Von Paul über Pauls zu Paulus - Augsburg 1471 vs. 1474

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  • hionoxy
    Erfahrener Benutzer
    • 31.03.2021
    • 619

    Von Paul über Pauls zu Paulus - Augsburg 1471 vs. 1474

    Familienname: Paulus/Pauly
    Zeit/Jahr der Nennung: 1471 (nur Paul), 1474 (Pauls)
    Ort/Region der Nennung: Augsburg, Freie Reichsstadt


    Guten Tag Zusammen,

    in meinem Stammbaum kommt ein Weber Daniel Paulus (geboren 1584 oder 1587) und seine Tochter Anna Paulus (geboren 1630) vor. Beide gebürtig in Augsburg.
    Anna wurde wegen der Belagerung der Stadt nicht protestantisch getauft, sondern katholisch. In St. Ulrich lautete ihre Schreibweise Anna Pauly.

    Ansonsten wird die Familie in Steuerbücher, Hochzeitsbücher, Pflegebücher und gar Kirchenbücher (abseits der katholischen Taufe) im ausgehenden 16. Jahrhundert und im 17. Jahrhundert ausschließlich Paulus geschrieben.

    In den frühesten Hochzeitsbüchern von Augsburg (1471 und davor) taucht nur der Name Paul auf. Im Index 1477 jedoch werden plötzlich einige Paul zu Pauls.
    1471: https://www.familysearch.org/ark:/61...X-H?cat=171854
    1477: https://www.familysearch.org/ark:/61...D-Q?cat=171854

    Wenn man die Namensverteilungskarte von 1890 ansieht, dann erkennt man bezüglich verschiedener Schreibweisen folgendes:

    Paulus kommt stark in Mittelfranken, der Kur- und Oberpfalz, dem Saarland und dem Elsass vor. Allerdings nahezu gar nicht in (bayerisch-)Schwaben. Eine Einwanderung aus Mittelfranken oder dem Elsass ist über große Städte wie Nürnberg oder Strassburg nach Augsburg denkbar. Paul hingegen kommt durchaus vor in Ostschwaben, bzw. im heutigen Bayerisch-Schwaben.

    Nun sehen wir ja allerdings hier einen Wandel von Paul zu Pauls. Später wird aus Pauls manchmal auch Paulus, da gibt es nochmal einen Wandel.

    Auch wenn es im 16. Jahrhundert Zuwanderer Paulus gibt (bspw. zwei Brüder aus Landsberg – ein Lechrainer Gebiet, Altbairisch mit starkem schwäbischen Einschlag) und somit nicht unbedingt eine Verbindung zu den ursprünglichen Augsburger Paul besteht, interessiert mich habe ich mich gefragt, wieso aus vielen Paul (und NICHT allen) plötzlich Pauls und warum aus diesen dann Paulus werden. Sind diese Endungen im Lateinischen nicht bedeutungstragend ([Paul]-us <=> Sohn des [Paul])? Ist das hier schreiberische Mode und wenn ja, liegt die mit dieser Zeit im Trend?

    Vielen Dank für euer Zutun.

    Lieber Gruß
    Lukas
    Zuletzt geändert von hionoxy; 27.09.2022, 00:03.
    • Bernolsheim (Elsass): Johann Georg Higel(l)/Hügel/Heigel/Heichel (geb. 1726–1751)
    • Augsburg: Dil(l)baum/Tüllbaum/Thillbaum und Negges/Neggis/Neggiß/Neckhes (jeweils vor 1531)
    • Staufen/Pfalz-Neuburg: Brandl/Brandle/Brandlin
    • Ulm: Aitinger, Schilling, Hillmann (16. Jh.)
    • Nördlingen: Geißel, Moll, Krauß
    • Oberthulba: Kleinhenz, Schmitt, Veith, Hergenröther
    • Allgäu: Vagabundenfamilie Filler/Füller (18. Jh.)
  • sternap
    Erfahrener Benutzer
    • 25.04.2011
    • 4072

    #2
    ein aspekt für die schreibung ist, ob die katholische kirche sich in der zeit der konkreten niederschrift - in abgrenzung zu den reformatorischen - als römische betonte und agressiv auf lateinische sprache bestand.
    da wurde mitunter sogar jeder vor- und familienname und wohnort lateinisiert.


    wo die bibel und/ oder gottesdienst in landessprache üblich war, konnte ein lateinisierter name wieder landessprachlich geschrieben werden.

    es entwickelte sich der brauch, den als namensheiligen zu sehen, der dem geburtstag am nächsten war. das kann paulus von theben oder paul miki oder einer der anderen paule sein. am verkauf der devotionalien des passenden namensheiligen wurde gut verdient, noch mehr war zu holen, wenn man einen wallfahrtsort für einen solchen hatte.

    hier siehst du eine liste.

    hieß jemand mit einem familiennamen gleich einem vornamen, konnte der kirchliche schreiber ähnliche wandlungen durchspielen.


    wenn du zwar einen evangelischen kirchenbuchschreiber hast, der dennoch lateinisiert wie ein katholik, denk dran, dass luther und andere ihre ausbildung in der katholischen kirche hatten, es dauerte eine weile, bis sich eine identitätsstiftende eigene kirchensprache bis in die bücher hinein entwickelte.



    mehr werden dir die lateiner erklären.
    freundliche grüße
    sternap
    ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
    wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




    Kommentar

    • Xylander
      Erfahrener Benutzer
      • 30.10.2009
      • 6450

      #3
      Zitat von hionoxy Beitrag anzeigen
      Familienname: Paulus/Pauly
      Zeit/Jahr der Nennung: 1471 (nur Paul), 1474 (Pauls)
      Ort/Region der Nennung: Augsburg, Freie Reichsstadt

      Nun sehen wir ja allerdings hier einen Wandel von Paul zu Pauls. Später wird aus Pauls manchmal auch Paulus, da gibt es nochmal einen Wandel.

      Auch wenn es im 16. Jahrhundert Zuwanderer Paulus gibt (bspw. zwei Brüder aus Landsberg – ein Lechrainer Gebiet, Altbairisch mit starkem schwäbischen Einschlag) und somit nicht unbedingt eine Verbindung zu den ursprünglichen Augsburger Paul besteht, interessiert mich habe ich mich gefragt, wieso aus vielen Paul (und NICHT allen) plötzlich Pauls und warum aus diesen dann Paulus werden. Sind diese Endungen im Lateinischen nicht bedeutungstragend ([Paul]-us <=> Sohn des [Paul])? Ist das hier schreiberische Mode und wenn ja, liegt die mit dieser Zeit im Trend?
      Vielen Dank für euer Zutun.
      Lieber Gruß Lukas
      Hallo Lukas,
      ja, die Endungen sind bedeutungstragend, aber etwas anders als Du vermutest,
      Paulus ist der lateinische Nominativ, Pauli, auch Pauly geschrieben, der Genitiv, zB in patronymischer Funktion
      Paul ist der deutsche Nominativ, Pauls der Genitiv, auch in patronymischer Funktion
      Die Abfolge Paulus>Pauli und Paul>Pauls ist also logisch. Der Vater heißt Paulus/Paul, das Kind Pauli/Pauls
      Dass Pauls dann zu Paulus latinisiert wird, ist tatsächlich eine Zeiterscheinung. Sogenannte Humanistennamen waren in Mode.
      Zur Namendeutung: lat. paul(l)us/gr. παύλος - klein.
      Damit lassen sich die von Dir beobachteten Veränderungen auch ohne regionale Besonderheiten erklären, die es aber gegeben haben kann.
      Hier noch das DFD:


      Viele Grüße
      Peter
      Zuletzt geändert von Xylander; 28.09.2022, 21:23.

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