Illegitime Kinder

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  • Araminta
    Erfahrener Benutzer
    • 12.11.2016
    • 599

    Illegitime Kinder

    Hallo,

    mir ist bei meiner Recherche aufgefallen, dass es bei Geburtseinträgen doch recht viele illegitime Kinder gab.

    Zwar hat mich Geschichte schon immer interessiert aber bisher habe ich immer nur davon gelesen, dass diese Kinder und deren Mütter egal ob spätere Ehe oder nicht, von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden.
    Selbst wenn sie den späteren Vater heirateten, galt es als nicht sehr schicklich.

    Es scheint aber doch sehr oft passiert zu sein und da frage ich mich ob das mit der "öffentlichen Meinung" oder dem was wir zu glauben wissen, übereinstimmt?
    Oder galt das nur für höhere Personen?

    Was meint ihr?
  • Garfield
    Erfahrener Benutzer
    • 18.12.2006
    • 2140

    #2
    Hallo

    Das kommt sehr sehr auf die Zeit und Region drauf an.

    In der Schweiz im 20. Jhd. waren uneheliche Kinder bzw die unverheirateten Mütter geächtet und die Kinder wurden oft von Behörden fremdplaziert (Stichwort "Verdingkinder").
    In anderen Gegegenden zu anderen Zeiten habe ich schon gelesen, dass das überhaupt kein Problem war, da ein (Ehe)paar ein gewisses Vermögen / Einkommen haben musste, um heiraten zu dürfen. Das ergab natürlich jede Menge uneheliche Kinder bei ärmeren Leuten.
    Viele Grüsse von Garfield

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    • scheuck
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2011
      • 4383

      #3
      Hallo, zusammen!

      Diese unehelichen Kinder sind mir ein ewiges Rätsel - Bei der Vielzahl an unehelichen Kindern, die ich in meiner direkten Linie aufzuweisen habe, kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass jemand "schief angesehen" wurde.

      Ich nenne mal nur zwei Beispiele:

      eine 1806 geborene Frau hat FÜNF uneheliche Kinder; *1829, *1833, *1835, *1838 und *1840; offenbar haben alle das Kindesalter überlebt.
      Sämtliche Einwohnerlisten liegen mir vor, es heißt darin immer, die Mutter sei ohne Stand und Gewerbe. Kein einziger Hinweis darauf, dass sie als Magd usw. Geld verdient hat. - Ihre Schwestern sind alle verheiratet, demnach kann es doch auch nicht sein, dass man sich Heiraten "nicht leisten" konnte.
      Die Mutter dieser 5 Kinder hat nie geheiratet; auf welche Weise sie die Kinder "durchgebracht" haben mag, ist mir unverständlich. - Vielleicht war dafür die zweite Ehefrau ihres Vaters "zuständig"?

      Aber ...

      Aus der zweiten Ehe des Vaters gibt es einen weiteren "Fall"; dabei geht es um DREI uneheliche Kinder; *1839 (Zwillinge), *1844 und *1847, wobei das letzte Kind eine Totgeburt war. - Dasselbe "Spiel"; keine Arbeit, keine spätere Heirat.

      Die dritte uneheliche Mutter ist eine Schwester, ebenfalls aus der zweiten Ehe ihres Vaters; da gibt es "nur" EIN uneheliches Kind, *1846. - Diese Mutter arbeitet als Magd und heiratet später.

      Wie mag es damals mit "Alimenten" ausgesehen haben? Es ist doch unvorstellbar, dass eine 1789 geborene Witwe letztlich für zwei unverheiratete, "arbeitslose" Töchter mit zusammen mindestens ACHT unehelichen Kindern "zuständig" war, oder? - Soweit aber nur der "praktische Aspekt" ...

      Bei "Unschicklichkeit" oder "schiefem Gucken" hätte sich diese Familie doch gar nicht mehr aus dem Haus trauen dürfen
      DAS ist aber nur der absolute "Rekord", ein bis zwei uneheliche Kinder habe ich zu der Zeit reichlich!
      Herzliche Grüße
      Scheuck

      Kommentar

      • Araminta
        Erfahrener Benutzer
        • 12.11.2016
        • 599

        #4
        @scheuck vielen Dank für dieses Beispiel!
        Darauf wollte ich hinaus! Sicherlich war das kein Einzelfall!

        Aber was ist der Grund? Wird man im Geschichtsunterricht, Dokus, Büchern, usw. angelogen? Wird da übertrieben?

        Wie war es wirklich?
        Denn so schlimm, wie es immer beschrieben wird, kann es ja offenbar nicht gewesen sein.

        Kommentar

        • scheuck
          Erfahrener Benutzer
          • 23.10.2011
          • 4383

          #5
          Zitat von Araminta Beitrag anzeigen
          Wie war es wirklich?
          Denn so schlimm, wie es immer beschrieben wird, kann es ja offenbar nicht gewesen sein.
          Ich weiß es nicht, Araminta - Nein, ich glaube auch nicht, dass es wirklich "schlimm" war, uneheliche Kinder zu haben; jedenfalls nicht zu der Zeit, in der es bei meinen zahlreichen Fällen geht.

          Wie gesagt, es gibt auch Beispiele, da haben die "unehelichen Mütter" später jeweils geheiratet, auch mit zwei unehelichen Kindern. - Okay, man weiß nicht, ob das nicht die Väter waren bzw. der Vater des "letzten" Kindes sie dann geheiratet hat.

          In meiner direkten Linie "spielt" das alles in Wesel; die Mütter hatten zahlreiche Geschwister, die dort lebende Verwandtschaft war recht groß. Die Brüder der ledigen Mütter waren alle selbständig und scheinen ein ganz gutes Auskommen gehabt zu haben. - Dass die Familie geächtet wurde, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

          Vielleicht kam das "Anrüchige" erst 100 Jahre später? - Man darf nicht vergessen, dass uneheliche Kinder in Deutschland erst seit 1970 im Erb-Recht den ehelichen Kindern gleichgestellt sind.

          In der "Neu-Zeit" gibt es in meiner Verwandtschaft noch zwei uneheliche Kinder, beide um 1938 geboren. - In einem dieser "Fälle" hat man es sich ganz "einfach" gemacht; man hat der Mutter ein paar "Scheine" in die Hand gedrückt und sie gleichzeitig unterschreiben lassen, dass sie sich "nie mehr blicken" lässt und die Identität des Vaters auch niemals erwähnen wird . Spätere Alimente waren durch die "Abfindung" natürlich auch ausgeschlossen. - Heute würde man ein solches Ansinnen sicherlich als "sitten-widrig" bezeichnen und dagegen angehen.
          Herzliche Grüße
          Scheuck

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          • Artsch
            Erfahrener Benutzer
            • 14.07.2013
            • 1933

            #6
            Hallo miteinander,

            meine Eltern heirateten als ihr erstes Kind 2 1/2 Jahre alt war. Dies fiel mir (18 J. alt) erst auf, als die Eltern 1980 Silberhochzeit feierten.
            Nachdem ich ins Familienbuch geschaut hatte und mein ältester Bruder dort gar nicht vermerkt war, konfrontierte ich meinen 20-jährigen Bruder mit meiner Entdeckung. Er sah weder in das Familienbuch, noch wollte er die einfache Rechnung nachvollziehen. Für ihn war ich eine Lügnerin.
            Meine Mutter nach dem "warum" angesprochen, wandte sich ab, beschimpfte mich als unverschämte Schnüfflerin, ich solle mich schämen überhaupt so etwas zu fragen. Nach dem Motto: "Wage dies nicht noch einmal!"
            Trotz Verbot fragte ich meinem Vater. Er hatte damit kein Problem und erklärte mir, daß es damals keine Mietwohnungen gab und wenn er nicht als Familie wohnen könne, er auch keinen Sinn darin gesehen hätte zu heiraten.

            Viele Jahre später unterhielt ich mich mit meiner Mutter über vieles, was sie einst abgeblockt hatte. Dabei erzählte sie mir, daß es keine Repressalien für sie gab, weder in ihrer Familie, noch im Umfeld. Daß mein Vater die Geburt auf dem Standesamt in dem kleinen Ort gemeldet hat und der Junge von Anfang an den Namen meines Vaters getragen hätte. Einmal in der Woche habe man sich gesehen. Auch nachdem mein Vater 8 Monate vor der Eheschließung von Sachsen nach Westdeutschland geflüchtet war, hatte sie keine Probleme.

            In ihrem letzten Lebensjahr entschlüpfte ihr aber, daß mein Vater vor seiner Flucht sogar oft bei ihr und ihren Eltern und dem Sohn übernachtet hat.
            Die Schwester meines Vaters sagte mir, in dem Ort meiner Mutter, habe es nur 2 uneheliche Kinder gegeben und beide im Mietshaus meiner Mutter, allerdings mit einem Abstand von über 10 Jahren.
            Mein ältester Bruder erzählte mir am Sterbetag meiner Mutter, daß er erst ihren Mädchennamen getragen habe!!!

            Der andere Bruder hatte die Aufgabe von meiner Mutter bekommen, sich um ihre Beerdigung zu kümmern. In der Trauerrede wurde der älteste Sohn nicht erwähnt, und die Eltern hatten sich erst im Westen kennengelernt.

            Selbst in der eigenen Familie gehen die Menschen mit sowas verschieden und nicht immer ehrlich um.

            In der Kleinstadt in welcher ich aufgewachsen bin, ging es sehr fromm zu. Die Kirchenplätze waren immer besetzt. so daß einige stehen mußten. Nirgendwo in der Umgebung wurde die Kirche so gut besucht wie bei uns.
            Im Ort gab es eine Frau, die unehelich 1920 geboren war. Mein Bruder hatte bei seinem Verein gehört, daß der Vater ein Russe gewesen sei. Die Mutter sei schon 1925 gestorben, was die gerechte Strafe wäre.
            Sie selbst zeigte mir ein Bild ihres Vaters, der im 1. Weltkrieg im Ort arbeiten mußte und ein Jugoslawe gewesen war. Sie hatte auch seine Heimatadresse noch.
            Diese Frau vertrat eines Tages den Pfarrer in der Kirche.
            Man hatte ihr wohl vergeben, weil die Mutter schon gebüßt hatte.
            Von einem Gerede wegen der Predigt, kann zumindest ich nichts berichten.

            Ein 21-jähriger enger Jugendfreund verunglückte tödlich. Er war das Resultat eines häuslichen Missbrauchs. Hier hörte ich von allen Seiten das gutgemeinte tröstende - "es ist besser so!"
            Nie wieder habe ich um einen Menschen so geweint. Vor Trauer, aber auch vor Entsetzen über meine Mitmenschen.

            Sicher gab es diesen Satz auch in der Zeit unserer Ahnen.

            Auf den Umgang mit diesen Fällen hatte der Pfarrer unserer Ahnen den größten Einfluß. Es wurden auch Strafen und Bußen verhängt.
            Er konnte die Gemeinde aber auch ermahnen, nicht zu richten. Was sicher nur selten vorkam.
            Stimmungsmacher gab es schon immer.

            Beste Grüße
            Artsch

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            • Xtine
              Administrator
              • 16.07.2006
              • 28334

              #7
              Hallo zusammen,

              Zitat von scheuck Beitrag anzeigen
              DAS ist aber nur der absolute "Rekord", ein bis zwei uneheliche Kinder habe ich zu der Zeit reichlich!
              Oh, da kann ich locker mithalten

              Meine Ururgroßmutter (geb. 1858, Haushälterin) hatte 7 uneheliche Kinder von mindestens 3 Vätern

              Kind 1 geb. 1879 von Vater 1 Zimmerer selbst unehelich
              Kind 2 geb. 1880 von Vater nicht genannt
              Kind 3 geb. 1882 von Vater nicht genannt
              Kind 4 geb. 1885 von Vater 1
              Kind 5 geb. 1887 von Vater 2 Dienstknabe
              Kind 6 geb. 1893 von Vater 3 Häusler
              Kind 7 geb. 1897 von Vater nicht genannt (es steht was unleserliches dabei, es könnte auch der Name von Vater 2 sein)

              Meine Vermutung ist ja, daß Kind 2 u. 3 auch Vater 1 haben, aber wissen tu ich es nicht.

              Alle Kinder tragen den Namen der Mutter.

              In dieser Region war es aber tatsächlich nur möglich zu heiraten, wenn das "Vermögen passte". Den wahren Grund, warum sie nicht heiratete, werde ich aber leider nie erfahren.
              Viele Grüße .................................. .
              Christine

              .. .............
              Wer sich das Alte noch einmal vor Augen führt, um das Neue zu erkennen, der kann anderen ein Lehrer sein.
              (Konfuzius)

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              • scheuck
                Erfahrener Benutzer
                • 23.10.2011
                • 4383

                #8
                Hallo, Xtine!

                Ja, da werden sicherlich noch weitere user "mithalten" können - Uneheliche Kinder scheinen damals keine Seltenheit gewesen zu sein ...

                Ich will das auch absolut nicht irgendwie "moralisch" bewerten, mich würde aber dennoch brennend interessieren, wie man diese Kinderschar durchgebracht hat. - In Deinem Fall ist die Mutter "wenigstens" Haushälterin, das sieht nach einem Einkommen aus.

                Da fällt mir zu diesem Thema der alte Witz ein:

                Das Hausmädchen geht zur Herrschaft und sagt, sie müsse nun leider wohl kündigen, denn sie sei schwanger und habe "keinen Mann". Die Gnädige meint daraufhin, das sei doch kein Grund zum Kündigen; ein Kind im Haushalt sei doch schön, damit habe man kein Problem.
                Dieses Ansinnen wiederholt sich, sie will wieder kündigen, sie ist wieder schwanger, sie hat wieder keinen Mann ... Die Gnädige sieht auch darin kein Problem, zwei Kinder im Haus sind doch auch schön.
                Das Procedere wiederholt sich ein drittes Mal, die Gnädige sieht wieder keinerlei Problem. - Die ledige Mutter meint aber, es sei nun wirklich genug, drei Kinder, dazu das große Haus und die viele Arbeit, das könne sie nicht
                Herzliche Grüße
                Scheuck

                Kommentar

                • Simone99
                  Erfahrener Benutzer
                  • 15.08.2015
                  • 785

                  #9
                  Tschuldigung, Scheuck, aber irgendwie finde ich den Witz gar nicht lustig.

                  Früher wurden Hausmädchen sehr oft von den Herren des Hauses als "Besitz" angeschaut und regelmässig vergewaltigt. Die jungen Frauen getrauten sich nicht sich zu wehren weil sie aus armen Verhältnissen kamen und auf das bisschen Geld angewiesen waren.

                  Ich denke dieser Aspekt ist bei der ganzen Geschichte nicht ausser acht zu lassen.

                  Viele Grüsse
                  Simone

                  Kommentar

                  • scheuck
                    Erfahrener Benutzer
                    • 23.10.2011
                    • 4383

                    #10
                    Zitat von Simone99 Beitrag anzeigen
                    Tschuldigung, Scheuck, aber irgendwie finde ich den Witz gar nicht lustig.
                    Viele Grüsse
                    Simone
                    Das tut mit leid, Simone ...

                    Sicherlich kam es hie und da zu Vergewaltigungen seitens des "gnädigen Herrn"; ob man das aber alles über einen Kamm scheren kann?
                    Herzliche Grüße
                    Scheuck

                    Kommentar

                    • Gimalo
                      Benutzer
                      • 22.10.2011
                      • 26

                      #11
                      Soweit ich weiß beruht die Abwertung der unehelichen Kinder auf den Werten des Bürgertums des 19. Jahrhunderts, die erst im 20. Jahrhundert allgemeinverbindlich wurden. Die Leute, die man damals "die unteren Stände"nannte, lebten wohl nach anderen Massstäben. Sicher war es nicht ganz egal ob ehelich oder nicht, es war aber wohl auch keine Riesenkathastrophe. Unter den ärmeren Leuten gab es ohnehin nicht viel zu erben und der Lebensunterhat war schwer zu verdienen, ob verheiratet oder nicht.

                      Für Ahnenforscher ist es halt ärgerlich, wenn der Vater (oder die Mutter, da hab ich so einen Fall) nicht genannt wird und man nicht weiterkommt.

                      Kommentar

                      • Simone99
                        Erfahrener Benutzer
                        • 15.08.2015
                        • 785

                        #12
                        Ne, nicht alles über einen Kamm scheren, aber dies im Bewusstsein haben dass es geschah.....

                        Gruss Simone

                        Kommentar

                        • Silke Schieske
                          Erfahrener Benutzer
                          • 02.11.2009
                          • 4398

                          #13
                          Hallo,

                          Uneheliche Kinder tummeln sich auch bei meinen Vorfahren, sogar bis in die "Neuzeit" hinein.
                          Zumeist lag es hauptsächlich daran, dass man ebend wenigstens 100 Mark haben musste, um vorzuweisen eine Familie ernähren zu können. Es kam aber auch vor, dass der Kindesvater vor der Heirat verstarb.
                          Unter meinen mütterl. Vorfahren gab es viele uneheliche Kinder, obgleich die Ehe gleich nach der Geburt oder einige Jahre später erfolgte.
                          Meine Urgroßmutter war ein uneheliches Kind, ihre Eltern heirateten erst 4 Jahre später, da war schon das 2. Kind geboren. Das 1. Kind war auch bei ihr unehelich. Die Schwester meiner 3xUrgroßmutter hätte auch auf der Kanzel bei der Trauung ihrer Eltern geboren werden können, denn zwischen Trauung und Geburt des 1. Kindes lagen nur paar Tage. Zudem suche ich immer noch die Trauung meiner 5x Urgroßeltern. Es kann daran liegen, dass die KB hier verbrannt sind....... Bis jetzt vermute ich aber mal, dass man nur angab verheiratet zu sein
                          Auf der väterl. Seite haben auch einige entweder nie oder zumindest später geheiratet. Den meisten war es mehr oder weniger egal, denen ging es nur ums Kind.

                          Desweiteren darf man aber auch nicht vergessen, dass es auch das ein oder andere Kukukskind gab.

                          LG Silke
                          Wir haben alle was gemeinsam.
                          Wir sind hier alle auf der Suche, können nicht hellsehen und müssen zwischendurch auch mal Essen und Schlafen.

                          Kommentar

                          • Garfield
                            Erfahrener Benutzer
                            • 18.12.2006
                            • 2140

                            #14
                            Hallo in die Runde

                            Ich habe übrigens gleich zwei Urgrossmütter, die Anfang 20. Jhd. geheiratet haben, als sie schon schwanger waren. Mir wurde erzählt, dass im einen Fall ein Enkel das irgendwann raus fand (nachrechnen reicht ja) und dass auch das dann ein Riesengezeter gab von wegen darüber redet man nicht!

                            Was vielleicht auch noch ein Grund gewesen sein könnte: unterschiedliche Religionen (also evangelisch und katholisch). Da habe ich ich Bekanntenkreis Urgrosseltern, die trotz Einspruch der Eltern geheiratet haben. Seine Eltern haben ihn dann komplett aus der Familie ausgeschlossen, weil er "so eine" von der anderen Religion geheiratet hat.

                            Die Scheidung meiner Grosseltern in den 1970er-Jahren muss auf dem Land auch zu einer Aufruhr geführt haben, zumindest klangen die Erzählungen von meinem Grossvater so. Und bei der Beerdigung von meiner Grossmutter (2016 !) wurde der Teil auch komplett ignoriert.


                            Betreffend "Durchbringen der Kinder": zumindest ab dem 19. Jhd. in der Schweiz (ungefähr, genauer weiss ich es nicht) hat man versucht, die ledige Mutter zu einem Geständnis zu bringen, wer der Vater war. Damit wurde dann der Vater zur Kasse geboten, sonst hätte die Heimatgemeinde zahlen müssen.
                            Viele Grüsse von Garfield

                            Suche nach:
                            Caruso in Larino/Molise/Italien
                            D'Alessandro in Larino und Fossalto/Molise/Italien und Montréal/Kanada
                            Jörg von Sumiswald BE/Schweiz
                            Freiburghaus von Neuenegg BE/Schweiz
                            Wyss von Arni BE/Schweiz
                            Keller von Schlosswil BE/Schweiz

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                            • Dunkelgraf

                              #15
                              Hallo,

                              die Frage mit dem schiefanschauen und dem Durchbringen der unehelichen Kinder kann man nicht pauschal beantworten. Es kommt immer auf Zeit und Region an, sowie auf den Stand der Mutter.

                              Solange es die Zünfte in den Handwerksberufen gab, waren uneheliche Kinder von einer Aufnahme in die Zunft ausgeschlossen. Vor allem uneheliche Söhne durften also kein Handwerk lernen, uneheliche Töchter keine Hebammenstelle ausüben. In einigen wenigen Fällen gab es aber die Möglichkeit mit Vorsprache eines Meisters bei der obersten Behörde einen sehr fleißigen und frommen jungen Mann als Ehelich per Dekret erklären zu lassen. Damit durfte er auch ein Handwerk erlernen.

                              Alimentationszahlungen gibt es schon sehr, sehr lange. Wobei in solchen auch offiziell genannten "Hurenhändel" vor der kirchlichen Oberbehörde zwischen den beiden Parteien festgelegt wurde, wie das zu geschehen hatte, eine jährliche Zahlung oder eine Einmalige Zahlung eines größeren Betrages. Der uneheliche Vater hat sich somit "losgekauft". Das liest man hin und wieder bei Traueinträgen, wenn er später eine andere geheiratet hat. Die Gemeinde war bei unehelichen Kindern immer sehr daran interessiert, dass die Mutter den Vater nannte und zur Zahlung verpflichtete, da sonst die Gemeinde für den Unterhalt von Mutter und Kind aufkommen musste. Wenn die Mutter keiner Beschäftigung nachging, dann wurde sie auf Gemeindekosten im Armen- oder Hirtenhaus untergebracht.
                              Aber ich habe auch einige Fälle, wo die unehelichen Mütter durch Geldzahlungen sehr gut leben konnten, weil z.B. hohe Staatsbeamte, in mehreren Fällen sogar die Markgrafen selbst die Erzeuger waren. In den Zeiten der großen Amerika-Auswanderer wurde in den Zeitungen aufgerufen, ob es noch Forderungen an den Auswanderungswilligen gäbe?
                              In vielen Fällen meldeten sich Frauen und machten Alimentationszahlungen geltend. Dann durften die unehelichen Väter nicht auswandern bis sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachgekommen sind. In einem Fall, den ich gelesen habe, ging das wirklich dumm aus. Denn es meldeten sich gleich sechs Frauen, die Forderungen hatten. Dem kerl blieb gar nichts anderes übrig als illegal zu türmen

                              In meiner Heimat, dem fränkisch Thüringischen Raum, waren uneheliche Kinder sogar eher die Regel als die Ausnahme vor allem bei den Bauern und den gestandenen Handwerkern. Denn bevor ein junges Paar heiratete musste doch zuerst unter Beweis gestellt werden, dass sie auch fähig waren für Hof- und Betriebserben zu sorgen! Also wurde meist erst hochschwanger oder nach dem ersten Kind geheiratet.

                              Bei meiner Urgroßmutter nahm die Geschichte schon immer jeder mit Humor. Sie hatte drei uneheliche Kinder, war aber trotzdem Hoferbin. Das erste Kind hatte sie von ihrem Knecht, den sie jedoch von den Eltern aus nicht heiraten durfte, das zweite Kind hatte sie vom Viehhändler, den sie nicht heiraten wollte (laut Familienüberlieferung, hat sie ihre Mutter über Nacht im Stall mit dem Viehhändler eingesperrt). Der Vater des dritten Kindes, wollte sie nicht heiraten und hat sich nach Amerika abgesetzt.
                              Sie hat dann doch noch einen Mann aus dem Nachbardorf geheiratet. Ich glaube nicht, dass sie jemals schief angesehen wurde. Denn alle Leute erzählten von ihrem Fleiß, ihrer Organisationsfähigkeit und ihrer Schönheit.

                              Ich könnte zu dem Thema noch wahnsinnig viel schreiben. Es gab durchaus Frauen in Stadt und Land, die das Bekommen von unehelichen Kinder provozierten und allein von ihren "Hurenhändeln" lebten. Solche Akten habe ich jedenfalls schon einige gelesen

                              Gruß
                              Dunkelgraf

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