Nennung der Hebamme

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  • Kastulus
    Erfahrener Benutzer
    • 18.03.2012
    • 1519

    Nennung der Hebamme

    Guten Morgen,

    kann mir jemand sagen, warum in den kath. Taufbüchern über Jahrhunderte der Name der Hebamme angegeben wurde und später auch etwas zum Geburtsverlauf geschrieben werden musste (leicht, schwer etc.)? Eine etwaige Nottaufe kann wohl nicht der Grund gewesen sein; sie musste ja nicht immer durchgeführt werden. Ich habe Einträge gesehen, in denen sogar der Name der Mutter fehlte, aber die Hebamme genannt wurde.

    Schönen gesunden Tag! Kastulus
  • AKocur
    Erfahrener Benutzer
    • 28.05.2017
    • 1371

    #2
    Hallo Kastulus,

    in meinem Forschungsgebiet Westfalen taucht die Nennung der Hebamme erst spät auf, nämlich im 19. Jh. zur Zeit der Tabellen-KBs, wenn überhaupt. Ich könnte mir daher durchaus vorstellen, dass es regional unterschiedliche (staatliche oder territorial-kirchliche) Bestimmungen diesbezüglich gab.

    Grundsätzlich ist die Hebamme idR die einzige Angehörige, die über a) geburtsmedizinische Kenntnisse verfügt und b) nicht zur Familie gehört. Damit ist sie einerseits die beste Zeugin, falls etwas schief läuft und z.B. das Kind oder deren Mutter verstirbt (was ja nicht immer direkt nach der Geburt geschah, sondern auch Tage oder Wochen später seien konnte), andererseits konnte sie natürlich auch selbst verdächtigt worden sein, etwas willentlich oder unwillentlich falsch gemacht zu haben. In jeden Fall ist es doch ganz sinnvoll, genau festgehalten zu haben, wer die Hebamme war.

    Hebammeneide sind seit dem Mittelalter überliefert. Es gibt also genaue Anforderungen, was sie zu leisten hatten (z.B. auch, das Ausfragen der Mütter nach den Vätern illegitimer Kinder), aber auch, was ihnen verboten war (vor allem natürlich Abtreibungen).

    Dazu kommt, dass auch Hebammen für ihre Arbeit bezahlt werden mussten. Wurden sie das z.B. von der Gemeinde pro Geburt bezahlt, war es auch hierfür wichtig festzuhalten welche Hebamme bei welcher Geburt half.

    Die Arbeit von Hebammen war natürlich immer sehr wichtig (aus religiöser Sicht auch, weil sie bei Geburten falls es notwendig wurde, Tauf- bzw. Sterbesakramente spenden durften), aber man hat ihnen von Seiten der Kirche (und Ärzteschaft!) oft nicht wirklich vertraut.

    LG,
    Antje

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    • fps
      Erfahrener Benutzer
      • 07.01.2010
      • 2158

      #3
      Moin,
      dass in kath. Taufbüchern generell die Hebamme genannt wurde, kann ich nicht bestätigen. Aus dem Rheinland kenne ich diesen Brauch gar nicht, nur bei Nottaufen.
      Offensichtlich wurde das regional sehr unterschiedlich gehandhabt, das lag wohl an den Vorgaben der Bistümer.
      Generell unterscheiden sich die Taufbücher (und Taufsitten) regional in ganz erheblichem Umfang. Während man in der einen Region die ganze Familie bis zum Großvater aufführte, gab es zum gleichen Zeitpunkt anderenorts informative Schonkost. Und wo in einer Region eine Person als Taufpate/Taufpatin ausreichte, waren es anderswo mindestens zwei, Pate und Patin, und wieder anderswo ganze Gesellschaften.
      Gruß, fps
      Fahndung nach: Riphan, Rheinland (vor 1700); Scheer / Schier, Rheinland (vor 1750); Bartolain / Bertulin, Nickoleit (und Schreibvarianten), Kammerowski / Kamerowski, Atrott /Atroth, Obrikat - alle Ostpreußen, Region Gumbinnen

      Kommentar

      • Kastulus
        Erfahrener Benutzer
        • 18.03.2012
        • 1519

        #4
        Grüß Gott,

        vielen Dank für die Hinweise. Die genannten Gründe sind sehr einleuchtend. Bemerkenswert war für mich, dass andere Diözesen offenbar nicht so viel Wert auf die Nennung der Hebamme gelegt haben.

        Bleibt's gsund! Kastulus

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        • Huber Benedikt
          Erfahrener Benutzer
          • 20.03.2016
          • 4650

          #5
          Nach meiner Erfahrung v-a. in böhmischen Matriken meist angegeben.

          NmM ist die Hebamme der wichtigste (idR. einziger) Zeuge
          1) Zeit und Ort der Geburt
          2) Identität des Kindes bzw. der Mutter (damit ma nix unterschieben kann)
          3) Lebendgeburt (damit ma ned sagen kann , es war tot ! v.a. bei "Schandgeburten" unehelich p.p)

          Ich mein, die Zeugenstellung war das Ausschlaggebende, die Matriken waren ja auch
          DIE (einzigen) amtlichen Unterlagen (vor Einf. der StandesÄ)
          Zuletzt geändert von Huber Benedikt; 13.02.2021, 12:58.
          Ursus magnus oritur
          Rursus agnus moritur

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          • Kastulus
            Erfahrener Benutzer
            • 18.03.2012
            • 1519

            #6
            Huber Benedikt, danke. Weißt Du eigentlich, dass im Katastrophenfall, bei dem staatliche Daten vernichtet werden würden, noch heute Kirchenbucheinträge vom Staat herangezogen werden können?

            Sonniges castra batava! Kastulus

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            • gki
              Erfahrener Benutzer
              • 18.01.2012
              • 4823

              #7
              Hallo Kastulus!

              Zitat von Kastulus Beitrag anzeigen
              vielen Dank für die Hinweise. Die genannten Gründe sind sehr einleuchtend. Bemerkenswert war für mich, dass andere Diözesen offenbar nicht so viel Wert auf die Nennung der Hebamme gelegt haben.
              Ich denke das war nicht der Wunsch des Bischofs, der da den Ausschlag gab. Das war sehr wahrscheinlich eine staatliche Vorgabe. Müßte man also mal Bayern und Westfalen vergleichen.
              Gruß
              gki

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              • Sylvia53
                Erfahrener Benutzer
                • 12.12.2012
                • 1143

                #8
                Nennung der Hebamme

                Hallo zusammen,



                in den evang.-augsb. KB in Polen wurden in der Regel nur bei unverheirateten Müttern die Hebammen als Anzeigende genannt. Wenn man Glück hatte war das Alter der ledigen Mutter angegeben oder sogar die Großeltern des Neugeborenen.
                Zuletzt geändert von Sylvia53; 14.02.2021, 19:33.
                Gruß Sylvia


                NUR WER SEINE GESCHICHTE KENNT,HAT EINE ZUKUNFT.
                Wilhelm von Humboldt 1767-1835

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                • Kastulus
                  Erfahrener Benutzer
                  • 18.03.2012
                  • 1519

                  #9
                  Grüß Gott,

                  danke für die Ergänzungen. Es gibt offensichtlich viele Unterschiede bei den Einträgen. Sicherlich haben die Kirche und auch der Staat oder beide Anordnungen erlassen, hier aus St. Wolfgang (Erzbistum München-Freising):
                  "Nach der Hochw. Ordinariats-Weisung vom 31. März, und der höchsten Regierungs-Verordnung vom 31. Jul 1835, mit Seiten-Zahlen und einem vollständigen alphabetischen Namens-Verzeichnise versehen".

                  Kastulus

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                  • #10
                    Hallo,
                    bei den lutherischen Kirchenbüchern von Bergen auf Rügen wurden genau ab dem Jahr 1818 auch der Name der Hebamme angegeben. Die Hebamme hieß Agard und stammte aus Frankreich.
                    Zuletzt geändert von Gast; 16.02.2021, 13:35.

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