Verbleib nach 1939 von Dora Richter, geb. 1892 in Seifen

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  • cl226
    Benutzer
    • 22.03.2016
    • 5

    Verbleib nach 1939 von Dora Richter, geb. 1892 in Seifen

    Die Suche betrifft das Jahr oder den Zeitraum: nach 1939/1946
    Genaue Orts-/Gebietseingrenzung: Seifen/Ryzovna, Kreis St. Joachimsthal/Jachymov
    Konfession der gesuchten Person(en): katholisch
    Bisher selbst durchgeführte Internet-Recherche (Datenbanken): Portafontium, div. Transportlisten, Ancestry, MyHeritage, FamilySearch
    Zur Antwortfindung bereits genutzte Anlaufstellen (Ämter, Archive): verschiedene tschechische Archive (Nationalarchiv Prag, Regionalarchiv Pilsen, Archiv des Außenministeriums)


    Hallo zusammen,

    ich suche relativ intensiv nach dem Verbleib von Dora Richter, geb. am 12.04.1892 in Seifen (Ryzovna) als Rudolf Richter nach dem Krieg.

    Ein bisschen Kontext: Dora Richter war eine trans Pionierin und gilt als die erste Person, die sich geschlechtsangleichenden Maßnahmen im modernen Sinn unterzogen hat (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Dora_Richter). Sie wird in der einschlägigen transhistorischen Literatur breit rezipiert, und 1924 schrieb Werner Holz am Berliner Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld auch eine Dissertation über sie.

    Konkrete Lebensdaten waren allerdings bisher erstaunlicherweise kaum bekannt. Mir ist es vor ca. einem Jahr nach intensiver Recherche v.a. bei Portafontium gelungen, ihren Taufeintrag in den Kirchenbüchern von Seifen (Kreis St. Joachimsthal) aufzuspüren (siehe https://lili-elbe.de/blog/2023/04/do...r-taufeintrag/)

    Über ihren Verbleib nach 1933 gab es aber keine Informationen, so dass angenommen wurde, dass sie möglicherweise im Mai 1933 bei dem Überfall der Nationalsozialisten auf das Institut für Sexualwissenschaften ums Leben gekommen sei.

    Ach dazu konnte ich inzwischen einige neue Informationen finden, dank mehrere tschechischer Archive. Sicher ist, dass sie 1934 noch in Berlin lebte, 1935 erhielt sie für Seifen einen Heimatschein, und 1939 taucht sie im Census auf und lebte da wieder in Seifen. Vermutlich ist sie - wie so viele queere Menschen zu der Zeit - in die Tschechoslowakei geflohen, die bis 1938 bessere Lebensumstände bot.

    1934 wurde außerdem in Prag ihre Namensänderung auf den Namen Dora Rudolfine Richter (bzw. Dora Rudolfa Richterova) genehmigt. Interessanterweise wurde diese Namensänderung aber erst im Januar 1946 im Seifener Kirchenbuch eingetragen. Daher vermute ich, dass sie da noch lebte und in Seifen war.

    Bisher bin ich aber völlig erfolglos bei der Recherche nach weiteren Spuren.
    • Die Menschen aus Seifen wurden 1946 in mehreren Transporten vertrieben, heute existiert das Dorf nicht mehr (bzw. es stehen noch 2(?) Häuser).
    • Die Transportlisten sind aber bisher nicht veröffentlicht, und ohne ein konkretes Datum kann ich beim Sudendeutschen Archiv nicht danach suchen (und die Listen des Kreises St. Joachimsthal sind noch nicht digitalisiert).
    • Möglicherweise lebte Dora zu der Zeit aber gar nicht mehr dort, für das Haus Seifen Nr. 61, wo sie 1939 lt. Census "Haushaltungsvorstand" war, nennt die Seifener Ortschronik für 1945 einen anderen letzten Eigentümer (Oskar Harzer, ein Sohn oder Enkel von Doras Tante).
    • Alle Suchen in einschlägigen Datenbanken (Ancestry, MyHeritage, FamilySearch) laufen ins Leere. Auch von ihren Familienmitgliedern (Geschwister und deren Nachkommen) konnte ich keine Daten finden, Richter ist halt auch ein ziemlicher Allerweltsname.
    • Vielleicht wurde Dora auch Opfer von NS-Verbrechen, wurde verhaftet, kam in ein KZ o.ä. (als trans* Person war sie jetzt für die Nazis nicht eben willkommen). Aber auch z.B. in den Arolsen Archives findet sich nichts.

    Habt ihr vielleicht Ideen für weitere Rechercheansätze?

    Ist euch Dora Richter gar irgendwo begegnet?

    Für meine eigene Familie habe ich sehr viel in Sachsen recherchiert, aber in Böhmen kenne ich mich nicht gut aus.

    Danke!
  • Ingenieur
    Erfahrener Benutzer
    • 20.03.2012
    • 279

    #2
    Nur dieser Hinweis: Mein Opa lies sich unmittelbar vor der Vertreibung aus dem Sudetenland noch einmal alle Geburts- und Heiratsurkunden der gesamten Familie vom Pfarrer (Matrikenführer) ausstellen. Wohl in der Voraussicht, das man später keinen Zugriff mehr darauf haben wird und man diese Unterlagen später aber noch benötigen wird.

    Es wäre gut möglich, dass Dora auch so gehandelt hat und deshalb im Januar 1946 ihren Taufeintrag ändern lies. Ich würde also vermuten, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch in Seifen war.

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    • cl226
      Benutzer
      • 22.03.2016
      • 5

      #3
      Danke, das klingt sehr plausibel!


      Und mir ist beim Schreiben natürlich ein Fehler unterlaufen: Das richtige Geburtsdatum ist der 16.04.1892, nicht der 12.4.

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      • Ingenieur
        Erfahrener Benutzer
        • 20.03.2012
        • 279

        #4
        Hier noch einige Tipps:

        1. DRK-Suchdienst
        2. Heimatkreis Karlsbad In meinem Fall hatten sie ebenfalls eine alte Kartei mit ehemaligen bzw. gesuchten Einwohnern im Landkreis, zudem die Transportlisten. So weiß ich in welchem Wagon mit wem und wohin sie 1946 vertrieben wurden.
        3. Invenio - Bundesarchiv nach Lastenausgleichsakten suchen. Auch nach Geschwistern und Eltern suchen! Oft wurde man gemeinsam vertrieben oder hat sich danach irgendwo zusammen gefunden.
        4. Bundesarchiv Bayreuth In der Heimatortskartei suchen. Mit dieser Kartei hat man versucht den Stand von 1939 zu erfassen um dadurch verschollene zu finden.

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        • Ingenieur
          Erfahrener Benutzer
          • 20.03.2012
          • 279

          #5
          "Im Karlsbader Museum in Wiesbaden liegt eine Kopie der Namensliste der vertriebenen Landsleute aus dem Stadt- und Landkreis Karlsbad.

          Auskünfte über die einzelnen Transporte erteilt auch der Heimatortsbetreuer von Schneidmühl (siehe Anschriftenliste)."

          Quelle: https://www.carlsbad.de/seite26.html

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          • cl226
            Benutzer
            • 22.03.2016
            • 5

            #6
            Vielen Dank für die sehr hilfreichen Hinweise!

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