Was genau ist ein "Presbytero"?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • el_marocco
    Erfahrener Benutzer
    • 05.12.2021
    • 787

    Was genau ist ein "Presbytero"?

    Guten Abend, liebe Ahnenforscher,

    in einem anderen Post hatte ich gestern nach zwei katholischen Taufen gefragt, die mir unklar waren. Dort kommt ein "Presbytero" namens Wolfgang Kopp vor, der die Taufen durchgeführt hat.
    Aus der katholischen Kirche ist mir dieser Begriff nicht geläufig. Im Wikipedia steht, dass der Presbyterianismus vor allem bei reformierten Kirchen vorkommt.
    Weiß Jemand von euch, was genau ein Presbyterio in der katholischen Kirche ist? Ist das ein Priester mit vollen Befugnissen? Im vorliegenden Fall hat er ja die Taufen durchgeführt:
    - https://data.matricula-online.eu/de/.../Lam002/?pg=43 (21ster und 27ster September 1724).

    Dieser Presbyterio Wolfgang Kopp ist aller Wahrscheinlichkeit der Sohn eines Wolfgang Kopp, der von Beruf Bauer war. Ich bin über die damaligen Voraussetzungen für den Priesterberuf nicht informiert. War es üblich, dass Bauernsöhne Priester werden konnten? Klosterbruder ja, aber geweihter Priester?

    Vielen Dank für eure Meinungen und viele Grüße

    Ulrich
  • GiselaR
    Erfahrener Benutzer
    • 13.09.2006
    • 2183

    #2
    Hab doch noch was gefunden:
    im katholischen Sinne ist ein Presbyter ein Priester. Hier muss man presbytero saeculari zusammen lesen: ein weltlicher Priester (oder wie immer das fachlich heißt) im Gegensatz zu einem Ordensgeistlichen. Hier wörtlich "presbytero saeculari". Die Grundform, Nominativ ist presbyter saecularis.
    Grüße
    Gisela

    gelernte Katholiken mögen mich verbessern.
    google: Kanonistischlateinisch-deutsches Lexikon, dann kommt direkt der Download. Einen Link habe ich nicht gefunden
    Ruths, Gillmann, Lincke,Trommershausen, Gruner, Flinspach, Lagemann, Zölcke, Hartz, Bever, Weth, Lichtenberger, von der Heyden, Wernborner, Machwirth, von Campen/Poggenhagen, Prüschenk von Lindenhofen, Reiß von Eisenberg, Möser, Hiltebrandt, Richshoffer, Unger, Tenner, von Watzdorf, von Sternenfels

    Kommentar

    • AlfredS
      Erfahrener Benutzer
      • 09.07.2018
      • 1862

      #3
      Zitat aus Wikipedia:
      "Die Presbyter, Ältesten o. ä. als gewählte Vertreter der Gemeinde bilden mit dem Pfarrer oder den Pfarrern die Kirchengemeindeleitung; für dieses Gremium werden im deutschen Sprachraum neben Presbyterium auch die Begriffe Kirchengemeinderat, Gemeindekirchenrat, Leitungskreis (vor allem im evangelikalen Bereich) oder Kirchenvorstand verwendet"
      Gruß, Alfred

      Kommentar

      • GiselaR
        Erfahrener Benutzer
        • 13.09.2006
        • 2183

        #4
        Unten steht nochmal jeweils die Bedeutung innerhalb der einzelnen Konfessionen. In der katholischen Kirche ist die Bedeutung ganz offensichtlich eine andere als im
        protestantischen Bereich. Leider ist es mir nicht gelungen,
        einen Link für das erwähnte Lexikon zu finden. Wenn man es herunterlädt, kann man dort die Bedeutung für die katholische Kirche finden. Und wie ich schrieb, man muss hier "presbyterio
        saeculari" als Einheit lesen. Ich hätte ja auch erst gedacht, es handele sich um einen gewählten Gemeindevertreter
        aber im katholischen Lexkon steht ausdrücklich Priester.

        Grüße
        Gisela
        Zuletzt geändert von GiselaR; 26.11.2023, 22:40.
        Ruths, Gillmann, Lincke,Trommershausen, Gruner, Flinspach, Lagemann, Zölcke, Hartz, Bever, Weth, Lichtenberger, von der Heyden, Wernborner, Machwirth, von Campen/Poggenhagen, Prüschenk von Lindenhofen, Reiß von Eisenberg, Möser, Hiltebrandt, Richshoffer, Unger, Tenner, von Watzdorf, von Sternenfels

        Kommentar

        • Scriptoria
          Erfahrener Benutzer
          • 16.11.2017
          • 2757

          #5
          Hallo,

          getauft wurde das Kind von Wolfgang Kopp, presbytero saeculari= dem weltlichen Priester. Gemeint ist ein sog. Diözesanpriester.

          Im Unterschied zum Ordensgeistlichen, der rechtlich einem Orden unterstellt ist und nach dessen Regeln lebt, dessen Gewand trägt, dessen Gelübte ablegt, besteht die rechtliche Bindung (Inkarnation) des Diözesanpriesters an ein Bistum. Er besitzt die Priesterweihe ebenso wie Angehörige des Ordens. In der katholischen Kirche ist die Austeilung eines Sakramentes wie der Taufe nur durch Geweihte mögliche, mit den Definitionen der evangelischen Kirchen hat unser Presbyter hier nichts zu tun. Er ist ein "echter" Priester.

          Grüße
          Scriptoria
          Zuletzt geändert von Scriptoria; 26.11.2023, 23:44.

          Kommentar

          • el_marocco
            Erfahrener Benutzer
            • 05.12.2021
            • 787

            #6
            Da er taufen durfte, dachte ich mir schon, dass er ein geweihter Priester sein muss.

            Was sagt ihr zu meiner zweiten Frage: War es vor 300 Jahren üblich, dass ein Bauernsohn Priester werden konnte?

            Kommentar

            • Scriptoria
              Erfahrener Benutzer
              • 16.11.2017
              • 2757

              #7
              Zitat von el_marocco Beitrag anzeigen
              War es vor 300 Jahren üblich, dass ein Bauernsohn Priester werden konnte?

              Es gab bereits wesentlich früher Bauernsöhne, die Priester wurden.

              Hier ein Beispiel von 1711 (S. 515, rechts). Marcus Fridl, geboren 1675 als Bauernsohn, 1711 zum Priester geweiht.

              Kommentar

              • consanguineus
                Erfahrener Benutzer
                • 15.05.2018
                • 5536

                #8
                Zitat von el_marocco Beitrag anzeigen
                Was sagt ihr zu meiner zweiten Frage: War es vor 300 Jahren üblich, dass ein Bauernsohn Priester werden konnte?
                Hallo Ulrich,

                selbstverständlich konnte ein Bauernsohn Geistlicher werden. Was soll dagegen sprechen? Es gibt genug Beispiele dafür.

                Den Begriff Presbyter kenne ich aus dem Rheinland. Manche dort bezeichnen ein Kirchenvorstandsmitglied so.

                Viele Grüße
                consanguineus
                Suche:

                Joh. Christian KROHNFUSS, Jäger, * um 1790
                Carl KRÜGER, Amtmann in Bredenfelde, * um 1700
                Georg Melchior SUDHOFF, Pächter in Calvörde, * um 1680
                Ludolph ZUR MÜHLEN, Kaufmann in Bielefeld, * um 1650
                Dorothea v. NETTELHORST a. d. H. Kapsehden, * um 1600
                Thomas SCHÜTZE, Bürgermeister in Wernigerode 1561

                Kommentar

                • el_marocco
                  Erfahrener Benutzer
                  • 05.12.2021
                  • 787

                  #9
                  Zitat von consanguineus Beitrag anzeigen
                  Hallo Ulrich,

                  selbstverständlich konnte ein Bauernsohn Geistlicher werden. Was soll dagegen sprechen? Es gibt genug Beispiele dafür.

                  Viele Grüße
                  consanguineus

                  Hallo consanguineus,

                  vermutlich habe ich ein falsches Bild der damaligen Zeit in meinem Kopf. Ein Priester musste studieren und auch Latein lernen, und das schaffen selbst heute nicht allzu viele. Ob damals Bauern überhaupt lesen konnten, weiß ich nicht. Natürlich kann es sein, dass ein Bauernsohn einem Priester oder einem anderen "Gebildeten" auffiel und dieser ihn förderte. Ich weiß einfach (noch) zu wenig über die Zeit vor 300 Jahren, aber das ist ja eine der schönen Seiten an der Ahnenforschung, dass man sich über die Lebensverhältnisse seiner Ahnen Gedanken macht und immer wieder dazu lernt.

                  Viele Grüße

                  Ulrich

                  Kommentar

                  • Scriptoria
                    Erfahrener Benutzer
                    • 16.11.2017
                    • 2757

                    #10
                    Priesterausbildung im 18. Jahrundert

                    Falls der Priester Wolfgang Kopp ein Bauernsohn war, kommen mehrere Ausbildungsmöglichkeiten in Frage.
                    Dazu:
                    Klaus Unterberger: Theologiestudium und Priesterbildung im 19. Jahrhundert.

                    S. 83-84.

                    Es gab verschiedene Wege, die Priesterweihe zu erlangen. Herkunft und Bildungsgang der Kandidaten waren heterogen. Aufgabe des Priesters war es „Gott das rituell korrekt zu vollziehende Opfer darzubringen“. Die wesentliche Ausbildung bestand darin, die lateinische Sprache zu lernen und angemessen mit den liturgischen Büchern umzugehen. Das wurde in der Lehre bei einem anderen Priester vermittelt.
                    Es gab keine normierten Ausbildungen oder zentrale Bildungsstätten.
                    Im 17. und 18. Jahrhundert stiegen die Ansprüche an die Bildung der Priester. Jesuitenkollegien, Gymnasien und Universitäten nahmen an Bedeutung zu.
                    In der Paderborner Jesuitenuniversität studierten z. B. die Priesterkandidaten meist an der philosophischen Fakultät ohne einen expliziten Berufsbezug. Ein Abschlussexamen war nicht erforderlich, einige Zeit eingeschrieben zu sein, genügte. Ausbildungsorte und die Art der Studien waren nach wie vor unterschiedlich.
                    Weihekandidaten konnten sich beim Ortsordinarius zum Weiheexamen melden. Abgefragt wurden kultische Mindestkenntnisse und die kirchenrechtlich relevanten Inhalte ( z.B. wann Dispens erforderlich war u.ä.). Im 18. Jahrhundert begann die Gründung von Priesterseminaren, die an manchen Orten verpflichtend wurden. In diesen Seminaren sollten vor der Priesterweihe nach den vorhergehenden Studien seelsorgerische Kenntnisse vermittelt werden.
                    Wenn ein Kanditat sich zur Weiheprüfung meldete und die bestand, wird er seine Priesterweihe erhalten haben, ein fehlender formaler Bildungsgang war sicher kein Hindernis.
                    Zuletzt geändert von Scriptoria; 27.11.2023, 16:16. Grund: Text ergänzt

                    Kommentar

                    • el_marocco
                      Erfahrener Benutzer
                      • 05.12.2021
                      • 787

                      #11
                      Vielen Dank, Scriptoria, für die sehr interessanten Infos! Das gefällt mir so bei der Ahnenforschung, dass man auch etwas über das Leben unserer Vorfahren in Erfahrung bringt!

                      Ein ähnliches Thema, das mich bewegt, ist die Geschichte des Schulwesens. Seit wann gibt es eine Schulpflicht, welche Fächer wurden gelehrt, wie war das vor Einführung der Schulpflicht usw. usf. ? Dazu muss ich mich bei Gelegenheit mal schlau machen. Vielleicht finde ich auch hier im Forum schon Beiträge zu diesen Fragestellungen.

                      Kommentar

                      • Scriptoria
                        Erfahrener Benutzer
                        • 16.11.2017
                        • 2757

                        #12
                        Hallo Ulrich,
                        wenn du dich durch die entsprechenden Stichwörter klickst, bekommst du schon einen guten Überblick. Im Netz ist einiges zu finden.
                        Hier z.B. zur Schulpflicht
                        https://de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht_(Deutschland)

                        Ein Blogeintrag zum Mittelalter
                        Die Schule im Mittelalter - welche Arten von Schulen existierten im Laufe des Mittelalters, wer konnte sie besuchen und was wurde gerlernt?
                        Zuletzt geändert von Scriptoria; 27.11.2023, 17:31.

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X