Berufswechsel im 18. Jh. - im Alter von fast 50 Jahren!

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  • Jettchen
    Erfahrener Benutzer
    • 16.10.2011
    • 1355

    Berufswechsel im 18. Jh. - im Alter von fast 50 Jahren!

    Hallo in die Runde!
    Der Berufswechsel des Johann Caspar Dreßel im 18.Jh. stellt mich vor ein Rätsel, und ich würde gerne Meinungen hierzu von euch bekommen.


    Der Zimmermannmeister Johann Caspar Dreßel aus Zopten/Thüringen heiratet 1726 Anna Elisabeth Frank aus dem benachbarten Probstzella.
    Sein Vater ist auch Zimmermannmeister im Ort, der Vater der Frau ist Leinenwebermeister.
    6 Dressel-Kinder kommen in Zopten zur Welt, immer wird beim Vater Zimmermannmeister als Beruf angegeben.

    Aber:
    Um 1746, da dürfte der Mann bereits etwa 49 Jahre alt sein, zieht er mit der Familie nach Tettau und kauft dort das florierende Wirtshaus am Wildberg, an der Handelsstraße Nürnberg/Erfurt gelegen.

    In Tettauer Geschlechterbuch ist ausführlich die Geschichte dieses Wirtshauses beschrieben. Der Käufer ist eindeutig dieser Zimmermannmeister, da auch die Ehefrau stimmt und das, was in dem Buch zu den Kindern notiert ist.
    Er hat das Gasthaus für 850 Florin gekauft!
    Nirgends in dem Buch ist jedoch zu lesen, dass dieser Wirt ein Zimmermannmeister war.
    Woher nahm er das Wissen, wie solch ein großes Wirtshaus zu betreiben ist? Da mussten ja auch die Zugtiere der durchziehenden Händler versorgt werden. Auf dem Wildberg war auch eine Brauerei und ein Malzhaus, die betrieben werden mussten.

    Die Frau brachte als Leinenwebertochter auch keinerlei Wissen für solch einen Betrieb mit.

    Zu einem vorangegangenen Besitzer steht in dem Tettau-Buch:
    “… daß die Familie Pertsch reich geworden war; denn die Kauf- und Handelsleute, die auf die Messe zogen, machten oft große Zechen, so daß die Wirte in damaliger Zeit gute Einnahmen hatten.“

    Auch die Dressel müssen das gut gemacht haben. 100 Jahre blieb das Gasthaus im Besitz der Familie, danach wechselte nur der Name, denn die Frau des Nachfolgers war eine geb. Dreßel.

    Ich frage mich, was einen für damalige Zeit doch schon recht alten Mann motiviert hat, ein völlig neues Leben zu beginnen!
    Brauchte er evtl. gar nicht viel praktisches Wissen um ein Wirtshaus, Brauerei etc., sondern er musste vielmehr ein Unternehmer sein, der Leute mit dem entsprechenden Wissen für sich arbeiten ließ?


    Vielen Dank fürs Lesen und evtl. Mitdenken!
    Jettchen
  • Friedrich
    Moderator
    • 02.12.2007
    • 11322

    #2
    Moin Jettchen,


    ich weiß nicht, ob in dem Spruch "Wer nichts wird, wird Wirt" insoweit was dran ist, dass man jedem, egal mit welcher Ausbildung oder mit welcher vorherigen Tätigkeit, so etwas zutraute.


    Ich habe unter meinen Anverwandten auch einen ehemaligen Gutsbesitzer, der zwischenzeitlich zum Wirt mutierte, es allerdings nicht lange blieb (um 1820 im Raum Rinteln).


    Friedrich
    "Bärgaf gait lichte, bärgop gait richte."
    (Friedrich Wilhelm Grimme, Sauerländer Mundartdichter)

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    • holsteinforscher
      Erfahrener Benutzer
      • 05.04.2013
      • 2491

      #3
      Moinsen Jettchen, wenn es sich doch um ein recht komplexes Unternehmen gehagdelt hat, konnte Johann Caspar Dreßel evtl. auf angestammtes Personal zurückgreifen und/oder er hat flux nach der Übernahme passendes Personal angeworben?
      Die besten Grüsse von der Kieler-Förde
      Roland...


      Kommentar

      • Sbriglione
        Erfahrener Benutzer
        • 16.10.2004
        • 1177

        #4
        Zitat von Jettchen Beitrag anzeigen

        Ich frage mich, was einen für damalige Zeit doch schon recht alten Mann motiviert hat, ein völlig neues Leben zu beginnen!

        Jettchen
        Hallo Jettchen,

        vielleicht war gerade sein Alter der Grund dafür, dass er umgesattelt hat: Zimmermannsarbeit war - wie im Übrigen die meiste andere handwerkliche Tätigkeit - gerade in der damaligen Zeit alles andere, als unanstrengend.
        Möglicherweise war Dein Vorfahre körperlich nicht mehr ganz so fit und wollte sich mit dem Berufswechsel eine Erwerbsmöglichkeit sichern, bei der es weniger auf körperliche Fitness ankam.

        Herzliche Grüße!
        Suche und biete Vorfahren in folgenden Regionen:
        - rund um den Harz
        - im Thüringer Wald
        - im südlichen Sachsen-Anhalt
        - in Ostwestfalen
        - in der Main-Spessart-Region
        - im Württembergischen Amt Balingen
        - auf Sizilien
        - Vorfahren der Familie (v.) Zenge aus Thüringen (u.a. in Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und NRW)
        - Vorfahren der Familie v. Sandow aus dem Ruppinischen

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        • Jettchen
          Erfahrener Benutzer
          • 16.10.2011
          • 1355

          #5
          Danke für alle eure Antworten!
          Der Kommentar "Wer nichts wird, wird Wirt" trifft hier wohl nicht zu. Immerhin wurde er Meister als Zimmermann und er konnte 850fl. für den Kauf aufbringen! Zu der Zeit betrug in der Region dort das Jahresgehalt eines einfachen Geistlichen 30 Gulden, eine Kuh kostete 8fl.! Das hatte ich zu anderen Ahnen recherchiert.


          Eher passen die beiden anderen Überlegungen, denke ich.


          Dass der Ahn geachtet war, zeigt sich daran, dass seine jüngste Tochter, die am neuen Ort zur Welt kam, von der Ehefrau des wohlhabenden Hammermeisters/Hammerbesitzers über den Taufstein gehalten wurde und ein halbes Jahr später wurde die Ehefrau meines Ahns Patin bei deren Tochter.


          Nochmals ein herzliches Dankeschön
          von Jettchen

          Kommentar

          • TükkersMitÜ
            Erfahrener Benutzer
            • 11.11.2015
            • 357

            #6
            Hallo Jettchen,

            ich habe tatächlich eine ähnlichen Fall - allerdings gute 100 Jahre später - wo ein Stellmachermeister eine Gastwirtschaft kauft und die neben seiner Arbeit betreibt, bis er sie dann irgendwann wieder verkauft.

            Ich könnte mir gut vorstellen, dass man viele der für den Gastwirtsberuf nötigen Fähigkeiten schon als Handwerkermeister erlernt, z.B. Buchführung/Rechnungswesen sind in beiden Gewerben nötig.

            Viele Grüße
            Annika
            Eheschließung Philipp Frommel und Maria Catharina Storr um 1800 im Raum Niederwörresbach/Herrstein und Umgebung
            Familie Kunde in Pollnow Krs. Schlawe
            Schäfer(?) Gottfried Wesenig o.ä. aus Bukow (Groß Jehser) und Umgebung
            Pächter Johann George Schimkönig, angeblich aus Lübben, + zwischen 1760 und 1767, zuletzt in Pritzen nachgewiesen

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            • sternap
              Erfahrener Benutzer
              • 25.04.2011
              • 4072

              #7
              ein zimmerermeister kam mindestens zur zeit der walz, wahrscheinlich auch später gelegentlich, weit herum.
              gaststätten und herbergen waren ihm vertraut.


              der kauf der gaststätte durch den alten herrn, fällt in die zeit des österreichischen erbfolgekriegs, an jüngeren männern kann es zu der zeit gemangelt haben.


              am wahrscheinlichsten ist, dass ein verwandter, eine ehemaliger meister aus der walz oder ein pfarrer bzw. grundherr, diesen kauf einfädelte.
              freundliche grüße
              sternap
              ich schreibe weder aus missachtung noch aus mutwillen klein, sondern aus triftigem mangel.
              wer weitere rechtfertigung fordert, kann mich anschreiben. auf der duellwiese erscheine ich jedoch nicht.




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              • Juanita
                Erfahrener Benutzer
                • 22.03.2011
                • 1425

                #8
                Hallo Jettchen,
                ich stand wie Du vor dem Problem, wie wird ein Knopfmachermeister Wirt im Rehbock (Name des Gasthauses) um 1728 in Mühlhausen/Thür. Auch bei mir stimmten alle Daten. So etwas gab es eben, scheint wohl doch nicht ganz selten zu sein. Allerdings war er erst 39 J. alt u. es war nach seiner 2. Eheschliessung. Aber seine 2. Frau hatte auch keinen Wirtshaushintergrund.
                Juanita
                Zuletzt geändert von Juanita; 21.11.2022, 13:42.

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                • Jettchen
                  Erfahrener Benutzer
                  • 16.10.2011
                  • 1355

                  #9
                  Danke für alle eure Gedanken um mein Thema!
                  Herausfinden kann ich die Motivation der Ahnen für den Wechsel in den etwa 13km entfernten Ort wohl nicht, aber ich werde alle eure Ideen einfließen lassen in meinen Text zu dieser Familie. ist auf jeden Fall spannend, finde ich.
                  Gruß
                  Jettchen

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                  • assi.d
                    Erfahrener Benutzer
                    • 15.11.2008
                    • 2681

                    #10
                    Hallo,

                    das ist überhaupt nichts besonderes: ich habe dutzendfach Hüttner und Bauern, die gleichzeitig als Schankwirt bezeichnet werden. Allerdings nur im Nebenerwerb, denn die Dörfer waren winzig. In einer Stadt kann das dann durchaus auch im Hauptberuf gewesen sein.

                    Und 850 fl wird er auch nicht in bar auf den Tisch gelegt, sondern jährlich einen Abtrag gezahlt haben. Das könnte man in den Grundbüchern nachsehen. Meist an "Georg" wurden die Raten fällig.

                    Gruß
                    Astrid

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                    • Jettchen
                      Erfahrener Benutzer
                      • 16.10.2011
                      • 1355

                      #11
                      Eiinfach so ein kleiner Ausschank, der nebenher betrieben werden konnte,

                      war dies allerdings nicht. Es war ein "Unternehmen", eine Station für die Handelsleute am Rennsteig. Die Familie musste extra aus der Heimat dorthin ziehen. Und die Besitzer waren geachtet in der neuen Heimat.
                      Aber den Hinweis zu den Grundbüchern finde ich interessant. Dem muss ich einmal nachgehen. Müsste vermutlich im Staatsarchiv Bamberg liegen.
                      Gruß
                      Jettchen

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