Evakuierung von Brünn im Juni/Juli 1945

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • JensGer
    Erfahrener Benutzer
    • 22.09.2018
    • 311

    Evakuierung von Brünn im Juni/Juli 1945

    Liebe Forschergemeinde,

    ich suche nähere Informationen über die Evakuierung meiner Vorfahren aus Brünn 1945.

    Mit einem Transport der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (N.S.V.) wurden sie um den 28. Juni 1945 in das „Zivillager“ in Klattau (Klatovy) an der Grenze zu Bayern evakuiert. Am 1. August 1945 kamen sie in die Somme-Kaserne in Passau, Niederbayern (heute Nikolakloster) mit dem Ziel Salzburg.

    Gibt es noch nähere Informationen über die Transporte der NSV (Transportlisten), bzw. die Evakuierungen aus Brünn in diesem Zeitraum? Welche Ziele steuerten die Züge an? Und gibt es nähere Informationen zu dem Lager in Klattau?

    Für Tipps und Eure Hilfe bedanke ich mich sehr.

    Beste Grüße
    JensGer
    Zuletzt geändert von JensGer; 24.04.2022, 19:00.
  • fajo
    Erfahrener Benutzer
    • 08.10.2018
    • 2353

    #2
    Ich weiß ja nicht ob du diese Seiten schon kennst? -

    Hier einmal evtl. Infos über die Art und Weise der Evakuierung:
    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehr als drei Millionen Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei vertrieben. Im Januar 1946 begann der offizielle Transfer. Doch schon am 31.05 1945, vor 75 Jahren, begann die wilde Vertreibung der Brünner Deutschen nach Österreich.


    Hier evtl. eine Möglichkeit an Transportlisten zu kommen:



    Leide habe ich keine näheren Infos zum Lager Klattau als Aussiedler Lager gefunden. Allerdings hier etwas über diese Lager und seine Ursprüngliche Verwendung:

    !Link´s entfernt, Zielseite bewegt sich eigenen Aussagen nach außerhalb des deutschen Rechtsraumes!


    Vielleicht ist ja etwas dabei, was du noch nicht gefunden hast und vor allem etwas, was dich weiterbringt? -
    Zuletzt geändert von fajo; 25.04.2022, 11:10.
    Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







    Kommentar

    • JensGer
      Erfahrener Benutzer
      • 22.09.2018
      • 311

      #3
      Hallo fajo,

      vielen Dank für die Mühe!

      Ich habe das Stadtarchiv in Brünn angeschrieben und bin gespannt, ob noch Unterlagen vorhanden sind.

      Das Sudetendeutsche Institut teilte mir bereits mit, dass es unwahrscheinlich sei, dass die NSV noch im Juni 1945 tätig war. Die Transporte aus der Tschechoslowakei wurden von tschechischem Militär bzw. militärischen Einheiten organisiert. Alle NS-Organisationen waren sofort mit dem 9.5.1945 verboten. Die NSV-Information habe durch eine Suchanzeige entdeckt.

      Besten Dank und viele Grüße
      Jens

      Kommentar

      • fajo
        Erfahrener Benutzer
        • 08.10.2018
        • 2353

        #4
        JensGer ich wollte damit auch nur auf die ehemalige Nutzung des Lagers verweisen. Manchmal kommt man auch darüber weiter, wenn sich ansonsten nichts findet.

        Die Aussiedung bzw. Vertrebung wurde von den Tschechen organisiert. In dem Zeitraum im Bereich Brünn handelte es sich sehr wahrscheinlich um die wilde Vertreibung. Evtl. sogar um den Todesmarsch? -
        Vorsicht : >Ich habe keine Ausbildung. Ich habe Inspiration.< von Bob Marley -**







        Kommentar

        • frederica
          Erfahrener Benutzer
          • 09.01.2010
          • 199

          #5
          Hallo Jens, habe Deine Fragen zu dem Lager in Klattau gelesen .
          Meine Eltern, bzw. meine Mutter , ihre Eltern , ihre Schwester mit 2 Kinder und der Schwiegervater waren in dem Lager in Klattau .

          Mein Vater brachte sie mit einem LKW im April 1945 aus Brünn - wo alle wohnhaft waren - nach Trebon, von dort sollte es mit dem Zug nach Budweis und Österreich gehen. Vater mußte zurück nach Brünn zum Volkssturm ....

          Meine Mutter mit ihrer Familie schafften es in den Zug, wurden aber in Budweis von Russen und Tschechen heraus geholt und alle kamen in das Lager nach Klattau . Dieses war in der dortigen Hauptschule / Schule und wurde von Russen und Tschechen gemeinsam verwaltet, was die Lage der dort untergebrachten Deutschen sehr erschwerte. So erlaubten Tschechen ärztliche Hilfe für den Schwiegervater, die Russen verweigerten diese aber, der Arzt durfte nicht ins Lager . Die Folge - mein Großvater starb an Herzversagen .

          Kurz danach ( Herbst 1945 )wurde die Mutter und ihre Eltern nach Passau in einem Sammeltransport in die Somme - Kaserne verlegt. Meine Mutter musste zu Arbeisteinsätzen in und um Passau - wie übrigens auch in Klattau !

          Über einen Arbeitseinsatz lernte sie einen Bauern kennen, der Besitzungen in Österreich hatte. Über diesen gelang die Ausreise nach Österreich.

          Ich fand in den Archiven Pilsen / Klattau in Sterbeeinträgen - die leider Mitte 1945 enden - einige Verstorbene aus diesem Lager .

          Die Erzählungen in meiner Familie dieses Lager betreffend, waren nicht sehr schön.

          Russische Soldaten gingen nicht gerade gut mit den Häftlingen um, namen den Menschen, die zu Arbeitseinsätzen mußten, alle das ab ( Geld, Lebensmittel usw .)was sie bei ihrer Arbeit von Menschen geschenkt bekamen . Sie mußten selber in der " Schulküche " kochen, versorgen , woher sie die Lebensmittel bekamen, war nicht von Interesse.

          Man sprach nicht gerne in meiner Familie über diese Zeit . Im Tagebuch meiner Mutter

          fand ich Informationen über ihre Flucht, dieses Lager und ihr Leben dort.

          Ich habe bis dato keine Listen über die dort Inhaftierten gefunden, auch nicht mit Hilfe des Suchdienstes des Roten Kreuz .

          Viele Brünner sind je nach Möglichkeit schon vor der " angeordneten " Vertreibung aus Brünn oder anderen Orten geflüchtet. Manchen, vorallem vielen älteren Brünner war dies nicht möglich, so hat ein Onkel und seine Frau es z.B. nicht geschafft rechtzeitig Brünn zu verlassen und fanden sich auch dem Todesmarsch nach Wien wieder .

          Beide haben ihn nicht überlebt.

          Eine schlimme Zeit, von der wir alle hofften, sie würde sich nie wiederholen.

          Blicken wir in die Ukraine wird diese Hoffnung gerade zerstört !
          LG frederica

          Kommentar

          • JensGer
            Erfahrener Benutzer
            • 22.09.2018
            • 311

            #6
            Hallo fajo und frederica,

            vielen Dank für die Hilfe und die ergreifende Geschichte Deiner Eltern! In dem Sterbebuch findet man leider sehr viele Personen, die in den Lagern rund um Klattau gestorben sind. Sicherlich schlimme Schicksale.

            Meine Ur-Großmutter starb Ende Juni in einem Internierungslager in Frischau, nahe der österreichischen Grenze.

            Meine Großmutter sowie ihre Schwägerin sind mit den Kindern zumindest am 1. Aug. 1945 in Passau angekommen. Die Lagerunterlagen habe ich noch. Am 31. Aug. 45 hat ihr Mann noch eine Anzeige in den Salzburger Nachrichten aufgegeben, mit dem Bitte, dass sie sich melden solle. Am 28. Jun. soll sie laut der Anzeige eben im Zivillager Klattau mit einem NSV-Transport angekommen sein. Wie auch immer ihr Mann dies wusste.

            Ende März 1945 wurde mit der Evakuierung der deutschen Bevölkerung in Brünn begonnen. Am 31. Mai 1945 wurden die Brünner Einwohner schließlich beim Augustinerkloster zusammengetrieben. Am darauffolgenden Tag wurden sie zusammen mit den deutsch- und zweisprachigen Bewohnern der umliegenden Dörfer rund 55 Kilometer in Richtung österreichische Grenze getrieben.

            Bin gespannt, ob das Brünner Stadtarchiv mir Auszüge aus den Transportlisten beschaffen kann, sofern sie überhaupt vorhanden sind.

            Nochmals vielen Dank für Ihren ergreifenden Bericht.

            Beste Grüße
            Jens

            Kommentar

            Lädt...
            X