Sterbeeinträge: polnische oder deutsche Predigt

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • StefOsi
    Erfahrener Benutzer
    • 14.03.2013
    • 4066

    Sterbeeinträge: polnische oder deutsche Predigt

    In einem Kirchenbuch (Kreis Ohlau) aus dem Zeitraum um 1857 finden sich in den Sterbeeinträgen auch Angaben zur Sprache der Predigt. Manchmal steht dort "Mit deutscher Predigt" und manchmal "Mit polnischer Predigt".

    Ist dies ein Hinweis auf die eher slawischen Vorfahren des Verstorbenen oder hing das von anderen Umständen ab (anwesender Geistlicher, Wunsch der Familie ect., Zufall)?

    In meinem Fall steht bei einem Vorfahren "mit polnischer Predigt" und der mögliche Ursprung des Familiennamens sollen vielleicht aus Böhmen in Schlesien eingewanderte Hussiten sein.
  • Kleinschmid
    Erfahrener Benutzer
    • 20.01.2013
    • 1239

    #2
    Die Anfrage ist schon etwas älter, aber vielleicht sind einige Hinweise zu der Thematik doch noch von allg. Interesse.

    Schlesien war in einigen Teilen noch sehr lange polnisch geprägt, und zwar nicht nur in Oberschlesien, woran man in diesem Zusammenhang meist denkt, sondern auch in Niederschlesien. Das Polnische zeigte sich in den Sitten und Gebräuchen, aber vor allen natürlich in der Sprache. Gemeint ist das Wasserpolnisch - ein Gemenge aus Polnisch, Deutsch u. Böhmisch. Diese Personen waren keine Polen im eigentlichen Sinn, sie unterstanden ja wie alle anderen der böhmischen u. später der preußischen Krone, aber besonders in der hier betroffenen Gegend waren sie zudem meist evangelisch. Unterschieden sich damit also doch sehr von den Polen jenseits der Grenze. Um nun diese Gläubigen zu versorgen, wurde ein Gottesdienst in poln. Sprache angeboten und es gab poln. Gesangbücher, was natürlich besonders für den ev. Gottesdienst wichtig war.

    Interessanterweise gab es diese Aufteilung in polnisch und deutsch noch sehr lange im Kreis Ohlau. Was links oder westlich der Oder war, nannte man den deutschen und alles östliche oder rechts davon den polnischen Teil. Weil viele 'Polen' dort das Wasserpolnisch in einem abgewandelten Dialekt sprachen, der eher an die Gegend um Posen - also das damalige Großpolen - erinnerte, geht man davon aus, daß im Kreis Ohlau auch sehr viele eingewanderte Polen lebten, die erst im 17. Jahrhundert wegen der Schwedeneinfälle aus ihrer Heimat Großpolen geflohen waren.

    In der Stadt Ohlau selbst wurde bereits in der ersten Hälfte des 17. Jhd. eine polnische Kirche erwähnt. Eher ein Kirchlein, das sich nahe der eigentlichen Pfarrkirche und angelehnt an der Stadtmauer befand. Sie mußte bereits 1663 neu erbaut werden, war durch den Kaiser von 1695-1707 versiegelt worden (Gegenreformation), wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jhd. auch durch das pr. Militär genutzt und letztlich 1822 gänzlich abgerissen. Zu ihrer Unterhaltung wurde an der ev. Stadtpfarrkirche zu Ohlau ein eigenes polnisches Diakonat eingerichtet (erst 1818 aufgehoben). Hierhin hielten sich nicht nur die Ohlauer 'Polen', sondern auch viele aus der Umgebung, bekannt sind die aus Giesdorf und aus Ottag. Zur klaren Abtrennung zws. poln. u. dt. Gm. wurden verschiedene Dekrete erlassen. So durfte nur der im poln. Diakonat getraut werden, der tatsächlich kein Deutsch verstand, und bei einer 'poln.' Taufe waren drei 'poln.' Paten aufzubieten. Das poln. Diakonat in Ohlau führte auch eigene KB: Tf 1664-1749, 1765-1821. Tr 1663-1749, 1766-1817. Bg 1765-1822. Abendmahl 1766-1818.

    Aber auch nach Auflösung der poln. Gm. zu Ohlau gab es dort und eben auch in der Umgebung vielerorts Personen, die dem Deutschen nicht mächtig waren, weshalb es poln. Predigten vereinzelt noch bis zum Ende des 19. Jhd. gab.
    Zuletzt geändert von Kleinschmid; 28.10.2017, 19:07.

    Kommentar

    • StefOsi
      Erfahrener Benutzer
      • 14.03.2013
      • 4066

      #3
      Hallo Kleinschmid,

      vielen Dank für deine Hinweise & Erklärungen. Da der Beitrag schon so alt ist, weiß ich finde ich grad nicht mehr die exakte Person um die es in diesem Beispiel bei mir ging. Aber es war definitiv östlich der Oder in der Gegend um Peisterwitz/Laskowitz (Kreis Ohlau) und beim FN Kiunke/Kionke/Kionka/Kiuntke - da muss ich nochmal tief in meine Unterlagen schauen, habe in diesem Zweig lange nix mehr gemacht. Auf jeden Fall ein interessantes Thema.

      Zu Peisterwitz ist hier ein kleiner Bericht eines Försters der auch die poln. Sprache erwähnt: https://books.google.de/books?id=1Cc...erwitz&f=false
      Zuletzt geändert von StefOsi; 28.10.2017, 17:57.

      Kommentar

      • goli
        Erfahrener Benutzer
        • 14.12.2008
        • 972

        #4
        Die gesuchten Familiennamen hier, sind auch bei mir von Interesse!
        Die Kionka sind ja ein altes Geschlecht aus Bischwitz, kommen aber auch im Raum Namslau/Kreuzburg vor.
        Vielleicht besteht Interesse über den Austausch von Daten.

        Gruß Marcus

        Kommentar

        • StefOsi
          Erfahrener Benutzer
          • 14.03.2013
          • 4066

          #5
          Zitat von goli Beitrag anzeigen
          Vielleicht besteht Interesse über den Austausch von Daten.
          Können wir bei Gelegenheit gerne mal machen, auch wenn das bei mir eher die allseits bekannten Daten aus den Resten des Peisterwitzer KB sind. Es gibt ja ein kleines Büchlein zur Familie Kionke aus Bischwitz ü/O,, kam bisher leider noch nicht mir das mal via Fernleihe zu holen (ist was für die nächsten Jahre): "Chronik der Familie Kionka aus Bischwitz über der Oder, Kreis Ohlau in Schlesien"

          Kommentar

          • goli
            Erfahrener Benutzer
            • 14.12.2008
            • 972

            #6
            Zitat von StefOsi Beitrag anzeigen
            Können wir bei Gelegenheit gerne mal machen, auch wenn das bei mir eher die allseits bekannten Daten aus den Resten des Peisterwitzer KB sind. Es gibt ja ein kleines Büchlein zur Familie Kionke aus Bischwitz ü/O,, kam bisher leider noch nicht mir das mal via Fernleihe zu holen (ist was für die nächsten Jahre): "Chronik der Familie Kionka aus Bischwitz über der Oder, Kreis Ohlau in Schlesien"
            Ich weiß zwar nicht, was du alles aus Peisterwitzer Kirchenbüchern hast,-auch da hätte ich ggf. großes Interesse!!
            Ich besitze die von dir beschriebene Kionka-Chronik von 1927 übrigens.
            Es gibt auch Verbindungen zwischen m,einem FN und der Schreibweise "Kiunke"/Kiuntke"

            Gruß Marcus

            Kommentar

            • Matthias Möser
              Erfahrener Benutzer
              • 14.08.2011
              • 2264

              #7
              Hallo,

              schon interessant aus den alten Schriften des Försters zu erfahren, daß die Gegend um Peisterwitz sehr dem Alkohol zugetan war, ist ja schon etwas schockierend...
              Danke für das Einstellen des Berichtes.

              Gruß
              Matthias
              Suche nach:
              Gernoth in Adelnau, Krotoschin, Sulmierschütz (Posen)
              und Neumittelwalde/Kruppa (Schlesien)
              Spaer/Speer in Maliers, Peisterwitz, Festenberg, Gräditz u. Schweidnitz (Schlesien)
              Benke in Reichenbach, Dreissighuben, Breslau (Schlesien)
              Aust in Ernsdorf, Peterswaldau, Bebiolka in Langenbielau (Schlesien)
              Burkhardt in Nieder-Peterswaldau (Schlesien)
              Schmidt in Nesselwitz u. Wirschkowitz im Kreis Militsch (Schlesien)

              Kommentar

              • DoroJapan
                Erfahrener Benutzer
                • 10.11.2015
                • 2510

                #8
                Kiunke/Kionka

                Zitat von StefOsi Beitrag anzeigen

                [...]Aber es war definitiv östlich der Oder in der Gegend um Peisterwitz/Laskowitz (Kreis Ohlau) und beim FN Kiunke/Kionke/Kionka/Kiuntke - da muss ich nochmal tief in meine Unterlagen schauen, habe in diesem Zweig lange nix mehr gemacht. Auf jeden Fall ein interessantes Thema.[...]
                Hallo Zusammen,

                In meinem Stammbaum gibt es noch Abwandlungen von dem FN
                und zwar: Kiuncke aus dem Raum Brieg/Gemeinde Leubusch (Fam. kam ursprünglich aus Neu-Leubusch)
                Und je nachdem was der Standesbeamte (Aussprache wie "Küunke") verstanden hatte - kam eben Kiuncke oder Kiuntke raus.

                Liebe Grüße
                Doro

                PS: Sorry war off-topic
                Zuletzt geändert von DoroJapan; 21.05.2018, 21:25.
                Brandenburg: Lehmann: Französisch Buchholz; Mädicke: Alt Landsberg, Biesdorf; Colbatz/Kolbatz: Groß Köris; Lehniger, Kermas(s), Matzke: Schuhlen-Wiese(Busch)
                Schlesien: Neugebauer: Tschöplowitz+Neu-Cöln (Brieg); Gerstenberg: Pramsen; Langner, Melzer, Dumpich: Teichelberg (Brieg); Kraft: Dreißighuben (Breslau), Lorankwitz
                Pommern-Schivelbein: Barkow: Falkenberg; Bast: Bad Polzin
                Böhmen-Schluckenau: Pietschmann: Hainspach, Schirgiswalde; Kumpf: Alt Ehrenberg 243, 28; Ernst: Nixdorf 192

                Kommentar

                • Petra
                  Erfahrener Benutzer
                  • 19.02.2006
                  • 347

                  #9
                  Hallo,



                  irgendwie habe ich dieses Thema völlig überlesen


                  Bei meinen Vorfahren gibt es 2 Kiontke/Kiuntke Personen, die jeweils in die Derr-Familie aus Neu Limburg geheiratet haben - dieses sind meine direkten Vorfahren.

                  Johanna Kiontke, *1836 in Peisterwitz heiratet 1879 Reinhold Derr, *11.11.1856. Ihre Eltern waren Michael und Susanne Nutsch.
                  Maria Franziska Kiontke, *25.04.1848 in Bischwitz, heiratet 15.04.1877 in Scheidelwitz Johann Gottlieb Derr, *29.07.1838. Ihre Eltern waren Gottfried Kiontke und Rosina Riegau.



                  Das o.e. Buch bekomme ich sicher nur über die Fernleihe oder hat jemand es schon irgendwo online gefunden?


                  Viele Grüße
                  Petra
                  www.serwaty.de

                  Kommentar

                  • StefOsi
                    Erfahrener Benutzer
                    • 14.03.2013
                    • 4066

                    #10
                    Zitat von Petra Beitrag anzeigen
                    Bei meinen Vorfahren gibt es 2 Kiontke/Kiuntke Personen, die jeweils in die Derr-Familie aus Neu Limburg geheiratet haben - dieses sind meine direkten Vorfahren.

                    Johanna Kiontke, *1836 in Peisterwitz heiratet 1879 Reinhold Derr, *11.11.1856. Ihre Eltern waren Michael und Susanne Nutsch.
                    Maria Franziska Kiontke, *25.04.1848 in Bischwitz, heiratet 15.04.1877 in Scheidelwitz Johann Gottlieb Derr, *29.07.1838. Ihre Eltern waren Gottfried Kiontke und Rosina Riegau.
                    Hallo Petra,

                    Willkommen im Kiontke/Nutsch-Club - dieses Ehepaar sind auch meine direkten Ahnen. Deine Johanna (*1836) kannte ich noch nicht, aber ich habe mehrere Geschwister der Johanna in meinen Unterlagen.

                    Wichtig - vieles ist nur aus dem Familienbuch oder anderen Überlieferungen und ohne Nachweise in Urkundenform - manches aus den kläglichen Resten der Peisterwitzer Kirchenbücher - also alles absolut mit Vorsicht zu betrachten. Daher nur ganz in Kürze und stark komprimiert zusammengefasst (Sterbedaten alle weggelassen). Deine Johanna mal in blau dargestellt.

                    Christian Kiontke/Kiunke, * um 1765
                    oo 26.01.1790 Peisterwitz
                    Maria Kroll
                    - Michael Kiontke/Kiunke, * 1807 Peisterwitz, oo 07.11.1830 in Peisterwitz, Helene Susanne Nutsch
                    -- Gottlieb, * 04.07.1830 (heiratet 1862 Dorothea Baumgart, wandert in die USA aus)
                    -- Anna Rosine, * um 1832-1836, oo 08.08.1854 Peisterwitz, Gottlieb Zedler
                    -- Johann Ernst, 16.12.1835 Peisterwitz, oo 31.01.1860 Peisterwitz, Rosine Tschirley
                    -- Johanna, * 1836 Peisterwitz, oo 1879 Reinhold Derr
                    -- Friedrich Wilhelm, 12.08.1839 Peisterwitz, oo 25.02.1879 Peisterwitz, Anna Rosina Olschner
                    -- Carl, 12.03.1842 Peisterwitz, 19.06.1870 Peisterwitz, Auguste Baumgart (heiratet später nochmal, wandert in die USA aus)
                    -- Ernst, 12.10.1843 Peisterwitz, oo ???, Emma Christine Olschner (wandert in die USA aus)
                    -- Gottfried, um 1834 Peisterwitz, oo 14.05.1861 Peisterwitz, Karoline Pohl
                    -- Rosina, um 1847 Peisterwitz, oo 11.04.1869 Peisterwtz, August Gröger
                    -- Susanne Christiane, * 17.07.1850 Peisterwitz

                    Kommentar

                    • Petra
                      Erfahrener Benutzer
                      • 19.02.2006
                      • 347

                      #11
                      Hallo StefOsi,

                      na das ist doch toll



                      Die Kiontke/Kiuntke-Familie habe ich nicht weiter verfolgt. Es gab aber anscheinend in sehr vielen Orten im Kreis Brieg Kiontke-Personen oder -Familien. Ich habe von vielen Orten aus dem Kreis Brieg, hauptsächlich, Standesamtsunterlagen durchsucht und dabei sind sie mir sehr oft begegnet.



                      Zu Johanna Kiontke habe ich mich leider im Geburtsjahr vertippt - das richtige Geburtsdatum lautet 03.10.1846. Dies habe ich von ihrem Heiratseintrag mit Martin Reinhold Derr am 24.08.1879 in Peisterwitz. Sie war vorher mit August Gröger verheiratet. Ihre Eltern waren zu dem Zeitpunkt der Heirat mit Martin Reinhold Derr schon verstorben.

                      Mit August Gröger hatte sie, mindestens, 1 Sohn Robert und mit Martin Reinhold Derr 1 Tochter Maria Martha Emilie, die 1881 im Alter von 12 Tagen starb. Johanna Kiontke starb am Tag der Geburt ihrer Tochter.



                      Ich sehe gerade bei Dir die Rosina um 1847 Peisterwitz oo 11.04.1869 in Peisterwitz, August Gröger - dies wird die Gleiche wie "meine" Johanna sein, obwohl in den Einträgen die mir vorliegen immer nur Johanna steht.



                      Wir können uns auch gerne weiter über Mail austauschen, meine Mail-Adresse findest Du u.a. auf meiner Webseite www.serwaty.de


                      Viele Grüße
                      Petra
                      www.serwaty.de

                      Kommentar

                      Lädt...
                      X