Leinwanddrucker

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  • smatthaeus
    Benutzer
    • 24.11.2019
    • 84

    [gelöst] Leinwanddrucker

    Jahr, aus dem der Begriff stammt: 1797
    Region, aus der der Begriff stammt: Westerwald



    Hallo, was genau macht ein Leinwanddrucker?



    Man kann sich eigentlich ungefähr vorstellen, was der macht, er bedruckt Leinwände. Hier findet man was dazu:


    www.guenteroppitz.at/berufe/alte-berufsbezeichnungen-in-matzleinsdorf/


    Schönfärber, die gewisse Figuren mit Rissen auf die Leinwand projizieren konnten; L(einwanddrucker bedruckten mit Hilfe von Modeln Leinwandstoffe
    "Modeln" sind wohl so eine Art größere Stempel, die dann in Farbe getunkt werden, mit denen dann wohl Muster oder Bilder auf eine Leinwand bedruckt werden.



    Doch was für Leinwände sind das? Was kann man sich darunter vorstellen, wofür wurden diese Leinwände anschließend benutzt?


    Mir kommt dabei eine Doku, die ich mal auf ARTE im Fernsehen gesehen habe, in den Sinn. Da wurden sehr sehr teure großglächige historische Motive auf handgefertigte Stofftapeten mit solchen Stempeln bedruckt, für Schlösser, Regierungspaläste usw. oder eben Leute die sich das leisten können und das toll finden. Das war eine Doku über eine entsprechende Manufaktur in Frankreich mit sehr alter Tradition, die teils Jahrhunderte alte Stepel für hochkomplexe Tapendrucke verwendet haben, eben zur Restauration uralter Drucke in einem Schloss, wo schon die Manufaktur selbst mit den selben Stempeln die Originale gefertigt hatte, oder eben für neu. Aber so wie das in der Doku gezeigt wurde, war das ein sehr sehr teures und aufwändiges Verfahren mit hunderten von Stempeln pro Wände großem Tapetenmotiv.


    Das verbinde ich jetzt nicht wirklich mit dem Begriff einer Leinwand. Oder fertigte der aus Leinwand solche Tapeten mit wesentlich einfacheren Motiven an? Und hunderte Stempel kann man als "Umherziehender" auch nicht mitführen.



    Ein Hintergrund den man noch zur besseren Einordnung wissen sollte, der Vater kam "aus Frankreich", Familienname Cavalier, und Vater und Sohn (geb. 1776 in Lahr, Haddamar, Westerwald) waren wohnsitzlos und zogen als "arme Leute" durchs Land (bisher nachweislich in folgendem Gebiet: Lahr im Westerwald, Edingen in Lahn-Dill-Kreis, Emmershausen im Taunus, Kreis Offenbach (Dietzenbach), wahrscheinlich auch Höchst an der Nidder in der Wetterau, Darmstadt-Bessungen, Frankfurt-Höchst (dorthin hatten Kinder enge Beziehungen) und vielleicht auch Steinau an der Straße (Die Mutter eines Bräutigams aus Steinau hatte den Geburtsnamen "Cavalrie"), bis er sich wohl wegen besseren Chancen für die Kinder um 1804 niederließ, als immer noch von dort aus von Dorf zu Dorf umherziehender Kupferkesselflicker.



    Da gab es wohl auch einen Berufswechsel zwischen 1787 und 1804. Ob man den Grund dafür nachvollziehen kann? Waren bedruckte Leinwände nicht mehr so gefragt? Ob das mit der politischen Lage in Europa zusammenhing? (Napoleon)
    Zuletzt geändert von smatthaeus; 27.08.2020, 00:26. Grund: Super Erklärung. Klamottenbedrucker.
  • Anna Sara Weingart
    Erfahrener Benutzer
    • 23.10.2012
    • 15113

    #2
    Hallo,
    Leinwand hat nichts mit der Zimmerwand zu tun, sondern schreibt sich nur zufällig gleich. Aus Leinwand war früher die Bekleidung:

    Zitat:
    "Leinwand ... ist ein aus Flachs oder Hanf bereitetes Gewebe. Der allgemeine Gebrauch desselben bey Reichen und Armen, giebt dessen Nothwendigkeit, und daher auch Wichtigkeit im Handel genugsam zu erkennen. Bey den meisten Menschen ist die erste Bekleidung, wenn sie ans Tages Licht erscheinen, die Leinwand, und wenn sie von der Welt abscheiden, die letzte Mitgabe. Sie macht das nothwendigste Stück der Kleidung aus, und ist im Hause so wohl zur Reinlichkeit als Zierde, am Tische, in der Küche, und im Bette unentbehrlich. Da nun aber fast keiner der Leinwand entbehren kann, so ists auch natürlich, daß so viele Menschen sich mit Verfertigung derselben beschäftigen..." (aus: Krünitz: Oeconomische Encyclopädie)


    "Eine französische Methode, auf die Leinwand Blumen zu drucken, die nur bloß eingepreßt sind, ist folgende. Man nimmt messingene Formen, darauf schöne Figuren und Blumen künstlich geschnitten sind, macht sie warm, legt sie auf die Leinwand und preßt es unter einer Presse. So schön wie solche Leinwand auch aussiehet, so wandelbar sind doch die Blumen, denn, sie verlieren sich in jeder Wäsche, und müssen daher hernach wieder frisch aufgedruckt werden. Am dauerhaftesten werden die Leinwandstücke gemodelt, wenn sie durch den Meister der Blumenarbeit, durch Zugarbeit darein gewirkt werden." (aus: Krünitz)


    Im Krünitz findest Du unter den Artikeln "Leinwanddrucken", "Kattun", "Blaue Leinwand" detaillierte Beschreibungen von verschiedenenen Druckmethoden auf Leinwand: http://www.kruenitz1.uni-trier.de

    Zitat von Anna Sara Weingart
    ... So schön wie solche Leinwand auch aussiehet, so wandelbar sind doch die Blumen, denn, sie verlieren sich in jeder Wäsche, und müssen daher hernach wieder frisch aufgedruckt werden. ...
    Das ist natürlich ein gutes Geschäftsmodell für den umherziehenden Leindwanddrucker. Ähnlich wie ein herumziehender Scherenschleifer immer gebraucht wurde, gab es also ständig, aus Leindwandstoff bestehende, Hauskleider und Bettbezüge, die darauf warteten, mit den Schmuckbildern der neuesten Mode frisch bedruckt zu werden.
    Viele Grüße

    Kommentar

    • smatthaeus
      Benutzer
      • 24.11.2019
      • 84

      #3
      Klasse!

      Kommentar

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