Hallo Friedrich,
eine interessante Umfrage, die Du da gestartet hast!
Sütterlin und Kurrentschriften kann ich eigentlich recht gut lesen, immer vorausgesetzt es ist einigermaßen vernünftig geschrieben!
Was die von Viktor angesprochenen "neuen" Pfarrer angeht, die ihren über 30 Jahre waltenden Vorgänger ablösten, so einen Fall habe ich auch, aber genau andersherum:
Der Vorgänger, der über 30 Jahre lang die Kirchenbücher führte, hatte eine dermaßen ihm eigene Schrift, daß man im Grunde nur äußerst schwer etwas erkennen kann. Es ist jedesmal wieder eine große Mühe, sich mit seinem Schriftbild zu beschäftigen, dabei hat er nichtmal unordentlich geschrieben!
Seine Einträge sind sauber, auch ordentlich, aber sehr eigen!
Teilweise beginnen die Namen mit einer großen (ungewöhnlichen) Initiale, der Rest läuft dann in kleinen Wellen weiter. Er setzt auch i-Punkte und u-Striche, aber wieder in einer ihm sehr eigenen Weise, sodaß es immer wieder Schwierigkeiten macht, zu entziffern, was da gerade steht.
Eine meiner Vorfahrinnen (+1825) führte den vulgo-Namen "Franswerner" - bis ich DEN raushatte... ohje...
Daß ich Sütterlin lesen und auch schreiben kann, verdanke ich meiner Oma: Sie schrieb
nur Sütterlin und hatte auch keine Lust, sich die jetzige lateinische Schreibschrift anzulernen.
Es kam daher regelmäßig vor, daß uns Briefe und Päckchen von ihr erst Wochen nachdem sie sie losschickte, erreichten, weil die Postbeamten kein Sütterlin beherrsch(t)en.
Wie dem auch sei: Ich fand's von Anfang an immer faszinierend, daß meine Oma so anders schrieb, als wie ich es in der Schule lernte, und so nahm ich mir ihre Geburtstags- und Namenstagskarten und malte dann die Buchstaben ab, manchmal auch in mein Schulheft.
Ich schrieb meiner Oma dann auch ein oder zweimal eine Karte in Sütterlin, worüber sie sich sehr freute. Als ich 13 war, ist meine Oma gestorben und dann hatte ich keinen mehr, dem ich auf Sütterlin schreiben konnte; geübt habe ich's dann aber immer wieder, v.a. bei Mitschriften in der Schule und z.T. heute noch an der Uni. Sowas sind die besten Gelegenheiten, Sütterlin zu üben!
Meine Schrift sieht nicht perfekt aus wie die meiner Oma; ich mache manchmal runde Bögen, wo eine Ecke hinmüßte, aber andererseits: es schreibt ja nicht jeder genau gleich, wie wir schon bei den o.g. wechselnden Pfarrern sehen können...
Hin und wieder, wenn ich unterwegs bin, mache ich mir den Spaß und schicke meiner Mutter eíne Sütterlin-Postkarte - und dann warte ich und schaue, wie lange die Post braucht, um sie zuzustellen!
Ruben, ich wünsche Dir viel Spaß und vor allem Erfolg heute im Archiv!
Berichte uns über Deine Ausbeute, und wie Du zurechtgekommen bist mit den alten Schriften.
Viele Grüße an alle
-Jens