Gewässer-Name Ennepe

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  • Xylander
    Erfahrener Benutzer
    • 30.10.2009
    • 6450

    Gewässer-Name Ennepe

    Hallo zusammen,
    ich stamme aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis und bin in Gennebreck und Haßlinghausen (heute beides zu Sprockhövel) aufgewachsen. Bei sonntagnachmittäglichen Kinobesuchen in der Nachbarstadt Gevelsberg gehörte es zu meinem Ritual, mal ein paar Minuten in die Ennepe zu schauen, wie sie unter der Brücke beim Nirgena durchfloss, das altmodische Wort munter passte zu ihr.

    Jetzt war ich seit Jahrzehnten nicht dort, aber die Erwähnung der Ennepe im Thema Rockholt(z) machte mir bewusst, dass der Name wohl immer noch nicht komplett gedeutet ist. Klar ist das -(e)pe, ein verkürztes -apa, wie bei vielen vorwiegend westdeutschen Flüss(ch)en und Bächen. Es bedeutet Wasser, Fluss, Bach. Das apa-Problem (germanisch oder keltisch?) lasse ich erstmal beiseite.



    Was aber bedeutet en(n)?
    Google und Googlebooks liefern viele Treffer zB zu Ennepe+apa+"en", auch mit zusätzlichem Suchwort Dittmaier oder Udolph kommt einiges, aber alles sehr zerschnipselt. Was ich daraus als eine Teilmeinung entnehme, ist dass es sich nicht um eine Bildung a la Munteres Wasser handelt, also um zwei Worte derselben Sprache, sondern dass En(n) eine ältere allgemeine Bezeichnung für Wasser, Fluss war, die nicht verstanden wurde, weswegen man ein -apa dranklebte. Das ist plausibel, viele Bäche auf -bach enthalten zum Beispiel ein altes Wasserwort schon im ersten Bestandteil. Aber ich finde keine unzerschnipselte Erläuterung oder auch gegenteilige Deutung dazu.

    Meine Fragen:
    Wer hat sich schonmal mit dem Thema beschäftigt?
    Wer kann besser googeln?
    Wer hat Literatur, in der er/sie nachschauen könnte?

    Ich bin sehr gespannt und dankbar für jeglichen Hinweis.

    Viele Grüße
    Peter
  • Prinzessin LiSi
    Erfahrener Benutzer
    • 16.06.2020
    • 407

    #2
    Der Lauf der Ennepe von der Quelle bis zur Mündung: ...books.google.de › books
    Margret Korn, ‎Walter Herrmann · 1979 · ‎Keine Vorschau

    Das kennst du bestimmt, oder? Ob etwas zum Namen drinsteht, weiß ich aber nicht.

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    • Xylander
      Erfahrener Benutzer
      • 30.10.2009
      • 6450

      #3
      Ich hatte es gefunden, besitze und kenne es aber leider nicht. Hört sich vielleicht komisch an, aber ich hatte mich bisher nicht intensiv um die Ennepe gekümmert. Danke für den Tipp!
      Viele Grüße
      Peter

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      • Anna Sara Weingart
        Erfahrener Benutzer
        • 23.10.2012
        • 15113

        #4
        Hi, hier hat sich jemand daran versucht, Zitat:

        "Ennepe" bedeutet also Sumpfwasser
        Viele Grüße

        Kommentar

        • Anna Sara Weingart
          Erfahrener Benutzer
          • 23.10.2012
          • 15113

          #5
          Zitat von Xylander Beitrag anzeigen
          ... dass En(n) eine ältere allgemeine Bezeichnung für Wasser, Fluss war, die nicht verstanden wurde, weswegen man ein -apa dranklebte. ...
          Ja, die erste Silbe ist vermutlich keltisch (z.B. Flussnamenn Enns, Inn) oder vorkeltisch, bzw. alteuropäisch.

          Das apa-Ende haben dann wohl die Germanen hinzugefügt.
          Zuletzt geändert von Anna Sara Weingart; 19.08.2021, 17:12.
          Viele Grüße

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          • Xylander
            Erfahrener Benutzer
            • 30.10.2009
            • 6450

            #6
            Danke ASW, das ist aufschlussreich. Die erste Deutung - beide Bestandteile sind Wasserworte, nur aus verschiedenen Sprachschichten - finden sich bei einer Reihe von Autoren. Zur zweiten Deutung - Sumpfwasser, mit -apa germanisch Fließgewässer und ana/en- keltisch Sumpf, ebenfalls häufig vertreten, würde ich gern den Artikel aus dem Roland zu Dortmund kennen. Ist vielleicht jemand Mitglied? Parallel schreibe ich dem Inhaber der Website.
            Zu Deinem Nachtrag: die apa-Diskussion halten wohl die meisten, so auch ich, für ausgestanden. Das ist ein germanischer Begriff. Ob ana/en nun keltisch oder vorindoeuropäisch, das hängt davon ab, wo man die Nordgrenze des keltischen Spachgebiets sieht, bevor sie von den Germanen verdrängt wurden. Der Name der Ruhr, der die Volme mit der Ennepe von Süden zufließt, wird vielfach als keltisch angesehen. Andererseits reagieren manche Sprachwissenschaftler, angesichts der Keltomanie des 19. und teils 20. Jahrhunderts, allergisch auf Versuche, den Bereich der keltischen Besiedlung möglichst weit nach Norden zu schieben.

            Viele Grüße
            Peter
            Zuletzt geändert von Xylander; 19.08.2021, 19:30.

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            • Anna Sara Weingart
              Erfahrener Benutzer
              • 23.10.2012
              • 15113

              #7
              Zitat von Xylander Beitrag anzeigen
              ... Andererseits reagieren manche Sprachwissenschaftler, angesichts der Keltomanie des 19. und teils 20. Jahrhunderts, allergisch auf Versuche, den Bereich der keltischen Besiedlung möglichst weit nach Norden zu schieben. ...
              Dazu das Gegenteil:
              "Der Linguist Jürgen Udolph hat 2006 darauf hingewiesen, dass sich viele archäologische Hinterlassenschaften keltischer Kultur – von typisch keltischer Handelsware bis hin zu Fürstensitzen – auch in Regionen finden, in denen keltische Ortsnamen fast völlig fehlen; dies gelte etwa für Hessen."
              Viele Grüße

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              • Xylander
                Erfahrener Benutzer
                • 30.10.2009
                • 6450

                #8
                Das verstehe ich nicht unbedingt als Gegenteil. Udolph unterscheidet zwischen Kulturraum und Sprachraum. Dass der Kulturraum die Grenzen des Sprachraumes überschritt, ist anscheinend allgemein anerkannt.


                Ich meinte den Sprachraum, hab mich ungenau ausgedrückt. Da war es maßgeblich Udolph, der das apa-Problem lösen half und die These vom germanischen Ursprung durchsetzte. Ähnlich auch seine Meinung zur Verbreitung keltischer Ortsnamen (nur in Süddeutschland), wobei allerdings die linksrheinischen, unbestreitbar keltischen Ortsnamen nicht vergessen werden dürfen.
                Prof. Udolph - Zentrum für Namenforschung - Keltische Ortsnamen in Deutschland - danach ist vor einiger Zeit gefragt worden. Es gibt kelt. ON in Deutschland, keine Frage; jedoch kommt nur der Süden Deutschlands in Frage (dazu: H. Kuhn, Die Nordgrenze der kelt. Ortsnamen in Deutschland, in Beiträge zur Namenforschung, Neue Folge 3, 1968, S. 311-334). Für die Verbreitung keltischer Ortsnamen ist immer noch hinzuweisen auf H. Rix, Zur Verbreitung und Chronologie einiger keltischer Ortsnamentypen, in: Festschrift für P. Goessler, Stuttgart, S. 99-107. Typisch keltische Ortsnamen sind oft gebildet mit *briga “Berg, Anhöhe”, irisch brí 'hill'; dūnon ‘Festung’, irish dún 'fortress', cf. walis. dinas 'city'; *dūro- 'Festung, Fort”; *magos “Feld, Ebene”, irisch magh 'plain'. In Deutschland gehören hierher: Komposita mit dunum (Kambodunum/Kempten, Lopodunum/Ladenburg), -briga (Boudo-briga/Boppard, Bupprich), -magus (Borbetomagos/Worms, Noviomagos/ Neumagen), -durum (Boiodurum/Beiterbach) Entsprechende Ortsnamen findet man eigentlich nur westlich und südlich von Rhein und Donau, wie die Karte von H. Rix, die die -magos-Namen enthält, zeigt. Heutzutage erleben wir wieder eine Keltomanie-Renaissance, u.a. dadurch, dass man man Orts- und Flussnamen heranzieht, die einmal ein anlautendes P- besessen haben sollen, das dann in keltischem Mund geschwunden sei (Muster: latein. pater - altir. athir). Dagegen sprechen dann zahlreiche süddeutsche Orts- und Flussnamen, die das anlautende P-, auch als Pf-, zeigen, wie etwa Pfatter, Pfettrach,Pfreimd, Pfrimm, Pleis-Bach, Plessur, Plima, Prüm, Perl u.a. Hier herrscht noch große Unsicherheit. | Facebook
                Keltische Ortsnamen in Deutschland - danach ist vor einiger Zeit gefragt worden. Es gibt kelt. ON in Deutschland, keine Frage; jedoch kommt nur der Süden Deutschlands in Frage (dazu: H. Kuhn, Die...


                Gewässernamen enthalten oft noch ältere Relikte als Ortsnamen. Selbst wenn Kelten an der Ennepe siedelten, was ich nicht ausschließe, können sie einen vorindogermanischen Wassernamen übernommen haben. Wenn der lautlich einem etwaigen keltischen ana - Sumpf ähnelte, ging das sozusagen nahtlos. Aber ehe ich hier eine Theorie ausmale, schaue ich erstmal, was ich noch finde.

                Viele Grüße
                Peter

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                • Xylander
                  Erfahrener Benutzer
                  • 30.10.2009
                  • 6450

                  #9
                  Hallo zusammen,
                  die Bedeutung von kelt. ana - Sumpf wird vielfach genannt. Die Frage ist, ob das Wort auch in Ennepe steckt.
                  Greule glaubt das eher nicht und führt den Namen auf germanisch anipa - günstige Lage zurück, ich bin jedoch nicht sicher, ob ich seine Darlegung verstehe:
                  Die Erforschung der Gewässernamen bekam nach 1945 durch die Tätigkeit des Indogermanisten Hans Krahe neue Impulse, die zur systematischen Erfassung der deutschen Gewässernamen im Projekt „Hydronymia Germaniae“ (1960-2005) führten und eine rege Forschungstätigkeit auslösten. Die sich hierdurch ergebenden Erkenntnisse über das hohe Alter vieler Gewässernamen in Mitteleuropa, ihren besonderen kulturgeschichtlichen Wert, ihren sprachlichen Bau und ihre Etymologie waren bislang nur in rein wissenschaftlichen Publikationen zugänglich. Das Deutsche Gewässernamenbuch verfolgt das Ziel, einem breiten, nicht fachkundig ausgebildeten Interessentenkreis die Forschungsergebnisse jetzt in der Form eines etymologischen Namenbuchs zu erschließen. In einer Einleitung werden die Leser über die Möglichkeiten, deutsche Gewässernamen im Verlauf der Geschichte zu bilden, über die Benennungsmotive und historische Schichtung (keltische, germanisch-deutsche, slawische Namen) informiert. Die Namenartikel, die entweder dem Namen eines Gewässers (z. B. Donau) oder dem Namen mehrerer Gewässer (z.B. Traun) auf der Grundlage einer Belegreihe erklären, folgen einem einheitlichen Aufbau: Namen-Stichwort, Lokalisierung, Belege, Deutung, Literatur.

                  Niemeyer favorisiert eine vspr. Wurzel en-/on- mit nicht genauer definierter Bedeutung Wasser:
                  Ein historisch-etymologisches deutsches Ortsnamenbuch ist seit Langem ein Desiderat. Das vorliegende Werk bietet für ca. 3000 Namen von Orten mit über 7500 Einwohnern aus dem gesamten heutigen und ehemaligen deutschen Sprachgebiet (Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Belgien, Luxemburg, Italien, Frankreich, Tschechien, Polen, Russland, Litauen) in alphabetisch angeordneten Artikeln historische Belegformen, etymologische Erklärungen sowie semantische und strukturelle Vergleichsformen. Zudem werden zahlreiche wichtige, ortsnamenbildende Grundwörter/Suffixe als selbstständige Artikel eingeordnet. Hinweise auf einschlägige Literatur ergänzen die Darstellungen. Die Artikel stammen von einer internationalen Gruppe ausgewiesener Namenforscher und dokumentieren den aktuellen Forschungsstand.

                  Viele Grüße
                  Peter

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                  • Anna Sara Weingart
                    Erfahrener Benutzer
                    • 23.10.2012
                    • 15113

                    #10
                    aus Wikipedia

                    "Die Sugambrer ... ein westgermanischer Stamm ... Gebiet zwischen Rhein und Lippe ... Wahrscheinlich knüpfte die Stammesbildung an vorhandene keltische Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen im Sauerland und Siegerland an."
                    Viele Grüße

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                    • Xylander
                      Erfahrener Benutzer
                      • 30.10.2009
                      • 6450

                      #11
                      Hallo ASW,
                      ja, das Siegerland war ab 600 v. Chr. über Jahrhunderte keltisch geprägt und schon damals eine bedeutende Bergbauregion.

                      Weiter nach Norden, ins Sauerland drangen die Kelten auch vor, aber wohl weniger intensiv.


                      Als germanische Stämme wie die fränkischen(?) Brukterer und Sugambrer in das Gebiet am nördlichen Mittelgebirgsrand einwanderten, trafen sie möglicherweise auf keltische Siedler und übernahmen von ihnen Gewässernamen, die vielleicht teils auf eine vorindoeuropäische Hydronomie zurückgingen. Solchen Namen hängten sie das germanische -apa an, um klarzumachen, das es sich um ein Fließgewässer handelte.

                      Das ist das eine Modell. Das andere: die Germanen fanden, besonders am Nordrand, ein weitgehend unbesiedeltes oder sehr dünn besiedeltes Gebiet vor, sodass die Kontakte nicht ausreichten, für jedes Gewässer einen keltischen oder vorindoeuropäischen Namen zu erfahren und zu adaptieren. Für solche, für sie namenlose Gewässer vergaben sie eigene, in beiden Bestandteilen germanische Namen, mit -apa als zweitem Bestandteil.

                      Diesen Ansatz verfolgt anscheinend Albrecht Greule, wenn man sich seine Deutungen der Bachnamen im System der Ennepe ansieht:
                      Die Lempe, linker Zufluss der Stefansbecke, eines Nebenbachs der Ennepe, hat er nicht direkt, stattdessen seine Deutung des Gewässernamens Lennep als Lahmbach: https://www.google.de/books/edition/...sec=frontcover
                      Die Milspe, linker Zufluss der Ennepe, heutiger Name Heilenbecke, deutet er als Mahlbach:
                      Die Erforschung der Gewässernamen bekam nach 1945 durch die Tätigkeit des Indogermanisten Hans Krahe neue Impulse, die zur systematischen Erfassung der deutschen Gewässernamen im Projekt „Hydronymia Germaniae“ (1960-2005) führten und eine rege Forschungstätigkeit auslösten. Die sich hierdurch ergebenden Erkenntnisse über das hohe Alter vieler Gewässernamen in Mitteleuropa, ihren besonderen kulturgeschichtlichen Wert, ihren sprachlichen Bau und ihre Etymologie waren bislang nur in rein wissenschaftlichen Publikationen zugänglich. Das Deutsche Gewässernamenbuch verfolgt das Ziel, einem breiten, nicht fachkundig ausgebildeten Interessentenkreis die Forschungsergebnisse jetzt in der Form eines etymologischen Namenbuchs zu erschließen. In einer Einleitung werden die Leser über die Möglichkeiten, deutsche Gewässernamen im Verlauf der Geschichte zu bilden, über die Benennungsmotive und historische Schichtung (keltische, germanisch-deutsche, slawische Namen) informiert. Die Namenartikel, die entweder dem Namen eines Gewässers (z. B. Donau) oder dem Namen mehrerer Gewässer (z.B. Traun) auf der Grundlage einer Belegreihe erklären, folgen einem einheitlichen Aufbau: Namen-Stichwort, Lokalisierung, Belege, Deutung, Literatur.

                      Den Hasperbach, rechter Zufluss der Ennepe, deutet er als Graubrauner Bach (übrigens mit -apa + -bach einer der gedoppelten Bäche):
                      Die Erforschung der Gewässernamen bekam nach 1945 durch die Tätigkeit des Indogermanisten Hans Krahe neue Impulse, die zur systematischen Erfassung der deutschen Gewässernamen im Projekt „Hydronymia Germaniae“ (1960-2005) führten und eine rege Forschungstätigkeit auslösten. Die sich hierdurch ergebenden Erkenntnisse über das hohe Alter vieler Gewässernamen in Mitteleuropa, ihren besonderen kulturgeschichtlichen Wert, ihren sprachlichen Bau und ihre Etymologie waren bislang nur in rein wissenschaftlichen Publikationen zugänglich. Das Deutsche Gewässernamenbuch verfolgt das Ziel, einem breiten, nicht fachkundig ausgebildeten Interessentenkreis die Forschungsergebnisse jetzt in der Form eines etymologischen Namenbuchs zu erschließen. In einer Einleitung werden die Leser über die Möglichkeiten, deutsche Gewässernamen im Verlauf der Geschichte zu bilden, über die Benennungsmotive und historische Schichtung (keltische, germanisch-deutsche, slawische Namen) informiert. Die Namenartikel, die entweder dem Namen eines Gewässers (z. B. Donau) oder dem Namen mehrerer Gewässer (z.B. Traun) auf der Grundlage einer Belegreihe erklären, folgen einem einheitlichen Aufbau: Namen-Stichwort, Lokalisierung, Belege, Deutung, Literatur.


                      Alles seiner Meinung nach in beiden Bestandteilen germanisch. Auch die Ennepe erklärt er voll germanisch als Bach in günstiger Lage, verwirft keltisch ana - Sumpf:
                      Die Erforschung der Gewässernamen bekam nach 1945 durch die Tätigkeit des Indogermanisten Hans Krahe neue Impulse, die zur systematischen Erfassung der deutschen Gewässernamen im Projekt „Hydronymia Germaniae“ (1960-2005) führten und eine rege Forschungstätigkeit auslösten. Die sich hierdurch ergebenden Erkenntnisse über das hohe Alter vieler Gewässernamen in Mitteleuropa, ihren besonderen kulturgeschichtlichen Wert, ihren sprachlichen Bau und ihre Etymologie waren bislang nur in rein wissenschaftlichen Publikationen zugänglich. Das Deutsche Gewässernamenbuch verfolgt das Ziel, einem breiten, nicht fachkundig ausgebildeten Interessentenkreis die Forschungsergebnisse jetzt in der Form eines etymologischen Namenbuchs zu erschließen. In einer Einleitung werden die Leser über die Möglichkeiten, deutsche Gewässernamen im Verlauf der Geschichte zu bilden, über die Benennungsmotive und historische Schichtung (keltische, germanisch-deutsche, slawische Namen) informiert. Die Namenartikel, die entweder dem Namen eines Gewässers (z. B. Donau) oder dem Namen mehrerer Gewässer (z.B. Traun) auf der Grundlage einer Belegreihe erklären, folgen einem einheitlichen Aufbau: Namen-Stichwort, Lokalisierung, Belege, Deutung, Literatur.


                      Für diese Gewässer gibt es teils auch andere Deutungen, zB Milspe als Schwarzbach, mit keltischem ersten Bestandteil. Und gerade bei der Ennepe hatten wir Deutungen mit Zuruckführungen bis in die vorindoeuropäische Hydronomie.

                      Ich weiß nicht, welche Position Greule in der Fachwelt einnimmt, ob er vielleicht Vertreter einer Schule ist, die nicht nur -apa als zweifelsfrei germanisch anerkennt, sondern auch viele erste Bestandteile von Gewässernamen am Nordrand der Mittelgebirge.

                      Vielleicht ist es aber so, dass für Siedlung und Verkehr wichtige Flüsse wie die Ennepe ihre vorgermanische oder sogar vorindoeuropäischr, von den Kelten vermittelte Namengeschichte bewahren konnten (vgl. Ruhr, keltisch Raura), während Nebenbäche und Nebennebenbäche von den Germanen neu benannt wurden, teils erst in altsächsischer Zeit.

                      Interessieren würde mich nebenbei, wie sich Kelten und Germanen verständigten. Hatten sie Dolmetscher, zB Sklaven aus der anderen Ethnie?

                      Viele Grüße
                      Peter
                      Zuletzt geändert von Xylander; 21.08.2021, 08:02.

                      Kommentar

                      • Xylander
                        Erfahrener Benutzer
                        • 30.10.2009
                        • 6450

                        #12
                        Hallo zusammen,
                        dies ist mein vorläufiges Fazit:

                        Der Gewässer-Name Ennepe setzt sich zusammen aus Grundwort und Bestimmungswort.
                        Grundwort:
                        -apa - germanisch "Fließgewässer, Fluss, Bach"
                        Bestimmungswort je nach angenommener Sprachschicht und Autor/in:
                        en-, on- vorindoeuropäisch "Wasser"
                        ana- keltisch "Sumpf(wasser)"
                        anja- germanisch "Günstige Lage"
                        Dabei ist die Zugehörigkeit zu den vorwiegend westdeutschen apa-Namen und die Deutung von apa als germanisch (nicht keltisch) Fließgewässer mittlerweile unbestritten.

                        Der Ursprung des Bestimmungsworts aus vorindoeuropäischer oder keltischer Sprachschicht setzt für die Weitergabe des Namens an die Germanen mE nicht unbedingt eine durchgehende dichte Besiedlung voraus. Wenn das Gebiet häufig durchwandert oder in Streifzügen aufgesucht wurde, könnten Gewässer-Namen als Wegmarken benutzt worden sein. Eine Bedeutung "Wasser" wäre dabei allerdings nicht sehr hilfreich gewesen. Zu berücksichtigen insbesondere für keltischen Ursprung ist die Erschließung nicht nur von Süden aus dem Siegerland, sondern auch oder mehr noch von Westen entlang der Ruhr und von dort in die Seitentäler.

                        Meine eigene Tendenz: im Grenzbereich am Nordrand der Mittelgebirge haben kleine Bäche wie der Hasperbach (ursprünglich Hasapa) am ehesten auch im Bestimmungswort germanischen Ursprung. Flüsse wie die Ennepe könnten im Bestimmungswort den keltischen Namen bewahren. Mit einer Zurückführung auf eine vorindoeuropäische Spachschicht tue ich mich schwer.

                        Inzwischen fand ich eine aufschlussreiche aktuelle Abhandlung zum Stand der Ennepe-Deutungsgeschichte: Harald Bichlmeier, Anmerkungen zu einigen mit „An-“ beginnenden litauischen Gewässernamen und ihren außerbaltischen Verwandten, 2021. Hier der oberste Googletreffer:


                        Darin auf Seite 205 eine Übersicht zu den jüngeren Ennepe-Deutungen, mit Würdigung von Greules erstmaliger germanischer Herleitung, aber auch der Einschränkung: Die Etymologie erscheint alles andere als gelungen, immerhin könnte hier nun vielleicht ein erster Beleg für tatsächliches germ. *en- vorliegen.
                        Allerdings liegt der Fluss in der germanisch-keltischen Übergangszone (siehe Karte), somit kann eine keltische Etymologie nicht völlig ausgeschlossen werden

                        Dem schließe ich mich an.

                        Einen Link zur pdf des Artikels habe ich nicht geschafft, aber die Lektüre des vollständigen Textes zum Stichwort Ennepe lohnt sich, vielleicht kommt ihr klar.

                        Viele Grüße
                        Peter
                        Zuletzt geändert von Xylander; 21.08.2021, 10:20.

                        Kommentar

                        • Zita
                          Moderator
                          • 08.12.2013
                          • 6059

                          #13
                          Zitat von Xylander Beitrag anzeigen
                          ana- keltisch "Sumpf(wasser)"

                          Hallo Peter,


                          auch eine Art etymologischer Versuch: Ist denn vom geologischen Untergrund zu erwarten, dass dort sumpfiges Wasser war? Könnte man die Ennepe bzw. den natürlichen Uferbereich (gibt es den noch?) heute als sumpfig bezeichnen oder ist das Wasser klar und sauber (abgesehen von der einen oder anderen Abwassereinleitung)?


                          Liebe Grüße in eine Gegend, die ich (noch) nicht kenne!
                          Zita

                          Kommentar

                          • Xylander
                            Erfahrener Benutzer
                            • 30.10.2009
                            • 6450

                            #14
                            Hallo Zita,
                            danke! das ist eine Frage, die ich mir auch gestellt habe. Die Ennepe als Mittelgebirgsfluss am nördlichen Rand des Sauerlands fließt wohl allgemein eher schnell https://de.wikipedia.org/wiki/Ennepetaler_Schluchten und wäre ich der Namengeber gewesen, hätte ich sie nicht Sumpfbach genannt. Aber Sumpfzonen gibts sicherlich auch, zB im Quellgebiet bei Halver https://www.sauerland.com/nl/Media/T...im-Quellgebiet, aber bestimmt nicht nur dort. Jedenfalls werden in der Ennepe sowohl Bachforellen als auch Karpfen gefischt. https://www.alleangeln.de/gewaesser/ennepe-ennepetal

                            Es kommt darauf an, wo die Kelten, so sie es denn waren, auf die Ennepe trafen. Wenn von Süden, aus dem Siegerland, dann vielleicht bei Halver. Wenn von Ruhr und Volme her, dann könnte an der Mündung der Ennepe in die Volme ein Sumpfgebiet gelegen haben.

                            Das hilft also nicht recht weiter, ebensowenig die Deutung mit germanisch "günstige Lage". Es bleibt wohl unklar.

                            Viele Grüße
                            Peter
                            Zuletzt geändert von Xylander; 21.08.2021, 12:09.

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                            • Xylander
                              Erfahrener Benutzer
                              • 30.10.2009
                              • 6450

                              #15
                              Hallo zusammen,
                              bei meinem Zitat aus dem Artikel von Bichlmeier in #12 habe ich eine wichtige Aussage nicht mit erwischt, hier nun in fett:

                              "Die Bedeutung von implizitem *en-apa- wäre also wohl ‘Fließ-Fluss’, ‘Fließ-Wasser’. Die Etymologie erscheint alles andere als gelungen, immerhin könnte hier nun vielleicht ein erster Beleg für tatsächliches germ.*en- vorliegen.
                              Allerdings liegt der Fluss in der germanisch-keltischen Übergangszone (siehe Karte), somit kann eine keltische Etymologie nicht völlig ausgeschlossen werden."

                              Das steht zwar zu Recht im Konjunktiv und unter dem Vorbehalt einer alternativ möglichen keltischen Etymologie (dann wohl mit Sumpf-). Wenn aber ein Fluss durch sein Fließen auffällt, dann fließt er wohl sehr schnell. Und das passt sehr gut zur Ennepe.

                              Meine erweiterte Liste sieht damit wie folgt aus:
                              Grundwort:
                              -apa germanisch "Fließgewässer, Fluss, Bach"
                              Bestimmungswort je nach angenommener Sprachschicht und Autor/in:
                              en-, on- vspr. (volkssprachlich?) "Wasser"
                              ana- keltisch "Sumpf(wasser)"
                              anja- germanisch "günstig gelegen"
                              in-, en- germanisch "eilend"
                              en- germanisch "fließ-", hier evtl. im Sinne von schnellfließend

                              Meine favorisierte Deutung ist, anschließend an Bichlmeier: Ennepe - Fließfluss, schnell fließender Fluss, mit beiden Bestandteilen aus dem Germanischen.

                              Die anderen Zuordnungen sind nicht auszuschließen. Vorindoeuropäischen Ursprung habe ich rausgenommen, das war eine Fehlinterpretation von "vspr." Stattdessen also vspr. (volkssprachlich?). Auch gehört an- en- nicht zu den vorindoeuropäischen Wurzeln in Theo Vennemanns Vaskonischer Hypothese https://de.wikipedia.org/wiki/Vaskonische_Hypothese

                              Inzwischen bekam ich dankenswerterweise vom Autor Otto Enneper einen Auszug aus seinem Artikel im Roland zu Dortmund. http://www.otto-enneper.de/ Er führt zwar auch die Deutung von Bahlow mit kelt. "Sumpf" an, an erster Stelle aber eine frühe Deutung von Lohmeyer mit in-, en- germanisch "eilend" https://books.google.de/books?redir_...ennepe&f=false Sein Kommentar: "Sachlich ist diese Deutung durchaus zutreffend, wenn man bedenkt, daß die Ennepe auf ihrer rund 41 km Länge fast 300 Meter Gefälle hat" Lohmeyers Ansatz finde ich bei heutigen Linguisten zwar nicht, nehme ihn aber hinzu.

                              Viele Grüße
                              Peter
                              Zuletzt geändert von Xylander; 22.08.2021, 13:38.

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