Schulsystem-Fragen in Württemberg ca. 1880-1920

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  • OliT
    Benutzer
    • 08.03.2022
    • 86

    Schulsystem-Fragen in Württemberg ca. 1880-1920

    Hallo,

    ich interessiere mich für die Lebensumstände meiner Gross- und Urgrosseltern und -tanten/-onkel, insbesondere zu welcher Zeit sie die Schule besucht haben. Wir reden hier ungefähr von der Zeit 1880-1920. Sie haben alle im Raum Göppingen/Geislingen, Württemberg, gelebt, waren alle evangelisch, und kamen aus einfachen Verhältnissen. Vermutlich haben die meisten nur die Volksschule absolviert. Ein Urgrossonkel hat wohl die Lateinschule in Göppingen besuchen können, bevor er eine kaufmännische Lehre begann.

    Bezüglich der Schule hätte ich einige Fragen:

    * Kann ich davon ausgehen, dass in der Zeit ca. 1880-1920 Schulpflicht für alle Jungen UND Mädchen bestand?

    * Die Schulpflicht war von und bis zu welchem Alter?

    * Von wann bis wann war das Schuljahr? Von Sommer zu Sommer mit grossen Sommerferien, oder gemäß des Kalenderjahres?

    * Gab es einen Stichtag für die Einschulung 'normal entwickelter' Kinder?

    * Ich vermute, daß die meisten meiner Vorfahren das Minimum der Volksschule absolviert haben. Was gab es damals sonst noch für Möglichkeiten, wenn man die Möglichkeit hatte, etwas Schulgeld zu bezahlen. Wie sah eine typische Gymnasiums-Abitur-Schullaufbahn aus, und gab es noch etwas dazwischen, wie z.B. die Mittelschule? Der besagte Urgrossonkel besuchte wohl von 1892-1894 die Volksschule, und von 1894-1901 die Lateinschule. War das eine 'typische' Schullaufbahn?

    Herzliche Grüße,
    OliT
  • Upidor
    Erfahrener Benutzer
    • 10.02.2021
    • 1994

    #2
    Siehe hier: https://stadtarchiv.ulm.de/ulmer-ges...t/wuerttemberg
    Zuletzt geändert von Upidor; 03.08.2023, 15:46.

    Kommentar

    • Anna Sara Weingart
      Erfahrener Benutzer
      • 23.10.2012
      • 15113

      #3
      Hi, wenn sie 6 Jahre alt waren, mussten sie in die Schule.
      Sie konnten auch schon mit 5 ½

      Zitat:
      "Die Schulpflicht beginnt bei jedem Kinde in dem siebenten und endigt für die Regel in dem vierzehnten Lebensjahre. Eine Örtliche Ausdehnung der Schulpflicht auf acht Jahre ist zulässig. Sie erfolgt auf dem in Art. 2 Abs. 6 geregelten Wege.
      Es steht den Eltern frei, ihre Kinder schon im sechsten Lebensjahre zur Schule zu schicken, wenn dieselben gehörig entwickelt sind und innerhalb von fünf Monaten nach dem Aufnahmetermin das sechste Lebensjahr vollenden"


      Quelle: Schulgesetz von 1909 -- https://elternfuerihrekinder.org/wuerttemberg/


      Anmerkung: man befindet sich im 7. Lebensjahr, wenn man 6 Jahre alt ist (am 6. Geburtstag hat man das 6. Lebensjahr VOLLENDET, und es beginnt das 7. Lebensjahr)
      Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 03.08.2023, 15:50.
      Viele Grüße

      Kommentar

      • OliT
        Benutzer
        • 08.03.2022
        • 86

        #4
        Vielen Dank, Upidor und Anna Sara, für die hilfreichen Links.

        Also gingen alle Jungs und Mädchen typischerweise bis zur 8. Klasse in die Volksschule, ab dem Alter von 6 Jahren. Das ist schon mal gut zu wissen.

        Leider konnte ich nichts bezüglich des Schuljahres finden, aber ich vermute, dass es ähnlich wie heute war, also von Sommer bis Sommer, oder?

        Der Satz "Die Schulpflicht beginnt bei jedem Kinde in dem siebenten [...] Lebensjahre" finde ich nicht sehr klar. Demnach müsste ja ein Kind 1 Tag vor seinem 6. Geburtstag noch nicht zur Schule und ab seinem Geburtstag zur Schule, also keine Kopplung mit dem Schuljahr, kein "Stichtag" ?

        Naja, es bleibt dann immer diese Restunsicherheit von mindestens einem Jahr.

        Herzliche Grüße,
        OliT

        PS: Gibt es das Württembergische Schulgesetz von 1909 irgendwo zum Herunterladen?
        Zuletzt geändert von OliT; 04.08.2023, 09:21.

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        • Sera
          Benutzer
          • 12.06.2012
          • 55

          #5
          Interessant finde ich, was Peter Eitel in seinem Band Geschichte Oberschwabens im 19. und 20. Jhd. beschreibt (und das dürfte so auch für das Unterland gelten): Da die Besoldung der Lehrer (und der wenigen Lehrerinnen, die nicht verheiratet sein durften) kärglich war, hatten sie häufig einen Nebenverdienst: Versicherungsagentur, Handel mit Schreibwaren, einer verkauft Herrenanzüge ... Eine automatische Pensionierung gab es nicht, viele Lehrer arbeiteten also bis ins hohe Alter, deshalb auch häufig Klagen über schwerhörige Lehrer. - Im Kg. Württemberg wurde übrigens die Schulpflicht bis 14 sehr ernst genommen (mit Ausnahme der Hütekinder aus Ö und Ch), allerdings fehlten dann häufig doch die Kinder aus bäuerlichen Familien während der Erntemonate, so dass im Sommer zwischen 6 und 11 vormittags unterrichtet wurde, damit die Kinder anschließend auf dem Hof helfen konnten. 30 Unterrichtsstunden waren pro Woche vorgesehen, im Winter 33.

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          • OliT
            Benutzer
            • 08.03.2022
            • 86

            #6
            Vielen Dank, Sera,

            für Deine Hilfe. Das ist in der Tat sehr interessant.

            Herzliche Grüße,
            OliT

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            • katla
              Erfahrener Benutzer
              • 28.01.2023
              • 242

              #7
              Halo Oli,
              der Beginn des Schuljahres ist in Deutschland noch gar nicht so lange einheitlich geregelt:
              siehe hier: https://www.ehemalige-biesdorf.de/?p=657 (Nur auf die Schnelle gefunden, es gibt sicher noch genauere Quellen)
              Hier in den Bremen gab es in den 60er Jahren z.B. "Kurzschuljahre", als der Schuljahresbeginn von Ostern auf den Sommer verlegt wurde.
              Zuletzt geändert von katla; 10.08.2023, 13:02.
              viele Grüße
              Katharina

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              • OliT
                Benutzer
                • 08.03.2022
                • 86

                #8
                Danke, Katharina,

                das ist interessant. Wenn sie in Württemberg erst in den 60er Jahren auf den Sommer umgestellt haben, dann kann ich ja noch meine Eltern fragen. Die gingen in den 50ern zur Schule.

                Gruss,
                OliT

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