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Zwang bei der Heirat - oder Gesinnungswandel?
Hallo,
ich habe hier einen merkwürdigen Eintrag gefunden, den ich euch auch mitteilen möchte: KB Brochterbeck: Proklamirte und Copulirte 1803, unter dem Eintrag der Schwester meiner Altgroßmutter am 26.Sept.: Es geht um Hermann Heinrich Regelmeyer aus dem Kirchspiel Lengerich und Maria Elsabein Jostmeyer aus Brochterbeck. „(Namen etc.) .. Diese hier genannten Personen sind hiernechst aber nicht zum dritten mahl proclamirt weil die Braut eines innerlichem Widerwillens ge- gen den benannten Bräutigam wegen heimlig entflohen und darauf die vorhabende heirath von Seiten des Brautigams gutwillig auf- gegeben ist. Ist dennoch worden proclamirt und in Lengerich copulirt.“ Stimmt, die Trauung steht am 18. Nov desselben Jahres im KB Lengerich. Bräutigam 27, Braut 18 Jahre. Über weitere Hintergründe ist mir nichts bekannt. Es fällt mir nur auf, daß ein Heiratsalter unter 20 Jahren sonst bei meinen Vorfahren aus Wechte (Kirchsp. Lengerich) und Brochterbeck fast nicht vorkommt. Ob dahinter ein Gesinnungswandel oder mehr oder weniger sanfter Zwang durch die Familie steckt, werde ich wohl nie herausgekommen. Gruselig, oder? Grüße Gisela |
#2
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Hallo Gisela,
wann kam das 1. Kind? Hat sie sich vielleicht bedonnen, dass es besser ist, das Kind MIT Ehemann großzuziehen? |
#3
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Moin,
wie war denn die gesellschaftliche Stellung der Familie? M.E. wird gerade in gut situierten Familien darauf geachtet worden sein, wer denn so in die Familie eingeheiratet hat, sprich die Eltern bestimmten Braut oder Bräutigam, da gab es wenig Mitspracherecht für die Betroffenen. Sich dem zu entziehen, hätte Bruch mit der gesamten Familie bedeutet, dieses Risiko werden nur wenige auf sich genommen haben, und gerade als Frau wäre der gesellschaftliche Absturz vorprogrammiert gewesen. Übrigens in Griechenland gabe es das noch bis Anfang der 80-er. Die einzige Möglichkeit als Frau, sich einer derartigen Heirat zu entziehen, war, sich vom Geliebten "klauen" zu lassen, allerdings war dann auch die Mitgift futsch, das Paar fing dann bei 0 an. |
#4
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Hallo ihr beiden,
wie und warum Eltern ihre Töchter - übrigens auch Söhne - in bestimmte Eheverbindungen drängten, ist bekannt, die einzelnen Fälle sind wohl unzählig. Die Gründe dafür waren in einer ständisch organisierten Gesellschaft wohl viel sachlicher begründet, als später, als es "nur" um Ansehen und Geld ging. In der Literatur kann man das für die "besseren Kreise" haarklein in den Buddenbrooks nachlesen, Toni Buddenbrook wird dazu gebracht den unsympatischen Herrn Grünlich zu heiraten. Schon vorher hatte sie ihre Jugendliebe aufgeben müssen. Ich fand es einfach mal faszinierend, daß solch ein Vorgang bei "einfachen Leuten" schriftlich im KB dokumentiert ist. Beide Brautleute stammten von Colonaten in Westfalen, das Ehepaar lebte später als Colon-Familie auf dem Colonat des Bräutigams, das dem König eigenbehörig war. Über deren persönlichen Rechststatus besteht noch Klärungsbedarf. Aber auf keinen Fall war es eine (groß-)bürgerliche Familie. Kinder habe ich noch nicht gesucht, ich weiß auch noch nicht, ob ich diese Linie weiterverfolge. LG Gisela |
#5
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Zitat:
hier möchte ich mal gesondert antworten. Es gab da noch eine andere Methode, die nicht weniger hart war: Man heiratet den aufgezwungenen Bräutigam - meist war das Mädchen ja noch nicht volljhrig - und wartete bis man rechtlich altersmäßig dazu in der Lage war, und ließ sich dann scheiden. Auch nicht so einfach, ging aber. Dann konnte man die gewünschte Liebesheirat eingehen. So einen Fall kenne ich, eine griechische Arbeitskollegin hat mir vor vielen Jahren ihre Geschichte erzählt. Wenn ich das jetzt zurückrechne, muß sich das in den 1960er Jahren zugetragen haben. Ihr Kind aus 1. Ehe wurde dann nach der 2. Heirat von ihren Eltern aufgezogen und glaubte noch in den 80-er Jahren, seine Mutter sei seine ältere Schwester. VG Gisela |
#6
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Also ich möchte hier mal antworten, da nicht nur die Braut eine Mitgift erbringen konnte, sondern auch der Bräutigam.
Wenn ein Mann auf den Hof einheiratet, musste er wohl eine Mitgift mitbringen. Wenn er das allerdings nicht tat, waren die Möglichkeiten der betrogenen Braut und ihrer Familie nicht sehr groß. Trotzdem finde ich es faszinierend, dass auch Männer eine Mitgift zu erbringen hatten! |
#7
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Hallo Araminta,
ja, das war vermutlich so, macht ja wirtschaftlich auch Sinn. Mit dem Familiennamen war es ja dann in diesen Fällen auch umgekehrt. Auch daß Männer oft bei der Partnerwahl unter Druck standen habe ich oben schon angesprochren. In diesem Fall ist aber die Braut davongelaufen, warum auch immer. Der Bräutigam hat ja keine Rechte dahingehend geltend gemacht, entweder weil er einfach nett war, oder weil ihm die ganze Heiratsangelegenheit auch suspekt war. Auch das werde ich wohl nie herausfinden. Jedenfalls, danke, daß du diesen Thread wieder ans Tageslicht befördert hast. Beim Durchlesen habe ich mich daren erinnert, wieviel Forschungsbedarf ich noch in Brochterbeck und Lengerich habe, nicht nur diesen Fall. Grüße Gisela |
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