"Genealogie ohne DNA ist möglich, aber sinnlos!"

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  • OlliL
    Erfahrener Benutzer
    • 11.02.2017
    • 4596

    #31
    Der Punkt ist doch, das man über "Fernverwandte" an Informationen zu seinen direkten Vorfahren kommen kann die ggf. durch Bücher nicht zu ermitteln ist. Einfach weil in einer anderen Familie vielleicht Aufzeichnungen, Dokumente, Fotos erhalten sind die man sonst nicht erhalten kann.

    Ich habe z.B. (über traditionelle Recherche mittels Telefon&Co) die Cousine meiner seit über 40 Jahren verstorbenen Großmutter gefunden. Sie lebte lustigerweise ganz in meiner Nähe (obwohl ich eigentlich vom anderen Ende Deutschlands komme). Sie ist die letzte Überlebende die noch den Hof meines Ururgroßvaters kannte und mir bei der Identifikation vieler Familienfotos helfen konnte. Ohne Sie hätte ich zu vielen Fotos keine Namen gewusst.

    In einem anderen Fall habe ich Verwandte der 2. Ehefrau eines 2x Urgroßvaters gefunden die noch Dokumente dieses 2x Urgroßvaters aufbewahrten - obwohl zu dem ja gar keine direkte Verwandschaft bestand. Da konnte ich dann z.B. an so Dinge wie Gesellenbrief aus dem 19. Jhd. kommen usw.....

    Solche "Fernverwandts-Funde" erhofft man sich doch.

    Klar ist es eher uninteressant ob man in der 14. Generation irgendwelche gemeinsamen Vorfahren hat. Aber selbst dann.... der andere könnte ja durch Recherche Dinge herausgefunden haben die man selber noch nicht erfahren konnte. Und wer will alle Linien in der xten Generation bis ins letzte Detail erforschen - dazu wird ein einzelnes Menschenleben ja vermutlich nicht reichen

    Daher denke ich - zu sagen "was interessieren mich Cousinen" halte ich für zu kurz gedacht. Auch diese können unter Umständen die eigene Forschung ungemein bereichern. Könnnen.........


    Edit: Für mich auch noch wichtig ist der Vergleich meiner Forschungsergebnisse mit denen des vermeintlich Verwandten. Für mich ist sowas ungemein wichtig wenn mehrere Personen unabhängig voneinander Forschung betrieben haben und zu dem gleichen Ergebnis gekommen sind stärkt das doch ungemein den eigenen Stammbaum. Wenn es Abweichungen gibt ist das noch umso wichtiger - hat man doch so die Möglichkeit Fehler in der eigenen Forschung aufzudecken.
    Zuletzt geändert von OlliL; 13.06.2019, 12:25.
    Mein Ortsfamilienbuch Güstow, Kr. Randow: https://ofb.genealogy.net/guestow/
    Website zum Familienname Vollus: http://www.familie-vollus.de/

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    • Xtine
      Administrator
      • 16.07.2006
      • 28334

      #32
      Mein Fazit:
      Man sucht damit Fernverwandte um evtl. von deren klassischen Forschungsergebnissen zu profitieren.
      Denn eine Person X, welche mit mir einen Verwandten 10 Generationen vorher teilt, ist (für mich) nicht mehr wirklich mit mir verwandt.
      Für mich ist es nichts. Aber jeder wie er will.
      Viele Grüße .................................. .
      Christine

      .. .............
      Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
      (Konfuzius)

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      • gki
        Erfahrener Benutzer
        • 18.01.2012
        • 4824

        #33
        Zitat von Xtine Beitrag anzeigen
        Verwandten 10 Generationen vorher teilt,
        Meist geht es wohl eher um 3-5 Generationen. Von mRNS und Y-Chromosom abgesehen ist alles davor vermutlich schon recht unsicher, da ja nicht der komplette Chromosomen-Satz vererbt wird.

        Wenn man 10 Generationen zurückgeht, muß es statistisch betrachtet Vorfahren geben, von denen man überhaupt kein genetisches Material mehr hat.
        Gruß
        gki

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        • OlliL
          Erfahrener Benutzer
          • 11.02.2017
          • 4596

          #34
          Es geht ja nicht nur um deren Forschungsergebnisse. Sie mögen auch schlicht Dinge (was auch immer) über gemeinsame Vorfahren besitzen die einen schon interessieren würde (Dokumente, Fotos, .....)
          In der Regel ist es ja gerade schwer noch lebende Nachfahren zu ermitteln - selbst wenn der gemeinsame Vorfahre z.B. nur 4 Generationen zurück liegt....
          Mein Ortsfamilienbuch Güstow, Kr. Randow: https://ofb.genealogy.net/guestow/
          Website zum Familienname Vollus: http://www.familie-vollus.de/

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          • Basil
            Erfahrener Benutzer
            • 16.06.2015
            • 2416

            #35
            Hallo,

            nicht jeder hat das "Glück", dass Ahnen und Verwandtschaft im Umkreis von 50 km lebten und vielleicht sogar heute noch leben. Wenn man dann auch noch selbst in der Region lebt, ist die Forschung natürlich ein Kinderspiel. Die Herkunftsorte meiner Ahnen, zumindest der letzten 4-5 Generationen, sind ziemlich verstreut und auch deren Nachkommen hat es selten in der Heimat gehalten. Da reichen nicht einmal 500 km Umkreis. Ich selber lebe in einer Stadt, die familiengeschichtlich völlig uninteressant für mich ist. Von sesshaft kann man bei meiner Familie wirklich nicht sprechen. Darum halte ich die über Papier- oder DNS-Genealogie gefundenen Fernverwandtschaften, die ja auch schon 3. oder 4. Grades sein können, für einen wichtigen Baustein meiner Forschung, eben um Informationen auszutauschen, da ich nicht die nötige Zeit habe, um die für mich interessanten Archive zu besuchen, und auch online für mich nicht viel zu holen ist.

            Mein Urgroßvater z. B. fand in den 1920er Jahren durch die Ahnenforschung einen Neffen 7. Grades, was ihm drei Generationen unserer Stammlinie und damit unseren Stammvater einbrachte. Die beiden wurden Freunde und stifteten ein Familienwappen für den gemeinsamen Stammahn. Von der 1934 gedruckten Ahnenliste des Verwandten haben wir heute noch ein Exemplar in der Familie. Letztlich geht es auch darum, den Kontakt mit Teilen der Familie wieder herzustellen, mit denen mein Zweig noch vor zwei oder drei Generationen in Verbindung stand.

            Zum Thema DNS möchte ich noch erzählen, dass die Abstammungsanalyse meiner DNS behauptet, ich wäre nur zu 8 % Deutscher, aber zu 87 % Osteuropäisch. Ja klar, mütterlicherseits bin ich ukrainisch/russisch, aber das erklärt nur ca. 50 %, woher kommt der Rest? ...Meine Großmutter geriet während des Krieges als DRK-Lazarettschwester in Gefangenschaft und mein Vater wurde kurz nach dem Ende des Krieges geboren. Da macht man sich Gedanken! Gut, dass ein DNA-Match auf eine vermutliche (muss ich noch belegen) Verwandtschaft aus der Familie der Schwiegermutter meiner Großmutter hinweist, was ja dann der Beweis wäre, dass mein Großvater wirklich mein Großvater ist. Naja, rechnerisch passt es aber sowieso, Heirat war Dez. '44, Geburt war Sept. '45, also alles ok! Nur warum ich soviel osteuropäische und so wenig deutsche Gene in mir habe, weiß ich immer noch nicht.

            Ich sage JA zur DNS-Genealogie, aber ohne Papiergenealogie ist es sinnlos. Was nützt mir ein DNA-Match, wenn dahinter nur ein 3- oder 7-Personenstammbaum steht? Die Abstammungsanalyse ist aber eher als Partygag zu gebrauchen. Und was den Punkt angeht, dass man mit der eigenen DNS auch die DNS nahe stehender Verwandter preisgibt, ohne deren Einwilligung. Gilt das nicht für die Daten eines mit anderen Ahnenforschern geteilten Stammbaums genauso?

            Gruß
            Basil
            Zuletzt geändert von Basil; 13.06.2019, 17:32.
            Zimmer: Oberlausitz und Dresden; Stephanus: Zittau, Altenburg und Ronneburg
            Raum Zittau: Heidrich, Rudolph
            Erzgebirge: Uhlmann, Lieberwirth, Gläser, Herrmann
            Burgenlandkreis: Wachtler, Landmann, Schrön


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            • Xtine
              Administrator
              • 16.07.2006
              • 28334

              #36
              Hallo Basil,


              Zitat von Basil Beitrag anzeigen
              nicht jeder hat das "Glück", dass Ahnen und Verwandtschaft im Umkreis von 50 km lebten

              dieses Glück habe ich auch nicht. Meine Forschungsgebiete liegen zwischen 200 und 1200 km von meinem Wohnort entfernt!
              Ich für mich sehe dennoch keinen Sinn darin.


              Aber wie schon gesagt: "Jeda wira mog!"
              Viele Grüße .................................. .
              Christine

              .. .............
              Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
              (Konfuzius)

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              • sophonibal
                Benutzer
                • 18.01.2019
                • 93

                #37
                Ancestry ist für seine Gentests gerade erst „ausgezeichnet” worden:
                Die Firma Ancestry.com erhält den BigBrotherAward 2019 in der Kategorie Biotechnik, weil sie Menschen mit Interesse an Familienforschung dazu verleitet, ihre


                ...

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                • HerrMausF
                  Erfahrener Benutzer
                  • 31.12.2017
                  • 733

                  #38
                  Interessante Debatte, also ich für meinen Teil sehe DNA Beteiligung schon nützlich. Bislang könnte ich zwar kaum gemeinsame Vorfahren über DNA ausmachen aber zumindest welche bestätigen. Bei dem einen oder anderen Ahn habe ich auch noch Hoffnung, dass die DNA hilft, weil es "Matches" gibt welche die mögliche Region der Herkunft meiner Ahnen eingrenzt, da es irgendwo einen Treffpunkt gegeben haben muss. Diese Wahrscheinlichkeiten helfen dann schon etwas. Leider werden nur bei vielen Bäumen die geografischen Ursprünge nicht eingetragen, das ist dann entsetzlich sinnlos, genau wie solche 5-Personen Bäume oder geschlossenen Seiten.


                  Was den Datenschutz angeht, nun ja, wer hat sich da bei seiner letzten Blutabnahme Gedanken gemacht? Sind alle Labors und Angestellten vertrauenswürdig? Wohl kaum, dazu kommt, dass 25% DNA aller Menschen wohl ausreichen um die restliche Bevölkerung zu identifizieren, man ist dem also tendenziell ohnehin ausgeliefert. Das ist wie mit Funkmasten und Wifi, wenn man das nicht um die Ohren haben will, kann man das zuhause vermeiden aber deswegen tut es der Nachbar noch längst nicht ;-)


                  Was die Kuckukskinder angeht muss man wohl mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Sofern vorhanden helfen ja auch Gemälde oder Fotos der betreffenden Person aber wenn man sich ein Szenario Gatte<->Dienstmagd<->Herr vorstellt und es dann Matches zwischen Gattenachfolger und Herrnachfolger gibt, kann man sich schon ausmalen was passiert ist, oftmals sicher auch nicht einvernehmlich.


                  Viel interessanter fand ich bei meinen bisherigen Erfolgen, dass man mehr über die Zeit und die Umstände erfährt. "Huch da gab es eine Belagerung?" "Oh, da war DaVinci noch nicht geboren." "Ferdinand Porsche kam aus dem gleichen Ort?" "Der einzige Überlebende im Ort nach dem 30-Jährigen Krieg." usw. usf.



                  Nun ist es ja auch so, dass ab 1024 Vorfahren kaum noch ein Sinn darin zu erkennen ist, EINEN bestimmten erforschen zu können, das ist aus meiner Sicht dann nur noch reine Neugierde an der Zeit und der Historie. Biologisch betrachtet ist der 1024. Teilhaber der eigenen DNA vermutlich längst ausgewaschen und selbst wenn hat man mehr DNA mit einer Stubenfliege gemein ;-)



                  Von der DNA Nutzung zur Identifikation einer "Sippe" halte ich überhaupt nichts, es mir allenfalls eine Freude, wenn irgendwelche Idioten realisieren, dass ihr Blut eben nicht "reinrassig" ist, wie auch immer sich das jemand vorstellen mag.

                  Kommentar

                  • Melanie_Berlin
                    Erfahrener Benutzer
                    • 31.12.2007
                    • 1300

                    #39
                    Als sinnlos würde ich die DNA-Genealogie nicht bezeichnend, denn eine unterstützende Funktion haben sie auf jeden Fall. So wie auch andere Möglichkeiten, wie z.B. private oder öffentliche Stammbäume auf diversen Webseiten.
                    Was jeder aus dem Ergebnis macht, ist dann seine Sache. Man sollte aber nichts verteufeln, nur weil man selbst keinen Zugang dazu findet. Ebenso sollte man nicht versuchen, als überzeugter Vetreter der DNA-Genealogie, andere zu missionieren. Jeder muss selbst entscheiden.
                    Ich habe einen DNA-Test machen lassen. Überwiegend aus Neugier, aber auch, weil ich Kontakte zu vielen entfernten Verwandten in den USA habe, die sich ebenfalls alle testen ließen. Außerdem kommen die Vorfahren meines Mann aus der Region in der sich meine Auswanderer niederließen. Was wäre also lustig gewesen, wenn sie verwandt wären, was sie aber nicht sind. Ebenfalls war für mich die Frage, wo mein dunkler Touch herkommt. Ich hatte immer den Hintergedanken, dass es vor vielen hundert Jahren Einfluss von außerhalb Europas gegeben haben muss. Das konnte sich nicht bestätigen. Dann war für mich ein Grund, dass ich bei meiner Vaterslinie nicht sehr weit zurückkomme und ich gehofft habe, dass ich bei den DNA-Matches vielleicht den entscheidenen Hinweis finde. Für die Auswertung werde ich aber noch sehr lange brauchen. Bei den DNA-Matchen konnte ich bestätigen, dass ich kein Kuckuckskind meiner Eltern bin, denn beide Linien tauchten dort auf. Bei meinem Mann war die Neugier auf die Mischung groß. Da er aus den USA kommt, ist er ja eh Mischmasch. Aber jetzt haben wir das auch bestätigt, was wir vorher durch herkömmliche Recherche schon herausfinden konnten.
                    Viele Grüße,
                    Melanie

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                    • Limonaia
                      Benutzer
                      • 24.10.2016
                      • 63

                      #40
                      Hallo,
                      Sicher geht Ahnenforschung auch ohne DNA-Genealogie, aber es kann doch eine gute Ergänzung sein. Ohne Papier-Genealogie hat auch die Sache mit der DNA keinen Sinn, da man seine Matches nicht zuordnen kann. Aber die DNA kann halt ein paar neue Erkenntnisse liefern. Ich habe dadurch jetzt herausgefunden, was aus der Schwester meines Urgroßvaters wurde, nämlich dass sie in die USA ausgewandert ist, und es dort noch Nachkommen gibt. Ich wäre nicht auf den Gedanken gekommen da zu suchen, und hätte sie wahrscheinlich auch nicht gefunden, da der Name ihres Mannes auf den Schiffslisten anders geschrieben steht.

                      Was den Datenschutz oder den Schutz der eigenen DNA angeht, jede abgeleckte Briefmarke gibt schon die DNA her, man hat sie eh schon verteilt -- und das war für mich eigentlich auch eine der Erkenntnisse des DNA-Tests: die DNA Teile sind sowieso überall verstreut, jeder der denkt, die DNA gehört mir - klar, in der Kombination ist das so - aber ansonsten sind die Stücke davon sowieso schon bei allen möglichen anderen Leuten, mit denen man gemeinsame Vorfahren hat.
                      Ancestry hat ein paar Millionen Leute in der Datenbank, von denen der größte Teil aus den USA stammen dürften, und dennoch hat man da schon über 100 Matches vom 4. und 5 Grad der Verwandtschaft.
                      Also ich finde das persönlich einfach total spannend.

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                      • fps
                        Erfahrener Benutzer
                        • 07.01.2010
                        • 2158

                        #41
                        Zitat von Limonaia Beitrag anzeigen
                        Was den Datenschutz oder den Schutz der eigenen DNA angeht, jede abgeleckte Briefmarke gibt schon die DNA her, man hat sie eh schon verteilt -- und das war für mich eigentlich auch eine der Erkenntnisse des DNA-Tests: die DNA Teile sind sowieso überall verstreut, jeder der denkt, die DNA gehört mir - klar, in der Kombination ist das so - aber ansonsten sind die Stücke davon sowieso schon bei allen möglichen anderen Leuten, mit denen man gemeinsame Vorfahren hat.
                        Ja, schon - aber wer weiß das, solange ich meine eigene DNA nicht analysieren lasse....
                        Gruß, fps
                        Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

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                        • sophonibal
                          Benutzer
                          • 18.01.2019
                          • 93

                          #42
                          Zitat von HerrMausF Beitrag anzeigen
                          Was den Datenschutz angeht, nun ja, wer hat sich da bei seiner letzten Blutabnahme Gedanken gemacht? Sind alle Labors und Angestellten vertrauenswürdig?
                          Naja, ich sehe einen Unterschied zwischen einem nicht vertrauenswürdigen Angestellten und dem systematischen Weiterverkauf der Daten z.B. an GlaxoSmithKline für sehr viel Geld.

                          Wer in dieses „Ancestry Human Diversity Project“ einmal seine Einwilligung erteilt, gibt die Kontrolle über seine genetischen Daten aus der Hand und hat keinen Einfluss mehr darauf, wer was und wo damit forscht. [...]
                          Den Kunden als „Eigentümern ihrer Daten“ wird von Ancestry jegliche Auskunft verweigert über die sogenannte Forschung, über Methoden, Partner oder Rückschlüsse, die daraus gezogen werden.

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                          • Scherfer
                            Moderator
                            • 25.02.2016
                            • 2512

                            #43
                            Hallo

                            und herzlichen Dank für alle eure Beiträge! Ich möchte mal auf ein paar einzelne Punkte eingehen:


                            Zitat von Friedrich Beitrag anzeigen
                            Dann: DNA-Genealogie hat aus meiner Sicht - das klang oben ja auch mehrfach an - schon deswegen einen "Haken", weil das "Material" in zurückliegenden Generationen nicht mehr erfasst werden kann (wir sind ja keine "echten" Grabräuber). Die geschriebenen Quellen haben die Jahrhunderte überdauert und können im Original oder als Reproduktion/Digitalisat heute noch benutzt werden. Die DNA aus dieser Zeit liegt aber für "Ottonormalforscher" in der Regel nicht vor.
                            Lieber Friedrich, das ist ein Missverständnis! Die DNA ist sozusagen eine in Dich hineingeschriebene Quelle Deiner Vorfahren und sie reicht weiter, viiiel weiter zurück als die von geschriebenen Dokumenten! Du trägst eine einzigartige Kombination der DNA aller Deiner Vorfahren in Dir. Selbst von den Vorfahren, von denen Dir jegliche Lebensdaten oder geschriebenen Quellen fehlen! Und hat man einige nachgewiesene DNA matches vorliegen, kann man damit sehr wohl auch rekonstruieren, von welcher/m der Vorfahren man welches Segment erhalten hat. Dafür gibt es beispielsweise ein hübsches Programm namens DNA Painter. Und ja, damit hat man - eine ausreichende Menge an Daten vorausgesetzt - auch Informationen zu der DNA der seit Jahrhunderten verstorbenen Ahnen!

                            Die praktische Relevanz dessen ist beispielsweise, dass ich nun sogar bei DNA-Übereinstimmungen mit Menschen ohne ausführlichen eigenen Stammbaum aufgrund der gemeinsamen Matches mit anderen Matches oft zumindest einen guten Hinweis darauf habe, über welche Familienlinie wir verwandt sein könnten. - Dass dem dann ein genealogischer Nachweis über den "herkömmlichen Weg" folgen sollte, steht natürlich außer Frage.

                            Zitat von gki Beitrag anzeigen
                            Die angesprochene Möglichkeiten der DNS-Genealogie sind für meine Forschung jedenfalls völlig irrelevant. Mich interessiert einfach nicht, ob ich (noch mehr) entfernte Cousins in den USA habe.
                            Zitat von Balle Beitrag anzeigen
                            Nein, ich brauche auch keine Cousins, von denen ich noch nie gehört habe.
                            Dieses von gki, Balle und anderen hier vorgebrachte Argument habe ich auch einmal vertreten. Heute muss ich das für mich als Trugschluss verzeichnen. Meine Vorfahren stammen samt und sonders (wie wohl für die meisten hier) aus europäischen Landen. Zwar haben ein paar Geschwister von Ururgroßeltern den Sprung in die "Neue Welt" gewagt, aber was interessiert mich das - ist ja nicht meine direkte Vorfahrenlinie und daher bringt mir das ja auch keine wirklich neuen Erkenntnisse. Zumindest dachte ich so mal - Pustekuchen!
                            Es ist ja nun einmal so, dass sich nach jedem Tod eines Vorfahren das vorhandene Wissen über Anekdoten aus deren Leben, Familienfotos, Erbstücke etc. oft auf mehrere Geschwister aufteilt, die dann auch noch den Großteil davon im Laufe der Zeit "entsorgt haben". Schon allein dadurch verliert sich das Wissen und genau deshalb ist es auch generell ganz sinnvoll, auch nach entfernten Cousins entfernter Linien zu suchen und diese zum Wissen über ihre gemeinsamen Vorfahren zu befragen. Dazu kommt im Fall von Deutschland/Europa nun aber noch, dass wir allein im letzten Jahrhundert zwei verheerende Weltkriege hinter uns haben, viele mündliche Informationen und schriftlich überlieferte Dokumente sind dadurch zusätzlich den Bach herunter gegangen. Ganz anders aber in den USA: Der Einfluss der Weltkriege auf die Erhaltung von Familienschätzen war dort geringer, da der Krieg nicht auf dem heimischen Boden stattfand. Außerdem werden die überlieferten Dokumente von Vorfahren aus der "alten Welt" oft als das letzte Bindeglied in die alte Heimat wie ein Schatz gehütet.

                            Ganz konkretes Beispiel: Als ich vor ein paar Jahren mit der Familienforschung zu meiner väterlichen Linie begonnen habe (der nach dem 2. Weltkrieg als Kind aus Polen vertrieben wurde), hatte ich nur sehr wenig, ein Foto meiner Großeltern und die Namen der Urgroßeltern ohne Lebensdaten. Eine DNA-Übereinstimmung mit einer Fernverwandten in den USA brachte mir dann Fotos meiner Urgroßeltern und einer Ururgroßmutter sowie zahlreiches weiteres Wissen über sie. Da diese Fernverwandte neben dem DNA-Test keinen Familienstammbaum online führt, hätte ich diese Information vermutlich nie auf dem "herkömmlichen Weg" bekommen, nur per DNA-Forschung.
                            Und das ist kein Einzelfall, solche alten Dokumente habe ich über viele weitere entfernte Cousins in den USA und Kanada bekommen.

                            Und noch ein weiterer interessanter Fall: In einer Familienlinie aus Pfiffligheim bei Worms kam ich nicht weiter zurück, da viele dortige Kirchenbücher heute leider zerstört sind. Über eine DNA-Übereinstimmung fand ich eine Frau in Australien mit den gleichen Vorfahrennamen in ihrem Stammbaum. Über ihren Stammbaum konnte ich nun zumindest ein wahrscheinliches Elternpaar meines bisherigen frühesten bekannten Vorfahren rekonstruieren. Eine Generation weiter!
                            Das ist also ein Beispiel für eine vermutlich nur durch DNA-Forschung noch einigermaßen belegbare Hypothese, da andere Quellen fehlen. Es ist also auch in diesem Beispiel nicht so, dass man mit DNA-Tests nur Dinge herausfinden kann, die man mit anderen Methoden genauso finden könnte!

                            Zitat von Bergkellner Beitrag anzeigen
                            Um zum Thema zu kommen, ich bin da sehr radikal: meine DNA gehört mir!
                            Ich kann diese Haltung sehr gut verstehen und sie ist natürlich legitim, aber in der Realität kommt man heute sehr leicht an die DNA von jemand, wenn man das möchte. Ein benutzes Glas reicht aus, ja, es gibt sogar schon Studien zu DNA aus Speichel von abgeleckten Briefmarken.
                            Was ich damit sagen möchte: Wenn jemand eine kriminelle Energie in sich trägt, Deine DNA haben zu wollen, dann ist das gar nicht so schwer. Genauso wie es vielen Menschen auch nicht bewusst ist, wie Kriminelle über ein gehacktes Mobiltelefon an ganz persönliche Daten eines Opfers herankommen können. Nur: Die Nutzungsbedingungen einer neuen Handy-App hinterfragen nur wenige, das Facebook-Profil wird auch von vielen noch als unproblematisch erachtet, aber DNA-Tests? Nein, ganz persönlich!

                            Und was steckt denn nun eigentlich an Wissen in so einem DNA-Test? Analysiert wird erstens ja gar nicht die komplette DNA, sondern nur einzelne hypervariable Regionen (HVR). Wer Zahlen mag: Bei einem genealogischen Test wird meist nur weniger als 1% der gesamten DNA entschlüsselt. Noch dazu kommt: Viele von diesen HVRs haben noch nicht einmal einen bekannten Bezug zu Genen.

                            "Und die übrigen?" könnte (und sollte) man fragen? Ja, natürlich sind da einige medizinisch relevante Informationen enthalten. Und natürlich ist es richtig und wichtig zu fragen, wem man diese Daten zugänglich macht. Aber mal angenommen, eine Krankenversicherung kommt an diese Daten, was genau hat sie davon? Sie hat nur die Information, dass bestimmte Erkrankungen weniger wahrscheinlich oder wahrscheinlicher für eine Person sind. Eine absolute Antwort stellt die DNA nicht da, weil die meisten unserer Eigenschaften und Krankheitsdispositionen über viele verschiedene DNA-Regionen im Zusammenhang gesteuert werden. Selbst fortgeschrittene Wissenschaftler kratzen da heute noch an der Oberfläche, was das Zusammenspiel dieser Gene angeht. Und wenn ich von diesen im Zusammenspiel stehenden Genen dann auch noch nur weniger als 1% teste - welche Aussagekraft hat das überhaupt noch?

                            Ich bin neugierig genug und habe mal meine DNA auf solche Krankheitsdispositionen hin angesehen. Das Ergebnis war und ist relativ unspekatulär. Da manche meiner Vorfahren an Lungenerkrankungen starben, ist eine entsprechende Disposition ("Sie haben eine um 10% erhöhte Wahrscheinlichkeit für...") in meinen Genen nicht weiter überraschend. Hätte ich auch ohne DNA-Test sagen können. Und von ähnlichen Erfahrungen berichten auch andere Nutzer.

                            Und was ist mit meinen Verwandten? Lege ich mit meinem DNA-Test nicht auch das Wissen über deren DNA bloß? Ja und nein. Schon meine Geschwister teilen nur durchschnittlich 50% meiner DNA und es ist daher schon auf diesem Level ein ziemliches Rätselraten, welche 50% ihrer DNA-Segmente meinen gleichen, zumindest bis die Person selbst einen Test macht. Gehe ich weiter zurück zu Cousins und Kusinen, dann teile ich mit diesen nur noch 12,5% meiner DNA. Habe ich also mit meinem DNA-Test deren "Identität" preisgegeben? Wohl kaum.

                            Nein, der Wert von genealogischen DNA-Tests liegt eben genau in der Familienforschung, nicht in anderen Fragestellungen. Nicht umsonst weisen ja auch alle großen Hersteller darauf hin, dass ein genealogischer DNA-Test auch kein Vaterschaftstest ist, denn dafür braucht man eben einen anderen Test.

                            Was nun sicher kein Plädoyer dafür sein sollte, dass jeder seine DNA-Daten offenlegt, aber ein bisschen scheint mir die Diskussion in Deutschland doch von einer auf unzureichender Wissensbasis stehenden "vagen Angst vor der Durchleuchtung" auszugehen. Die DNA-Companies schützen ihre Daten aber recht gut vor der Weitergabe, weil sie genau vor dieser schlechten Publicity Angst haben - auch in den USA. Natürlich kann man nun wieder sagen, dass Kriminelle sich zu den Daten über Tricks Zugang verschaffen könnten. Ganz ausschließen kann man das natürlich nicht. Wenn das aber die selben Kritiker sind, die bei sich zuhause die Sprachsteuerung von Alexa, Mobiltelefon und Co. praktizieren, kann man sich schon über die Verhältnismäßigkeit dieser Kritik streiten.

                            So weit mal ein paar Gedanken von mir. Nun fliegen vermutlich gleich die Tomaten und nennen mich einen Ancestry-Verkaufsvertreter... "Lügenpresse, Lügenpresse, Lügenpresse...!"

                            Nein, ich möchte ganz sicher niemanden zu einem DNA-Test überzeugen. Ehrlich gesagt, ist es mir recht egal, wie sich da andere entscheiden. Ich kann aber von meiner Erfahrung berichten, dass sich einige meiner Vorurteile aufgelöst haben und dass sich der Test für mich aus den genannten Gründen schon heute gelohnt hat.
                            Zuletzt geändert von Scherfer; 18.06.2019, 10:34.

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                            • Malte55
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                              • 02.08.2017
                              • 1625

                              #44
                              Zitat von Scherfer Beitrag anzeigen
                              Nein, ich möchte ganz sicher niemanden zu einem DNA-Test überzeugen.
                              Das glaube ich dir sofort, lieber Walter!!!

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                              • Scherfer
                                Moderator
                                • 25.02.2016
                                • 2512

                                #45
                                Zitat von Friedrich Beitrag anzeigen
                                Wir alle haben gepredigt bekommen und predigen es weiter, dass man vernünftige Ahnenorschung nur durch das Zurückgehen der einzelnen Generationen machen kann. Da kommt die DNA-Genealogie aber an ihre Grenzen, denn da fehlt in der Regel die erfassbare Quelle, nämlich das DNA-Material der Ahnen.
                                Mal ein konstruiertes Beispiel, um den Nutzen der DNA-Genealogie genau hierfür zu verdeutlichen:


                                Angenommen, ich habe das DNA-Testergebnis meines Vaters und meiner Großmutter väterlicherseits - nicht aber meines Großvaters väterlicherseits. Recherchen in Kirchenbüchern, Standesamtsunterlagen etc. sind ins Leere gelaufen, jegliche Indizien auf die Identität des Großvaters fehlen. Mit den so genannten "herkömmlichen" Methoden komme ich also nicht weiter. Ich komme nicht die von Dir angesprochene Generation weiter zurück - der klassische "tote Punkt" also.

                                Da ich das DNA-Testergebnis meines Vaters und dessen Mutter habe, kann ich nun aber "per Substraktion" auch das DNA-Testergebnis meines Großvaters väterlicherseits rekonstruieren. Solche "virtuellen Kits" wird man laut Ankündigung von MyHeritage auch schon bald dort erzeugen können, mit bestimmten Tools geht es bereits heute. Stelle ich nun dieses "virtuelle DNA-Testergebnis" meines unbekannten Großvaters ein und finde Matches mit anderen Nutzern, dann habe ich gute Indizien durch Familiennamen und Orte, wo ich gezielt weitersuchen könnte.

                                Das Gleiche gilt analog auch für Adoptierte. Einen solchen Fall einer adoptierten Fernverwandten habe ich bereits passiv mitverfolgen können, inzwischen kennt sie ihre biologischen Eltern und hat mit ihnen Kontakt aufgenommen.

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