Welche Sprache sprach die Urgroßmutter und ihre Familie?

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  • Donnerwetter

    Welche Sprache sprach die Urgroßmutter und ihre Familie?

    Hallo,

    Ich habe eine äußerst spannende Frage
    Unzwar würde ich gerne fragen ob es eine Art Zensus in Oberschlesien gab in dem auch die Sprache der Personen drin stand?
    Wie hier im Forum schon oft berichtet, suche ich mehr über meine Urgroßmutter die in Oberschlesien geboren ist. Ich würde gerne wissen ob es durch irgendein Dokument möglich ist zu wissen welche Sprache die Eltern sprachen. In Wikipedia wird eine Volkszählung erwähnt in der die Sprache notiert wurde. Glaubt ihr man kann solche Volkszählungslisten in Archiven finden oder wurden die meistens nach der Auswertung vernichtet?

    Mfg

    Donnerwetter

  • #2
    Oft kann man schon anhand der (Vor)Namen und der Religionszugehörigkeit festmachen was für eine Sprache gesprochen wurde. Familien mit deutschen Vor- und Nachnamen, dann eventl noch verbunden mit evangelischer Konfession, sprachen ziemlich sicher Deutsch (bis auf ein Paar Dialektwörter vielleicht "Wasserpolnisch"). Familien mit polnischen Vor- und Nachnamen mit katholischer Religion sprachen sehr wahrscheinlich polnisch. Dann gibt es noch wie bei mir in der Familie Mischformen.
    Bei uns sind alle katholisch und die meisten haben polnische Nachnamen, aber zumindest in den jüngeren Generationen noch deutsche Vornamen. Da haben sich irgendwann Deutsche und Polen untereinander geheiratet und beides gesprochen, eins ist dann hängen geblieben. Im Falle meiner Familie Deutsch, wobei meine Urgroßmutter die ebenfalls in Oberschlesien geboren und aufgewachsen ist auch etwas Polnisch sprechen konnte und so mit ihren Verwandten in einem Misch aus Deutsch und Polnisch kommunizierte.

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    • hmw
      Erfahrener Benutzer
      • 16.06.2016
      • 1369

      #3
      Guten Morgen,

      wie mein Vorredner schon sagt, kommt es da immer ganz auf die Familienkonstellation an. Diese Karte finde ich trotzdem ganz hilfreich, um sich einen Überblick zu verschaffen: https://upload.wikimedia.org/wikiped...en_1905_06.svg

      Ob die Unterlagen von der Volkszählung noch erhalten sind und ob sie irgendwo einsehbar sind kann dir sicher einer der Schlesien-Experten aus dem Forum hier sagen

      Gruß
      Martin

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      • Donnerwetter

        #4
        Also mein Oberschlesischer Zweig war katholisch. Die Vornamen waren recht deutsch, der Ururgroßvater hieß Johann und die Urgroßmutter Anna. Das Ich merke das meine Vorfahren gemischt waren, es gibt welche die deutsche andere die polnische Nachnamen trugen und geheiratet haben.

        Mfg,

        Donnerwetter

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        • #5
          Hallo,
          es wurde zumindest in der Provinz Posen im Jahr 1910 eine Volkszählung gemacht, wo die Verteilung der Sprachen erfasst wurden:



          Ob dies eine echte Volkszählung ist oder nur zur allgemeinen Statistik gehörte, weiß ich nicht.

          Dass deine polnischen Vorfahren deutsche Vornamen wie Johann trugen, hat nichts zu bedeuten, da die deutschen Standesbeamten bei Polen die Vornamen immer eingedeutscht wurden. Aus Jan wurde Johann, aus Stanisław Stanislaus, aus Ludwik Ludwig, aus Franciszek Franz usw.. So lange er keine typischen deutschen Vornamen trägt, wo zu es keine polnischen Varianten gibt, kann man davon ausgehen, dass die Vornamen polnische Vornamen sind. Auch wenn der Standesbeamten die deutschen Namen eingetragen haben, haben meine polnischen Vorfahren immer mit ihren polnischen Vorfahren unterschrieben. Sie haben sich also niemals germanisieren lassen.

          Meine polnischen Ururgroßeltern Franciszek Trąbalski (* 1870-1964) und Maryanna Wiktoria Maćkowiak (1878-1936), die zur polnischen Minderheit in Oberschlesien gehörten, waren zweisprachig. Allerdings erst, als sie nach Leipzig umgezogen sind, wo sie deutsch lernen mussten. Ursprünglich ist mein Ururgroßvater aus politischen Gründen im Jahr 1901 von der PPS in den Osten von Oberschlesien versetzt wurden, da dort das Dreikaisereck ist und er Zeitungen in allen Teile Polens bringen konnte. Er wurde erst später Wahlschlesier und nachdem seine erste Ehefrau aus Großpolen gestorben ist, heiratete er Franciszka Widera (1888-1971) aus Zabrze, die eine besonders fanatische Katholikin war, denn als ihr Ehemann im Jahr 1964 von der kommunistischen Regierung in Warschau ein Staatsbegräbnis bekommen hatte, wo vor allem sehr viele Bergarbeiter aus Oberschlesien anwesend waren, hatte sie nach dem Begräbnis alle Blumen, die ihr verstorbener Ehemann bekommen hatte, in die katholische Kirche gebracht. Aber trotz des Kommunismus und Sozialismus in Polen war die katholische Kirche weiterhin unangefochten. Das war wohl auch der Grund, warum mein Uropa nicht zurück nach Polen zu seinem Vater gehen wollte, da er aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Stattdessen hatte er sich später mit der Sowjetunion angefreundet.
          Zuletzt geändert von Gast; 02.05.2021, 12:17.

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          • goli
            Erfahrener Benutzer
            • 14.12.2008
            • 984

            #6
            Bei meinen Forschungen, die überwiegend im Bereich Namslau, Kreuzburg und Rosenberg liegen, lässt sich öfter etwas über die Sprache gewisser Personen aus Testamenten, Grundstücksverträgen, Konfirmationslisten, etc. erkennen.
            Dort wird meist ganz speziell etwas zur Sprache geschrieben, bzw. ob ein Dolmetscher benötigt wurde.
            Bei mir handelt sich sich ganz überwiegend um Personen ev. Konfession, sowohl mit "richtigen deutschen", typisch schlesischen und polnischen Nachnamen.
            Im Verlauf des 19. Jahrhunderts scheint fast nie der Familienname über die Muttersprache eine sichere Auskunft zu geben, sondern ich stellte fest, das der soziale Status eine sehr große rolle spielt, ob jemand doch eher deutsch, oder polnisch, oder beide Sprachen sprach.
            Sprich, der begüterte Bauer, sprach durchaus früher deutsch (meist auch den wasserpolnischen Dialekt), obwohl eher einen polnischen Familiennamen hatte, als der Knecht mit einem deutschen Familiennamen.
            So habe ich Akten, wo ein Vorfahre, der einen polnischen Nachnamen hatte schon in der Zeit kurz nach 1800 als Erb und Gerichtsscholze bei vielen Verhandlungen im Ort auch als Dolmetscher in Erscheinung trat, da er neben dem typischen wasserpolnischen Dialekt auch der deutschen Sprache mächtig war und zudem schreibkundig war. So ist es nichts ungewöhnliches, wenn in solchen Regionen der "Müller, Meier, Schmitt", obwohl er einen deutschen Familiennamen führt, damals keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse hatte, sondern nur polnisch/wasserpolnisch sprach.
            Zuletzt geändert von goli; 02.05.2021, 12:25.

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            • Donnerwetter

              #7
              Danke für eure tollen Beiträge. Das finde ich schon mal bestens als Motivation um weiter zu forschen. Sind solche Verträge im historischen Archiv zu finden? Muss ich einen Archivar beauftragen?
              Der merkwürdige ist folgendes. Meine Ururgroßmutter Anna hieß mit Nachnamen Langner. Ihre Großmutter mütterlicherseits hatte einen polnischen Nachnamen, die Großmutter väterlicherseits ist mir namentlich noch unbekannt, vielleicht auch polnisch, weiß ich nicht. Ich würde nicht ausschließen das meine Ururgroßmutter vielleicht auch polnisch sprach.
              Da gibt es so eine kleine Familienlegende die mit dem Thema zu tun hat. Es wird immer erzählt das mein Ururgroßvater als Bergmann in Gelsenkirchen tätig war. Es war immer die Rede davon das er aus Gelsenkirchen war und er soll dann nach Schlesien gegangen sein und hat meine Ururgroßmutter geheiratet. In Wirklichkeit war der Ururgroßvater nicht aus Gelsenkirchen, sondern aus Schlesien. Aber das passt ja vom Kontext, es kann ja sein das er dort gearbeitet hat. Es gab ja die sogenannten Ruhrpolen.

              Mfg,

              Donnerwetter

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              • schulkindel
                Erfahrener Benutzer
                • 28.02.2018
                • 872

                #8
                Sprache in Oberschlesien

                Donnerwetter,

                Du schreibst nicht, in welcher Zeit, die Vorfahren lebten, auf die sich Deine Frage bezieht.
                Ich habe auch herausgefunden, dass es in der preußischen Provinz (Ober-)Schlesien am 01. Dezember 1910 eine Volkszählung gab.
                Ich habe z. B. für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin einige Volkszählungen von 1819 bis 1919 gefunden. Auf der Zählkarte für die befragte Person wurde neben anderen Punkten jeweils das „Religionsbekenntniß“, die „Muttersprache“ und die Staatsangehörigkeit abgefragt.
                Ob der Census für (Ober-)Schlesien online ist, konnte ich nicht herausfinde.

                Renate

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                • Donnerwetter

                  #9
                  Hallo Renate,

                  Genau den von 1910 meine ich. Zu dieser Zeit haben meine Vorfahren noch in Oberschlesien gelebt.

                  Mfg,

                  Donnerwetter

                  Kommentar

                  • schulkindel
                    Erfahrener Benutzer
                    • 28.02.2018
                    • 872

                    #10
                    Na gut,
                    aber da weiß ich momentan nicht, ob man das online findet.
                    Bei familysearch und Ancestry wurde ich auf die Schnelle nicht fündig, falls ich nichts falsch gemacht habe.

                    Gruß
                    Renate

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                    • Donnerwetter

                      #11
                      Wenn ich jetzt keine Möglichkeit finden würde den Zensus einzusehen, gäbe es dann eine andere Möglichkeit das Rätsel zu lösen?
                      Kann man Archivare für die Kataster Einträge in Polen beauftragen oder ist das sehr teuer?

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                      • #12
                        Es gibt da Leute die machen es unnötig teuer, habe da leider schon schlechte Erfahrungen gemacht. Ich kann Dir Arkadiusz Wełniak empfehlen der ist Archivar und hat mir sehr weitergeholfen. Wenn Du hier runterscrollst findest Du seine Kontaktdaten https://www.gen-gmbh.de/mitarbeiter/...achlass/polen/

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                        • #13
                          Meine Urgroßeltern sprachen die alemannische Mundart.


                          Edit Mod: Es geht hier um konkrete Fälle aus Oberschlesien, nicht um die generelle Frage der Mundart der Urgroßeltern. Bitte nächstens Fragestellung beachten!

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                          • Donnerwetter

                            #14
                            Danke für den Tipp Wynne, ich werde es durchlesen
                            Ich habe gelesen das im Kreis Rosenberg, OS ( aus dem die Ururgroßmutter mit dem deutschen Namen stammt), circa 90 % der Bevölkerung polnisch als Muttersprache sprachen. Ich schließe es nicht aus, das wie schon jemand hier erwähnt hat, der deutsche Nachname vielleicht auch gar nicht unbedingt etwas über die Volkszugehörigkeit aussagt.
                            Ein interessantes Forschungsfeld würde ich behaupten. Ich hoffe ich kann irgendwann mehr Antworten durch weitere Forschungen finden.

                            Mfg,

                            Donnerwetter
                            Zuletzt geändert von Gast; 07.05.2021, 23:39.

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                            • hmw
                              Erfahrener Benutzer
                              • 16.06.2016
                              • 1369

                              #15
                              Hey,

                              nach 1900 dürfte es etwas weniger sein, siehe hier: https://upload.wikimedia.org/wikiped...en_1905_06.svg Es ist sicher auch eine Frage der Zeit, um die es geht. Könnte mir vorstellen dass unter preußischer bzw. deutscher Herrschaft die Germanisierung stärker vorangetrieben wurde als z.B. noch im Vielvölkerstaat Österreich.

                              Und noch ein Gedanke zu den Familiennamen und der Abstammung: Beim Fritzchen Müller kannst du davon ausgehen, dass sein Urahn namens Müller Deutsch sprach oder zumindest an einem deutschsprachigen Ort lebte. Trotzdem könnte es ja sein, dass Uropa Müller der einzige deutsche Muttersprachler im Stammbaum war und die anderen 7 Urgroßeltern polnische Muttersprachler waren. Pauschal kann man vom FN also weder die Muttersprache noch die ethnische Abstammung ableiten, der FN gibt eben nur einen Hinweis auf die Stammlinie. Das mit der Volkszugehörigkeit ist ohnehin kompliziert, da eine solch Kategorisierung viel zu starr ist, um die Komplexität des Bevölkerungsgefüges zu beschreiben - insbesondere östlich der Elbe https://de.wikipedia.org/wiki/Hochmi...he_Ostsiedlung
                              Schlesier trifft es da vermutlich noch am besten

                              Gruß
                              Martin

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