrener Benutzer
      • 20.06.2019
      • 1908

      #3
      Hallo Uwe,

      du verrätst nicht, aus welchen Quellen du dien Buch erstellst.

      Wenn die Wanderarbeiter mit Taufen, Heiraten und Sterbefällen "aktenkundig" werden, würde ich sie alle mit reinnehmen. Denn diese Amtshandlungen sind dann höchstwahrscheinlich nur hier in den Akten.

      Aber auch wenn du nur Meldeunterlagen hast, lohnt sich die Arbeit. Dann brauchst du dir keine Gedanken zu machen, wer nun dazu gehört und wer nicht. Die Kinder der Ortsansässigen zogen ja auch zur Lehre in die Fremde, und kehrten teilweise später zurück.
      Zuletzt geändert von Andre_J; 28.06.2021, 21:29.
      Gruß,
      Andre

      Kommentar


      • #4
        Hallo consanguineus und Andre,

        danke erstmal für Eure Denkanstösse. Ich werde mal auf die Schnelle auf ein paar Punkte eingehen und in den nächsten Tagen noch etwas detaillierter. Momentan haben wir eine Hitzewelle mit +45 Grad Celsius und mein Hirn funktioniert nur eingeschränkt...


        Zitat von Andre_J Beitrag anzeigen
        du verrätst nicht, aus welchen Quellen du dies Buch erstellst.
        Alles was ich kriegen kann: katholische und evangelische KB, Standesamtsregister, Grundakten, Gutsarchive, etc. . Ich versuche die Geschichte der Ortsbevölkerung von ca. 1740 bis 1945 nachzuvollziehen.


        Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
        Ich denke, letzteren Personenkreis brauchst Du nicht aufzunehmen.
        Ja, sehe ich genauso. Sofern die Leute überhaupt keine Spuren in den Kirchenbüchern oder Standesamtsregistern hinterlassen haben, macht es natürlich wenig Sinn sie ins OFB aufzunehmen.

        Zitat von Andre_J Beitrag anzeigen
        Wenn die Wanderarbeiter mit Taufen, Heiraten und Sterbefällen "aktenkundig" werden, würde ich sie alle mit reinnehmen.
        Okay, aber was ist zum Beispiel mit Wanderarbeitern die in den Ort kommen, dort ein Kind bekommen und nach einem Monat wieder verschwinden? Haben solche Geburten tatsächlich was in einem Ortsfamilienbuch zu suchen? Leider gibt es zahlreiche solcher Fälle, die nach einigen Wochen urplötzlich in einem anderen Ort auf einem anderen Gut wieder auftauchen.


        Zitat von Andre_J Beitrag anzeigen
        Denn diese Amtshandlungen sind dann höchstwahrscheinlich nur hier in den Akten.
        Guter Punkt. Daran hatte ich bisher noch nicht gedacht.

        Viele Grüße aus Oregon
        Uwe
        Zuletzt geändert von Gast; 28.06.2021, 23:02.

        Kommentar

        • consanguineus
          Erfahrener Benutzer
          • 15.05.2018
          • 5533

          #5
          Hallo Uwe,

          Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
          Sofern die Leute überhaupt keine Spuren in den Kirchenbüchern oder Standesamtsregistern hinterlassen haben, macht es natürlich wenig Sinn sie ins OFB aufzunehmen.
          Wanderarbeiter könnten sehr wohl als Paten im Kirchenbuch erwähnt werden. Dann haben sie zwar eine Spur hinterlassen, aber meines Erachtens keine, die es unter normalen Umständen wert wäre, erwähnt zu werden.

          Viele Grüße
          consanguineus
          Suche:

          Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
          Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
          Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
          Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
          Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
          Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

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          • mini
            Erfahrener Benutzer
            • 19.12.2008
            • 376

            #6
            Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
            Hallo consanguineus und Andre,


            Okay, aber was ist zum Beispiel mit Wanderarbeitern die in den Ort kommen, dort ein Kind bekommen und nach einem Monat wieder verschwinden? Haben solche Geburten tatsächlich was in einem Ortsfamilienbuch zu suchen? Leider gibt es zahlreiche solcher Fälle, die nach einigen Wochen urplötzlich in einem anderen Ort auf einem anderen Gut wieder auftauchen.



            Viele Grüße aus Oregon
            Uwe
            Hallo Uwe,

            auf jeden Fall gehören die in ein Ortsfamilienbuch. Stell Dir vor, Du hast Vorfahren, die ziemlich viel von A nach B herumreisten und später in F landeten. Da würdest Du Dich freuen, wenn Du irgendwann mal in einem OFB auf Deinen Familiennamen stößt und Du eventuelle Wanderbewegungen/ Umzüge nachvollziehen kannst. Ich erstelle auch einige OFB´s. Da wird jeder mit ins Buch eingepflegt. Auch die, die als Paten vermerkt sind und nur kurz im betreffenden Ort wohnen und dadurch gar keine Kirchenhandlungen hatten. Als konkretes Beispiel fällt mir dazu gerade ein Schullehrer ein, der immer nur Pate ist, aber ansonsten überhaupt nicht in den Büchern vorkommt.
            Zuletzt geändert von mini; 28.06.2021, 23:37.
            Schöne Grüße

            mini


            Suche: Johann Christoph Hacke, Uhrmacher, + vor 1761 in Halberstadt

            Kommentar


            • #7
              Hallo mini,

              Zitat von mini Beitrag anzeigen
              ...eventuelle Wanderbewegungen/ Umzüge nachvollziehen...
              Die Region, um die es bei mir geht, ist der Großraum Bromberg. Dort gab es eine Vielzahl von Gütern und eine große Zahl von jungen Wanderarbeitern, die - wie es in einem Buch mal so schön beschrieben wurde - mit einem Wanderzirkus zu vergleichen waren. Die drehten ihre Runden, kriegten hier mal ein Kind, da mal ein Kind (gerne auch unehelich), verschwanden wieder aus dem Ort und kehrten nach einem Jahr dorthin zurück, nur um nach einigen Monaten wieder weiterzuziehen. Wie bringst Du diese Leute in einem traditionellen OFB unter? Das kann man doch fast nur als chronologisches Einwohnerverzeichnis umsetzen, um ein völliges Chaos zu vermeiden. Oder man ist bereit, eine ganze Batterie von Ortsfamilienbüchern, die der Route dieses Wanderzirkuses folgen, zu erstellen.

              Danke für Deine Antwort übrigens!

              Viele Grüße
              Uwe

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              • Andre_J
                Erfahrener Benutzer
                • 20.06.2019
                • 1908

                #8
                Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
                Wie bringst Du diese Leute in einem traditionellen OFB unter? Das kann man doch fast nur als chronologisches Einwohnerverzeichnis umsetzen, um ein völliges Chaos zu vermeiden.
                Ja, darauf läuft es hinaus. Konzentrier dich erstmal nur auf einen Ort umd seine Dokumente. Die Paten und Zeugen müssen übrigens nicht im gleichen Ort wohnen. Aber wer einen ausgefallenen Namen sucht, ist froh, wenn er ein Lebenszeichen als Pate oder Zeuge findet.

                In meiner Gegend sind übrigens die Küster die Spitzenreiter in der Patenstatistik.
                Gruß,
                Andre

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                • Su1963
                  Erfahrener Benutzer
                  • 08.01.2021
                  • 1243

                  #9
                  Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
                  ...Dort gab es eine Vielzahl von Gütern und eine große Zahl von jungen Wanderarbeitern, die - wie es in einem Buch mal so schön beschrieben wurde - mit einem Wanderzirkus zu vergleichen waren. Die drehten ihre Runden, kriegten hier mal ein Kind, da mal ein Kind (gerne auch unehelich), verschwanden wieder aus dem Ort und kehrten nach einem Jahr dorthin zurück, nur um nach einigen Monaten wieder weiterzuziehen.

                  Zwischen Menschen erster und zweiter Klasse - also ortsansässigen und aus der Not heraus wandernden - zu unterscheiden finde ich keineswegs angemessen. Das atmet die Zeit, aus der viele Ortsfamilienbücher stammen, und die wir heutzutage hoffentlich schon überwunden haben.


                  Auch Wanderarbeiter haben eine Nachvollziehbarkeit ihrer Lebenswege verdient, auch wenn - oder gerade weil - die sich über viele Orte verteilen


                  Gruß, Susanna
                  Zuletzt geändert von Su1963; 29.06.2021, 10:04. Grund: Tippfehler korr.

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                  • Garfield
                    Erfahrener Benutzer
                    • 18.12.2006
                    • 2142

                    #10
                    Hallo

                    Also für mich persänlich ist ganz klar, dass bei einem Ortsfamilienbuch alles rein gehört, was mit dem Ort zu tun hat. Und Leute, die halt nur für ein paar wenige Wochen in diesem Ort waren, waren Teil davon. Für mich gehören da also alle Personen rein, die aktenkundig waren.

                    Und wie andere bereits geschrieben haben: Familien, die viel umherzogen, findet man nur mit viel Glück und anderen Ahnenforscher wären sicher froh, wenn jemand ihre Chance erhöht .
                    Viele Grüsse von Garfield

                    Suche nach:
                    Caruso in Larino/Molise/Italien
                    D'Alessandro in Larino und Fossalto/Molise/Italien und Montréal/Kanada
                    Jörg von Sumiswald BE/Schweiz
                    Freiburghaus von Neuenegg BE/Schweiz
                    Wyss von Arni BE/Schweiz
                    Keller von Schlosswil BE/Schweiz

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                    • Octavian Busch
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.03.2021
                      • 857

                      #11
                      Zitat von Garfield Beitrag anzeigen
                      Hallo

                      Also für mich persänlich ist ganz klar, dass bei einem Ortsfamilienbuch alles rein gehört, was mit dem Ort zu tun hat. Und Leute, die halt nur für ein paar wenige Wochen in diesem Ort waren, waren Teil davon. Für mich gehören da also alle Personen rein, die aktenkundig waren.

                      Und wie andere bereits geschrieben haben: Familien, die viel umherzogen, findet man nur mit viel Glück und anderen Ahnenforscher wären sicher froh, wenn jemand ihre Chance erhöht .

                      Dem kann ich nur absolut zustimmen. Bitte bei der Erstellung auch die Quellen mit sauber aufführen: KB ev. / kath., Gerichtsbücher, etc.

                      Folgende Hinweise über die Form der Bücher: Zweispaltiges Druckbild, da bekommt man mehr auf eine Seite. Umfangreiche Register (Namen, Orte, Berufe/Amt/Stand, etc.). Abkürzungen verwenden. Hier ist aber ein gesundes Mass notwendig, nicht dass das Buch mit den vielen Abkürzungen nicht mehr lesbar wird .

                      Mehr dazu kann ich auch via PN mitteilen sofern gewünscht, da ich schon mehrere OFB erstellt habe.

                      Gruss
                      Thomas
                      Ave

                      gesucht in:
                      Mutzscheroda: Hermsdorf; Neuschönefeld: Seidel; Seegel: Dietrich, Dieze; Grossbothen: Lange, Dietze; Mügeln: Vogtländer; Droßkau: Kretzschmar, Bergner; Noßwitz: Gleisberg; Sörnzig: Liebers; Wickershain: Steinert; Oelzschau: Lehmann; Hohnbach: Frentzel; Leupahn: Augustin; Erlln: Schöne; Schkortitz: Stein; Eschefeld: Spawborth; Schneeberg: Friede; Grossgörschen: Fickler; Söhesten: Zocher; Greitschütz: Staacke; Stadtroda: Kittel; Gelenau/Erzgeb.: Nestler

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                      • #12
                        Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
                        Zwischen Menschen erster und zweiter Klasse - also ortsansässigen und aus der Not heraus wandernden - zu unterscheiden finde ich keineswegs angemessen. Das atmet die Zeit, aus der viele Ortsfamilienbücher stammen, und die wir heutzutage hoffentlich schon überwunden haben.
                        Es geht einzig und allein um die technischen und organisatorischen Aspekte der Erstellung eines Ortsfamilienbuches. Von Politik oder Sozialdarwinismus war hier nie die Rede. Keine Ahnung, wie Du auf sowas kommst.

                        -Uwe

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                        • Su1963
                          Erfahrener Benutzer
                          • 08.01.2021
                          • 1243

                          #13
                          Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
                          Es geht einzig und allein um die technischen und organisatorischen Aspekte der Erstellung eines Ortsfamilienbuches.
                          Wo es um das Leben von Menschen geht, geht es nie "einzig und allein um organisatorische Aspekte".Und was du zuvor geschrieben hast klingt jedenfalls nicht nach Interesse oder gar Wertschätzung.

                          Zitat von Uwe Beitrag anzeigen
                          ...eine große Zahl von jungen Wanderarbeitern, die - wie es in einem Buch mal so schön beschrieben wurde - mit einem Wanderzirkus zu vergleichen waren. Die drehten ihre Runden, kriegten hier mal ein Kind, da mal ein Kind (gerne auch unehelich), verschwanden wieder aus dem Ort und kehrten nach einem Jahr dorthin zurück, nur um nach einigen Monaten wieder weiterzuziehen.
                          Es kann ja jeder für sich entscheiden, ob er oder sie so etwas über die eigenen Vorfahren lesen wollen würde.

                          Kommentar


                          • #14
                            Liebe Susanna,

                            Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
                            Und was du zuvor geschrieben hast klingt jedenfalls nicht nach Interesse oder gar Wertschätzung.
                            Wenn Du das so interpretieren möchtest, "be my guest" wie man so schön auf Englisch sagt.


                            Zitat von Su1963 Beitrag anzeigen
                            Es kann ja jeder für sich entscheiden, ob er oder sie so etwas über die eigenen Vorfahren lesen wollen würde.
                            Ich habe ein Buch zitiert. LOL!

                            Viele Grüße und relax
                            Uwe
                            Zuletzt geändert von Gast; 29.06.2021, 17:30.

                            Kommentar


                            • #15
                              Hallo zusammen,

                              ich möchte mich auf diesem Wege nochmals für Eure Tips und Anregungen bedanken. Hat mir sehr geholfen. Ich habe mich nun entschlossen, das gesamte Projekt nicht als traditionelles OFB aufzuziehen, sondern als chronologische Einwohnerliste. Auf diese Weise kann ich alle Personen inklusive der Wanderarbeiter, die zum Beispiel nur im Gutsarchiv, aber nicht in den KB oder StA Registern erscheinen, einfach erfassen. Dieser Ansatz kommt mir auch organisatorisch und vom Arbeitsaufwand sehr entgegen, da ich inzwischen zahlreiche Kirchenbücher und Standesamtsregister der Region komplett verkartet habe.

                              Also wie gesagt, vielen Dank nochmal!

                              Gruß
                              Uwe

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