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  #1  
Alt 29.01.2015, 13:00
Grapelli Grapelli ist offline männlich
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Registriert seit: 12.04.2011
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Standard Wer kennt das? - Schwangere Witwe heiratet wieder!

Hallo allerseits,

wie ich gestern feststellen musste, habe ich einen Teil meines Stammbaums falsch recherchiert. Einer meiner Vorfahren (*12.05.1877) ist das erste gemeinsame Kind eines Paares, bei dem beide Ehepartner vorher schon einmal verheiratet waren; das Datum der Hochzeit kenne ich nicht.

Wie ich jetzt herausgefunden habe, starb der erste Mann der Frau allerdings erst am 04.10.1876 in Heuthen (Eichsfeld/Thüringen). Somit ist offenbar er und nicht der zweite Ehemann der rechtmäßige Erzeuger. Echt schade - ich mochte die andere Linie und hatte schon einiges an Zeit in die Erforschung investiert.

Dazu meine Frage: Habt ihr solche Fälle im Stammbaum oder in eurer Datei, in denen eine schwangere Witwe im Trauerjahr wieder heiratet? Interessieren würden mich auch Ort und Zeit des Ereignisses.

Auf der Suche nach Internet-Quellen zu diesem Phänomen bin ich außerdem auf dieses Kapitel in einem Buch von Gernot Mayer gestoßen. Danach heirateten nach dem Tod ihres Ehepartners innerhalb von 10 Jahren 45 % der Männer wieder, aber nur 20 % der Frauen. Bei beiden Geschlechtern fand die Hälfte dieser Wiederheiraten noch innerhalb des Trauerjahres statt. (Mayer zitiert hier nach Knodel/Lynch, der Original-Artikel ist offenbar im Internet verfügbar)

Bei den Männern wundert mich das weniger (sie brauchten dringend die Frau im Haus), aber bei den Frauen ist das doch eine Überraschung. Immerhin gab es kirchliche und teilweise auch staatliche Regelungen, die Witwen an einer schnellen Wiederheirat hindern sollten.

Ich freue mich auf eure eigenen Befunde, Beobachtungen und Meinungen zur Wiederheirat im Trauerjahr und vor allem zum Phänomen der wieder heiratenden, schwangeren Witwe!
__________________
Herzliche Grße
Grapelli
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  #2  
Alt 29.01.2015, 13:43
gudrun gudrun ist offline
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Registriert seit: 30.01.2006
Beiträge: 3.277
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Hallo Grapelli,

vielleicht war ja doch der zweite Mann der Frau der Vater des Kindes.
Vielleicht war ja Ehebruch (der Mann war schon krank) die Ursache.
Und deswegen die schnelle Heirat noch im Trauerjahr.

Viele Grüße
Gudrun
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  #3  
Alt 29.01.2015, 14:04
Benutzerbild von Mr. Black
Mr. Black Mr. Black ist offline
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Hallo Grapelli,

ich kenne durchaus mehrere Fälle, die ähnlich waren. Ort: Provinz Posen (Wollstein, Rothenburg an der Obra, Borui usw.) – mein Fachgebiet. Die Zeit kann ich jetzt nicht explizit sagen, da müßte ich nachsehen und meine DB ist nicht gerade klein. Vielleicht zwischen 1750 und 1890.

Übrigens, das Trauerjahr an sich – wurde meiner Erfahrung nach nicht sonderlich geachtet. Egal, ob Witwe oder Witwer; partiell wurde sogar nach nur einem Monat geheiratet. Wahrscheinlich machten die jeweiligen Situationen dies nötig. Aber wer bin ich, das heute zu bewerten? Mit anderen Worten, es war die „Regel“, sich möglichst bald wieder zu verheiraten.

Mit freundlichen Grüßen,

Marcus
__________________
Just a drop of water in an endless sea. All we are is dust in the wind.
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  #4  
Alt 29.01.2015, 14:43
mumof2 mumof2 ist offline weiblich
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Hallo Grapelli,

wenn ich Dich richtig verstanden habe, weißt Du das Datum der zweiten Eheschließung nicht, gehst aber davon aus, dass sie recht bald erfolgte. Was lässt Dich dies vermuten?

Ich kenne das Phänomen nämlich nicht, eher das Gegenteil. Das nämlich den Witwen eine "Sperrfrist" von 10 Monaten nach dem Tod des ersten Mannes auferlegt wurden, um eine Schwangerschaft vom verstorbenen ersten Ehemann auszuschließen. Dies geschah m.E. um das Erbe gerecht aufteilen zu können.

https://books.google.de/books?id=8VB...Mannes&f=false
__________________
Viele Grüße
mum of 2
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  #5  
Alt 29.01.2015, 15:11
Benutzerbild von Herbstkind93
Herbstkind93 Herbstkind93 ist offline männlich
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In meiner eigenen Familie kenne ich solche Fälle nicht. Bin aber schon im Zuge meiner Nachforschungen über solche Fälle gestolpert. Aus Falkenberg, Kreis Naugard, Pommern (1824): "Den zwei und zwanzigsten December ist die jetzige Cossathenfrau Marie Elisabeth Rollenhagen geboren Camrath von einem Sohn entbunden, dessen Vater der den ein und zwanzigsten April d. J. verstorbene Cossäth und gewesener Ehegatte der Mutter dieses jetzigen Kindes Nahmens Johann Friedrich Garbrecht ist. Das Kind wurde auf seinen wahren Vater den zweiten Januar künftigen Jahres getauft und genannt Christian Friedrich Garbrecht."
https://familysearch.org/pal:/MM9.3....7701,171494402

Die Mutter hatte am 4.11. wiedergeheiratet. Vielleicht gab es eine sechsmonatige Sperrfrist?

PS
Die Frauen brauchten dringend einen Ernährer für sich und ihre Kinder!


LG
Herbstkind
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  #6  
Alt 29.01.2015, 15:26
gki gki ist offline
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Registriert seit: 18.01.2012
Beiträge: 4.820
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Hallo Grapelli,

ich glaub nicht, daß es 1877(!) noch gültige staatliche Vorschriften zum Trauerjahr gab.

In jedem Fall gab es zB in Alt-Bayern kein Trauerjahr. Sowohl Männer als auch Frauen heirateten meist innerhalb von 2-3 Monaten wieder. Die Wiederverheiratungsquote lag für Leute, die jünger als 50 waren, nahe 100%. Es galt wohl der "Heiratszwang" der in der verlinkten Arbeit auf S. 20 zitiert wurde.

Natürlicherweise kam es dabei vor, daß eine Frau schon von ihrem vorherigen Ehemann schwanger war.

Ich habe genau einen Fall, wo ich den Eindruck hatte, daß mit der neuen Eheschließung bis nach der Niederkunft gewartet wurde. Die Hochzeit fand 3 Tage nach dieser statt, obwohl der Ehemann mutmaßlich schon vier Monate tot war.
__________________
Gruß
gki
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  #7  
Alt 29.01.2015, 19:55
Benutzerbild von Brigitte Bernstein
Brigitte Bernstein Brigitte Bernstein ist offline weiblich
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Hallo!
Ich habe auch einige Fälle. Ich denke es sind die gleichen Gründe wie bei einer Heirat des Bruders oder der Schwester der Verstorbenen. Wir können uns die damaligen Lebensverhältnisse kaum vorstellen. Es waren einfach andere Zeiten. Der Tod war allgegenwärtig. Ob bei Kindern, jungen Frauen oder jungen Männern. Ich möchte damit nicht sagen, dass diese Menschen weniger traurig waren wenn ein naher Verwandter oder Familienangehöriger verstarb. Es war immer schlimm wen die Mutter oder der Vater starben. Abe sie konnten ja nichts dagegen machen. Sie starben an Krankheiten die heute kaum noch beachtet werden. Die medizinische Versorgung war für die Landbevölkerung und auch die Unterschicht der Städte kaum zu bezahlen. Ich habe in der Zeit von 1700 - 1870 kaum eine Familie gefunden, wo nicht wenigstens 2 mal geheiratet wurde. Diese ständigen Schwangerschaften zehrte an den Kräften der Frauen. Hinzu kommt die schwere Arbeit und Mangel an Nahrung und Hygiene. Die Männer leisteten Schwerstarbeit, ob auf den Feldern, den Fabriken oder als Handwerker. Selbst Kinder mussten schon in frühester Kindheit rackern. Eine Schulausbildung war in den meisten Fällen unwichtig. Die sollten lieber schuften. Ich schreibe ja auch an einer Familienchronik und habe schon sehr viel aus der damaligen Zeit zusammen gesucht. Manches Mal haben mir schon die Haare zu Berge gestanden war die Menschen erdulden mussten. Aber für sie war es normaler Alltag, wenn man natürlich die Kriegszeiten ausklammert. Und da spricht man von der guten alten Zeit.
Einfach grausam.

Schöne Grüße Brigitte
__________________
Suche im Raum Trautenau, Parschnitz, Alt Rognitz, Deutsch Prausnitz, Bausnitz und Lampersdorf. Meine Namen Rasch, Staude, Reichelt, Letzel,
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  #8  
Alt 29.01.2015, 21:14
Elisabeth Elisabeth ist offline
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Beiträge: 195
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Zitat:
Zitat von Grapelli Beitrag anzeigen

Bei den Männern wundert mich das weniger (sie brauchten dringend die Frau im Haus), aber bei den Frauen ist das doch eine Überraschung. Immerhin gab es kirchliche und teilweise auch staatliche Regelungen, die Witwen an einer schnellen Wiederheirat hindern sollten.

Ich freue mich auf eure eigenen Befunde, Beobachtungen und Meinungen zur Wiederheirat im Trauerjahr und vor allem zum Phänomen der wieder heiratenden, schwangeren Witwe!
Hallo Grapelli,
Was sollte z. B. eine Bäuerin tun mit mehreren kleinen Kindern und einem Bauernhof, wenn ihr Mann starb. Sie mußte möglichst schnell wieder heiraten. Was die kirchlichen Vorschriften betrifft kann ich nur sagen, dass die Befolgung endete, wenn die Notwendigkeit der bäuerlichen Tätigkeit es erforderte. Ich hörte selbst als Kind im Sommer öfters den Pfarrer, in einer halbleeren Kirche von der Kanzel schimpfen, dass die Bauern am Sonntag nicht arbeiten und brav in die Kirche gehen sollten.
Herzliche Grüße Elisabeth
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  #9  
Alt 29.01.2015, 21:21
Grapelli Grapelli ist offline männlich
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Ort: Hessen
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Ich danke euch für die lebhafte Diskussion!

Zu meinem eigenen "Fall" kann ich bisher nur soviel sagen: Wenn die Daten stimmen (ich habe sie nicht selbst erforscht) hat die Frau im Oktober 1876 ihren ersten Mann in Heuthen beerdigt und 7 Monate in Bernterode ein Kind bekommen, dass auf den Nachnamen des 2. Ehemannes getauft wurde. (@mumof2) Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass das Paar in der Zwischenzeit in Heuthen geheiratet hatte. - (@gudrun) Dass das Kind noch zu Lebzeiten des ersten Mannes vom zweiten Mann gezeugt wurde, halte ich für unwahrscheinlich. Die beiden Familien lebten ja nicht mal im selben Ort.

Aber natürlich, das ist nur ein Zwischenstand. Ich werde versuchen, die zweite Hochzeit der beiden überlebenden Ehepartner in Heuthen zu finden.
__________________
Herzliche Grße
Grapelli

Geändert von Grapelli (29.01.2015 um 21:22 Uhr)
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  #10  
Alt 30.01.2015, 13:21
zimba123 zimba123 ist offline
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Zitat:
Zitat von Elisabeth Beitrag anzeigen
Was die kirchlichen Vorschriften betrifft kann ich nur sagen, dass die Befolgung endete, wenn die Notwendigkeit der bäuerlichen Tätigkeit es erforderte.
Jawoll. Das war vor allem auch im Interesse des Grundherren. Ich kann mir gut vorstellen, dass der auch schonmal ein Wörtchen mit dem Herrn Pfarrer geredet hat, damit eine Dispens erteilt wrid.

Außerdem hatten die Grundherren oft das Patronatsrecht, d. h. sie besaßen ein Vorschlags- und Vetorecht bei der Besetzung der Pfarrstelle und waren für die Besoldung des Pfarrers zuständig. Da sollte der Herr Pfarrer beim Kirchenrecht doch mal ein Auge zudrücken.

Viele Grüße
Simone
__________________
Viele Grüße
Simone
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