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  #1  
Alt 14.02.2020, 23:04
loyane loyane ist offline
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Standard Konvertierter Jüdische Familie SIXTUS in Langenzenn bei Fürth (1710) - wer waren diese Leute?

Grüß Gott!

Das evangelische Kirchenbuch von Langenzenn bei Fürth von 1751, Seite 124, #56 zeigt:

«Sonntag den 19. December wird begraben Michael Andreas SIXTUS, ein gebohrener Jud, der aber im Jahr 1710 den Christl. Glauben allhier öffentlich angenommen und als ein Christ im 65. Jahr seines Alters sanft und selig verschieden»

Michael SIXTUS war Bürger und Handelsmann in Langenzenn und also um 1686 geboren.

Gibt es zugängliche Quellen die uns weitere Auskünfte über Michael und seiner Familie erteilen können?

Ich stelle durch ancestry.com fest es gibt im 17ten Jahrehundert mehrere SIXTUSes durch Deutschland die teils katholisch und teils evangelisch waren, so der Name scheint nicht ursprünglich ein Jüdischer Name zu sein(?).

Ich danke recht herzlich im Voraus für jeden Hinweis was dieser Familie betrifft!

Hochachtungsvoll,

Lars E. Oyane
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  #2  
Alt 15.02.2020, 21:51
gki gki ist offline
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Hallo Lars,

soweit ich weiß nahmen Juden, die sich taufen ließen, damals einen anderen Namen an. Du solltest also mal ins Taufbuch des Jahres 1710 schauen, um mehr Informationen zu finden.
__________________
Gruß
gki
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  #3  
Alt 16.02.2020, 08:56
Benutzerbild von Scherfer
Scherfer Scherfer ist offline
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Hallo Lars,

die ev. Kirchenbücher von Langenzenn I sind online bei Archion. Dort findet man unter "Taufen, Trauungen, Bestattungen... 1690-1739", Bild 127, seine Trauung 1712. Im Traueintrag ist sein Taufdatum aufgeführt als der 15. Februar 1711. Der Taufeintrag steht im selben Buch, Bild 75 rechts, aber keine weiteren Angaben zu seinen Eltern etc.

Geändert von Scherfer (16.02.2020 um 09:28 Uhr)
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  #4  
Alt 16.02.2020, 13:27
Benutzerbild von jacq
jacq jacq ist offline
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Moin,

ich habe mich gerade mal damit beschäftigt den sehr interessanten Text zu transkribieren. (Noch nicht probegelesen)
Zitat:
d. 15. Febr.

Im verwichenen 1710. Jahr. d. 23. Octobr. kamen 3. Juden nah-
mentl. Joseph Immanuel, 37. Jahr, Beniamin Joseph 31. Jahr,
u. Salomo Moses, 25. Jahr alt, anhero nacher Langenzenn,
von ihrem Zustand so viel erzehlend, wie sie von Amster-
dam gebürthig u. von jüdischen Eltern wären gebohren worden,
welche, ob sie noch im Leben weilen sie schon lang in der fremde,
ihnen (nicht) wißend wären. Deß erstern Vatter habe geheißen
Immanuel, so ein Handelsmann gewesen, die Mutter Massaldo?.
Deß andern Vatter habe geheißen Joseph, die Mutter Bella.
Deß dritten Vatter Moses, die Mutter Rahel. Von Jugend
auf wären sie der Handelschafft beygethan gewesen, u.
dahero verschiedene Reisen in die Barbarey gethan. Bis
sie, die beede erstere bereits vor 9. der Salomo aber vor 7.
Jahren, als sie von Tunis auf einem Türckischen Schiff
nach Algier fahren wollen, in willens sich alldau auf ein
holländisches zu setzen u. nach Hauß zu fahren, 300. welscher
Meilwegs von Tunis von denen Malthesern gefangen
u. zu Maltha einem vornehmen Heren Don Antonio Pau-
lo ein iegl. pro 100. Rthlr. verkauft worden, allwo sie dann
die ganze Zeit in harter Gefangenschaft liegen müßen.
Vor 7. Monathen aber hätten die Juden zu Livorno
einer Stadt in Toscano liegend, sie sämtl. einen iegl. pro
260. Rthlr. ranzioniret; da sie sich dann vorgenommen (nicht)
mehr zu Waßer, sondern zu Land nach Haus zu reißen auch
dahero ihren Weg über Tyrol auf Wien in das Reich ge-
nommen. Vor sechs Wochen hätten sie auf Zureden deß
mittlern Beniamin Josephs, den Vorsatz insgesamt ge-
faßet das unglaubige Judenthum zu verlaßen u.
zu den christl. glauben zu tretten. Zu dem ende sie
an verschiedenen orten um unterricht in der christl.
lehre u. mittheilung der H. Tauffe ansuchung ge-
than, aber unter mancherley ursachen abgewiesen worden.
Weilen sie nun in willens waren zu Wilhermsdorff
das christl. Werck Benuo? zu urgiren, kamen sie
von Fürth anhero, nachdeme sie zuvor allda gehört,
wie zu besagten Wilhermsdorff bereits einige
Juden in dem christl. Glaubens unterricht stünden
u. vielleicht nicht dürften angenommen werden. Dahero
brachten sie ihre bitte bey dem hiesigem Decanat an.
Als man nun deßwegen an das hochlöbl. Hochf. Con-
sistorium sub dato d. 29. 8br bericht erstattete
nebst der anfrag. ob sie zu den verlangten unter-
richt zu admittiren worauf d. 30. Eiusd. das Hochf.
Consistorial-Rescript kam, daß ob man schon allda
ihre conversion herzl. gerne sehe, u. zu befördern ge-
meint sey, man jedoch zu ihrem eigenen besten da-
für halte, deßweilen sie in einer Handel Stadt sich
beßer fortbringen könten sie allda zum christl. glau-
ben tretten solten. Soferne sie aber eine herzl. be-
gierde ohnverzügl. zum christl. glauben zu kommen, u.
zwar ohne absicht auf zeitl. nutzen oder erlangung
etwan hoffenden gelds von sich spüren ließen, solten
sie nach genügsamer remono... daß sie wenig gelds
zu hoffen haben würden schleünigst in den vornehmsten
glaubens Articuln unterrichtet u. dann getauffet
werden. Dieses wurde nun ihren vorgestellet, mit dem
beyfügen, sie mit einem viatico zu versehen; alleine
sie bethen unter vielen heißen thränen um die information?
hoch contestirende, daß es ihnen gar (nicht) um das geld son-
dern um ihre Seeligk. zutun wäre. Worauf ich ihnen
dann 128. Fragen aus allen nöthigen glaubensarticuln
vorgeschrieben, welche man ihnen anfangs mit Ebräischen
buchstaben geschrieben gegeben, weilen sie der teütschen
Sprach gantz unterfahren waren, u. also vorgesprochen.
Sie bezeigten aber hierbey solchen fleiß daß sie inner-
halb 15. wochen beregte fragen richtig in ihrem Kopff
fasten, auch solche nachgehends bey dem Taufactu
ohne anstoß vor der gantzen hiesigen Pfarrgemein-
de mit iedermanns verwunderung hersagten. Bey
solcher bewandnus nun wurde auf dem Sonntag
Estomihi mit genehmhaltung deß hochf. Consito-
rij angebraumet, da sie dann nach geendigter
darauf gerichteten Predigt in dem Nahmen G. ge-
tauft wurden, un diese Taufnahmen bekamen

Der ältere Joseph Immanuel wurde genennet:
Johann Georg Conrad Leonhard.

Der mittlere Beniamin Joseph
Jacob Julius Ernst Joachim.

Der letztere Salomo Moses,
Sebastian Michael Andreas Sixtus.
__________________
Viele Grüße,
jacq

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  #5  
Alt 16.02.2020, 14:08
zimba123 zimba123 ist offline
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@Jacq: Welch ein Fundstück! Es ist zwar blöd, dass man hier ahnenmäßig nicht weiterkommen wird, aber eine tolle Geschichte ist es schon.
__________________
Viele Grüße
Simone
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  #6  
Alt 16.02.2020, 14:10
Benutzerbild von Scherfer
Scherfer Scherfer ist offline
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UPS, danke Jacq fürs genauer Nachsehen! Das kommt davon, wenn man kurz auf dem Sprung ist und nur blättert statt ordentlich liest... Ich habe vorhin wirklich nur den Namen in der letzten Zeile wahrgenommen. Ich hätte mir den Taufeintrag wie ursprünglich geplant für später aufsparen sollen.

Geändert von Scherfer (16.02.2020 um 14:12 Uhr)
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  #7  
Alt 16.02.2020, 14:30
loyane loyane ist offline
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Grüß Gott!

Das ist ja fast nicht zu glauben! Ein ganz besonderes und herzliches Dankeschön an Jacq für dieses Fundstück, und danke auch an gki, Scherfer und Simone für das Intereße!

Der Text von 1710 mag noch nicht probegelesen sein, das allermeiste sollte trotzdem gut zu verstehen sein....

Ich habe schon bei den Mormonern wegen Kirchenbücher von Jüdischen Gemeinden in Deutschland nachgefragt. Es gibt sie, aber nur viel neuer! Jetzt wird es aber eine Herausforderung in Amsterdam nachzufragen...

Nochmals ganz herzlichen Dank, Jacq! Wie man in meinem Heimatland Norwegen sagt: «Sie sind wirklich Ihr Gewicht im Gold wert»!

Hochachtungsvoll,

Lars E. Oyane
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  #8  
Alt 16.02.2020, 14:36
zimba123 zimba123 ist offline
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Zitat:
Zitat von loyane Beitrag anzeigen
«Sie sind wirklich Ihr Gewicht im Gold wert»!

Das wird teuer bei den aktuellen Goldkursen!
__________________
Viele Grüße
Simone
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  #9  
Alt 23.02.2020, 14:34
loyane loyane ist offline
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Grüß Gott!

Ja, den Goldpreis kann man wohl nicht beeinflußen. Dann ist es einfacher das Körpergewicht zu regulieren.. Ich habe selber seit Anfang 2019 etwa 120 kilo (= zwei Frauen) abgenommen...!

Aber von Amsterdam habe ich Neuigkeiten: Sebastian scheint den Sohn von Moses Salom alias Moses Salomo de Pas Allevedo («Ziviler Name») und seiner zweiten Frau Rachel Salom zu sein, in Amsterdam am 26.3.1680 verheiratet:

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss={"q":"Moses van Salomen Salom"}

Ganz spannend!

Hochachtungsvoll,

Lars E. Oyane

PS: Ich frage mich übrigens ob Salomo's zwei Freunde auch in Langenzenn geheiratet und gelebt haben?

Geändert von loyane (23.02.2020 um 14:36 Uhr)
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  #10  
Alt 28.02.2020, 09:02
loyane loyane ist offline
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Standard Amsterdam und Antwerpen!

Grüß Gott!

Einige Tage mit weiteren Untersuchungen in Amsterdam hat für diesen (vorläufigen) Stammbaum gesorgt:

NB: Dieser Ahnentafel ist durch einen neuen in Beitrag #12 ersetzt worden!

Die Familie gehörte zu den Judenfamilien die ab 1492 von der Iberischen Halbinsel von der katholischen Kirche gejagt wurden. Die Forschung geht hier weiter...

Hochachtungsvoll,

Lars E. Oyane

Geändert von loyane (28.02.2020 um 15:17 Uhr)
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langenzenn , sixtus

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