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  #1  
Alt 19.06.2006, 21:29
Marlies
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Aberglaube, Hexenwahn und Hexenverbrennung

Hallo,

hat jemand von Euch eine "Hexe" unter den Vorfahren?

Ich lese gerade: Im hanauischen Amt Ortenberg sind 1662 wegen Hexerei gerichtet worden: 11 Weiber

Mich würden nähere Umstände dazu sehr interessieren (nicht unbedingt zu Ortenberg, sondern zu "Hexen")

Was machte die jeweilige Person zur "Hexe"?

Hatten die nächsten Angehörigen darunter zu leiden? Wenn ja, wie? Ächtung dürfte klar sein, aber wie hat sich das auf Haus und Hof ausgewirkt? Mussten die Angehörigen für eine Hinrichtung aufkommen?

Viele Grüsse
Marlies
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  #2  
Alt 19.06.2006, 22:11
BenediktB BenediktB ist offline männlich
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 31.05.2006
Ort: Oberbayern
Beiträge: 540
Standard

Wie man Hexen "identifizierte" ist relativ klar: war eine Frau unliebsam oder ist bei jemandem in Ungnade gefallen, so hat dieser sie einfach angezeigt. Hexe war also niemand, zur Hexe wurde man gemacht, wie es gerade gepasst hat. Der Kläger hatte hier einfaches Spiel, denn die "Hexe" hatte den Gegenbeweis zu erbringen, dass sie keine ist.
Oftmals wurde sie durch Folter "bearbeitet" sie solle doch einfach gestehen und nach entsprechendem Martyrium knickten die meisten ein und outeten sich als "Hexe". Und das war ihr Todesurteil.
Eine andere beliebte Methode war die betroffene Frau mit Gewicht an den Beinen in den Fluss zu werfen und abzuwarten was passiert. Schwimmt sie so ist sie eine Hexe und hat es verdient zu ertrinken. Geht sie unter war sie keine Hexe, aber ist jetzt bei Gott, somit auch nicht schlimm.
__________________
Mein Ancestry-Stammbaum
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  #3  
Alt 19.06.2006, 22:12
gudrun gudrun ist offline
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Registriert seit: 30.01.2006
Beiträge: 3.277
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Hallo Marlies,

bei den direkten Vorfahren habe ich bisher noch keine Hexe gefunden.
In dem Geschlechterbuch Band 158 habe ich gefunden:
Auf dem Hündersen-Gut fielen 1615 und 1617 zwei Frauen dem Hexenwahn zum Opfer. Da mein Vorfahre 1608 auf dem Hündersen-Gut gestorben ist, könnte die eine Frau die 2. Frau meines Vorfahren gewesen sein und eine Schwiegertochter. Mein direkter Vorfahre ist 1636 an der Pest gestorben, hatte das Gut aber nicht geerbt.

Ich habe ein Büchlein:
Der Mühldorfer Hexenprozeß
der 16jährigen Dienstmagd Marie Pauer von der Katharinenvorstadt
Anno 1749/1750
Das Büchlein habe ich mir vor Jahren beim Stocker in Mühldorf gekauft
Wer damals in diese Mühle kam, hatte keine Chance.

Viele Grüße
Gudrun
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  #4  
Alt 19.06.2006, 22:33
schaefera
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Guten Abend,

in Westfalen durften die Angehörigen auf jeden Fall für die Prozesskosten, Unterbringung etc. aufkommen. Viele haben somit nicht nur ihre Angehörigen sondern auch ihren Hof verloren.
Wer Interesse an einem Bericht hat, in dem der Scharfrichter seine Gattin selbst der Zauberei beschuldigt und umgekehrt, der möge sich bei mir melden.

Astrid
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  #5  
Alt 20.06.2006, 05:26
Marlies
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Hallo Astrid,

meld, meld, meld

Lieben Gruß
Marlies
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  #6  
Alt 20.06.2006, 20:42
Marlies
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Hallo Astrid,

dankeschön, ist gut angekommen!

Unterdessen hab ich auch noch ein bißchen gesucht, z.B hier wird jede Menge Literatur zum Thema geboten: http://www.hessendata.stub.uni-frankfurt.de/

und allgemein zum Thema: In den Vermächtnissen der Hingerichteten werden die Ehepartner, die Kinder, die Eltern und Geschwister, die Schnurch und das Herlein genannt. Auch Verwandte von auswärts werden genannt. Schulden werden angegeben.

Vom Opfer (oder den Angehörigen) mussten bezahlt werden: Der Prozessführer, Schöffen, der Verteidiger, der Scharfrichter, der Gerichtsschreiber und diverse Boten.

Von den 104 Personen, die in Ober-Krotzenburg angeklagt waren, wurden über 80 hingerichtet, diese "justifizierten Malefizpersonen" hinterließen insgesamt 93 Kinder.

Viele Grüsse
Marlies
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  #7  
Alt 20.06.2006, 21:34
Marlies
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Zitat:
Original von gudrun

Ich habe ein Büchlein:
Der Mühldorfer Hexenprozeß
der 16jährigen Dienstmagd Marie Pauer von der Katharinenvorstadt
Anno 1749/1750
Hallo Gudrun,

hat das Büchlein eine ISBN-Nummer?

(Die nächsten Wochenenden sind ziemlich ausgebucht, ich komm so schnell nicht nach Mühldorf )

Lieben Gruß
Marlies
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  #8  
Alt 20.06.2006, 22:33
Udo Wilhelm Udo Wilhelm ist offline
Erfahrener Benutzer
 
Registriert seit: 20.03.2006
Beiträge: 304
Standard

Hallo zusammen,

Historie des Mannes:
Wilhelm Lautenschläger, ein Zauberer und Hexenmeister zu Güttersbach" Die Bevölkerung des Odenwaldes war in der Zeit vor und nach dem Dreißigjährigen Krieg sehr abergläubig. Jeder, der über außergewöhnliche Künste verfügte, der Menschen und Vieh auf nicht ganz alltägliche Art zu heilen verstand, geriet in den Verdacht der Zauberei und Hexerei und wurde von den Behörden verfolgt und meistens auch bestraft. Wenn im Odenwald auch keine großen Hexenverfolgungen und Hexenverbrennungen stattfanden, wie in den benachbarten kurmainzischen und hanauischen Gebieten, so hat es trotzdem an Hexen und Zauberern nicht gefehlt. Ein am Anfang des 17. Jahrhunderts weit über die Grenzen des Gebirges hinaus bekannter und "beschreiter Magus und Zauberer" war Wilhelm Lautenschläger, der "weise Mann von Gütters-bach". Lautenschläger kann nicht als Hexenmeister im gewöhnlichen Sinn betrachtet werden; er war eher ein Mann, der mit den Heilpflanzen des Landes eingehend vertraut war und ihre Wirkungen auf Menschen und Vieh kannte. Seine für seine Zeit außergewöhnlichen Kenntnisse verdankte er zum Teil seiner Mutter, die als Hebamme in dem Ruf einer weisen Frau stand, und die selbst von der herrschaftlichen Familie in Krankenheitsfällen zu Rate gezogen wurde. Außerdem war er im Besitz eines Kräuterbuches, das er zu Rate zog und einen guten Teil seines Wissens verdankte er Zigeunern und anderen weisen Leuten. Lautenschlägers Erfolge müssen recht bedeutend gewe-sen sein, denn der Zuspruch, dessen er sich erfreute, war sehr groß. An manchen Tagen suchten ihn mehr als zwanzig Leute auf, die seinen Rat und seine Hilfe begehrten. Neben diesen auf der Anwendung von Naturheilmitteln beruhenden Erfolgen verfügte der "weise Mann von Güttersbach" noch über allerlei geheime Künste. Er konnte Wahrsagen, Wunden und Krankheiten besprechen, Hexen austreiben und mit Hilfe von Kleidungsstücken die Gebersten und Gebrechen ihrer Besitzer feststellen. Über seine Tätigkeit und seine Erfolge liegen eine Reihe von Aussagen vor, von denen einige hier angeführt seien: Brosius Fuchs aus Sandbach berichtet, dass er 1627 bei dem weisen Mann war, um Heilung für sein krankes Kind zu suchen. Lautenschläger verlangte, dass Fuchs entweder das kranke Kindlein selbst oder wenigstes ein Kleidungsstück desselben mitbringen sollte. Als ihm ein Hemd des Kin-des vorgelegt wurde, "setzte er seine brüllen uff" und stellte fest, dass das Kind "mit totem Geblüt überzogen sei". Der Schaden müsse zusammenziehen und dann aufbrechen. Als Heilmittel verordnete er "Bärenklauenkraut in 1 1/2 Maß Wasser gesotten und davon dem Kindlein zu trin-ken geben". Der Schaden sollte mit einer Salbe bestrichen werden, die aus süßem Rahm, frischer Butter und Vogelkirschenrinde hergestellt war. Dazu verordnete er "fleißig zu beten und uff die Knie zu fallen". Ein anderer Mann aus Sandbach namens Lenhard Karch, der lange Zeit "schröckliche Schmer-zen" in allen Gliedern hatte, suchte ebenfalls bei Lautenschläger Heilung. Dieser gab ihm nach allerlei geheimnisvollen Handlungen einen "Hollerstock" in die Hand, bestrich die schmerzenden Glieder mit einem Feuerstein und murmelte folgenden Segensspruch: "Hollerstock, schütel dich, das Landengeriß hab ich, ich hab es Tag und Nacht. Das zähle ich dir zur Buß. Im Namen Gottes, Vatter, Sohns und heiligen Geistes." Darauf wurde Karch wieder frisch und gesund und verehrte dem weisen Mann ein Kopfstück (Münze). Ein anderer Kranker namens Georg Haltzapffel, ebenfalls aus Sandbach, hatte eine schwer lei-dende Frau, die über große Schmerzen im Leibe klagte. Lautenschläger verordnete ihr zu trin-ken. "Ißob, Nußbaumlaub und 5 Eichendollen in Wein gelegt". Auch dieses Rezept half und die Frau wurde wieder völlig gesund. Der dankbare Ehemann schenkte dem weisen Mann einen Gul-den. Hans Breit aus dem Breubergischen, der eine lahme Schwester hatte, brachte dem Lautenschlä-ger ein Kleidungsstück der Kranken, aus welchem dieser das Gebrechen feststellen sollte.Breit berichtet, dass der weise Mann "seine brüllen uffgesteckt, die Hülle auf dem Tisch ausgebreitet, das Fenster uff zwei Finger breit uffgelassen und angefangen, die Schwachheit zu erzählen, als wenn er bei der kranken Person wäre". Endlich habe er die Hülle umgewandt, diese mit der Hand bestrichen, Kreuze gemacht und gesprochen: "Es sollen weichen, wie die Sonn' und der Mond in die Ruhe werden schleichen und verlö- schen wie die Knollen in der Eschen ver- schwinden. Wie die Knollen so nicht mehr glimmen. Im Namen Gottes, Vatters, Sohns und Jesus Namen, der heilige Geist wird nicht ge- nennt." Dann verordnete er Kräuter umzuschlagen und sagte, das Mägdlein würde nie mehr grad wer-den, was auch eintraf. In einem anderen Fall kurierte Lautenschläger das durch Zauberei geschädigte Vieh, der ent-deckte verlorene oder gestohlene Dinge und bezeichnete Menschen, die anderen Schaden an Leib und Gut getan hatten. Die so in Verdacht geratenen Leute beschwerten sich bei dem "Zauberer von Güttersbach". Es kam zu Aufläufen, Händeln und wüsten Schlägereien in dem kleinen Dorf. Bei einer solchen richtet Lautenschläger, der über außergewöhnliche Körperkräfte verfügte, ei-nen Mann aus Hüttenthal, "den man den alten Eierkaufler" nannte, dermaßen zu, daß der selbe 18 Wochen das Bett hüten mußte. Infolge dieser Aufläufe und Steitigkeiten wuchs die Unruhe im Dorf von Tag zu Tag, bis endlich der Pfarrer den Wunderdoktor ernstlich verwarnte und ihm sein gottloses Handeln untersagte. Als dieses nichts half, beschwerte er sich bei der Herrschaft und der Zauberer wurde, "derweil er viele Jahre hero der Wahrsager- und Segenssprecherey halber beschreit und verdächtigt gewe-sen", nach Michelstadt in den Turm gebracht und eingehend verhört. Die drei Richter, die mit dem Verhör Lautenschlägers beauftragt waren, legten ihm eine Anzahl von Fragen vor, die sich auf seine Zauberei und Hexerei bezogen. Auf die Frage, woher er seine Wissenschaft habe, ant-wortete er, daß er nicht anders als ehrlich und gottesfürchtig sei, daß er Menschen und Vieh mit guten Kräutern heilen könne. Er habe ein Kräuterbuch, daraus er es lesen könne. Das Buch sei bei seiner Tochter Katharina Schwinhausen in Günterfürst. Ob er und wie er an den Kleidern eines Menschen sehen könne, was diesem fehle oder ob derselbe etwas Böses getan habe, lautete die nächste Frage. Lautenschläger sagte, die Kreuze, die auf die Hemden genäht seien, zeigen an, wie es mit einem beschaffen sei. Daran sehe man auch, ob jemand ungesegnet über einen unreinen Weg gehe, da etwa die Hexen und das Lumpen-gesindel ihre Schelmereien gemacht. Eine andere Frage lautete, wie er wissen oder sagen könne, was gestohlen oder wo das gestohle-ne Gut hingekommen sei. Um das festzustellen, antwortet er, brauche man: "Beerwinkel, etwas Sprengkraut, das lege man in einen Löfel voll Butter, mache ihn heiß, tue alsdann Laub hinein und spreche einen Segensspruch im Namen Gottes usw. Habe der in Verdacht stehende etwas Böses getan, dann springe das Blatt mit einem lauten Knall aus dem Löffel, daß man meine, es schösse einer eine Schlüsselbüchse los." Interessant ist auch die Antwort, die der weise Mann auf die Frage, wie er ein Haus von der Hexerei erledige, gab. Dazu, sage er, brauche man fünferlei Mittel: "Man müsse die vier Schwellen des Hauses an- bohren, die Löcher mit geweihtem Salz, Rau- tenköpfen, geröstetem und zerstoßenem Brot und einem Stückchen von einem Stein, auf wel- chem einer hingerichtet worden sei, ausfül- len. Die Löcher müßten dann wieder zuge- spahnt und ein Kreuz müßte in die Schwelle geschnitten werden. Bete man dann morgens noch ein Vaterunser, das Antlitz gegen die Sonne gerichtet, dann könne sich im Hause keine Hexe mehr halten". Wie man die Hexen kennenlerne, lautete eine andere Frage: Dazu müssen man "Pilsenstroh und Saame uffe Kohle legen und unerwartet in ein Stuben Rauch davon machen". Davon müssen die Hexen aus der Stube weichen. Sei ein Mensch oder ein Stück Vieh behext, so nehme man das Ge- rausch von dem abgestandenen Vieh, lege es in einen Steinhaufen, mache ein Feuer darum und verbrenne das Gerausch zu Asche. Dann müsse die Hexe an dem Steinhaufen ercheinen und sei erkannt.

Dieser Beitrag hat mehr als 10000 zeichen darum kommt der Rest dieses Hexenprozesses in einem neuem Beitrag

Viele Grüße,Udo
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  #9  
Alt 20.06.2006, 22:39
gudrun gudrun ist offline
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Beiträge: 3.277
Standard RE: Aberglaube und Hexenwahn

Hallo Marlies,

ich glaube über

edwin.hamberger@muehldorf.de
Betreff: Anfrage zu August F. Neumeyer

bekommst Du Auskunft.
Die neue Auflage kostet anscheinend 5 Euro.

Bei

www.heimatbund-muehldorf.de

kannst Du auch schauen. Da steht auch die ISBN Nummer dabei.

Viele Grüße
Gudrun
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  #10  
Alt 20.06.2006, 22:51
Udo Wilhelm Udo Wilhelm ist offline
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Beiträge: 304
Standard

Hallo zusammen,

2ter Beitrag über den > Hexenprozess < : ( Wilhelm Lautenschläger )


Er, Lautenschläger, habe es zwar nicht selbst versucht, es aber von anderen gehört, die auf diese Art Hexen zitiert haätten. Noch zahlreiche andere Fragen wurden dem Zauberer vorgelegt, auf die er Antwort zu geben wußte. Auch Proben seiner Kunst mußte er ablegen, in dem man ihm Kleidungsstücke von kran-ken Personen vorlegte, deren Gebersten er bestimmen sollte. Die meisten seiner Aussagen trafen jedoch nicht zu, so daß er zugeben mußte, daß seine Kunst abergläubisch, abgöttisch und vom Teufel sei. Die von den Richtern ausgesprochene Strafe war sehr milde. Lautenschläger wurde wegen "begangener Abgötterey und schweren Sünd halber zuvor privatim wohl informiert und den künftigen Sonntag nach gehaltener hierzu sonderlich angestellter Predigt die gewöhnliche Kirchenbuße und Vorstellung" mit ihm vorgenommen. Außerdem mußte er schriftlich Abbitte leisten und geloben, seine Turmstrafe nicht rächen zu wollen. In seiner Abbitte (Urfehde) heißt es: "Ich, Wilhelm Lautenschläger von Güttersbach urkunth hiemit, daß ich mich durch böse und gottlose Leut, innsonderheit die umbschwei- fende landbetrügeriche Zigainer so weit von Gott zu dem leidigen Teuffel verleiden undt verführen lassen, daß ich Gottes Wort und Gebotten zuwider mich des verfluchten, gotteslästerligen Segenssprechens und Wahr- sagerey unnachläßig befließen und dadurch unzehlich viel Leuthe denen undt ihrem Vihe ich vermentlich geholfen, in Aberglauben geführt undt menniglichen große Ärgerniß ge- geben habe, indem ich mich sonderlich unter- standen, der abweßenden kranken Personen inn- undt äußerliche Schwachheit an irgend einem Getuch, Kragen oder Schleuer, so sie angetra- gen, übernatürlicher Weiße zu erkennen, undt ihnen dieselbigen durch einen Büßspruch abzu- thuen und zu benemen. Das so weit fortgesetzt, daß ich weit und breit bekanndt, hin undt wieder geholt und von der abergläubischen Weltt vor einen großen Wundermann nicht ohne starken Verdacht der Argwohn undt der Zau- berey oder in sonderbarer Verbündnis mit dem bösen Feindt und dem Teuffel bin gehalten und ge- scholten worden. Wie nun Fürstliche Gnaden rechtmeßige und genugsame Ursach gehab hetten, mich, wo nicht an Leib undt Leben, jedoch an meinem Leib mit dem Staubbösen, Pranger- stellen, Landesverweißung oder sonst ewiger Gefengniß härtiglich zu straffen, so haben dieselbe mich mit solcher Bedingung wieder uff freyen Fueß gestellt, daß ich zuvordrist eine leidentliche Geldstraff erlegen, dann mich des verfluchten gotteslästerigen Segen- sprechens, Wahrsagens und verbottener Arzeney inskünfftig enthalten, wie auch der gegebenen Ärgerniß halben beydes allhie zue Michelstatt undt in der Pfarrkirchen Güttersbach offent- liche Kirchenpoenitenz thuen solle... Geben Michelstatt, den 21. Juny anno 1628". Mit dem Gelöbnis, künftig sein gotteslästerliches Treiben zu unterlassen und seine Strafe nicht rächen zu wollen, schließt der Urfehdebrief des weisen Mannes zu Güttersbach. Lautenschläger war sicherlich nicht der Einzige, der damals im Odenwald der Zauberei verdächtig war; er nannte in dem Verhör einige Leute, die ihm in die Geheimkünste eingeweiht hatten. Was ihn aber über die Grenzen des Landes hinaus berühmt gemacht hatte, waren seine Erfolge bei Krankenhei-lungen, war der Glaube des Volkes an die übernatürlichen Künste, über welche der "beschreite Wahrsager und Segensprecher" verfügte. Sein ganzes Wirken, das er mit einem Schleier des Ge-heimnisvollen zu umgeben wußte, das blinde Vertrauen seiner Anhänger sind ein Beweis für die Unwissenheit und den Aberglauben, die damals in weiten Schichten der Bevölkerung herrschten.


Viele Grüße,Udo
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