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#21
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Hallo,
es stimmt, Sachsen-Gotha war da recht vorbildlich in seiner Bildungspolitik. Dennoch sollte es nicht mit der dort erhaltenen Bildung überbewertet werden. Immerhin wurden die Schüler der Dorfschulen einige - eher wenige Jahre - unterrichtet. Das fand in der Regel allerdings so statt, dass es für alle Altersklassen nur einen Lehrer gab, der oftmals wie oben beschrieben, selbst nicht besonders gebildet war. Wie umfangreich auf diese Weise Stoff vermittelt werden konnte, kann man sich sicher gut vorstellen. Über das reine lesen, schreiben und grundrechnen und vor allem die christliche Lehre (was letztendlich meist das Hauptziel des Unterrichts war) ging es kaum hinaus. Leider war es aus diesem Grund mit der Bildung der bäuerlichen Bevölkerung nicht besonders gut bestellt. Und was den Adel betrifft, da muß ich Dir, Viktor, absolut recht geben. Teilweise haben die Kinder adeliger Familien niemals eine Schule von innen gesehen. Manch einer hatte Glück und wurde vom Privatlehrer unterrichtet. Standard war das absolut nicht. Das änderte sich auch dort erst mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Viele Grüße Hina |
#22
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Schulpflicht betrug minimum 6 Jahre.
Aber immerhin, im Vergleich zu anderen Regionen, allerhand. Ein Urahn (armer Kleinbauer) von mir wurde 1730 zu Grabe getragen. Der Pastor baute seine Leichenpredigt auf einem vom Verstorbenen selbst verfassten "Betlein" auf. Ein Zeitgenosse aus dem gleichen Dorf führte zeitlebens ein Tagebuch. Ein unersetzliches Zeitdokument zum dörflichen Alltag, das leider verschollen ist. Ein Heimatforscher des 19.Jhdt zitierte noch daraus. Es gibt in den Sättelstädter Kirchenbücher viele Hinweise, dass etliche Dörfler ihre Kinder auf die Lateinschule nach Gotha schickten. Wohlgemerkt keine besonders bessergestellten Einwohner, sondern normale "Krauter" Besondere Hinweise zum sozialen Aufstieg einfacher Einwohnerkinder findet man in den Bänden: Johann Georg Brückner, Gotha Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchen- und Schulenstaats im Herzogthum Gotha / [Johann Georg Brückner]. - Gotha. 1 (1753) - 3 (1763) Vorgestellt werden Lebenswege aller bis ca.1750 bekannten Dorfgeistlichen und aller Dorflehrer des Hezogtums Gotha. |
#23
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Ich habe im Stadtarchiv Erfurt eine Klassenliste aus dem Jahre 1702 gefunden und bin davon auch nach Jahren noch begeistert. Zur damaligen Zeit gab es einen Mädchen- und einen Knabenschulmeister, insgesamt wurden 75 Kinder zwischen 5 und 13 Jahren unterrichtet. Für Jungen gab es 4 Klassen und für Mädchen 3 Klassen. Auch Benotungen sind dabei. Hier einigen Mädchen stehen auch Bemerkungen wie z. B. "Kommt wenig in die Schule" oder "Kann nicht voll reden".
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#24
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Aber anscheinend hatten die Lehrer damals die gleichen Sorgen wie heutzutage
Schulmeister Hertlein. Zitat aus der Pfarrchronik Mönchsdeggingen im Ortsfamilienbuch Ebermergen: "Härtlein klagt, dass er alle Augenblicke versetzt werde, immer wenn er an einem Ort die verwahrlost vorgefundene Jugend auf die Beine gebracht, werde er wieder abberufen. War zuvor in Weilting, Kirchheim und Ebermergen. „Aber ich getröste mich der zuversichtlichen Hoffnung zu Gott, dass nur ein zeitlich Leiden, die Belohnung aber von Gott zu erwarten.„" Viele Grüße |
#25
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Zitat:
(arbeite seit 20 Jahren in einem Gymnasium) |
#26
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Lehrer
Zu den Nebentätigkeiten der Lehrer bis ins 18. Jahrhundert etwas aus Wittgenstein (heute NRW). Hier war es erstmal so, daß dem Lehrerberuf nur von Spätherbst bis zum zeitígen Frühjahr nachgegangen wurde. In der restlichen Zeit wurden die Kinder ja in der Landwirtschaft auf den Feldern benötigt. Die Lehrer waren dann Köhler, Hirten, Löffelmacher, Wanderhändler usw.
Fidele Zeiten! Friedrich |
#27
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Dazu ein Scan aus meinem Lieblingsbuch "Von Amtsstuben, Backhäusern und Jahrmärkten" von Angelika Bischoff-Luithlen. Das betrifft mal wieder mein Württemberg
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#28
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Stimmt, das Ansehen der Schulmeister war dem der Kuhhirten gleich. Das las ich schon woanders.
Die Kuhhirten hatten allerdings ein hohes Ansehen. Wer sich da einen dümmlichen Knaben mit Strohhalm im Munde und im Grase liegend vorstellt, der irrt. Das war eine Art Wahlamt und es gab regelrechte Kuhhirt-Dynastien. Sie waren für die Aufzucht zuständig und ihnen oblag das Wohl des höchsten Gutes der Dorfbewohner, dem Vieh. Bevor es Tierärzte gab waren sie für die Heilkunde der Tiere zuständig. Nun sind wir aber schon ganz schön off topic. Wie war nochmal die Ausgangsfrage? |
#29
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Ich gestehe ehrlich ein, ich habe wirklich bislang gedacht, dass die Hirten (man vergebe mir den Ausdruck) die Dümmsten im Dorf gewesen sind und nichts anderes konnten. Danke, Viktor, für die Ausklärung. Nun kann ich mir erklären, warum in der bereits weiter oben genannten Klassenliste von 1702 die Kinder des Dorfhirten in die Schule gingen.
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#30
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Hirten
auch wenn's nicht ganz zum ursprünglichen Thema paßt, wieder etwas aus Wittgenstein zum Thema Hirten:
Was das Ansehen der Hirten anging: Das schwankte von der Art der zu hütenden Viecher. Ein Kuhhirte war weit angesehener als z.B. der Ziegenhirte. Ziegen sind halt neugierige, freche Wesen! Was den Alltag der Hirten angeht: Es gab da den sog. Reihetisch. Das hieß, daß der Hirte von Tag zu Tag bei einer anderen Familie sein Essen bekam. Je nach der sozialen Stellung des Besitzers konnte das auch mal sehr schmale Kost bedeuten, oder in ärmlichen Regionen die ganze Woche über immer das Gleiche auf dem Teller . . . Pech für den, der genau dies nicht mochte . . . Friedrich |
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