Kinderlandverschickung um 1943

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  • scheuck
    Erfahrener Benutzer
    • 23.10.2011
    • 4383

    Kinderlandverschickung um 1943

    Liebe Helfer,

    wir haben mal wieder ein Foto gefunden, das sogar auf der Rückseite beschriftet ist

    Man sieht Mutter und Sohn (12 Jahre alt) in einer Art Park, im Hintergrund ist eine Villa zu erkennen, die oberhalb des Parks liegt; scheint eine hügelige Gegend gewesen zu sein.

    Hinter dem Foto steht, "Lemberg September 1943". Mutter und Sohn sind fein angezogen; der Sohn hat einen kleinen Hund auf dem Arm.

    Wenn man "Lemberg" liest, kommt man natürlich zunächst mal auf die Idee, es würde sich um Lemberg/Ukraine handeln und überlegt sich dann, was ein 12-jähriges Kind 1943 in Lemberg macht, das eigentlich nach Osnabrück gehört?

    Muttern guckt ausgesprochen heiter, der Sohn eher etwas traurig bzw. in sich gekehrt ...

    Inzwischen haben wir herausgefunden, dass es ein Lemberg in der Pfalz gibt, dazu würde die offenbar hügelige Landschaft passen, dazu würde auch diese "Villa" passen.

    Nächste Idee, Kinderlandverschickung und Besuch der Mutter dort.
    Hat jemand Erfahrung mit der KLV? - Genauer gefragt, gibt es noch irgendwo "Listen", mit deren Hilfe man herausfinden könnte, ob die Idee mit der KLV real sein könnte?
    Herzliche Grüße
    Scheuck
  • Adea
    Erfahrener Benutzer
    • 17.10.2015
    • 585

    #2
    Akten zur Kinderlandverschickung

    Hallo,

    nach ein paar Zufallsfunden zur Kinderlandverschickung hatte ich hier vor einiger Zeit ein Thema zu noch vorhanden Akten gestartet:


    Anscheinend wurde damals alles genau dokumentiert, aber wahrscheinlich sind nur wenige Aufzeichnungen archiviert worden. Diese Akten (falls überhaupt erhalten geblieben) würde ich in den jeweiligen Ortsarchiven vermuten.

    LG Adea

    Dauersuche:

    - Eltern und Geschwister von Emma Niklaus (* 1866 in Groß Jahnen, Kirchspiel Szabienen, Kreis Darkehmen/Ostpreußen)
    - Herkunft von Christian Rausch, um 1811 als Soldat beim dänischen Militär in Warder (bei Segeberg/Holstein)
    - Alles über die Papiermacher-Familie Seidler (vor 1800 in Mecklenburg und Holstein)

    Meine Suchregionen: Mecklenburg, Ostpreußen, Holstein, Hamburg, Vogtland, Salzburger Land (vor 1732)


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    • AnGr
      Erfahrener Benutzer
      • 28.03.2011
      • 1028

      #3
      Guten Abend,


      es handelt sich hier mit Sicherheit um den KLV-Aufnahmegau Generalgouvernement Polen, zu dem Lemberg zu diesem Zeitpunkt gehörte. Zu diesem Zeitpunkt war die Luftkriegslage so verschärft das von Schirach die KLV immer mehr ausweitete bis ausserhalb des Reichsgebietes, den verbündeten und den besetzten Ländern.
      Schönen Gruß Andreas

      https://www.youtube.com/watch?v=VwX7nC-LpKs

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      • scheuck
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2011
        • 4383

        #4
        Hallo, zusammen!

        Vielen Dank! - AnGr, für mich unvorstellbar, dass man ein Kind gute 1.300km weg schickt. Noch unvorstellbarer, dass eine Mutter offenbar mindestens 24 Std. mit dem Zug unterwegs ist, um ihr Kind zu besuchen, zudem noch mitten im Krieg.

        Konnte man sich um diese Kinderlandverschickungen "bewerben" oder ging das irgendwie "automatisch"? Hatte man Einfluss auf das Ziel der Reise?
        Herzliche Grüße
        Scheuck

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        • scheuck
          Erfahrener Benutzer
          • 23.10.2011
          • 4383

          #5
          Noch ne Frage

          Hatten die Schulen dabei auch irgendwie "die Finger im Spiel"? - Ein 12-jähriger Junge war letztlich auch noch schulpflichtig, musste also aus der Schule am Heimatort raus und am Ort x wieder rein.
          Noch ein Problem mehr für ein Kind
          Herzliche Grüße
          Scheuck

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          • Pitka
            Erfahrener Benutzer
            • 02.08.2009
            • 940

            #6
            Hallo Scheuck,

            eine ganze Menge zu Deinen Fragen klärt sich schon, wenn man den Wikipedia-Artikel liest. https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderlandverschickung

            Und ja, überwiegend war die "erweiterte" Kinderlandverschickung freiwillig (wenn man das so sagen kann).

            Die Mütter konnten ihre Kinder auch kostenfrei besuchen.
            Und Schulunterricht wurde dort auch erteilt. Wenn nicht sowieso die ganze heimatliche Klasse zusammen dort hin verschickt wurde.

            Es gab aber auch die Möglichkeit, dass die Mütter mit ihren Kindern zusammen in eine sogenannte Pflegefamilie für eine Zeit umsiedelten.

            In Deinem Fall könnte das eine oder andere zutreffen.

            Ob das für die Kinder immer so angenehm war, mag dahingestellt bleiben. Zumindest wenn die Mutter für die ganze Zeit mit dabei war, war es ganz sicher leichter.

            Wenn man sich manche Geschichten der seinerzeit Beteiligten im i-net so durchliest, haben sich manche da ganz wohlgefühlt. Andere wiederum berichten, dass es fast die schlimmste Zeit ihres Lebens war.

            LG Pitka
            Suche alles zu folgenden FN:
            WERNER aus Mertensdorf/Kr. Friedland, Allenstein und Marwalde (Ostpreussen), HINZ / HINTZE und KUHR aus Krojanke/Kr. Flatow (Posen/Westpreussen), WERNER, HINZ und SEIDEL aus Gilgenburg/Kr.Osterode (Ostpreussen), ELIS und FESTER aus Siegen bzw. dem Kr. Wetzlar (Hessen), ZILLEN aus Venekoten bzw. In den Venekoten, Gem. Elmpt (jetzt: Niederkrüchten) Kr. Erkelenz (NRW), SAENGER aus Süß und Machtlos (Hessen) u. aus Essen (NRW), PHILIPP aus Wolfsdorf/Niederung Kr. Elbing

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            • scheuck
              Erfahrener Benutzer
              • 23.10.2011
              • 4383

              #7
              Hallo, Pitka!

              Sei bedankt! - Tja, meine absolute "Haupt-Frage" ist die, dass ich es nicht verstehe
              Ich verstehe natürlich das Prinzip dieser KLV, ich sehe aber in erster Linie Lemberg, das gute 1.300km weit weg ist, und ich sehe die ganzen anderen "Unannehmlichkeiten" auf beiden Seiten (Eltern und Kinder).

              Ich bin ein deutliches Nachkriegs-Kind, "kenne" Krieg nur aus spärlichen Erzählungen und habe mir "den Rest" selbst zusammengereimt.
              In meinem Kopf ist man als Familie besser zusammen, unabhängig davon, welche Konsequenzen das haben kann.

              Mal ganz deutlich und "takt-arm" ausgedrückt, Eltern bei einem Luftangriff um's Leben gekommen, Kind in Lemberg bei der KLV ......
              Herzliche Grüße
              Scheuck

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              • Pitka
                Erfahrener Benutzer
                • 02.08.2009
                • 940

                #8
                Ja, Scheuck, das haben wir beide uns jetzt gedacht, aber nicht nur wir, sondern auch die Mütter damals. Deshalb hatte die KLV auch vielfach keinen großen Anklang gefunden. Und selbst wenn die Mütter die Kinder kostenfrei besuchen durften, so waren in dem Moment zuhause immer noch die anderen Kinder zu versorgen. Wer machte das dann? Vater im Krieg und Mutter auf Kindbesuch? Wie soll das gehen?

                Trotzdem sind hunderttausende von Kindern da mitgefahren! Und wie weit weg von zu Hause, war da nicht mehr so wichtig. Vor allen Dingen, wenn der ganze Jahrgang, also die ganze Schulklasse gefahren ist. Da wollte in der damaligen Zeit sicher niemand auffallen und seine Kinder nicht mitfahren lassen!

                Ich glaube wir Nachkriegskinder können uns nicht wirklich vorstellen, wie schei.. der Krieg für alle Beteiligten wirklich war.

                LG Pitka
                Suche alles zu folgenden FN:
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                • scheuck
                  Erfahrener Benutzer
                  • 23.10.2011
                  • 4383

                  #9
                  Klv

                  Zitat von Pitka Beitrag anzeigen

                  ... Ich glaube wir Nachkriegskinder können uns nicht wirklich vorstellen, wie schei.. der Krieg für alle Beteiligten wirklich war.

                  LG Pitka
                  Zweifelsfrei, Pitka! Und das fängt mit einem solch blöden Foto aus 1943 schon an ...
                  Herzliche Grüße
                  Scheuck

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                  • AnGr
                    Erfahrener Benutzer
                    • 28.03.2011
                    • 1028

                    #10
                    Guten Abend,


                    besonders wird in einem Literaturwerk die Leistung der Reichsbahn hervorgehoben, die die Durchführung des Hilfswerkes KLV bis Kriegsende ermöglicht und gesichert hat und unvorstellbare Organisations - und Transportleistungen, auch unter schwierigsten Kriegseinwirkungen, bewerkstelligt hat.
                    Schönen Gruß Andreas

                    https://www.youtube.com/watch?v=VwX7nC-LpKs

                    Kommentar

                    • scheuck
                      Erfahrener Benutzer
                      • 23.10.2011
                      • 4383

                      #11
                      Hallo,

                      in "Unkenntnis der Sachlage" hatte ich in Lemberg/Pfalz nachgefragt, ob es dort ein KVL-Lager gegeben hat.

                      Gerade eben habe ich eine mail vom Herrn Oberbürgermeister bekommen, in der er mitteilt, dass er "alte Akten" studiert habe, in der Orts-Chronik nachgesehen habe und ältere Mitbürger befragt habe.
                      Nirgends sei etwas zu einem KLV-Lager zu finden, niemand wisse etwas dazu.

                      Dass er sich Mühe gegeben hat und meine Frage selbst per mail beantwortet hat, finde ich ganz, ganz toll!

                      Was lernen wir daraus? AnGr hat recht, und man muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass es sich wirklich um "Lemberg-Lemberg" gehandelt haben wird!

                      Klar, die "logistische" Leistung der Reichsbahn muss man anerkennen.
                      Google sagt, die Zugfahrt dauere heute etwas mehr als 22 Stunden, und man müsse mehrfach umsteigen. - Man stelle sich 1943 vor, Luftangriffe auf der gesamten Strecke sind nicht auszuschließen, "defekte" Gleise auch nicht. Und dann der Zug voll mit kleinen Kindern, die man gerade 1.300km von Zuhause wegbringt ...
                      Herzliche Grüße
                      Scheuck

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                      • Schorsch
                        Erfahrener Benutzer
                        • 13.07.2007
                        • 885

                        #12
                        Hallo,

                        was spricht denn dafür, dass es sich um Lemberg in Polen handelt und nicht in der Pfalz? Könnte es eventuell auch eine Evakuierung oder vorsorgliche Evakuierung in die Pfalz gewesen sein , so dass Mutter und Kind zusammenblieben?
                        Liebe Grüße
                        Brigitte

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                        • bleu-de-pastel
                          Erfahrener Benutzer
                          • 30.03.2017
                          • 147

                          #13
                          Hallo,

                          ich weiß aus Erzähungen meiner Mutter, die während des 3. Reiches von ca. 1941 bis Ende 1944 im Warthegau (Polen) in und um Litzmannstadt (= Lodz) als Jugendleiterin tätig war, daß sie dort u. a. auch Transporte der Kinderlandversschickung organisiert und z. T. auch begleitet hat.

                          Diese Kinder mußten dann Mitte/Ende 1944 beim Heranrücken der russischen Front eiligst wieder zurück "ins Reich" evakuiert werden.

                          Die Verschickung der Kinder in besetzte Gebiete, besonders nach Polen, bot sich an, denn dort wurden die ansässigen polnischen Bewohner mit unheimlicher Härte aus ihren Häusern vertrieben, um für die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Nazis Unterkünfte zu schaffen und um dabei gleichzeitig das "Deutschtum einzupflanzen".

                          Deshalb halte ich eine Kinderlandverschickung nach Lemberg in Polen für sehr wahrscheinlich.

                          Grüsse von bleu-de-pastel

                          P. S. Welchen hohen Stellenwert deutsche Frauen bei den diversen Aktivitäten der Nazis in Polen während des 3. Reiches gehabt haben wird ausführlich in folgendem Buch geschildert:

                          Elizabeth Harvey
                          " Der Osten braucht dich!"
                          Frauen und nationalsozialistische Germanisierungspolitik

                          Kommentar

                          • scheuck
                            Erfahrener Benutzer
                            • 23.10.2011
                            • 4383

                            #14
                            Klv

                            Zitat von Schorsch Beitrag anzeigen
                            Hallo,

                            was spricht denn dafür, dass es sich um Lemberg in Polen handelt und nicht in der Pfalz? Könnte es eventuell auch eine Evakuierung oder vorsorgliche Evakuierung in die Pfalz gewesen sein , so dass Mutter und Kind zusammenblieben?
                            Hallo,

                            gar nichts spricht für irgendwas , denn "Genaues" weiß man nicht.
                            Dieses Foto ist lediglich ein "Fund", und die Beschriftung auf der Rückseite sagt lediglich, dass es in Lemberg gemacht wurde.

                            Die komplette Familie ist vor und nach 1943 in Osnabrück gemeldet, sodass auch die mögliche KLV nichts anderes als eine "Idee" ist. - Wenn man so will, reine Spekulation ...

                            Natürlich kann es auch eine Evakuierung gewesen sein, wobei wir nicht davon ausgehen, dass jeder, der irgendwohin evakuiert wurde (auf unbestimmte Zeit), sich dann auch am Heimatort abgemeldet hat (Melderegister). Dieser Gedanke basiert aber auch auf Nicht-Wissen.

                            Irgendwelche Familienbande bzw. mögliche Verwandtschaft schließen wir für Lemberg/Pfalz und Lemberg/Polen bislang aus, wir haben niemanden entdeckt, der dort gelebt hat.

                            Genau genommen gehört dieses Foto mal wieder in die große Kiste mit den "Ungereimtheiten". - Vielleicht findet man noch weitere Fotos, die man dann zuordnen kann; mit ganz viel Glück steht da dann dahinter, "Günter in der KLV in Polen" oder sowas ...
                            Herzliche Grüße
                            Scheuck

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                            • sonki
                              Erfahrener Benutzer
                              • 10.05.2018
                              • 4695

                              #15
                              Kann man nicht versuchen das Gebäude im Hintergrund in Lemberg zu lokalisieren? It es denn genau zu erkennen und kann man es hier einstellen (Personen können ja unkenntlich gemacht werden)?
                              Слава Україні

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